731
-
tropfen anhängen kann. Andrerseits aber find sie Träger teils nierten Schwindler betrügen und ansplündern ließ. Diese Affaire pofitiver, teils negativer Elektricität. Ja, man möchte bei den Er- spielt freilich in einer niedrigeren Lebenssphäre und bewegt sich in scheinungen in Lösungen, bei der Diffusion, bei der Verteilung der bescheideneren Grenzen, als ihr modernes Analogon, aber sie stellt Moleküle durch den elektrischen Strom fast zu der Anschauung doch ein höchst interessantes Stückchen Kulturgeschichte dar. Gegen kommen, daß die Elektricität etwas Körperliches wäre und daß die die Mitte des 15. Jahrhunderts stand der Stadtschule in Göttingen Jonen eben die elementarsten Teilchen der Elektricität wären. Da als Rektor Meister Curd Hallis vor, ein frommer Herr, der mit freilich läßt sich die von Herz entdeckte elektrische Wellen- es trotz seines geistlichen Gewandes nicht für einen Naub bewegung nicht gut vereinen. hielt, auf galante Abenteuer auszugehen, ja, den Cheweibern 397Zu einer wirklichen mechanischen Erklärung der Elektricität find seiner Mitbürger nachzustellen. Wenigstens finden wir den ehrwürdigen wir eben bis jetzt noch nicht gelangt. Wenn wir für die Wellen- Herrn in der zweiten Hälfte des Jahres 1458 sterblich verliebt in bewegung des Lichtes einen Weltäther annehmen, deffen feine Ele- die Gattiu des Göttinger Bürger Hans Schreibers, Frau Edelinde. mentarteilchen durch ihre Schwingungen in unsrem Auge einen Und Meister Curd glaubte allen Grund zu haben, seine Neigung optischen Eindruck hervorrufen, so lassen sich doch die Eigenschaften aufs glühendste erwidert zu wiffen. Denn er hatte zwar noch keine eines solchen Aethers nicht in Einklang bringen mit manchen That- Busammenkunft mit Edelinde gehabt, aber sein mit Frau Schreibers sachen der Elektricität. Für die Fortpflanzung der Elektricität mit persönlich bekannter Gehilfe an der Stadtschule, Hermann Konemund, ihren langen Wellen müßte man nämlich eine ganz andere Be- gleichfalls geistlichen Standes, in den Hallis feinen postillion d'amour schaffenheit dieses Weltstoffes voraussetzen als für die verschwindend erblickte, hatte ihm bereits manche verheißungsvolle Botschaft überHeinen Wellen des Lichtes. Für dieses letztere aber und die meisten mittelt, die von der Angebeteten herrühren sollte. Der erste, Edelinde andren physikalischen Erscheinungen ist dagegen die Annahme unterzeichnete Brief, den Meister Curd dann durch Konemund erhielt, einer feinen, den ganzen Weltenraum gleichmäßig erfüllenden, wenn und der nebst 11 Nachfolgern im Göttinger Archiv aufbewahrt wird, auch unsichtbaren und unwägbaren Materie unentbehrlich. Erst da besagt schon u. a.:" Den dritten Tag nach Allerheiligen, da solltet durch ist ein Medium geschaffen, in dem Körper wirken können, ohne Ihr zu mir gekommen sein, da war mein Mann eine Nacht aus, Euch Hermann mir gebracht haben." Daraus sei
daß man ſeine Zuflucht zu mechaniſch ganz unbegreiflichen hat, freilich nichts geworden; aber der Brief versichert den Meister
fräften nehmen muß. Wie man sich den Aether zu damit er einigermaßen allen physikalischen Thatsachen entspricht, Curd in den wärmsten Ausdrücken der Liebe Edelindens und stellt darüber hat vor kurzem Ebner in der Naturw. Rundschau" eine ihm das Glück einer persönlichen Zusammenkunft in nahe Aussicht, zusammenfassende Arbeit veröffentlicht. Man kann nicht annehmen, richtet freilich andrerseits anch Geldforderungen an ihn, bei denen es daß der Aether eine molekulare Zusammenſegung habe wie die sich um artige Sümmchen in Goldgulden, Schillingen und böhmischen Materie. Denn in ihm, im luftleeren Raume, ist noch nie eine Zer Groschen handelt. Das geht dann in den folgenden Briefen in der streuung des Lichtes beobachtet worden. Bekanntlich lösen sich die nämlichen Weise weiter, und der verliebte Pastor, der sich trotz der Lichtstrahlen beim Auftreffen auf die Materie infolge der un beständigen Vertröstung der Erfüllung seiner Wünsche nahe glaubt, gleichen Beeinflussung der Moleküle in verschiedenvellige Srahlen auf, borgt getreulich weiter. Auf der Rückseite des dritten Briefes hat die als Farben wahrnehmbar find. Der Aether dagegen zerstrent die er feine bisherigen Unkosten zusammengestellt: Item 19 Schillinge Lichtstrahlen nicht, er erwärmt sich auch nicht, ist nicht sichtbar, fühl- sandte ich Edelinde am St. Elisabeth Tage( 19. November) den bar, hörbar. Das alles spricht dafür, daß der Aether nicht aus Abend, da Hermann Giseler sein Beilager hielt. Das Geld sandte Molekülen besteht, sondern kontinuierlich, in sich zufanienhängend, ich ihr durch Hermann Kouemund, meinen Lokaten, und gleichartig und einfacher ist als jede andre Substanz. Der Aether lieh ihr das. 18 Groschen sandte ich ihr durch Hermann fann nur eine sehr geringe Dichte und Masse haben, sonst würde er Konemund. 2 Schillinge, da sie mir zuerst schrieb. 3 Schillinge den Bewegungen der Himmelskörper und der irdischen Körper gab ich Hermann Konemund am St. Martin- Abend( 11. Nogrößeren Widerstand entgegenseßen. Immerhin kann die Dichte nicht vember). Item 5 Schillinge fandte ihr Hermann Konemund gar so gering sein, denn sie macht sich in ihren Wirkungen, in der des Dienstags. nach St. Elisabeth- Tag durch ihren Sohn. Item Energie des Lichts z. B. sehr gut bemerkbar. Da man die Masse 1 Goldgulden sandte ich ihr am St. Katharinen- Abend( 25. November) eines Körpers aus seiner Geschwindigkeit und seiner Energie be- durch Hermann Konemuud. Item 9 Schilling denselben Abend rechnen kann, so hat mau gefunden, daß die Dichte des Aethers sandte ich ihr durch denselben Hermann. Summa 3 Goldgulden vielleicht noch größer ist als der milliardeste Teil der Dichte des 3 Schillinge 4 Groschen." Das von Hallis als 3. Brief mir von Wassers. Er ist dann so dicht wie die Luft in einer Höhe von 33 Meilen Edelinde geschickt" registrierte Schreiben bietet eine originelle Probe über der Erdoberfläche. Wenn man sich den Aether nun als ein dieser Art Liebesbriefstellerei und lautet in getreuer Uebersetzung aus fehr feines Gas vorstellen würde, so müßten die Teilchen des dem Niederdeutschen der Hauptsache nach wie folgt:„ Meinen freund Aethers bei der Wellenbewegung in der Richtung der Fortpflanzung lichen und willigen Dienst. Damit da ich Euch dienen kann, das des Lichts, der Elektricität usw. schwingen, so wie es beim Schall will ich thun, wie Ihr wohl wißt. So wisset, daß mir Euer Brief in der Luft der Fall ist. Allein die Schwingungen finden beim lieblich und wohl behaget hat. So kann ich nicht lange von Euch Aether nicht longitudinal, sondern senkrecht zur Fortpflanzungs: bleiben, ich muß Euch selbst zusprechen, das gehe, wie es gehe. Ich richtung statt, ähnlich wie bei einem schwingenden Seil. Diese hatte Euch selbst geschrieben in dem ersten Brief, daß Ihr des MonVerschiedenheit der Wellenrichtung erklärt sich daraus, daß in tags nach Martinstag solltet bei mir sein, das kam nicht also, Gasen und Flüssigkeiten jedes Teilchen von den andern daß das sein konnte: mun will ich Hermann sagen, wie er Euch zu zu trennen, daß auch auch größere Mengen der Materie mir bringen soll, so wollen wir unseres Dinges wohl unter uns eins von einander gänzlich zu verschieben sind. Beim Seil werden. Ich kann anders nicht mein Herz in Freude setzen: was aber haftet ein Teil an andern, es läßt sich bon wir unter uns zu sprechen haben, das mag unsereins dem andren ihm nicht trennen, daher ist auch die Schwingung eine sagen. Ihr seid der erste, dem ich Briefe gesandt habe: Ihr wollt andre, eine transversale. Es hat mun sehr große Schwierigkeit auch wohl der letzte sein, wollt Ihr anders nach meinem Willen thun. gemacht, zu verstehen, wie so der Aether ebenfalls transversale mich hat früher mancher feine Gefelle angesonnen: es sind noch keine Schwingungen macht. Es bleibt nichts andres übrig, als anzu 8 Tage vergangen, daß mir einer hat 6 Goldgulden angeboten, daß nehmen, daß der Aether sich bei seinen Schwingungen wie ein fester er möchte einmal zu mir fommen... Mittwoch, so will ich Euch Körper verhält, dessen Volumen sich nicht ändert, der also durchaus selber sprechen und will auch nicht lügen, daß ich Euch schreibe, das unzusammendrückbar ist. Es giebt nun in der That gallertartige thue ich in großer Liebe und Freundschaft, und Hermann ist des ein Materien, z. B. Gelatine, die fich bald wie flüssige, bald wie feste Beuge. So habt Ihr mir geliehen 18 Groschen, 2 Schillinge und Körper verhalten. Den Aether fann man sich als eine solche zähe, 4 Schillinge, die Ihr Hermann gabt an St. Martins Abend. Da aber unendlich feine, dünne Gallerte denken. Alle Körper gehen thuet zu so viel, als für einen Goldgulden des Geldes, auf daß Ihr durch dieselbe ungehindert hindurch, allein für die ungeheuer mir Rede gesandt habt, und sendet mir, daß mir das noch fleinen Bewegungen, in denen das Licht sich fortpflanzt, heute abend werde; auf der Stelle will ich Euch zwei Goldgulden tommt doch noch die Gallerte Natur des Aethers in wiedersenden.. Ich will morgen ein Tuch taufen im Wert von
V
Betracht, die Kleinsten Teilchen verschieben sich dann nicht vier Gulden, darum sendet mir Geld durch Hermann und weigert mehr an einander, sondern hängen leimartig an einander fest, so mir das nicht; Ihr sollt es wohl sehen, wenn ich es morgen um daß nur Transversalwellen zu stande kommen können. So müssen habe. Nicht mehr denn 1000 fröhliche Jahr. Unterlaßt das nicht, wir uns demu den Aether als eine gasartig dünne, wie eine Flüssig- sendet mir ja 14 Schillinge, so viel fehlt mir noch an den vier feit unzusammendrückbare, wie ein fester Körper in sich zusammen- Gulden. Ich sende Euch Gold wieder; seid des eingedenk, daß ich hängende Gallerte auffassen, die den ganzen Weltraum durchzieht das kriege, ehe ich zu dem Tanze gehe, so soll Hermann zu Euch und durch ihre Schwingungen alle Bewegung der Materie, alle das kommen, wenn die Uhr 13 schlägt. G." Folgt ein von einem Pfeil Licht, Elettricität, Wärme, wahrnehmbaren Bewegungen vermittelt. durchbohrtes Herz und die weniger poetische Nachschrift:" Seid des
Kleines Feuilleton.
-
ad. Liebesabenteuer eines katholischen Geistlichen im 15. Jahrhundert. Mit jener berüchtigten Halsbandgeschichte des borrevolutionären Frankreich , wie sie Goethe neben den Schwindeleien des abgefeimten Gauners Cagliostro seinem Groß- Kophta" zu Grunde gelegt hat, zeigen beträchtliche Aehnlichkeit die merkwürdigen Erlebnisse eines katholischen Geistlichen im ausgehenden deutschen Mittelalter, der in seiner blinden Verliebtheit sich von einem rafft
eingedent, was ich Euch schreibe." In diesem Stil spann sich die Sache nun die nächste Zeit weiter: die mit Edelindens Namen gezeichneten Briefe enthalten stereotyp heiße Liebesbeteuerungen, Ent schuldigungen, weil aus der Zusammenkunft wieder nichts geworden, neue Versprechungen und die unvermeidliche Bitte um Geld. Die Antworten des verliebten Rektors sind leider nicht mehr vorhanden, er muß aber den beständigen Vertröstungen gegenüber allmählich dringender geworden sein. In dem 11. Schreiben heißt es:„ Keinen Dienst zuvor. Das laßt Euch nicht bekümmern, mit furzen Worten. Sendet mir das Geld für die Böhmischen Groschen, so sollt Ihr Euren Willen mit mir morgen haben. Ich danke Euch liebend für Eure Latwergen. Edelinde." Und im 12. und letzten Brief:„ Mein