Anterhaltungsblatt des Vorwärts

Mr. 248.

Freitag, den 20 Dezember.

( Nachdruck verboten)

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Der Fluefchüh.

Roman von Alfred Bock  .

IV.

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1901

ihn der Kazenhannes ab, das Ungeziefer verschleppt die Pest. Alleweil ist sie schon im Portugiesischen."

Das hatte der Flurschüß auch gelesen. So eine Seuche fliege schnell wie der Wind. Eh' man sich umgucke, sei sie int Lande.

Die Weibslent spürten ein Frösteln im Rücken und riefen erschrocken:

,, Gott   sei bei uns!"

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An der Einfahrt zur Krone" in Eschenrod   lungerte der Dernacher geht's Euch an den Kragen," ängstigte sie der Bettelfaspar mit fnurrendem Magen und spionierte. ob er Bettelfaspar. Und weil wir gerad' von der Pest schwägen, jemand abfangen könne, der einen Bissen Wurst und ein paar will ich Euch einmal eine Geschicht' verzählen."

Glas Vier für ihn bezahle. Just kam der Hausmeßger Krei- Wenn der Kaspar etwas zum besten gab, da wußte man ling die Straße herauf. Der hatte den Messergurt umgenie, war's Jux oder Ernst; doch ließ man ihm willig allzeit schnallt, trug das Schlachtzeug auf dem Arm, und seine blut- das Wort. Nun hob er an: bespritzte Schürze ließ darauf schließen, daß er eben sein Handwerk ausgeübt hatte.

Der Bettelkaspar ging an ihn heran. Heinrich, Christenmensch, willst Du für einen armen Hungerleider was thun?"

Der Metzger, der ein Pfennigfuchser war, sagte, sich auf die Anzapfung einzulassen:

Vor ein paar hundert Jahr ist die Pest hier im Ort gewest. Da war eit großes Sterben unter den Leuten. No fam einmal am Nachmittag ein alter Bettelmann in ein Haus und fordert sich ein Stückelchen Brot. In dem Haus war eine alte Frau. Die saß vorn auf dem Bett und heult'. ohne Was kreischt Ihr dann so? frägt der Bettelmann. Ach, sagt die Frau, mein Mann ist mir an der Pest gestorben, ,, Alleweil hab' ich beim Flurschütz geschlacht', sput' Dich, dort neben liegt er auf dem Stroh. Und meine zwei da giebt's Megelsupp'." Buben sein in den Wald den Wald gelaufen, dann über den Der Bettelfaspar schnoberte mit aufgeblähten Nasen Hollerbach kann die Pest nicht kommen. Guckt her, flügeln in der Luft herum, als suche er die Witterung, dann so schwarz wie Stienruß ist mein Mann. Et sein ich lief er mit einem Juch!" wie besessen davon. Zwei Minuten mutterallein. Bleibt da und helft mir mein' Mann be später stand er atemlos in des Flurschüßen Stube, wo die graben. Das will ich thun, fagt der Bettelmann, aber Freundschaft schon beisammen war; der Ortsdiener und der ich sein hungrig, habt Ihr dann nir für mich zu essen? Ja, Sägmüller mit ihren Frauen, der Vetter Röckel und der sagt die Frau, auf dem Ofen stehn Speckkartoffel. Schneid Kazenhaunes. Euch auch ein Stück Brot dazu. Der Bettelmann tüchtig

Der Flurschüß hieß seine Gäste sich niedersehen. Als- und wie er so achelt', da kam durchs Fenster ein Ding ge­bald stellte Christine, die neue Magd, die Suppenschüssel flogen so groß wie eine Maus und fuhr in ein Nagelbohrloch auf den Tisch. Die war im Handumdrehen geleert und in der Wand. Auf einmal sprang der alte Mann auf und wurde nicht weniger als dreimal gefüllt. Was eine richtige nahm einen hölzernen Nagel und schlug den in das Loch und Mezelsuppe war, die gab dem Menschen Saft und Kraft, fagt: Gott sei Lob und Dank, daß ich dich hab' Das war da mußte man sich etwas zu gute thun. Für die unergründ- die Pest. Ez hab' ich sie aber geherigd vernagelt. Ihr könnt liche Tiese dieser ausgepichten Bauernmägen bedeuteten Eure Buben wieder rufen, Frau. Und die Frau ging nebig drei Teller voll nicht viel. Das bewies die unverminderte das Haus und that auf dem Finger pfeifen. Da kamen die Eplust, die sich beim zweiten Gang bemerkbar machte. Da Buben, und die Mamme verzählt ihnen, wie's der Bettel. gab es Wellfleisch mit Sauerkraut, zuguterlegt noch frische mann mit der Pest gemacht hat. Et waren die zwei Buben Wurst. Ein Fäßchen Lagerbier lag zum Anstich bereit, zuvor froh. Und der Bettelmann mußt über Nacht dableiben und machte ein Glas Branntwein Quartier. Nun tam erst die hat sich sell aufs Heu gelegt. Von der Stund' an hat man Unterhaltung in Fluß.  in Eschenrod   niy mehr von der Pest gehört."

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Wo hast Du die Stusserei dann her?" Yachte der Flurschüß.

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Der Ortsdiener meinte, man müsse beklagen, daß die Schweinezucht zu Eschenrod   so herunter gekommen sei. Da zähle man knapp zwei Dußend Züchter, man verlasse sich auf die Schweinetreiber. Ihm sei eine Liste durch die Hand ge­gangen, in den fünfziger Jahren niedergeschrieben. Dazumal habe Escheurod hundertzehn Häuser mit siebenhundert Insassen gehabt, Und doch habe man achtzig Ruchtfauen gehalten, die im Jahr ihre acht hundert Ferkel warfen. Jetzt machten die Eschenroder fich wichtig, daß sie's auf zweitausend Seelen gebracht, aber Das steht dahin," sagte der Bettelfaspar mit der Miene dreihundert Ferkel im Jahr bei dreimal größerer Einwohner schaft seien gewiß schon hoch gegriffen. Der Rückgang rühre einzig daher, daß den Bauer die Gewinnsucht plage, daß die Schweinezucht nicht so profitlich sei.

Von meinem Ellervater," versezte der Bettelfaspar mit ernsthaftem Gesicht, und dem hat's wieder seine Ellermutter verzählt."

Auf die Ortsdienerin und die Sägemüllerin hatte die die Erzählung Eindruck gemacht. Da man der alten Pestilenz, vermeinten sie, in Eschenrod   so übel mitgespielt habe, werde die nene klüglich das Dorf überhüpfen.

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" Ich kann so ein Trawatschen gar nicht hören," sagte der Bathasar Röckel ärgerlich. Dadrüber schwäßst Du nix, daß das letzte Jahr hier fufzig Säu an der Rotsucht gefallen sind. Als wann einem da nicht die Lust zur Selbstzucht verging'."

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Ei guck doch nur einmal in Dein' naßmistigen Stall," rückte der Ortsdiener dem Bathasar auf den Leib," Du gönnst ja Deinen Säu nicht das bißchen Stroh. Kein Wunder, wann fie da krepieren."

Der Balthasar wurde fuchsteufelwild.

Du bist mir zu schlecht, daß ich mit Dir disputier'." Halt Ruh', ihr Leut', halt' Ruh'," besänftigte der Flur­schütz die Aufgeregten.

" Ich sein auch gegen die großpratschige Schweinezucht," rief der Kazenhannes. Dadurch zieht sich nur das Ungeziefer ins Ort." 19

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Mußt Du auch Dein' Senf dazu geben?" sagte der Sägmüller von oben herab.

" Du Holzkopp hast keine Ahnung von den Sachen," fertigte

eines Unglückspropheten. In jedem Fall habe ich einen hölzernen Nagel parat. Der ist in der Neujahrsnacht im Hollerbach ge­schwenkt. Ez laßt das schwarze Ding nur kommen, ich schlag's Euch durch usid durch in die nd. Das heißt, das ist kein leicht Geknoster. Da braucht's eine mordmäßige Kräftigkeit. No sein ich auf schmale Soft gesetzt. Ja, wann ihr euch salvieren wollt, dann futtert mich geherigd heraus."

Die Männer lachten aus vollem Halse und tranken dem Bettelkaspar zu. Der tischte noch mancherlei Schnurren auf und hielt die fröhliche Stimmung wach. Auf die geschäftig hin und her trippelnde Christine deutend sang er:

Es wird geschlacht' und Spitakel gemacht, Das Mädche hier wird gar net betracht. Schwarzbraun das Mädchen, schwarzbraun das Bier, Komm, Christine, und trink mit mir."

Er hielt ihr das volle Glas hin, und sie that ihm ohne Geziere Bescheid.  -

Der Bauer teilte mit seinen Dienstboten nicht nur die So ber­Arbeit, er ißt auch mit ihnen an einem Tisch. stand sich von selbst, daß der Flurschüß seine Dienstmagd aufforderte, mitzuhalten. Doch lehnte diese bescheidentlich ab. In der Küche sei noch ein Haufen Arbeit, und wenn sie schaffe wie ein Feind, so habe sie bis in die Nacht zu thun.­