Anterhaltungsblatt des Vorwärts

Nr. 41.

41]

1915

Donnerstag, den 27. Februar. 3 1902

( Nachdruck verboten.)

Foma Gordjejew.

Roman von Maxim Gorki  . Deutsch von Klara Brauner Es geschah sehr oft, daß Foma plößlich etwas sagte, was ihm selbst als dreist erschien und ihn zugleich in seinen Augen erhöhte. Das waren unerwartete, fühne Gedanken und Worte, die plötzlich gleich Funken aufleuchteten die Eindrücke schienen sie aus Fomas Hirn heraus­zumeißeln. Und er beobachtete mehr als einmal an sich, daß er das Ausgedachte schlechter und farbloser mitteilte als das, was in seinem Herzen plöglich aufflammte.

Foma lebte, als schreite er durch einen Morast, von der Gefahr bedroht, bei jedem Schritt in Schmutz und Schlamm zu versinken, während der Pate sich wie eine Schlange auf einem trockenen, festen Platz wand und das Leben seines Tauffindes aus der Ferne scharf beobachtete.

Wenn Du kein Mädchen wärst!" rief er aus. Du einen Verstand hättest wie. zum Beispiel Marfa Poffadniza")... ach, Lubjowj! Dann, dann würde ich auf alle pfeifen, auch auf Fomka. Nun, weine nicht Sie trocknete sich die Augen und fragte:

"

Was ist denn mit Fomfa?"

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,, Er revoltiert... Haha! Er sagt: nehmt mein ganzes Vermögen und laßt mich frei. Er will seine Seele in den Schenken retten. Das ist ihm eingefallen, unserm Foma."

"

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Was ist denn das?" fragte Ljuba unsicher. Sie wollte sagen, Fomas Wunsch sei gut, es sei ein edler Wunsch, wenn er ernst wäre, doch sie fürchtete den Vater durch ihre Worte zu erzürnen und blickte ihn nur fragend an. ,, Was das ist?" sagte Majakin eifrig und zitternd. Er hat das entweder vom Trinken oder- Gott behüte uns davor! von seiner Mutter von den Alt­gläubigen. Und wenn dieses Heidnische in ihm gärt, werde ich mit ihm viel zu kämpfen haben! Es wird zwischen ihm Nach dem Streit mit Foma war Jatow Tarassowitsch und mir ein großes Ringen beginnen. Er hat sich trotzig gegen düfter finnend nach Hause zurückgekehrt. Seine Augen mich erhoben und hat auf einmal große Steckheit gezeigt. Er glänzten trocken, und er hielt sich ganz gerade wie eine ist jung, er hat noch keine Schlautheit in fich. Er fagt: aufgespannte Saite. Die Furchen zogen sich frankhaft zusammen, ich werde alles vertrinken, alles wird zu Grunde gehen. Ich sein Gesicht erschien noch fleiner und dunkler, und als Ljuba werde Dir's schon zeigen!" is as ihn so erblickte, schien es ihr, er sei ernstlich frank, fuche fich Majakin erhob die Hand über seinen Kopf, ballte die nur zu beherrschen und thue sich Gewalt an. Der schweig Faust und drohte damit wild. ling add fame Alte rannte nervös durch die Zimmer, warf seiner Tochter als Antwort auf ihre Fragen trockene, kurze Worte zu und fuhr sie endlich an:

Laß mich in Ruh'! Du siehst, ich bin nicht in der Laune, mit Dir zu sprechen."

Er that ihr leid, als sie sah, wie traurig und gramboll seine scharfen, grünen Augen blickten; sie hielt es für ihre Pflicht, ihn auszufragen, was mit ihm vorginge, und als er sich an den Mittagstisch fette, trat sie auf einmal zu ihm, legte ihm die Hände auf die Schultern und fragte freundlich und unruhig, indem sie ihm ins Gesicht blickte:

,, Vater! Sagen Sie, sind Sie unwohl?" Ihre Lieb­fofungen waren etwas äußerst feltenes; sie stimmten den ein­samen Greis immer sanfter, und er wußte sie zu schäßen, ob­gleich er sie nicht erwiderte. Jetzt zuckte er mit den Schultern, warf ihre Hände herab und sagte:

Geh, geh auf Deinen Play! Sieh, wie Dich das Jucken der Eva überkommt."

Doch Ljubowi ging nicht; sie blickte ihm beharrlich in die Augen und fragte mit Kränkung in der Stimme:

Vater, warum sprechen Sie mit mir so, als ob ich ein Kind oder sehr dumm wäre?"

Weil Du erwachsen und nicht allzu gescheit bist. Ja- a! Das ist alles, was ich Dir sagen kann! Geh, fetz Dich und!"

Sie trat zur Seite und setzte sich schweigend dem Vater gegenüber, indem sie die Lippen getränkt zusammenpreßte. Majakin gegen seine Gewohnheit langsam, er rührte mit dem Löffel lange in dem Teller mit den Schtschi herum und untersuchte sie eingehend.

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" Wenn Dein verstopfter Verstand die Gedanken Deines Vaters verstehen könnte!" sagte er auf einmal und seufzte pfeifend auf.

Ljubowi warf ihren Löffel fort und fagte faft mit Thränen in der Stimme:

"

Warum beleidigen Sie nich, Vater? Sie sehen ja, ich bin allein, ich bin immer allein! Sie verstehen ja, wie schwer mein Leben ist, und doch sagen Sie mir nie ein freundliches Wort. Sie sagen mir nie etwas, auch Sie find ja einsam; auch Ihnen ist es schwer zu leben. Ich sehe das Ihnen ist es sehr schwer zu leben, aber Sie sind selbst schuld daran! Sie selbst.

"

Jetzt beginnt auch Bileams   Eselin zu reden!" sagte der Alte lächelnd. Nun! Was weiter?"

"

Wie wagst Du es? Wer hat das Geschäft erworben, wer hat es eingerichtet? Du? Dein Vater! Eine Arbeit von vierzig Jahren steckt darin, und du willst das vernichten? Wir müssen alle bald wie eine Mauer stehen, bald vor­vorsichtig, einer hinter dem andern, im Gänsemarsch an unsern Plaz gehen. Wir Kaufleute haben Rußland   ganze Jahr­hunderte lang auf unsern Schultern getragen, wir thun es auch jetzt. Peter der Große   war ein Zar mit einem gött­lichen Verstand, er fannte unfern Wert. Wie er uns unter­stützt hat! Er hat eigens Bücher drucken laffen, um unser Geschäft zu lehren. Ich habe das auf seinen Befehl gedruckte Buch von Polydor   Virgilus, dem Urbiner, über die Erfinder... es ist im Jahre 1720 gedruckt ja! Das muß man verstehen. Er hat es auch verstanden und hat uns in Schwung gebracht. Und jetzt stehen wir auf den eignen Füßen und wissen, wo unser Platz ist. Laßt uns frei! Wir haben an der Basis des Lebens gebaut, haben uns statt der Ziegel in die Erde gelegt, jetzt müssen wir die Stockwerke bauen; wir bitten um die Erlaubnis, uns frei bewegen zu dürfen! Dorthin muß der Weg von unser einem gehen. Das ist unsre Aufgabe, aber Fomta versteht das nicht. Er muß das verstehen und muß es fortsetzen. Er hat die Mittel vom Vater. Wenn ich sterbe, fommen die meinigen noch dazu; arbeite, junger Hund! Und er treibt Unsinn. Nein, warte mur! Ich werde Dich schon auf Deinen Platz führen!"

Der Alte Feuchte vor Erregung und blickte seine Tochter mit funkelnden Augen und wild an, als sei fie Foma. Seine Erregung erschreckte Ljubowj, doch sie hatte nicht den Mut, den Vater aufzuhalten, und blickte schweigend in sein düsteres, finsteres Gesicht.

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Der Weg ist durch die Väter gebahnt und Du mußt ihn gehen. Ich habe fünfzig Jahre gearbeitet und wo­für? Damit meine Kinder mein Werk zu Ende führen. Meine Kinder! Wo sind meine Kinder?"

Der Vater senfte wehmütig den Kopf, seine Stimme ver sagte, und er sagte dumpf, als spräche er in sich hinein:

Der eine ist ein Verlorener, ein Zuchthäusler, es ist wenig Hoffnung auf ihn. Die Tochter... Bem werde ich meine Arbeit vor dem Tode übergeben? Wenn ich einen Schwiegersohn hätte.. Ich dachte: Fomta wird zur Ver­munft kommen und wird sich die Hörner abstoßen, dann werde ich Dich ihm geben und mit Dir alles, was ich habe! Fomka taugt aber nichts. Und ich sehe niemand, der ihn ersetzen fönnte. Was das jetzt für Menschen sind! Früher waren sid die Menschen eisern, und jetzt sind sie aus Gummi. Alle Das ist nicht gut. Das kränkt mich sehr. Warum biegen fich und haben gar keine Festigkeit. Was ist das? stoßen Sie mich von sich? Ich habe ja niemand außer Warum?" Ihnen."

od Bater, Sie sind auf Ihre Klugheit sehr stolz." ,, Und was noch?"

Ihr traten Thränen in die Augen; der Vater bemerkte das, und sein Gesicht zuckte zusammen.

" Statthalterin von Nowgorod   im 16. Jahrhundert zur Zeit der Republik   unter Johann dem Grausamen.