Auch ich suhle, duß in meiner Seele etwas wächst... Ach, auch ich werde nmu Teil sagen, wenn die Zeit kommt!" Wem denn?" fragte Sascha geringschätzig. Allen!" rief Foma aus und sprang auf.Ich werde gegen die Falschheit sprechen... Ich werde fragen..." Frage einmal, ob der Samowar fertig ist," befahl ihm Sascha gleichgültig. Foma blickte sie an und schrie zornig auf: Geh' zum Teufel! Frage selbst..." Gut, ich werde fragen... Warum schreist Du denn?" Und sie ging aus der Hütte hinaus... Der Wind flog ln stürmischen Stößen über den Fluß, schlug ihn auf die Brust, und der Fluß brauste, mit empörten braunen Wellen bedeckt, mit lautem Plätschern und vor Wut schäumend, krampfhaft dem Wind entgegen. Das Weidengehölz neigte sich zitternd ganz zur Erde, bald wollte es sich auf die Erde legen, bald drängte es erschrocken in die Ferne, vom Wind gejagt. In der Luft tönte ein Pfeifen, ein Heulen und ein intensiver, klagender Laut, der aus der Brust vieler Menschen drang: Es geht es geht es geht!" Dieser Ausruf, kurz wie ein Schlag und schwer wie der Seufzer einer ungeheuren Brust, die vor Anstrengung erstickt. schwebte über den Fluß und sank auf die Wellen herab, als sporne er ihr wildes Spiel mit dem Wind an, und sie stürmten mit Macht gegen die User. An dem gebirgigen Ufer lagen zwei leere Barken vor Anker, und ihre hohen Mastbäume, die sich in den Himmel erhoben, wiegten sich erregt hin und her, als zeichneten sie in der Luft ein unsichtbares Muster. Das Deck beider Barken war mit Holz beladen, das in dicken, braunen Balken auf- getürmt war. Ueberall hingen riesige Blockrollen herab; Ketten und Taue waren daran befestigt und wiegten sich in der Luft; die Glieder der Ketten klapperten leise... Ein Haufen von Bauern in roten und blauen Hemden schleppten einen riesengroßen Balken über das Deck und ächzten aus voller Brust, indem sie schwer mit den Füßen stampften: Es geht es geht es geht!" Ueberall klebten große blaue und rote Klumpen von menschlichen Körpern an den Balken. Der Wind blies die Hemden und Beinkleider auf und verlieh den Menschen seltsame Formen, indem er sie bald bucklig, bald rund und aufgeblasen wie Ballons machte. Die Menschen bei den Balken und auf dem Deck der Barken banden etwas, hämmerten, sägten, schlugen Nägel ein, und überall sah man große Hände und bis zu den Ellbogen aufgestreifte Semdärmel. Der Wind trieb Holzspäne und vielgestaltigen, lebendigen, frischen Lärm durch die Luft: die Säge»agte am Holz und schien vor boshafter Freude außer Atem zu kommen; die Balken ächzten und stöhnten über die Wunden, die ihnen die Hacken schlugen; die Bretter knisterten schmerzlich, während sie von den Schlägen gespalten wurden; der Hobel winselte tückisch. Das Klappern der eisernen Ketten und das seufzende Knarren der Rollen floß mit dem zornigen Lärmen der Wellen zusammen, und der Wind heulte laut, indem er das Geräusch der Arbeit über den Fluß trug und die Wolken über den Himmel jagte. Mischka-a! Daß Dich der Kuckuck hol'!" schrie jemand laut von der Höhe des Gerüstes herab. Auf dem Deck antwortete ein großer Bauer mit zurückgebeugtem Kopf: Was?" und der Wind spielte mit seinem blonden Bart und wehte ihn ihm ins Gesicht. Gieb das andre Ende her!" Ein gellender Baß brüllte wie durch ein Sprachrohr: Wie hast Du die Bretter aufgetragen, blinder Teufel! Siehst Du nicht? Ich werde Dir schon die Augen reiben!" 5U inder, zieht an I" Noch ei inmal!" rief jemand mit bittender, hoher Stimme. Foma, der in seiner kurzen Tuchjoppe hübsch und schlank aussah, stand mit dem Rücken an den Mastbaum gelehnt, zupfte sich mit zitternder Hand den Bart und bewunderte die rüstige Arbeit der Bauern. Der Lärm um ihn her erregte in ihm den lebhaften Wunsch, zu schreien, mit den Bauern zu arbeiten, Holz zu hacken, Lasten zu tragen, zu komman- dieren, alle zu zwingen, ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, und allen seine Kraft, seine Geschicklichkeit und die lebendige Seele, die in ihm war, zu zeigen. Doch er be- herrschte sich und stand schweigend und unbeweglich da; er schämte sich und fürchtete sich vor etwas. Es machte ihn verlegen, daß er hier der Herr über alle tvar, und wenn er selbst an die Arbeit ginge, ihm wohl niemand glauben würde, daß er einfach deshalb arbeitete, weil er Lust dazu hatte, und nicht. um die Leute anzuspornen und ihnen als Beispiel zu dienen. Die Bauern würden ihn vielleicht noch auslachen. Ein lockiger, blonder Bursche mit einem aufgeknöpften Hemdkragen lief fortwährend, bald mit einem Brett auf der Schulter, bald mit einer Hacke in der Hand, an ihm vorüber: er hüpfte wie ein ausgelassener Ziegenbock,'erfüllte alles um sich herum mit lustigem, hellem Lachen, mit Späßen und kräftigen Schimpfworten, und arbeitete ohne Unterlaß, in- dem er bald dem einen, bald dem andern half und dabei geschickt und schnell über das Deck lief, das mit Spänen und Holz bedeckt war. Foma beobachtete ihn unablässig und fühlte, daß er diesen munteren Burschen, von dem etwas Gesundes, Belebendes ausströmte, beneidete. Er ist wohl glücklich", dachte Foma, und dieser Gedanke erregte in ihm den scharfen, stechenden Wunsch, den Burschen irgendwie anzurempeln, ihn verlegen zu machen. Alle um ihn herum waren von dem Eifer der eiligen Arbeit erfaßt, alle befestigten einig und geschickt das Gerüst, brachten die Rollen an und machten sich bereit, die unter- gegangene Barke vom Grunde des Flusses herauf- zuziehen; alle waren frisch, lustig und lebten. Und er stand daneben, ohne zu wissen, was er thun sollte, ohne etwas zu können, und fühlte sich bei dieser großen Arbeit ganz unnütz. Es wurmte ihn, sich zwischen diesen Menschen überflüssig zu fühlen, und je länger er ihnen zusah. desto mehr wuchs dieses Gefühl. Und am meisten verletzte ihn der Gedanke, daß das ja alles für ihn gethan wurde, und er trotzdem hier nicht an seinem richtigen Platze war. Wo ist denn mein Platz?" dachte er finster.Wo ist meine Arbeit? Bin ich denn ein Krüppel? Ich habe nicht weniger Kraft als jeder andre... Wozu brauche ich sie dann?" Die Ketten klirrten, die Rollen stöhnten, die Schläge der Hacken erklangen laut über den Fluß, und die Barken schaukelten sich beim Anprall der Wellen... Foma aber schien es. als ob er sich nicht deswegen schaukelte, weil das Deck unter seinen Füßen wankte, sondern weil er es nicht verstand, und weil es ihm nicht beschieden war, fest auf den Füßen zu stehen. Der Baumeister, ein kleiner Bauer mit spitzem, grauem Bart und mit schmalen Augen in dem farblosen, gefurchten Gesicht, trat zu ihm und sagte nicht laut, doch mit einer eigen- tümlichen Klarheit in der Aussprache: Es ist alles fertig, Foma Jgnatjitsch, jetzt ist alles, wie es sein soll... Man könnte mit Gottes Segen an- fangen." iFortsetzung folgt.» (Nachdruck verboten.) Von Fritz Stauen Hägen. Wieder dröhnte ein Kanonenschuß vom Stintfang. Weit trug ihn der Wind fort, übers Wasser, durch alle Straßen, durch die ganze Stadt. Wild peitschte der Westwind die Wogen, spielte mit den grau ansgurgelnde» Schanmkämmen und schleuderte kleine Blasen und Tropfen weit aufs Land. Aufgeregtes Leben herrschte in der Hafcngegend. Aber nicht etlva Angst, Furcht. Spannung>var es, was die Menschen aufregte: lustig, zum Scherzen aufgelegt ivare» alle. Lärmte schon das schäuniende Wasser und schlug aufklatschend in die Jollen und Schuten"), so wurde es durch das Tuten, Pfeifen und Klingeln der kleineren und größeren Schleppdampfer noch über« boten. Mitten im Strom de? Freihafens lag der Südafrika -Dampfer Erna Wörmann" und rüstete sich zur Abfahrt. An deni mächtigen Schiffsrumpf spritzten die Wellen empor, aber bewegungslos, in er­habener Ruhe lag er da, schwarzer Qualm stieg aus den beiden großen, grauen Schornfteineit auf. und geschäftig lief die Mannschaft auf Deck hin und her. Die Schute» drängten sich um den Koloß, und immer kamen noch neue hinzu, von denen er Waren übernehmen sollte. Des stürmischen Wetters ivegen wagten es keine Ewerführer, vom schmalen Schutenbord aus ihre Fahrzeuge zu führen, nur einer stolzierte auf dem schaukelnden Rand munter hin und her. Er brauchte sein Fahrzeug nicht zu schieben, denn der Wind trieb es den rechten Weg; immer näher kam es deni Rudel der drängenden Schuten. Dann hörte er durch das Pfeifen des Windes einen lauten Warnungsruf:Korl, Holl Di!" Doch noch ehe er sich umwenden konnte, stieß sein schnelltreibendes #j Offene Lastfahrzcuge.