Anterhaltungsblatt des Vorwärts
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Drauf los!
Dienstag, den 1. Oftober.
( Nachdruck verboten.)
Sagen Sie das nicht," versette Lizzy mit ihrem stillen Lächeln, meine Schwester und ich hätten solche Lust, ins Theater zu gehen und uns„ Den Seeräuber Jenkins" und„ Die schwarze Bande von Louisiana " anzusehen; aber wir haben niemand, der uns begleitet... jedoch mit... einem wie Sie das wäre eine andre Sache
Rejer war wie vom Himmel gefallen, in einem ganz gewöhnlichen Kosthaus für Seeleute auf ein wirklich feines Fräulein gestoßen zu sein! Aber... es giebt gar vielerlei Verhältnisse im Leben, das erfährt man im Auslande... ungeheuer viele bitter traurige Verhältnisse!
Das wurde ein heiterer Abend, erst im Theater und dann in einem Restaurant, wo sie zu Nacht aßen. Es ist selbstverständlich, daß Rejer sich nicht die Ehre nehmen ließ, das Ganze zu bezahlen, was er aber schwer durchsetzte, denn die Schwestern fanden es unmöglich, dergleichen von ,, einem eigentlich wildfremden Menschen" anzunehmen.
Miß Lizzy schlug übrigens vor, daß mittlerweile sie die Rechnung begleichen wolle; sie wolle verhindern, daß er übervorteilt werde... Fremde feien dem immer ausgefeßt. und sie war mun einmal Rechnungsführerin von Profession!" scherzte sie, ihm weich in die Augen blickend, während sie bezahlte und in ihr nettes, kleines Notizbuch notierte.
Das tigelte ohne Zweifel das Selbstgefühl, nach all' dem gewohnten Sich ducken endlich wieder als Gleichgestellter neben so feinen Damen zu ſizen.
As er einige Abende später bei Musik und dem Lichte farbiger Lampen mit den beiden Damen im Vergnügungslokal„ Great Hudson" umherspazierte, traf er den Göthe borger, dem ebenfalls der Mietskontrakt mit„ Alert" abgelaufen war und der nun ohne neue Heuer herumging. Er machte eine drollige Grimasse und gab Rejer eifrig Signal: Achtzehntausend Teufel," flüsterte er ihm hastig auf Schwedisch zu, Lizzy Pump... Schneide den Strick durch, Junge:!"
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1901
Zur Mittagszeit wurde unter allgemeiner Bewegung die Nachricht ausgerufen, daß Die Perle des Ozeans", mit der Bestimmung nach Bahia, bereit zum Ankerlichten im Hafen liege. und ungeheure Löhne biete. Der boarding- master Mr. Pump, eine riesengroße, gutmütige, blondhaarige Seemannserscheinung trat heran, schlug Rejer auf die Schulter und erflärte, eine solche Gelegenheit würde dieses Jahr nicht noch einmal kommen. Es sei so fein an Bord wie in einem Tanzsaal... Wenn Rejer wolle, so könne er für ihn sogleich abschließen! Der Kapitän war schon dagewesen und hatte nach verläßlichen Leuten gefragt.
Rejer dankte recht sehr; wenn er sich verheuern wolle, so sei er Mannes genug, es selbst zu thun!
„ Na, wie Sie wollen!" antwortete Mr. Pump etwas verlegt.
Der boarding- master hatte aus dem einen oder andren Grund wieder sein Mißtrauen geweckt und Punkt zwei Uhr stand Rejer beim Zahltisch; er trug sein fertiges Bündel in der Hand. ,, Also, meine Rechnung, Miß!"
" Ach, diese habe ich ganz vergessen... morgen." Nein, sogleich, muß ich bitten, wenn dieselbe bezahlt werden soll!"
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Sie starrte ihn mit mattem Blicke an und zog die Glockenschnur.
Sagen Sie Mr. Pump, Mr. Juhl wünsche seine Rechmung!" Sie fuhr zu schreiben fort.
Als der boarding- master erschien, nahm er von ihr Noten und Rechnungen entgegen und schrieb und addierte mit der forgfältigsten Genauigkeit. Er ließ sich hübsch Zeit und ver gewisserte sich wiederholt über jeden einzelnen Posten. Endlich richtete er seine schwerfällige Gestalt empor.
,, Darf ich bitten, Mr. Juhl... Dreiundsiebzig Dollars zweiundsechzig Cents..."
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Wie? Was soll das bedeuten? Für fünf Tage?" „ Sie haben sich mit Kleidern vorgesehen. Mr. Juhl ein Hut vier Dollar, eine Weste um fünf, Halstuch und Kragen vier, Schuhe sechs, und dann eine kleine Ehrenfchuld für Vergnügungen in Montreal ... die Auslagen für die Damen. Belieben Sie selbst zu lesen... Posten für Posten. Ich wage zu versichern, sehr genau, das müssen Sie selbst ein
Rejer warf ihm einen zornsprühenden Blick zu und ging mit den Damen weiter. Als sie aber das Etablissement räumen.. verließen, stand der Götheborger wieder beim Eingang.
,, Kapp das Anfertau und laß triften... Aus dem Rachen des Blauhais kommt niemand lebendig heraus! Fort, fort, Du..."
Mehr hörte Rejer in der Eile nicht... Jedoch nachdem er darüber geschlafen, verlangte er am nächsten Vormittag feine Rechnung.
" Sogleich, Mr. Juhl," antwortete Miß Lizzy freundlich und sah ihn mit so mattem Blicke an, gerade gestern wollte ich dieselbe für Sie herausziehen! Sie wandte sich zum Bult und begann im Buch zu blättern, um zu notieren.
Am Zahltisch wurde es lebhafter und lebhafter. Der boarding- master brauchte eine Reihe von Aufklärungen und Rechnungen und es kam eine Menge Leute in zerfeßten Kleidern herein.
Rejer mußte sich einräumen, daß Miß Lizyys Bereitwilligkeit im Grunde schon all seine Zweifel entwaffnet hatte. Hören Sie, Mr. Juhl," sagte sie und betrachtete mit resigniertem Lächeln all ihre Arbeit, könnten Sie nicht bis später warten? Sie erweisen mir damit einen Dienst! Es ist so viel Paddy aus Cork angekommen und das muß expediert werden!"
In der That wimmelte es hier von Irländern. Wenn ich die Abrechnung bis zwei Uhr erhalte, so bin ich ganz zufrieden, Miß!"
Miß Lizzy dankte durch ein mildes, still vertrauliches Lächeln.
Und dann geben Sie auf Ihre Sachen acht, diefelben find heute hier nicht sicher!" flüsterte sie haftig; es war unmöglich zu sehen, daß sie die Lippen rührte, und gleich stand sie wieder unbeweglich am Pult und schrieb.
Rejer empfand Gewissensbisse; sehr ungern wollte er ihr den Eindruck machen, all ihr freundliches Butrauen mit niedrigem Argwohn erwidert zu haben.
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Rejer stand mit der Rechmung in der Hand da... Dreiundfiebenzig Dollar! Fünfzehn Dollar mehr, als er besaß! Jeden Tag eine Monatsheuer verpufft- und noch obendrein mit zwei, drei in der Kreide! Das das... das mußte Betrug sein, ein fürchterlicher Betrug Er sandte Miß Lizzy einen empörten Blick zu. Diese aber wurde dadurch so wenig angefochten, blieb so ruhig, daß er sich doch nicht enthalten konnte, wieder zweifelhaft zu werden. Er kannte ja die hiesigen Preise nicht!
Er befand sich in der peinlichen Lage, nicht zu wissen, ob er sich höflich oder rasend geberden solle. Wenn sonst nichts weiter, so mußte er doch trachten, seine Rechnung um fünfzehn Dollars zu vermindern.
Das ist eine ganz unsinnig hohe Rechnung, Mr. Pump... aber lassen wir es hingehn! Ziehen Sie mir die fünfzehn Dollar ab, das macht dann achtundfünfzig, accurat so viel, als ich besite!"
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Unmöglich, Mr. Juhl die Rechnung ist nicht um einen Cent zu hoch!"
Mr. Juhl war so artig, sich für mich und meine Schwester in Unkosten zu stürzen... ich würde mit Vergnügen meinen Anteil selbst bezahlen," wendete Miß Lizzy sanft ein. Diese Bemerkung brachte Rejers Ehrgefühl zum Aufflackern.
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Ich danke, Miß, bin ich hineingeplumpst, so werde ich mich wieder selbst herausholen... Mr. Pump," sprach er und wandte sich plötzlich zu diesem, ich habe achtund fünfzig Dollar in der Tasche, wollen Sie mir beistehen, meine neuen Kleider zu verkaufen, so..."
Mr. Pump dreht bloß seine schwere Person um und nickte ein paar Leuten mit goldverschnürter Müße zu, welche ganz neben der Thür, die zum inneren Saale führte, ihr Essen verzehrten.
Mr. Fearwather, erster Steuermann der„ Perle", sigt