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Du kannst, durch... Deine zehn Thaler verwendest Du,| konnte. Hoffentlich begegnen wir ihm noch mal, wenn er, jung wie um Dich ein bißchen aufzutafeln, denn in solch einem langen, er ist, wieder va banque spielt und sich den Teufel darum fümmert, gestampften Frießrock mit Hornknöpfen am Rücken hissen was getreue Nachbarn und desgleichen dazu sagen. Getreue Nach sie Dich auf die Marsraae, zur Besichtigung für den ganzen sei denn ein frister Stat um die Viertel. Ihr Widerspruch geht mit barn und desgleichen begreifen nie die Kunst und nie das Spiel, es Hafen." allem übrigen in einem hin.
Rejer faß eine Weile in Gedanken versunken und stierte in die Erbsenschüffel. Seine Züge verdüsterten sich mehr und mehr zu einem echten Juhlgesicht, scharf wie ein Vordersteven.
Plötzlich blickte er zum Steuermann auf.
„ Alles eins, ob es durch Erbsen oder Wogen geht zur See will ich!"
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5.
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Alle Mann auf... Reff... reff... reff!" brüllte man plötzlich unter Trampeln und Spektakel ins Voltslogis des Mert hinab.
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Rejer öffnete vorsichtig die Augen, und während der ersten Tage auf der Nordsee lag er stets in ungeheurer Angst, ein„ Alle Mann" zu überhören, im Better wußte, daß er tief zu schlafen pflegte, und nahm alle Verhaltungsmaßregeln an, wie man mit offenen Ohren ruhe. Denn als Roch war er des gewöhnlichen Wachtwechsels ledig und konnte die ganze Nacht schlafen, ausgenommen wenn es zum Reffen oder zu andrer Allemannsarbeit kam.
"
Ein Reff ins Marssegel... Bramsegel fest... Alle Mann auf!" wiederholte man die Kommandos von oben, während man auf der Treppe mit einer Blechkasserole
trommelte,
zu
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( Fortsetzung folgt.)
Haus Rosenhagen.
( Lessing- Theater.)
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Im Haus Rosenhagen" handelt es sich um Bauernhaß, was an fich eine sehr respektable Sache ist. Ein starker Haß ist durchaus eines Dramatikers würdig, vorausgesetzt, daß der Dichter uns mit dem Haß auch die starke Persönlichkeit giebt, in der er wohnt. Das iſt 11111 bei Halbe leider nicht der Fall, wie bereits eine leichte Skizze des Inhalts ergeben wird. Die Rosenhagen haben im Laufe der Zeit all' die kleineren Besitzer, von denen ihr Gut umlagert wurde, verschlungen. Nur einer, der Bauer Voß, liegt ihnen mit seinem Hofe sozusagen vor der Thür und spottet ihrer Herrschaft. Es versteht sich also am Rande, daß zwischen dem alten Rosenhagen und dem alten Voß eine erbitterte Feindschaft besteht. Nun stirbt aber der alte Rosenhagen im ersten Akt; das Drama fezt mit seinem Tode ein. Damit sinft aber der eigentliche Träger fie beginnt, wenn Halbe nicht zu allerlei Geschichten seine Zuflucht des Bauernhasses ins Grab, und die Tragödie wäre aus, noch ehe nähme, die mit Bauernhaß und Bauernmatur so wenig zu thun haben, wie etwa das Café Kaiserhof mit einem stürmischen November tag in meiner Heimat.
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Der alte Rosenhagen, in dem der Bauernhaß ungebrochen, wild und rücksichtslos lebte, sinkt ins Grab; diesen Prachtfert schafft Halbe aus der Welt, um den jungen Rosenhagen einführen zu können, der gar kein rechter Baner ist, in dem vielmehr die ursprüngliche Bauernnatur durch tausend kulturelle Einflüsse gebrochen und entkräftet wird. Warum thut Halbe das? Warum muß der alte Rosenhagen, den Halbe für sein Motiv( das Motiv des Bauernhasses) so notwendig brauchte, einem modernen, nicht mehr einseitigen, nicht mehr starken Menschen weichen? Was bewog den Dichter, der die Tragödie des Bauernhasses schreiben wollte, den starken Träger dieses Hasses totzuschlagen? Die Antwort ist leicht und entscheidet doch in ihrer ganzen Einfachheit den ästhetischen Wert des Stückes. Halbe brauchte den jungen Rosenhagen, denn um den ganzen Abend zu füllen, brauchte er eine Liebesgeschichte, auf die der alte sich nicht gut hätte einlassen können. An dent schweren und wuchtigen Motiv. des Bauernhasses erlahmte die Kraft des Dichters und so verknüpfte er mit seinem ursprünglichen Konflitt einen Liebeskonflikt. Auch auf diese Weise hatte er zwei Konflikte, von denen keiner zu seinem Recht kam, am wenigsten aber der ursprüngliche und starke: der ungebrochene wilde, jähe Haß, der tragisch enden mußte, wie jede einfeitige Lebensäußerung, sei es nun der Haß des alten Rosenhagen, oder die Liebe des Nazareners. Hätte Anzengruber diese Tragödie geschrieben, er hätte den alten Rosenhagen im ersten Aft nicht ums gebracht, sondern hätte uns ihn mit seinem ganzen finsteren haß und in seiner ganzen robusten Gewaltthätigkeit gezeigt: Halbe flicht in sein Drama Litteratenerlebnisse ein und durch diese Kreuzung entstand ein Produkt, wie der junge Rosenhagen, halb Bauer, halb moderner Mensch, schließlich keins von beiden. Lebensunfähig auf jeden Fall.
Das junge deutsche Drama, das in den 80er Jahren geboren wurde, droht nachgerade rettungslos in einer realistischen Kleinkunst verfinken und zu verfimpeln. Was es an sauberer Arbeit in Sen Einzelheiten gebracht hat, ist selbstverständlich geworden und bietet feine Lebensmöglichkeit mehr. Die kleinen Vorzüge, die ehedem groß erschienen, wirken monoton, weil fie in immer derselben fleinen Gestalt wiederkehren. Der Hauch der Jugend, der über manches hinwegtröstete, ist allmählich geschwunden und hat einem alten Buge Platz gemacht. Das junge deutsche Drama, soweit es eine Richtung, ein Genre, eine fleinrealistische Specialität repräsen tiert, ist heute bankrott. Das kann man aussprechen, ohne sich einer Uebertreibung schuldig zu machen. Selbst diejenigen, die litterarisch in den Kouturs mit hineingezogen sind, werden die flaue Stimmung nicht leugnen tönnen, wenigstens nicht vor sich Die Darstellung im Leffing- Theater war in allein Wesentlichen felber. Einer nach dem andern versucht ja die kleine Form zu sprengen und einem nach dem andern mißlingt es. Selbst aber, wer an die gedrückte Stimmung nicht glauben will, wird bald daran glauben müssen. Die fgrämlichen Mißerfolge der letzten Jahre reden eine zu deutliche Sprache.
Max Halbe , den wir alle gern haben, versuchte im tausend jährigen Reich" den Niederungen zu entrinnen, die dem Vergeffen geweiht sind. Er strebte in dieser Dichtung, die wir für seine beste und größte halten, nach Monumentalität des Charakters, nach einem tieferen, geistigen Hintergrund und nach einem poetischen Gehalt, der mehr ist, als das bißchen Stimmung, das Jbsen spielend nebenber erledigt. Er strebte keineswegs ohne Erfolg. Die Dichtung hätte mit allem Ernst und mit aller Liebe aufgenommen werden müssen; aber sie ward es nicht. Sei es nun, daß das Publikum Halbes Streben nicht begriff, oder daß das religiöse Motiv dem modernen Berlin allzufern lag- kurz, die Dichtung fiel durch, und es ist für Halbe am Ende nur ein platonischer Trost gewesen, daß hier und an einigen wenigen andren Stellen gegen diese Unbill Verwahrung eingelegt wurde. Das„ tausendjährige Reich" vermochte auch nicht einmal für einen armen Theaterwinter zu befestigen.
Nichtsdestoweniger war jener Abend im Deutschen Theater ein Sieg. Die Jugend", die seinen Nuf begründete, ließ Halbe weit hinter sich, und es verschlägt gar nichts, daß die Menge der Liebes geschichte begeistert zustimmte und der religiösen Tragödie den Beifall versagte. Halbes Talent hat niemals schöner geleuchtet und seine blauäugige deutsche ehrliche Kunst, hat kein innigeres und tieferes Werk zu verzeichnen. Jene herbe, unverdiente Niederlage wiegt uns zehnmal den lauen Erfolg auf, den das„ Haus Rosenhagen" im Lessing- Theater fand.
Im Haus Rosenhagen" ist Halbe nicht so hoch gestiegen, daß er riskieren könnte, sich das Genick zu brechen. So blieb ihm eine Katastrophe erspart, aber dafür mußte er auch auf jede stärfere innere Anteilnahme verzichten. Wäre er hinaufgestiegen, sei es auch nur, um an einer gefährlichen Stelle abzustürzen: wir hätten den wage mutigen Kletterer lieber gesehen, als den beschaulichen, mit etwas Embonpoint gesegneten Wanderer, der in der breiten Ebene die Ferienstraße zog. Die ganze Anlage des neuen Dramas ist derart, daß Halbe dabei wenig verlieren, aber auch gar nichts gewinnen
gut. Frl. Sauer fand für ein verschmähtes junges Weib sehr herbe und echte Töne; Winterstein spielte den jungen Rosenhagen so natürlich und warm, wie er immer spielt; Patry war in der Rolle des alten starrköpfigen Voß ganz prächtig. Seine Auffassung war brillant und wurde mit großer Konsequenz durchgeführt. Eine alte, noch immer lebensluftige Großmutter( eine der gelungensten Gestalten des Stücks) wurde von Frl. Albrecht mit gutem Humor dargestellt und in einer kleinen Episode endlich holte fich Willy Grunwald einen Applaus bei offener Scene. Sehr bös war Adolf Klein , dessen äußerliche Schauspielerei mitunter wirklich nur sehr schwer zu ertragen ist. Grete Meyer, die wir übrigens mit Freuden wiedersahen, mußte eine Rolle spielen, die ihrem ganzen Wesen widerspricht. Neberdies ist gerade diese Gestalt vom Dichter sehr schwach ausgestattet.
Erich Schlaikjer.
Kleines Feuilleton.
a. C. Ein italienisches Gelehrtenleben des fechzehnten Jahrhunderts. Unter den großen Naturphilosophen, die Italien im 16. Jahrhundert hervorgebracht hat, ist der, dessen Leben und Persönlichkeit wir am genauesten kennen, Hieronymus Cardanus , geboren vor nun gerade vier Jahrhunderten, am 24. September 1501, zu Mailand . Während uns des ungleich bedeutenderen Nolaners Giordano Bruno Geschichte mur sehr lückenhast bekannt ist, verschafft uns mit Cardanus Lebensumständen und Charakter die allerintimste Vertrautheit sein autobiographisches Werk Ueber das eigue Leben", ein Buch, das in Bezug auf verblüffende Offenherzigkeit geradezu einzig dasteht und wenigstens in dieser Hinsicht selbst Rousseaus„ Bekenntnisse" weit hinter sich läßt. Cardamus war ein unehelicher Sohn des Mailänder Juristen Fazio Cardano . Sein Bater ließ ihm eine sorgfältige, aber einigermaßen zerfahrene Erziehung angedeihen, bei der aber das frühreife Genie des Cardanus zu der erstaunlichen Bielseitigkeit gelangte, die ihn auszeichnet. Der Besuch verschiedener italienischer Universitäten vervollständigte seinen Aus