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Die Schafhalle, welche erst vor kurzem erbaut wurde, ist ein sehr politische, so lange der Alp des Junkertums noch auf Deutschland schönes Gebäude und wie in Berlin so angelegt, daß die Tiere, ohne lastet. Die Heraushebung einiger Stellen aus dem Gedichttrio wird dem Wetter ausgesetzt zu werden, von der Bahn direkt aufgenommen das ohne weiteres zeigen. und wieder versandt werden können. Das Gebäude bietet Raum für 80 000 Schafe, und 3-4 Millionen Schafe werden jedes Jahr auf diesem einen Markte angenommen und verkauft. Bei der Ankunft auf den Viehhöfen werden sie von den Beamten des„ United States Bureau of Animal Industrie" besichtigt. Dies geschieht, um ansteckenden Krankheiten unter den Tieren vorzubeugen.
Auch die Schafwäscherei verdient besondere Erwähnung. Hier fönnen täglich 12 000 Schafe gewaschen werden. Ferner giebt es hier ein neues, im vorigen Jahre eröffnetes Ausstellungsgebäude. Es wurde speciell für Ausstellungszwecke erbaut und erhebt den Anspruch, der bequemste und am vorteilhaftesten ausgestattete Bau für Viehausstellungen zu sein. Bei der im Dezember vorigen Jahres veranstalteten Ausstellung waren Tiere aus allen Teilen der Welt vorhanden.
Da die Tiere an den Meistbietenden verkauft werden, so werden bisweilen sehr hohe Preise erzielt. Für ein Pferd Joe Patchen" wurden einmal 60 000 M. bezahlt; der Trabrekord dieses Pferdes betrug 1/2 Kilometer in 2 Minuten 54 Sekunden. Ein Preis von 40 000 M. wurde in verschiedenen Fällen für hervorragend gute Pferde gezahlt. Der Wert der in einem Jahr in diesem Etablissement verkauften Pferde beläuft sich aber anf etwa 40 Millionen Mart, während der Gesamtwert aller während des letzten Jahres verkauften Tiere über 1120 Millionen Mark betrug. Ein echter Herfordshire Bulle erreichte einmal den Rekordpreis von 30 000 m., während vor weniger als 6 Monaten für einen Berkshire- Eber die unerhörte hohe Summe von 10 000 m. bezahlt wurde. Das Erstaunlichste aber mit Bezug auf den größten Viehmarkt der Welt ist die Thatsache, daß vor 37 Jahren das Terrain, welches die Viehhöfe einnehmen, noch eine sumpfige Prairie war; heute befindet sich dort einer der ersten Verkehrsplätze der ganzen Welt.
Kleines Feuilleton.
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A, R.
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Gegenüber der heuchlerischen Redeweise, die mit dem Namen Gutspflichtigkeit" das Wesen der Leibeigenschaft zu beschönigen sucht, definiert die Frau des humanen Herrn der„ Erleichterten" die Sache also:
Wem sein Herr Arbeit aufleget nach Willkür; Wem er den färglichen Lohn nach Willtür sezzet und schmälert, Geld sei's oder Gewächs, sei's Kornland oder ein Kohlhof; Wen er nach Willkür straft, für den Krieg aushebet nach Willkür; Wen er mit Zwang vom Gewerbe, mit Zwang von Verehlichung abhält;
Wen sein Herr an die Scholle befestigt, ohne der Scholl' ihm Einiges Recht zugestehen, als Lastvieh achtend und Werkzeug; Wessen Kraft und Geschick an Leib und Seele der Herr sich Eignete; wer die Ersparnis verheimlichen muß vor dem Fron Herrn:
Trautefter Mann, der ist Leibeigener, nenn' ihn auch anders!" Unter diesem Rechtszustande sieht es natürlich herrlich aus auf dem Lande; da bekommt man:
Neben dem prächtigen Hof in öden Behausungen sparsame Menschen zu sehen, wie entmenscht durch so unmenschliche Herrschaft! Wildlinge, bleich und zerlumpt, und wie Ackergäule verhagert, Welche träg aus dem Dunst unsauberer Katen sich schleppend, Offenen Munds anstarren den Fragenden, selber den Weg nicht Wissen zum ferneren Dorf, auch wohl mißleiten durch Bosheit; Und, da der Herr sie mit Fleiß in Züchtlingsschulen verwahrloft, Aehnlich dem Vieh an dumpfem Begriff, nur daß sie den Hunger Durch sinnreicheren Raub oft bändigen oder davongehn. Daß die Entmenschenden doch sich erinnerten, eigner Vorteil Nötige, wohl zu nähren und blank zu erhalten das Lastvieh!" Anstatt dessen machte es der gnädige Herr vielfach so, daß er „ redliche Hüfner Von der verbesserten Huf abivarf in die Kathe des Kohlhofs, Wo sie bei dauerndem Frohne das Brot kaum warben mit Taglohn!
xy. Das Junkertum im Idyll. Höchstens einem Reaktionär vom reinsten Wasser könnte heute das Walten des Junkertums in Ostelbien den Stoff zu einem Idyll zu bieten scheinen, d. h. nach Und wer im Hunger sich nahm vom Ertrag des eignen Schweißes, allgemeiner Auffassung einem Gedichte zum Preise des friedlichen, Oder was über den Zaun herging, der büßte gelagert eng umgrenzten Glücks derer, die um mit Horaz zu reden ( Wohl zu verdau'n, wie es hieß 1) auf spizigen Eggen im Kerker!" fern von den Geschäften die väterlichen Ländereien mit ihren Ochsen bes Mitunter bestand die Strafe für Mundraub auch darin, daß dem acern. Erst recht, sollte man sagen, müßte das gegolten haben, als Unglücklichen Salzheringe eingewürgt und er dann bei glühenden die Junterherrschaft noch, frei von aller modernen Kulturtünche, in Defen eingesperrt wurde. Von einem in solchen Folterkünften bes unverfälschter Waldursprünglichkeit bestand, als die ländliche Besonders gewiegten mecklenburgischen Junker sagt einer seiner völkerung, leibeigen und an die Scholle gefesselt, den adligen Sklavenhaltern wehrlos preisgegeben war. Thatsächlich aber ist die einzige zeitgenössische dichterische Behandlung der Leibeigenschaft auf ostelbischem Boden in Idyllform gehalten und rührt keineswegs von einem Romantiker her, sondern von dem schroffsten Gegner der Romantik, von dem Homer - Ueberseger Johann Heinrich Voy.
Der Enkel eines freigelaffenen medlenburgischen Leibeigenen hatte er auch noch am eignen Leibe die Süßigkeit des patriarchalischen Junkerregiments zu kosten bekommen: in der Misere des Hauslehrertums bei dem Obotriten v. Oertzen in Ankershagen , wo er von borniertem Adelsstolz so niederträchtigen Demütigungen unterworfen wurde, daß er diesen Ort der Dienstbarkeit" seine Lebtage nicht vergessen hat. Dem in der Jugend eingesogenen Haß gegen den Feudalismus und überhaupt alle Unterdrückung und Unfreiheit ist Voß bis zum Grabe treu geblieben: er ist viel zu wenig bekannt als unbeugsamer Demokrat. Noch im höheren Alter, als sein ehemaliger Busenfreund Graf Friedrich Leopold zu Stolberg die freiheitlichen Jdeale vergangener Jahre als Jugendeseleien betrachten lernte und fich zum Katholizismus und zur finsteren Reaktion betehrte, jagte Voß ihm ohne weiteres die Freundschaft auf und unter suchte die Gründe des Abfalles mit rücksichtsloser Schärfe in der Schrift: Wie ward Frizz Stolberg ein Unfreier?"( 1819.)
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Sklaven:
Was? Noch Treue verlangt der unbarmherzige Fronherr? Der mit Diensten des Rechts( sei Gott es geflagt) und der Willfür Uns wie die Pferd' abquälet und kaum wie Pferde beköstigt? Der, wenn darbend ein Mann für Weib und Kinderchen Brotkorn Heischt vom belasteten Speicher, ihn erst mit dem Prügel bewillkommt,
Dann aus gestrichenem Maß einschüttet den färglichen Vorschuß? Der auch des bittersten Mangels Befriedigung, welche der Pfarrer Selbst nicht Diebstahl nennt, in barbarischen Marterlammern, Büchtiget und an Geschrei und Angstgeberden sich figelt? Wer die Mädchen des Dorfs mißbraucht und die Knaben wie Lastvieh Auferzöge, wenn nicht sich erbarmeten Pfarrer und Küster, Welche, gehaßt vom Junter, Vernunft uns lehren und Rechtthun? Nein, nicht Sünde fürwahr ist solcherlei Frones Versäumnis!"
Und auch gegen die tollfte Willtür des adligen Herrn gab es nicht leicht ein rechtliches Mittel; auf den Rat, jenen Edelmann beim herzoglichen Gericht in Schwerin zu verklagen, erwidert der leibeigne Michel:
" Ja, verklage! Durch iven? Wo ist Geld? Und erfährt es der Herzog?
Giebt nicht der adlige Rat im Obergericht die Entscheidung? Und wann hackt ein Rabe dem andern Raben das Aug' aus?"
kommen, dem vornehmen Schurken einen rötlichen Hahn auf das Da konnte denn wohl der verzweifelte Sflave auf den Gedanken Dach hinflegen" zu lassen, den Wolf mitsamt der Brut zu vers brennen. Und es mochte geschehen, daß
In dem Geiste unbedingter Gegnerschaft gegen alle Unfreiheit, jegliche Sklaverei sind denn auch die drei 1800 erstmals veröffentlichten Idyllen Vossens gedichtet, die ihren Stoff aus den Verhältnissen der Leibeigenschaft schöpfen. Die Form des Jdylls ist ja nun nicht gerade glücklich gewählt, um die unmenschliche Brutalität des sklavenhaltenden Junkertums zu schildern. Das gilt zumal von dem ersten Stück des Cyklus, das unter dem Titel„ Die Leibaigenen" das liebliche Walten eines typischen Edelmannes im Obotritenlande darstellt, während die beiden andren,„ Die Erleichterten" und„ Die „ der Bauer mit Knochen Freigelassenen ", wenigstens insofern feine ästhetischen Bedenken er- Seiner verfaulten Tyrannen das Obst abschleudert und fluchend weden, als sie sich um einen holsteinischen Adligen Vorbild ist Hin in die Grube sie wirft, wo der Pferd' und Hunde Gebein dorrt!* der Graf Christian Nangau- drehen, der, ein veißer Rabe unter feinen Standesgenossen, das bereits von dem Großonkel leichter ge- die wilde Jagd, bestehend denkt aus den verstorbenen Vorfahren Was wunder, daß ein unwissender Leibeigner fich de Wode", machte Joch seiner Bauern schließlich gänzlich von ihnen nahm. seines Tyrannen, die in den Ruinen des alten Raubuestes ein Mögen die drei Idyllen aber auch teine poetischen Kunstschauerliches Mahl halten: werte ersten Ranges sein, die sein, die gänzliche Vergessenheit, der fie anheimgefallen find, ist durchaus unverdientes Geschick, dessen die allgemein zugängliche Luise" viel eher würdig wäre. Denn, während dies trotz des von Goethe und Schiller gespendeten Lobes recht nüchterne und prosaische Opus im wesentlichen nur mehr ein litterarisches Interesse hat, kommt den drei Jdyllen über die Leibeigenschaft erhebliche kulturgeschichtliche Bedeutung au, ja, selbst
Ganz oben im feurigen Lehnstuhl Sehet fich ehrenfest mit der Frau Ahnherrin der Ahnherr Vom hochadeligen Haus, ein genarbeter Straßenräuber. Beinkleid, Wamms und Kappe find bläulich funkelndes Eisen. Wild wird jego geschmauft und gezecht: der entfeßliche Fraß ist Blutiges Menschenfleisch, das Geträut auffiedende Thränen.