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welt; Courtins' Konditorei, der Sommelpunkt der Kaufmanns- Wucherer mur ein ganz bestimmtes Gewicht des Fleisches; jedes und Spekulantenwelt, und schließlich die kleine Konditorei von Ausgleiten des Messers über die festgezogene Linie hinaus sei dann Spargnapani, die den ganzen Tag von jungen Litteraten und Aus- aber eine sträfliche Rechtsüberschreitung und mit dem Tod zu ahnden. ländern belebt wurde. Dort verkehrte das Publikum, von welchem Wenn da nicht eine Mystifikation vorliegt, so wäre diese Ücber­die löbliche Behörde, nach Heine, zu sagen pflegte: einstimmung der Fabel jedenfalls ein äußerst interessantes Problem vergleichender Litteraturgeschichte.

Ausländer, Fremde sind es zumeist} Die unter uns gefät den Geist Der Rebellion; dergleichen Sünder Sind selten eig'ne Landestinder.

In das Zeitungswesen wie in die ganze Litteratur kam ein frischer Zug. Das Litterateutum war gezivungen, dem neuen Geiste entgegenzukommen, trotz Censor und Polizei. Selbst Glasbrenner muß in den Heften: Berlin   wie es ist und trinkt" seine Unmittel­barkeit beiseite stellen und Schiving in seine Wige bringen.

Das Vereinsleben blühte auf, getragen von den Handwerkern. Die Handwerkervereine in der Jakobstraße und der Johannisstraße wetteiferten im Abhalten bildender Vorträge, die, alle Gebiete des Wissens umfassend, immer wieder politische Anspielungen brachten. Der eine hatte eine Bibliothek von 800 Bänden. Die Landfahrten im Sommer nach Tempelhof  . Weißensee, Treptow  , die Festlichkeiten im Winter wurden zu wahren Völkerwanderungen und Maffen­ansammlungen.

Alle Achtung vor dem Ueberkommenen schivand, und schließ lich ging die Kühnheit des erstarkenden Volksgeistes so weit, daß in den Zelten draußen die erste Volksversammlung stattfand. Und die vormärzlichen Behörden wagten nicht sie zu hindern.

Dieses Leben war der Boden für die Märzereignisse von 1848.

Kleines Feuilleton.

E. R.

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Die Vorstellung selbst machte keinen besonderen Eindruck. Das Pantomimische, durch welches die Japaner sonst wirken, trat hinter ungewöhnlich langen Reden allzu sehr zurück, oder litt, wie in den fortwährenden wilden Wutausbrüchen des von Kawakami gespielten Bucherers, an Eintönigkeit.

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Um so reizvoller war die fleine Zugabe, die dem Hauptstück folgte. Ein Holzschniger hat eine Frauenfigur geschaffen, in die er fiches ist die Geschichte der schönen Galatee verliebt und die unter seinen liebkosenden Blicken Leben gewinnt. Das Spiel der Sada Jacco- ihr allmähliches Erwachen vor dem vergoldeten Wandschirm, die erst noch traumhaft befangenen und dann zu neuer vollerer Lebensfreiheit sich entfaltenden Bewegungen, das Hin und Her ihres Tanzes, endlich ihr Zurückfinfen in hölzerne Unbeseeltheit alles war von seltsamster Anmut. Hier konnte man die feinsten Reize japanischer Kunst bewundern. Das sonstige Ueberbrettl  - Pro­gramin des Abends wies keine wesentlichen Aenderungen auf. ―dt.

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Sumoristisches.

-Polizeilich Musikalisch. Wachtmeister: Guten Tag ooch! Sie sind doch der neuernanute musikalische Sach­verständige vor die Polizei. Wie heißen Sie doch gleich?"

Der Sachverständige: Ich bin der königliche Hof­Kapellmeister Joseph Sucher   und vom Polizeipräsidium zur Information berufen. Von meinem Gutachten wird es fünftig ab­hängen, welche Musikstücke an gewissen Feiertagen zur Aufführung gelangen dürfen."

müssen."

Sucher: 3, warum denn?"

Wachtmeister: Na, ick denke, so' ne Messe det is doch Art Jahrmarkt, und Jahrmarktsmusik det is doch Klimbim und Staleika; det paßt sich doch nich an' Feiertag."

Sucher: Verlassen Sie sich darauf, es paßt durchaus." Wachtmeister: Na, nu hier will een Kapellmeister wat aus " Fidelio" spielen, det is doch wol zu fidel?" Sucher: Ganz und gar nicht."

Wachtmeister: Aber hier hat een Chorverein den Judas Maccabäus" angemeldet, ich denke doch, so' ne jüdischen Sachen je­hören nich uf' n christlichen Feiertag."

darf aufgeführt werden. Sucher: Machen Sie sich darüber keine Sorgen, dieses Werk

allens! Mit so' nen lockeren Grundsägen werden Se als Sach­Wachtmeister: Na, hören Sie, Sie erlauben aber auch verständiger bei uns nich ville Glück haben!"

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Wachtmeister: Na ja, da können Se mir gleich mal informieren. Hier ist zum nächsten Feiertag fo'u Stück angemeldet, Bienenfeinde. Der Specht ist ein großer Bienenfeind. Zivar det heeßt: H- moll- Messe von Bach", det werd'n wir wohl verbieten zeigt er sich nur auf Bienenständen, die in der Nähe des Waldes liegen, richtet dort aber um fo größeren Schaden an. Aehnlich wie die Meise klopft er, natürlich stärker, an den Bienenstock, bis durch das Geräusch gestört eine Biene nach der andren zum Flugloch'ne Herauskommt, die er dann als willkommenen Leckerbiffen verspeist. In die Strohkörbe hackt er sogar Löcher mit seinem Schnabel, wenn fie nicht mit Stroh umhüllt sind, und holt sich durch dieselben eine Biene nach der andren heraus. Die Mans ist den Bienen nur im Winter gefährlich, im Sommer dagegen verirrt sie sich nicht so leicht in einen Bienenstock. Wenn im Herbst die fühlen Nächte eintreten, und die Mäuse Schutz vor der Kälte in den Gebäuden suchen, dann muß der Bienenzüchter Mäusefallen im Vienenhause aufstellen oder ver­gifteten Weizen streuen, um sich der bienenfeindlichen Mäuse zu ent ledigen. Die Fluglöcher müssen im Winter so enge gemacht werden, daß keine Maus hindurch kann; find sie aber einmal in dem Bienen­stode, so nagen fie an den Honig- und Wachstafeln und stören die Bienen in ihrer Winterruhe; richten sogar ihr Neft im Stocke, und man findet im Frühjahr anstatt des lebenden Bienenvoltes eine zahl­reiche Mäusefamilie. Die Wachsmotte ist eines der bienen­feindlichsten Insekten, das durch seine Larven bedeutenden Schaden anrichten kann. Vom zeitigsten Frühjahr bis spät in den Herbst hinein sieht man des Abends in der Dämmerung die Wachsmotten um die Fluglöcher schwirren. Sie feyzen ihre kleinen, runden blaßgelben Eier in die Wachszellen, in das Gemülle und in die Schlupfwinkel in und an dem Stode ab. Die aus den Eiern ent­stehenden Maden fressen sich sehr bald in die Wachswand der Zelle ein und schützen sich in ihrem filzigen Gespinnst gegen die Angriffe der Bienen. Bei schwachen Völkern, die sich dieser lästigen Gäste nicht erwehren können, ist das Zerstörungswert in furzer Zeit vollendet und der ganze Wabenbau vernichtet. Sobald dann die Bienen merken, daß sie über dieses Ungeziefer nicht mehr Herr werden können und man ihnen nicht zu Hilfe kommt, verlassen sie ihre verwüstete Wohnung und ziehen als sogenannte Mottenschwärme aus, um sich bei andren Stöcken einzubetteln. Wegfangen diefer Schädlinge durch eine in der Nähe der Stöcke aufgestellte Schüssel Del mit darin schwimmendem, brennendem Docht ist das beste Wittet.

Theater.

dim

Notizen.

( Lust. Bl.")

Sully Prudhomme   beabsichtigt den auf ihn gefallenen Nobelpreis für junge Autoren zu verwerten, die nicht die Mittel be­igen, ihre Werke drucken zu lassen.

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Saint- Saëns einattiges Ballett Javotte" wird anfangs Januar im Opernhause aufgeführt werden. Ueber die Worpsweder  , ihr Leben und ihre werke" wird" Frik Stahl im Verein zur Förderung der Kunst( Bürgersaal des Nathauses) am 16. Dezember, abends 81/2 Uhr, einen durch Lichtbilder illustrierten Vortrag halten.

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Bon den Meisterbildern fürs Deutsche  aus"( München  , Georg D. W. Callwey, Kunstwart- Verlag) jind Blatt 19-24 erschienen. Die Serie enthält: Raffael  , die sigtinische Madonna( Doppelblatt); Rembrandt  , die Erweckung des Lazarus  ; Dürer  , Hieronymus Holzschuher  ; Lionardo da Vinci  , Mona Lisa  ; Michelangelo  , die Erschaffung Adams. Jedes Blatt ist einzeln käuflich und fostet 25 Pfennige.

Wolzogens Buntes Theater. Gastspiel der Japaner. Aus den nüchternen Räumen des Central- Theaters ist die Gruppe Kawakamis und der Sadda Yacco in das glänzende, für die farbigen Bühnenbilder der Japaner wie geschaffene Haus- Der japanische Unterrichtsminister hat 27 Professoren Wolzogens einstweilen übergesiedelt. Es hieß, sie würden die und Assistenten an den Universitäten zu Tokio   und Kioto  , am Gerichtsscene aus Shakespeares Kaufmann von Venedig" in Sapporo   Nogallo, an der Handelsakademie, am höheren Lehrer­japanischer Uebertragung zur Aufführung bringen. Aber Herr seminar zu Tokio  , an der Kunstschule und andren Instituten beauf­v. Wolzogen rektifizierte die Ankündigung. Das Stück, welches die tragt, sich im Auslande weiter fortzubilden. Nach Truppe spielen würde, sei, wie er selbst erst nachträglich erfahren Deutschland   werden davon 22 kommen. Die Dauer ihres Aufenthaltes habe, altjapanischen Ursprungs dabei freilich jener Gerichts- ist bis zu drei Jahren bemessen. scene des Shakespeareschen Schauspiels zum Verwechseln ähnlich. t. Ein neues Kabel zwischen Amerika   und Hier wie dort verlange ein Wucherer auf Grund eines unterschriebenen England ist am Ende voriger Woche vollendet worden. Der Vertrages, daß er einem zahlungsunfähigen, verhaßten Schuldner Kabeldampfer" Faraday" hat die letzte Strecke zwischen den Azoren  ein Pfund Fleisch zunächst dem Herzen ausschneiden dürfe, und hier und Irland für die Commercial Cable- Company gelegt. Es ist wie dort werde sein Recht" durch die listige juristische Kasuistit dies das vierte Kabel, das diese Gesellschaft zwischen Großbritannien  einer edlen Frau zu Schanden gemacht. Ausbedungen habe der und den Vereinigten Staaten   hat ausführen lassen.

Verantwortlicher Redacteur: Carl Zeid in Berlin  .

Druck und Verlag von Max Bading in Berlin  .