Anterhaltungsblatt des Vorwäris
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Dienstag, den 17. Dezember.
( Nachdruck verboten.)
Der Flurfchüh. Roman von Alfred Bock .
Der Bettelfaspar hatte sich den Frauensleuten zugefellt und tischte ihnen allerhand Spufgeschichten auf. Das war sein Feld. Ueber den Michelsteich hatte er einen Frrwisch fliegen fehen und ihm nachgerufen:
ether
"
Serwisch, brennst wie Hawwerftroh, Komm und Leucht mir aach e so; Wann du mich fräist für der Zür,
Därfst du mir geben einen Trift hinne für." Die Beiber lachten, der Bettelfaspar aber sagte ganz ernsthaft:
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Da ist nig zu lachen. Hat doch der Pfarrer erst neulich gepredigt: viele Dinge giebt es zwischen Himmel und Erde, wovon eure Menschenweisheit sich nichts träumen läßt." Das ist wahr." befräftigte die Sägmüllerin, ich brauch' bloß an die Geschicht mit dem rote Stuhlche zu gedenken." Was war's mit dem rote Stuhlche?" ging man sie an. Die Sägmüllerin sekte eine gewichtige Miene auf. „ Ich sein doch von Gonterskirchen . Da ist's passiert. Und ich hab's rote Kuhlche gut gekannt. Das war ein Eiterbiffer, ein roher Rüpel, schlug seine Frau und riß sie an den Haaren herum. Die Frau duckt sich und war mauſestill. Aber die Haar' hat sie aufgehoben, die der Unfläter ihr ausreißen that. Wie's Kuhlche zum Glück gestorben war, spricht die Frau: Weil Du mich so mißhandelt hast, sollst Du im Grab teine Ruhe haben. Und legt ihm den Büzel Haar' unter den Kopf. No wird er begraben. Auf einmal thut's da drunten ein' Strach. Die Mannsleut ziehen den Sarg herauf und gucken nach. Gott fei bei uns! Hat sich's Stuhlche herumgedreht und liegt aturat auf'm Gesicht. Da haben sie den Haarbühel weggethan, daß er eşener doch seine Ruh' haben sollt."
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Die Weiber überlief es kalt, und der Bettelkaspar that ein übriges, ihnen das Gruseln beizubringen.-
II.
1901
Es war noch völlig dunkel am andern Morgen, als die Schnappersgritt an Jakobs Kammer pochte. Dieser hatte einen dreistündigen Marsch in die Stadt vor sich, gegen neun Uhr ging fein Zug nach Düsseldorf . Flink kleidete er sich an und begab sich in die Stube hinunter, wo der Vater bereits feiner harrte.
,, Wie ist's dann mit Geld, Jakob?" fragte der Flurschütz. " Ich hab' schon noch," versezte Jakob, aber dessentwegen könnt ich doch was brauchen."
Der Flurschüß langte aus dem Wandschrank eine Geldrolle hervor und übergab sie seinem Sohn.
"
Gud, Jakob, ich hab' mit Deiner Mutter nie nig vorgehabt, nur über Dich haben wir uns als gefappelt. Kein Wunder! Sie hat sich's vom Mund abgespart, daß fie Dir die Markstücker schicken konnt. Das hat mich gewurmt. Meine Sprach' war, man soll sich nicht ehnder ausziehen, als bis man schlafen geht. Ich weiß wohl, wann ich draußen war, fein die Brief von Dir gekommen. Als ein Lamentier'n um Geld. Mir hast Du die Gunn gar nicht angethan, da drum anzuhalten, haft gemeint, Du mußt Dich hinter die Mutter stecken."
Ich hab' mich inscheniert," wandte Jakob ein, wo Du doch schon Deine achtzig Mart den Monat giebst." Und fünfundzwanzig der Weißbinder Möhl bergißt."
nicht
ab
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daß Du's
Ja, Vater,' s ist barbarisch teuer da drunten.” Der Flurschütz ging ein paarmal in der Stube auf und und blieb dann vor seinem Sohne stehen.
"
Wie lang' denfst Du dann noch die Hosen auf der Kunstschul' zu verrötschen?"
Noch ein halbes Jahr. hat der Professor gemeint, hernach könnt' ich ankommen, wo ich wollt."
ch leg' Dir nig in den Weg, wann Du Deine Sach' nicht verthuft." ,, Bei Leib nicht, Bater."
Der Flurschütz sah den Burschen scharf an.
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Guck, Jakob, ich bin nicht für das Heimscheln, und was Dudmäuser ist, mit dem sein ich schnell fertig."
Jakob fenkte vor dem durchdringenden Blick des Vaters
Drüben bei den Männern zahlte eben der Sägmüller ein die Hänseleien des Ortsdieners mit doppelter Münze heim und berührte Vorkommnisse aus der Amtsthätig- den Kopf. feit des Dorfpolizisten, die diesen in ein schiefes Licht stellten. Um ein Haar, und die beiden wären aneinander geraten. Da winfte Jakob, der Maler", seinem Vater mit den Augen zu. Dieser erhob sich und gab damit das Zeichen zum allgemeinen Aufbruch.
"
Auf der Straße schimpfte der Sägmüller über das fnid ferige Leid. Der Flurschütz, der Knaufer, habe nicht einmal ein Kännchen Branntwein ausgegeben. Der Ortsdiener, dessen Gereiztheit gegen den Schiedsmann mit einem Male verflogen war, fpuckte aus und behauptete, die Beckjuppe habe wie Spülicht geschmeckt.
Der Kazenhannes aber, der schwer geladen hatte, faßte den Bettelfaspar unter den Arm und sang:
So gut wie er kann.
Müssen werden Soldat.
Und die Hübschen und die Feinen,
Die sucht man heraus,
Und die Lahmen und die Buckligen Die läßt man zu Haus."
Die Gesellschaft marschierte im Tritt hinter dem Sänger her. Vor dem Wirtshaus zur Krone wurde Halt gemacht. " Ihr Weibsleut", gebot der Ortsdiener, geht egener heim und wärmt als die Better. Wir haben uns noch was zu verzählen."
Die Frauen gehorchten, die Männer zogen mitsammen in die Krone, ihren großen Brand zu löschen.
Dieser kreuzte die Arme über der Brust und sagte: ,, Acht Tag' nach Pfingsten ist dem Briefträger Becker sein Heinz herunter ins Westfälische gemacht. Und ist auch in Düsseldorf bei Dir geweft
Ei dadevon weiß ich ja gar nig," unterbrach Jakob den
Bater. Deffentwegen sprech' ich dadrüber. Der Heinz hat's dernacher haarklein berzählt. He flopft in aller Früh' an Deine Stub'.' s thut ihm teins auf. He klopft wieder. Ek geht die Thür auf, und so'n struwelig Weibsbild steckt den Kopf heraus. Der Herr Schwalb, sagt die, that noch schlafen. No, der Heinz ist nicht auf den Kopf gefallen, hat sein Teil gedacht und hat sich fortgemacht. Sag' mal, wen hatt'st Du dann da bei Dir einlogiert?"
..Hab's schier vergessen," stotterte Jakob puterrot. Der Flurschütz hatte ihn auf dem Korn.
,, Guck, Jakob, da geh'n die Markstücker hin, Ez zisser Dich heraus.' 3 ist afrat wie beim Wilitär, wo Du Dein Geld für das Weibsgeschirr verjuckert haft."
"
Sacht, Vater, facht," wollte sich Jakob verteidigen. Der Flurschüß aber schnitt ihm das Wort ab.
Gud,
Schweig still, da giebt's nig zu verdutscheln. Deine Mutter hat nie nir bei mir auszustehn gehabt. Ich hab' sie hochgehalten und äftemiert. Und doch hatt' sie als junge Frau ihren Braft. Von wegen ihrem Vater. In seinem Ort haben sie ihn den Waldboc geheißen.' s ist einem, weiß Gott , zu schamelich, dadrüber zu schwägen. No kurz und gut. Der hat sich als geheirater Mann in den Wald gelegt und hat auf die Mädercher Jagd gemacht, die da durchpassiert find. Ind hat auch vor Gericht gestanden. Und ist an seiner Schlechtigkeit zu Grund gegangen. Wann man sich das so vorstellt und Dich eh betracht', fommt man auf artliche Gedanken: Das Gelüstrige, fag' ich, steckt als im Blut. Jakob, seh' Dich vor! wann Du in der Bedrullje bist, ich