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Zögern und Warten aber verließ man, melz oder weniger un befriedigt, den Theatersaal.
dieser Sündenfall begann mit dem Weibe. Der Töpfermeister Wiese wollte seine Cousine heiraten, mußte aber sehr lange auf den erforderlichen Kirchendispens warten. Da jagte ein andrer Gespielt wurde, selbst wenn man nur Dilettantenleistungen in Töpfer Rudolf Kindler im Wirtshause:„ Nu hären Se, in Betracht zieht, unter aller Kanone: ein oberbayrisch- reden- wollender der katholischen Kirche giebt's Sie ooch Mumpit." Er war Halbenwirt, eine um einige Nüancen bessere Wirtin, ein lispelnder nämlich aus Sachsen , wo die Pastoren wachsen. Ein andrer Oberförster, ein ganz unverständlich Hopfender und brüllender ultramontaner Gast sah durch den„ Mumpig" den Felsen Petri Bauernbursch usw. usw.- bedroht, ging hin und zeigte den Töpfer wegen Religionsbeleidigung ant. Das Kreisgericht Leitmerig entschied, daß in Sachsen Mumpig Aus der Urzeit. etwas„ Dummies, Unsinniges" bedeute, daher acht Tage strengen Arrest für den unsinnigen Töpfer recht und billig seien. Vor dem Staffationshof aber machte der Verteidiger geltend, daß der gebürtige Sachse stets in Deutschböhnten gelebt habe, wo Mumpig nichts andres als etwas" Ueberflüssiges, Nicht- Zweckentsprechendes, Weit läufiges" besagen wolle. Jedenfalls fehle ihm der Dolus . Der oberste Gerichtshof entschied wie Nathan der Weise: Er läßt andre Richter urteilen. Berliner , Sachsen , Deutschböhmen herbei! Es strebe von euch jeder um die Wette, den wahren Sinn des Mumpiz an den Tag zu legen.
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Litterarisches.
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Fossile Menschenschädel aus der Diluvial. geit. Ein höchst wichtiger Fund fossiler Menschenreste ist in der Nähe von Agram in Kroatien gemacht und von Professor Stramberger wissenschaftlich untersucht worden. Nach der Kölnischen Zeitung " handelt es sich um nichts Geringeres als um ein Gegenstück zu dem berühmten 1856 im Neanderthal bei Düsseldorf ge= fundenen Schädel, dessen von der heutigen sehr abweichenden Form von Schaffhausen als normal und einer steinzeitlichen Menschenrasse angehörig, von Virchow dagegen als pathologische Abnormität gedeutet wurde. Nach dem Bericht von Professor Klaatsch müßte aber nunmehr die letztere Deutung aufgegeben werden, denn bei Agram sind die Schädelreste von nicht weniger als acht menschlichen Individuen ge= funden worden, welche sämtlich die Eigentümlichkeit des Neander thaler Schädels zeigen. Bei den Agramer Schädeln sind sogar die gewaltigen Augenbrauenbogen, die den Schädel vom Neanderthal charakterisieren, noch fräftiger entwickelt, so daß man die kolossal entwickelte Stirnwulst wohl als eine anthropoide Bildung bezeichnen fönnte. Die große Zahl der Schädel beweist, daß man es mit einer Rasseneigentümlichkeit zu thun hat, die eine sehr erheblich niedrigere Entwicklungsstufe des Menschen charakterisiert, und ferner ergiebt sich daraus in Verbindung mit dem Neanderthaler Funde, daß jene steinzeitlichen, dem Affentypus näher stehenden Menschen über einen großen Teil von Mitteleuropa verbreitet waren.-
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Humoristisches.
Serenissimus als Brotgeber. Ich würde Ihnen raten, meine Herren Professoren, die Sache nicht auf die Spitze zu treiben. Ein Fürst kann ohne Wissenschaft bestehen, aber ein Profeffor nicht ohne Fürsten ."
nr. Kurt Aram : Die vornehme Tochter." Geschichten und Skizzen. Berlin . F. Fontane u. Co., Von Kurt Aram , der unsern Lesern durch seinen Roman„ Unter Wolken" bekannt ist, liegt jezt ein Band Novellen und Skizzen vor, die, in Bezug auf Juhalt und Umfang sehr verschieden, zusammengehalten werden durch das einigende Band einer gemeinsamen Grundanschauung. Welcher Art diese ist, bringt der Dichter zu knappen, aber deutlichem Ausdruck im legten und fürzesten Stück der Sammlung, das betitelt ist:" Die Luftpumpe." Darin läßt er seinen Freund, den Lyriker", am Bier tisch die Schulerimierung erzählen, wie der Physiklehrer den Jungens das Wirken der Luftpumpe veranschaulicht, indem einer unter die Glocke gesetzten Maus zum gemeinsamen, boshaften Vergnügen die Luft allmählich entzogen, dann aber wieder zugeführt wird, so daß das arme Tier abwechselnd das Bewußtsein verliert und wieder zu sich kommt. Das unbarmherzige Spiel wird efliche Male wiederholt, bis dann schließlich die grausame Quälerei durch ein energischeres Auspumpen ihr Eude findet. Pfui Teufel, ist das ein Leben! Fortwerfen sollte man es, wie einen schmutzigen Lappen!" so zieht der Lyriker die Moral aus seiner Geschichte, und der Dichter fügt hinzu:„ Wir waren natürlich alle derfelben Meinung, folgten wollen Sie, anständigere Behandling? Sie bilden sich wahrschein Der Zeitungsschreiber". Richter: Was diesem State aber doch nicht. Wir fühlten uns damals noch wohl hinter den Glaswänden, unter der Luftpumpe." Wer solchem frost- lich ein, Sie sind ein Naubmörder?" losen Pessimismus nicht huldigt und Arams mit einer starken Dosis Er verzichtet. Richter: Gegen dieses Urteil können Menschenverachtung versegte Schilderungen menschlichen Wesens und Sie Berufung einlegen; doch können Sie auch darauf verzichten.- Treibens mitunter als farifierende Uebertreibungen empfindet, wird Angeklagter: Ich verzichte auf das Urteil. das Buch doch nicht unbefriedigt aus der Hand legen; denn mit jenen Zügen verföhnt der gesunde, doch wieder von warmer Menschenliebe zeugende Humor, der aus den Erzählungen spricht. Vor allem find die Bilder aus dem bäuerlichen Leben vortrefflich. Da werden Gesetzbuch ist auf einer besonders stolzen Höhe in dem§ 919, freilich keine Salonbauern in der Art der Auerbachschen Dorfgeschichten geschildert, sondern dem Leben abgelauschte Typen, deren hervorragendites Charakteristikum brutaler Egoismus ist. Hier und da sind ja die Farben zu stark aufgetragen; aber gegenüber dem jetzt üblichen Märlein vom Bauer als einem Ausbund von Idealismus, von Gottesfurcht und frommer Sitte wirkt Arams Satire, die allemal die Dinge rücksichtslos beim Namen nennt, er frischend.
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Theater.
-n. Berliner Scala." Quitt." Bauernkomödie von Robert Hiller. Man muß es dem Stück nud der Aufführung zu gute halten, daß die ganze Beranstaltung den Charakter eines Bereins Unterhaltungsabends trug. Wollte man die Sache ernst nehmen, so könnte man in einen argen Zwiespalt mit sich selbst geraten, was eigentlich„ blutiger" war: Stick oder Aufführung. Doch. warum sollen nicht auch Dilettanten ihr Vergnügen haben, sowohl schriftstellernde, wie schauspielernde? Nur soll sich der Dilettantisumus im Kreise seiner Bewinderer austoben und nicht jeglichen Schmarr'n in die Oeffentlichkeit tragen! Doch mancher lernt's nie und dann noch schlecht", und der Florian in Anzengrubers Weihnachtsstück " Heimg'funden" behält schließlich recht, wenn er so oft, wie nur irgend möglich sagt:" Mua ß denn das sein?"
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(„ Jugend.") Der deutsche Stil im neuen Bürgerlichen
Absatz 1, wo es wörtlich heißt:„ Der Eigentümer eines Grundstückes kann von dem Eigentümer eines Nachbargrundstückes verlangen, daß diefer zur Errichtung fester Grenzzeichen und, wenn ein Grenz zeichen verrückt oder unkenntlich geworden ist, zur WiederHerstellung mitwirkt."
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Notizen.
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Der Hermann Heyermans neues Bühnenstück Banger" erregt in Amsterdam großes Aufsehen. Das Stild richtet sich gegen den Militarismus; der Panzer" versinnbildlicht den Militarismins, der sich erdrückend um den Leib des Volkes legt.- Alfred Sormanns Oper Sibylle" geht am 31. Dezember erstmalig im Opernhause in Scene. Otto Julius Bierbaum ist, wie die bei Schuster u. Loeffler erschienente Halbmonatsschrift Die Musik" mitteilt, mit einer neuen Textbearbeitung der Oper Don Pasquale " von Donizetti beschäftigt. Die musikalische Revision dieser Neuausgabe, bei der Donizettie reizende Rezitative wieder vollständig zur Geltung kommen sollen, besorgt Dr. Wilhelm Kleefeld . Das Stadt Theater zu Frankfurt a. M. hat das Necht der Erstaufführung, die noch in dieser Saison stattfinden soll, ers worben.
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In den Vorstand der Großen Berliner Kunst ausstellung 1902 wurden gewählt: 1. Vorsitzender Professor A. Kampf, 2. Vorsitzender Prof. Hans Meyer, Schriftführer Professor O. Günther- Naumburg und Otto Prozen, als Säckelmeister Professor Dr. F. Harper und Architekt Solf. Die Geschäftsführung hat wie bisher Herr F. v. Baher.
Ort der Handlung ein bayrisches Gebirgsdorf. Beit: Gegen wart. Den vom Hochmutstenfel besessenen Halbenwirt hat die Bau: wut ergriffen. Er und der Klausbauer überbieten sich im Errichten von Ställen und Scheunen. Doch zu dem ständigen Bauen gehört allemal Geld, und eine bayrische Gebirgsscheute wirft von dem Zeug nicht allzuviel ab. Der Halbenwirt will aber im Bau- Duell nicht unterliegen: er giebt sich dem Ortswucherer Dr. Steffen in die Finger, wird der„ stille Compagnon" desselben, nimmt Unsummen von Geld ein, ohne zu wissen woher und wofür usw. Der Wucherer Die Neue Gemeinschaft " ist in die Einsamkeit und aber hat ein Auge auf das hübsche Wirtstöchterlein, die Rosel, ge- Weltabgeschiedenheit nach Schlachtensee geflüchtet. Dort hat sie worfen. Das Mädel verabscheut jedoch den alten Gauner. In einer ein größeres Grundstück gepachtet mit Bäumen, Gemüses gänzlich unmotivierten Schlußscene, in der sehr viel Pfui" gerufen beeten und einem Wohnhaus mit 30 Zimmern. Geburts, Tauf-, und noch mehr ausgespuckt wird, läßt sich der Bucherer von der Verlobungs- und Totenfeste der Neuen Gemeinichaft" jollen fortan Rosel und einem Holzknecht übertölpeln: er giebt den nur auf dem Schlachtenseer, Gefilde der Gemeinschafts- Seligen" gefeiert vom Halbenwirt unterschriebenen Schein heraus und der Titel werden.
des Stückes, Quitt", ist gerechtfertigt.
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Eigentlich wußte, nach dem letzten Zusammenziehen des Vorhangs, niemand, ob die Geschichte zu Ende war; nach einigem Verantwortlicher Redacteur: Carl Leid in Berlin .
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Die nächste Nummer des Unterhaltungsblattes erjcheint am Sonntag, den 22. Dezember.