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nicht so an!" Sie fämpfte auf Tod und Leben jezt oder nie.
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es galt Hunger so gut wie der Magen, und meines hat seit den letzten fünf Jahren zum zum mindesten sehr magere Kost ,, Wenn Du nicht zu mir kommen willst, so tomm' ich zu gehabt. Sehen Sie dort die Insel, die wie eine SilberDir!" schrie sie und warf sich ihm an die Brust. Da ging alles unter in wilder Verwirrung, die Beeren der Tollkirsche schlugen ihm auf die Stirn und der Mond und die Sterne verschwanden.
,, Mein Liebchen, mein Schat, mein Mädchen!"
,, Nun gehst Du doch nicht mehr fort?" schluchzte sie. ,, Gott verzeih' mir's ich kann nicht.".
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Küsse mich noch einmal, Philipp! Verachte mich weil ich Dich mehr liebe als mich selber!"
Sie weinte, sie lachte, das Herz schlug ihr bis zum herauf. Im nächsten Augenblick hatte sie sich feiner armung entzogen und war fort.
nicht,
Halse Um
möwe auf dem Wasser liegt? Sieht sie nicht aus, als ob sie gleich untertauchen wollte? Das ist meine Heimat, mein Vaterland, wie man's nennt; und vor kaum drei Wochen sah's nicht danach aus, als sollte ich das verdonnerte alte Ding jemals wieder sehen. Doch Gott meint es gut mit mir, und ich bin wieder leidlich auf dem Damme. Ich bin selbst ein Manksmann, Maat, und da drüben wartet eine kleine
" Küsse mich. Ich fühle, wie Dein Herz klopft Du bist Manksfrau auf mich. Ich bring' ihr zwar nur, wie man mein mein, mein! Sage, daß Du mich nun nicht mehr sagt, ein altes Hemde zum Ausbessern mit, aber wie froh sie berlassen wirst." sein wird, das stellt sich keiner vor. Es ist gefährlich, eine Frau zu überraschen, da diese zarten Geschöpfe so leicht krämpfe friegen, drum will ich ihr' nen Telegraphen von der Station senden. Wetter! die Freude, die sie schon über den Burschen haben wird, der es ihr bringt! Er bekommt gewiß einen Sir pence und einen Trunk Buttermilch. So sind sie nun einmal, die armen, kleinen Dinger, können keine gute Nachricht bertragen, wenn jemand wieder nach Hause kommt und dergleichen haben nicht viel Mark in den Knochen, die Frauensleute müssen immer gleich weinen, können's nicht hindern. Sie sind eben weichherziger als unsereiner; und wenn jemand fünf Jahre fort gewesen ist... Bei Gott ! wir kommen doch vorwärts. Die Insel ist fast verschwunden, wahrhaftig. Oder find's meine Augen, die nicht mehr so hell sehen seit meiner Kugelwunde! Ach, Gott ist doch furchtbar gut!"
„ Räthe, Käthe!"
Ihre Stimme kam von dem verfallenen Hause her: ., Philipp!"
XXIV.
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Mannanin, der alte Zauberer*), hatte nach seiner Gewohnheit die Insel in Nebel gehüllt und ein nach Liverpool bestimmtes Dampfschiff, daß bei verminderter Fahrgeschwindigkeit im Ungewissen umherirrte, war ein paar Striche nördlich bom Kurse abgewichen. Es ließ das Nebelhorn über das Er konnte nicht weiter sprechen und brach plöglich ab; windstille Meer erschallen, und der höllische Ton gellte weit- die beiden andren sahen sich nach ihm um, aber der Passagier hin, als rufe der Teufel seine Heerscharen aus dem Chaos stolperte schon die Kajütentreppe hinunter. herauf.
Wenn je ein Mensch auferstanden ist von den Toten, so Jetzt fiel etwas aus der undurchsichtigen Luft und setzte ist's dieser da," sagten die beiden andren einstimmig. sich einen Augenblick auf das feuchte Tau an der Kajütentreppe; einer der Passagiere erkannte es.
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Meiner Treu! Es ist ein Vogel, ein Sperling."
schrie er.
In demselben Augenblick fuhr ein Windstoß daher, der Rebel stieg und ein großer runder Rücken trat aus dem weißen Schleier hervor, wie ein gespenstiger Berg. Das ist die Insel Man," rief der Passagier. Stimmen des Zweifels wurden laut.„ Es ist das Calf, sag' ich Euch, Leute. Glaubt mir, daß ich's weiß." Und augenblicklich wurde die Maschine umgesteuert.
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Der Bassagier, ein handfester Mann mit einem Schein bon Blässe unter der rotbraunen Gesichtsfarbe, ging in fieberhafter Aufregung auf dem Deck hin und her, manchmal stieß er mit rauher Stimme einen Freudenschrei aus, dann ließ er wieder ein heiseres Lachen hören, das in einem gurgelnden Ton endete, der wie ein Schluchzer flang.
Können Sie mich hier ans Ufer sezen, Kap'tän?" " Bedaure, das geht nicht an. Wir haben schon Zeit ver
Ioren."
Dritter Zeil.
I.
Philipp war unterlegen; er wußte es, war aber nicht entmutigt, nicht unglücklich. Er hätte fein Mensch sein müssen, um der völligen Hingabe von Käthens Liebe widerstehen zu fönnen. Daher hatte er kein Unrecht begangen; es war nichts geschehen, dessen er sich zu schämen brauchte. Als er jedoch in Ballure aufam, trat er nicht wie gewöhnlich, rasch in Tante Nans Zimmer, obschon dort noch Licht brannte und er sie mit Nadel und Scheere hantieren hörte; er schlich die Treppe zu seiner eignen Stube hinauf und setzte sich hin, einen Brief zu schreiben. Es war der erste Liebesbrief, den
er schrieb.
Ich werde die Tage, die Stunden, die Minuten zählen, bis wir uns wieder sehen, mein Liebchen, und werde mich beständig fragen, ob es noch nicht Zeit ist. Da wir nun soviel fern von einander sein müssen, so laß uns ein Mittel ersinnen, um doch beisammen zu sein. Horch auf, ich will Dir das Geheimnis ins Ohr flüstern. Morgen abend und jeden Abend is Punft acht Uhr zu Nacht; ich werde dasselbe thun, und so werden wir mit einander zu Abend essen, mein Weibchen, obschon zwanzig Meilen zwischen uns liegen. Wenn mich jemand zum Abendessen einladet, schlag' ich es aus, um mit Dir zusammen zu sein. Ich habe schon einem Freunde zugejagt." werde ich. antworten und mich dann allein in mein Zimmer sehen. Du aber wirst bei mir sein."
Er hatte einen Hund bei sich, ein kleines, mißgestaltetes häßliches Geschöpf, den nahm er auf den Arm, streichelte ihn und gab ihm die kräftigsten Liebesnamen, die er mit un beschreiblichen Lauten der Zärtlichkeit begleitete. Dann ging er zu seiner Lagerstelle in der zweiten Kajüte hinunter, öffnete ein Kästchen mit Briefen, nahm einen nach dem andern heraus und lehnte sich an die Pfortluke, um sie zu lesen. Er hatte sie schon früher gelesen, und konnte sie auswendig, er fuhr In wonnevollem Entzücken schrieb er diesen Brief an aber mit dem breiten Zeigefinger unter den Zeilen hin und Räthe, obschon er sie erst vor einer Stunde verlassen hatte. buchstabierte sie Wort für Wort. Dabei lachte er laut auf, und ging dann aus, ihn auf die Post zu bringen. Mit seits sprach mit sich selbst und lachte wieder. Sie befindet sich wärts gewendetem Kopf hinter sich blickend, stieg er auf den wohl und ist glücklich und sieht sehr hübsch aus. Wenn sie Fußzehen wieder die Treppe hinauf, als Tante Nans Stimme Dir nicht schreibt, so glaube nur nicht, daß sie Dich ver- ihm aus der blauen Stube zurief:„ Philipp!" gessen hat." Er kam mit verlegenem Gesicht zurück; ihm war zu Mute wie noch nie- gewissermaßen als ob er nackt wäre. Tante Nan sah ihn aber nicht an. Sie stickte ein Lamm auf ihrem Modelltuch und langte über den Rahmen, um ihm etwas zu geben, das sie aus einem Schubfach nahm. Es war ein Medaillon mit einem Kinderkopf, das Bild eines kleinen Knaben mit langen, blonden Locken, wie Mädchen sie tragen, und einem Gesicht wie lauter Sonnenschein.
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beide."
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Gott segne sie... Und auch ihn. Gott segne sie Er ging wieder hinauf aufs Deck, denn er konnte es nicht Lange an einem Fleck aushalten. Die Luft war jetzt etwas bewegt und er sog seine Lungen voll und atmete tief. Die Insel sank wieder in das Meer zurück, von einem blaffen, silber grauen Lichte umflossen. Ein Maschinist und ein Schürer lehnten über die Planke, um sich abzukühlen.
" Nun sind Sie wohl glücklich, he?"
" War das der Vater, Tante?"
" Ja, ein französischer Maler, der mit Thurlot hier landete, " Froh wie ein Schneekönig, Maat, nur unmenschlich hat es für Großvater gemalt." hungrig. Tiffin**) fagen Sie? Ach, das Herz hat seinen hat es für Großvater gemalt."
Philipp legte es auf den Tisch. Er war mehr denn je
*) Mannanin ist der Name eines Zauberers, der durch seine überzeugt, daß Tante Nan etwas wußte. Sie wollte ihn Macht die Vorüberfahrenden verhindert, die Insel Man zu sehen, auf ihre sanfte Art warnen, und er konnte ihr darob nicht
indem er sie in Nebel hüllt.
**) Die Bezeichtung des Lunch bei den Anglo- Indiern.
zürnen. Ich bin heute schläfrig, Tante, und Du sichst auch müde