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Dialekt zu allen Zeiten ein Gemisch von Hoch- und Niederdeutschem schaftliche Weiße mit einem Finger über den Rand griff gewesen und wie dieses Gemisch sich im einzelnen vollzogen hat, so hatte er eine Strafweiße" zu stellen, wozu ermit wird sich wohl überhaupt nur schwer feststellen lassen. Dagegen diefem Ausdruck berurteilt wurde. Manche Rebensarten Tassen sich noch heute mancherlei Einflüsse der aus Nieder- stammen von bekannten Persönlichkeiten. So wird zum Beispiel deutschland erfolgten Kolonisation erkennen. Die älteste nieder- historisch dem alten Dessauer die Vaterschaft für den reizenden deutsche Urfunde Urkunde in Berlin stammt aus em Jahre 1484. Bergleich: Er fizt wie' ne Feuerzange uff'n dollen Hund" zu In einer Berliner Weihnachtskomödie aus dem Jahre 1589 sprechen geschrieben. die Leute aus dem Volke schon berlinisch" mit det und wat" Ein Halberstädter, der 1727 und 1733 Berlin besuchte, hörte schon das Spute dir een Häpken" und: Det weeß ich alleene nich". Doch waren diese Ausdrücke wohl auch Gemeingut, denn über die Hälfte der Worte und Redensarten des Berliner Dialektes wurde gleichzeitig auch anderwärts gesprochen, sie haben ihren Ursprung nicht in Berlin , sondern ganz allgemein im Niederdeutschen.

Der Berliner Dialekt hält die Mitte zwischen Hoch- und Platt­deutsch, er ist aber durch den Einfluß der Schriftsprache und der Nachbardialekte so sehr mit den verschiedenartigsten Elementen versetzt, daß von einer Regelmäßigkeit in dem Verhältnis zu den Hauptdialekten nicht mehr die Rede sein kann," wie ein Dialett forscher sehr zutreffend sagt. is da Wie jeder Dialekt, so wird auch der Berliner durch die Laute gemacht. Die Kehllaute, Lippenlaute Zahnlaute, Nasenlaute, Zungen laute sind es, die der Sprache die dialektische Färbung geben. Seine eigentliche Würze aber erhält der Dialekt erst durch den Wig, der die bisfig- komischen Urteile oder die volkstümlichen Umprägungen fremder oder technischer Ausdrücke bringt. So z. B." Ziehjarre" statt Cigarre, Zanttippe" statt Xantippe, verrunjeniert" statt ruiniert, spanischer" statt panischer Schrecken, Pustrohr" statt Rohrpost, " pliemerant" statt bleu- mourant, Fuselier" für Branntweintrinfer 2c. Durch Kehllaute bilden sich im Berliner Dialekte die Um prägungen wie Talch, talchich, Stalch, faldich, Buch, zuchich; oder die Verkleinerung in der Endung von Silben, wobei das chen" und ,, lein" sich in ein ken" umwandeln: Haieken, Jungeken usw. Die Lippenlaute nehmen ebenfalls eine Veränderung mit den Worten bor . Wo am Anfang eines Wortes P in Verbindung mit auftritt, da macht der Dialekt hieraus entweder ein F wie Ferd, Fan, Fanne oder ein P wie Pote, Publ. Ebenso verfährt er am Ende der Worte oder beim Auftreten von pf inmitten eines Wortes. Zu Kehl - und Lippenlauten gesellen sich die Babulaute, welche, wie ganz allgemein im Plattdeutschen, das 811 t, das t im Anlaut zu d machen. Eine große Rolle spielt im Berliner Dialelt der Naseniant n, der ganze Silben aufhebt, indem der Sprechende sie durch das langgezogene oder in m umgewandelte n ersetzt und andentet.

Die Holde, die sich von ihrem Aubeter nach Hause fahren läßt, wünscht heute einen Tage" oder einen Weißlackierten", denn die " Droschte erster Jüte" verschwindet allmählich aus den Berliner Redensarten. Auch die Marktfrauen sind modern" geworden seit sie in Markthallen feithalten und titulieren jede höhere Tochter Meine Dame". Früher hieß jede Käuferin, auch die älteste Matrone, Junge Frau"; daher das Wigwort: Junge Frau sind Se nich die olle Millern?"

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Der liebe Gott spielt in den Berliner Redensarten von altersher eine große Rolle. Jotte doch"," Ach Jotteken doch", ruft auch heute noch die Stöchin, wenn sie sich wundert, und Nanu mach' Dir mit'n lieben Jott bekannt" hört man noch oft, und mancher Trinker nennt noch einen guten Schnaps:" Det reene Wort Jottes". Was wäre der Berliner Dialekt ohne den Aujuft", die geniale" Erfindung des alten Renz, die Verberlinerung des Pickelhering, des Hauswurst usw. In zahlreichen Variationen tritt Aujust" in den Berliner Redensarten auf. Aujust mit de falte la main." Aujust, sollst mal runter tommen." Anjust, laß' n Affen los."" Aujust, stoß de Vögel an, et tommt' n Bortujiefe." Aujust, um die paar Pflaumen weenfte?" Aujust, sprach sie, haste rund? Scheibe, sagt er, und verschwund." Und gerät dann aus der Fidelitas der richtige Berliner " in Trübstimmung, so tommt der Hund zu seinem Rechte. Uf'n Hund kommen."" Det jönn' id teenen Hund." Ick friere wie' n junger Hund." Wenn de Hunde dick find, friert ſe." Et is um jimge Hunde zu kriejen." Schimpfen Se doch nich fleich frummer Hund."" Ich sehe aus un wenn et junge Hunde rejent."

Manches ist auch in die Geschäftssprache übergegangen. So z. B.: Hier werden Rasiermesser fauftschneidend geschärft." Hier können Familien Kaffee tochen."" Hier wird Spreewasser und andere kleine Fuhren gefahren" u. 1. iv.

So sind es die Wörter und Rebensarten die der Berliner E, R. Sprache ihren Charakter verleihen.- ding

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Kleines Feuilleton.

Sehr viel hat der Wortschatz des Berliner Dialekts auch von dem sogenannten Jüdisch- Deutsch " angenommen, was ihm einen sehr omischen Beigeschmack giebt. Dies stammt aus der Zeit, da Die Verteilung der Sprachen auf der Erde. Wir lesen eine finstere reaktionäre Geistesrichtung dem Juden noch seine staats- in der Münchner Allgemeinen Zeitung": Die chinesische Sprache ist bürgerliche Gleichberechtigung bestritt, Zünfte und Gewerke die nach der Zahl der Menschen, die sich ihrer bedienen, die am weitesten Juden volt der Ausübung des Handwerks ausschlossen. verbreitete Sprache, da sie von 300 bis 400 Millionen Menschen ges Zahlreiche Juden mußten damals ihre Existenz auf die sprochen wird. Alle europäischen Sprachen treten dagegen weit zurück,

Ein Teil der Nedensarten des richtigen Berliners" stammt aus alten Poffen. In der Blütezeit der Berliner Bosse gab diefe mehr als heute das geflügelte Wort. So z. B. die bekannte Redensart:" Ob Christian, ob JBig,' s Jeschäft bringt's mal so mit sich." Sie stammt aus Kalisch's Berlin bei Nacht", oder:" Da siehste mir, da haste mir, da haste deinen Unt'roff zier" aus Friedrichs Köck und Juste". Andre wieder haben eine uralte Vergangenheit. So Hannemann, jeh' du voran, du hast de Wasserstiebeln an", oder das liebliche: " Haut se, haut se, haut se; Haut se uff de Schnauze."

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jämmerlichste Weise, durch den Handel in der niedersten denn selbst das Englische wird nur bon etwa 100 Millionen Formg fristen. Die ruhelos ihren Backen schleppenden jüdischen Menschen benützt. An dritter Stelle steht die deutsche Sprache, für Handelsproletarier famen auf Herbergen und in Dorfwirtshäusern die der Statistiker des Mouv. Géograph." 69 Millionen mobil mit den wandernden Handwerksgefellen, Baganten usw., kurz dem macht, während sich nach der Berechnung von Paul Langhans Landstraßen- Proletariat in Berührung, welches die furzen, fomischen unter Einbeziehung des Niederdeutschen die Summe bon Kernwörter des sog. Jüdisch- Deutsch aufgriffen. Noch heute winmmelt 85 Millionen ergiebt. Dann folgt das Russische mit 67 Millionen. die Kundensprache" davon. Die in Arbeit tretenden Handwerks- Die beiden früheren Weltsprachen, das Französische und das Spanische, gesellen brachten die Ausdrücke ins Volk und so gingen sie in den müssen sich jetzt mit je 41 Millionen begnügen. Italienisch wird Dialekt, zumal der Berliner , über. von 30, Portugiesisch von 13 Millionen Menschen gesprochen. Mehr als die Hälfte aller Zeitungen der Welt werden in englischer Sprache veröffentlicht. In den Vereinigten Staaten herrscht ein großes Ges misch von Sprachen, denn es giebt dort Zeitungen in 24 ver schiedenen Idiomen. Die italienische Sprache ist außerhalb des Stammlandes hauptsächlich in Aegypten und in beiden Amerika verbreitet. Das Spanische ist sehr zurüdgegangen, bildet aber im Handelsverkehr noch immer eine Sprache von größter Wichtig­feit. Besonders interessant ist eine Zusammenstellung über den Fortschritt der einzelnen Sprachen im Laufe der Jahrhunderte. Am Aus der guten alten Zeit stammen noch zwei Bezeichnungen, die Ende des 15. Jahrhunderts sprachen erst 4 Millionen Menschen eng fich bis heute erhalten haben. So wenn der Berliner die Vossische" lisch, und am Ende des 16. Jahrhunderts auch erst 20. Vom 15. bis beharrlich Tante Vossen" nennt. Das Pendant dazu war zum Ende des 17. Jahrhunderts war die deutsche Sprache nur bei früher Onkel Spener". Das stammt noch aus Klein- Berlin 10 Millionen Menschen vertreten und vor hundert Jahren erst bei wie vieles andre, das völlig vergessen ist. So war zur Zeit, als 31. Das Russische gar war vor 400 Jahren die Muttersprache von Berlin noch seine Thorkontrolle hatte, es beim Abschied eine ge- mur 3 Millionen und bor 100 Jahren von nur 30 Millionen. bräuchliche Redensart anstatt" Adieu" zu sagen: Früßen Se'n Selbst das Französische wurde am Ende des 15. Jahrhunderts Thorschreiber." Auch die früher oft gehörte Nedensart:" Dazu erst von 10 Millionen Menschen gesprochen und hat seitdem eine jehört jewissermaßen doch Talent" stammt noch aus der Glanzzeit zwar stetige, aber doch nicht sehr starte Ausbreitung gefunden. der Berliner Lokalposse; sie ist ein Refrain aus Wilkens Kläffer". Ebenso ist die Entwicklung des Italienischen und Spanischen in den Fast verschollen ist auch die Art, wie sich früher die Berliner Schul- legten 400 Jahren verhältnismäßig unbedeutend gewesen. Immers jugend die Parallelstraßen der Friedrichstraße von den Linden bis hin haben alle genannten Sprachen im Laufe des 19. Jahrhunderts zur Kochstraße einprägten: Unter den Linden tanzen die Bären, einen Fortschritt erfahren, wie er vorher noch niemals vor­doch der französische Jäger schießt dem tauben Mohren gekommen war. Man muß dabei freilich in Rechnung ziehen, daß die Krone herab, wie Leipziger Lerchen, welche mit Strause- die Angaben für die früheren Jahrhunderte wohl an recht großen minze im Schüßen- 8immer gefocht werden." Dagegen hat sich Unsicherheiten leiden. Auch für den jetzigen Stand sind die ermittelten bis heute erhalten die Bezeichnung Kranzlerede" für die Ecke der Linden Zahlen nicht sonderlich zuverlässig, denn eine ebenfalls jetzt von Carnac und Friedrichstraße, nach dem Konditor Kranzler, wie denn der veröffentlichte Statistit giebt erheblich andre Ziffern als die oben ers richtige Berliner " jede Kuchenfrau auch unfehlbar Mutter Kranzlern" wähnten. Danach soll gegenwärtig Englisch von 116, Deutsch von 80, anreden wird. Aus der Zeit der Alleinherrschaft der aften Berliner Russisch von 85, Französisch von 52, Italienisch von 54, Spanisch Weißbierstuben stammt noch der Ausdruck Klauweiße". Wenn von 44 Millionen Menschen gesprochen werden. Nach dem, in den jemand aus Bersehen, um sie sich nahe zu ziehen, in die gemein- legten 400 Jahren stattgehabten Fortschritt der einzelnen Sprachen