Hlnterhaltungsblatt des Vorivärts Nr. 166. Mlttwoch. den 27. August. 1S02 (Nachdruck verbalen. 1 «6) Vor ManksIttsnn. Roman von Hall Caine . Autorisierte Uebersetzung. Es ist die Hand des Herrn, die den Schurken traf," sagte Cäsar,und ich bin stolz darauf, das Werkzeug seiner Rache zu sein. Tie Wege des Herrn sind wunderbar, aber er enthüllt sie uns mehr und mehr. Und ich habe Dir noch zu sagen: Ballawhaine würde Dir selbst gehören, wenn jeder sein Recht hätte. Es war Deines Großvaters Hinterlassen- schaft, und es hätte Deinem Vater gehören und dann auf Dich übergehen sollen. Nimm es, nimm es und stelle Deine eignen Bedingungen; es ist zwölftansend wert, doch Du sollst es für neuntausend haben und brauchst es nicht eher zu bezahlen, als bis. Du die Mittel dazu hast. Du bist gut gegen mich und die Meinen gewesen, besonders gegen das arme, verlorene Lamm, das in seiner Scham und Schande im Schlosse liegt. Ich glaubte kaum, es Dir jemals vergelten zu können. Das ist des Herrn Werk. Es ist ein Wunder vor unsren Augen." Cäsar schritt durch das Zimmer und sprach im Tone der Verzückung. Philipp, der am Tische gesessen hatte, erhob sich jetzt mit angsterfülltem Blick. Schrecklich, schrecklich!" murmelte er.Ein Irrtum, ein Irrtum!" Der Herr kann sich nicht irren!" rief Cäsar. Wenn es aber Roß gar nicht gewesen ist?" fing Philipp an. Cäsar hörte nicht. Wenn es aber nicht Roß war, sondern Cäsar wandte den Kopf nach ihm hin. Jemand ganz anders" sagte Philipp. Cäsar blieb vor ihm stehen. Einer, an den Sie niemals gedacht haben einer, den Sie geachtet und selbst in Ehren gehalten.. Wer denn?" fragte Cäsar heiser. Mr. Cregeen," sagte Philipp,es fällt mir sehr schwer, es zu sagen. Es war nicht meine Absicht, mich schon jetzt darüber auszusprechen, aber ich müßte Abscheu vor mir selber fühlen, wenn ich noch stillschweigen könnte. Sie haben in einem furchtbaren Irrtum gelebt. Was auch die Folgen sein mögen. Sie dürfen um keinen Preis länger in diesem Irrtum bleiben. Es war nicht Roß, der Ihnen die Tochter nahm." Wer war es denn?" schrie Cäsar. Es klang wie der Ton einer zersprungenen Glocke. Philipp kämpfte schwer. Er versuchte, ein Geständnis zu machen. Sein Blick schweifte unstät durch das Zimmer. Wie Sie einen falschen Groll gehegt haben," stammelte er, so beruht auch Ihre Dankbarkeit auf einem Irrtum." Wer, wer?" stieß Cäsar heraus, Philipp scharf ins Gesicht sehend. Philipp streckte seine starren Finger, als wären es Krebsscheren, nach den Papieren ans, die auf dem Tische lagen. Endlich nahm er die Vorladung des Kanzleihofs auf.Lesen Sie das", sagte er, und hielt sie Cäsar hin. Cäsar ergriff das Papier, fuhr aber fort, Philipp mit wilden, drohenden Blicken anzusehen. In einem Augenblick hatte sich ihre beiderseitige Stellung völlig verändert. Philipp fühlte, daß er-nicht länger der Richter war, sondern nur ein Verbrecher, über den dieser grimmige, schon halb von reli- giöscni Wahnsinn ergriffene Fanatiker zu Gericht saß. Der Herr der Heerscharen ist mächtig," murmelte Cäsar; und Philipp hörte jetzt das Papier in seiner Hand knittern. Cäsar suchte' nach seiner Brille. Als er sie aus dem Futteral gezogen, stülpte er sie sich verkehrt auf den Sattel der Nase, die Gläser vor den Falten der Stirn, die Augen tvarcn noch unbedeckt; so hielt er das Schreiben in Arms- länge von sich ab und versuchte zu lesen. Dann zog er sein rotes Taschentuch heraus, um die Brille abzuwischen. Brille, Futteral, Taschentuch und Papier ungeschickt in den zitternden Händen haltend, murmelte er nochmals mit unsicherer Stiuune: Der Herr der Heerscharen ist mächtig I" Er las endlich das Schreiben, und ein Irrtum war hier unmöglich.Ouilliam gegen Ouilliam und Christian (Philipp)." Er legte die Vorladung auf den Tisch, steckte die Brille zurück in das Futteral und atmete geräuschvoll durch die Nase,llgh cha nee!"(Wehe mir!) murmelte er.Ugh cha nee! Ugh cha nee!" Dann blickte er sich hilflos um und sagte:Wende dich von mir ab, o Herr, ich bin ein sündiger Mensch." Das Gebäude seiner Rache, an dem er Tag für Tag ge- arbeitet hatte, war in einem Augenblick in Trümmer zerfallen. Seine Heuchelei stand in ihrer ganzen Nacktheit da.Ich sehe, wie es gekommen ist," sagte er mit heiserer Stimme. Der Herr hat mich irregeführt, um mich zu strafen. Das Gasthaus ist schuld daran. Man kann nicht zugleich Gott dienen und dem Mammon. Unrecht Gut gedeiht nicht. Ich glaubte ein Kind Gottes zu sein, aber der betrügliche Reich- tum hat das Wort des Herrn erstickt. Ugh cha nee! Mein Wohlstand glich den Wachteln in der Wüste. Er war mir nur gegeben, um mich zu verderben. Ugh cha nee I" Sein geistlicher Stolz war zusammengebrochen. Er nahm seinen Hut und fuhr gegen den Strich mit dem Arm darüber hin. Auf halbem Wege zur Thür blieb er stehen.Nun, ich verlasse Sie, Herr, leben Sie wohl," sagte er, langsam mit dem Kopfe nickend.Gott wird wohl die ganze Zeit über gewußt haben, wes Geistes Kind Sie waren. Was nützt es aber, daß er es weiß er sagt es doch niemand. Ich habe die Sünder crmahnt, seinen Zorn zu fliehen, und er hat doch zugelassen, daß die Teufel mit mir ihren Spott trieben I Ugh cha nee l Ugh cha nee!" Philpp war in sich zusammengefallen, sein Kopf lag auf dem Tisch. Er hörte, wie der alte Mann hinausging, mit schwerem Schritt langsam die Treppe hinunterstieg und sich dann draußen auf dem Gartenpfad mühsam weiterschleppte. Ugh cha nee! Ugh cha nee!" Das Wort klang ihm im Herzen wie Totengeläut. Jem-y-Lord, der in der Stadt gewesen war, kam in großer Erregung zurück. Eine Neuigkeit, Euer Gnaden! Eine herrliche Neuigkeit! Was giebt's?" fragte Philipp, ohne den Kopf zu er- heben. Auf der ganzen Insel sammelt man Ui\terschnsten, um der Königin die Bitte vorzutragen, Sie zum Gouverneur zu ernennen." Gott im Himmel!" rief Philipp,das wäre entsetzlich!" XIV. Als Philipp wieder fähig war, auszugehen, ließ er sich im Wagen rings um die Bucht fahren. Die Stadt war aus ihrem Winterschlaf erwacht, und im Hafen herrschte ein ge- schäftiges und sröhliches Treiben. Mehr als hundert Männer waren aus ihrer ländlichen Behausung gekommen, nm die Boote für den Makrelenfang in Kinsale bereit zu machen. Wo vorher nur die nackten Rümpfe gelegen hatten, erhob sich jetzt ein Wald von Masten. Hackebord und Schotten waren frisch mit Farbe bestrichen, und die mit neuen Korken ver- schenen Netze wurden über den Quai gezogen. Guten Morgen, Deemster!" riefen die Männer. Sie grüßten ihn alle, und einige von ihnen traten nach mankischer Sitte an den Kutschcnschlag, zogen mit ihren teerigen Händen die Mützen ab und sagten: Freuen uns, Sie wieder draußen zu sehen, Deemster. Wenn ein Mann über einen solchen Anfall hinweg kommt, so ist's ziemlich klar, daß der liebe Gott noch Arbeit für ihn hat." Philipp antwortete mit Lächeln und Grüßen und freund- lichem Zuspruch, aber das Wohlwollen bedrückte ihn. Er dachte an Käthe. Sie war das Opfer seines Ersolges. Für alles, was er empfing, hatte sie das Strafgeld gezahlt. Er gedachte ihrer goldenen Träume, ihrer Hoffnung, Seite an Seite, Hand in Hand mit dem Manne, den sie liebte, zu gehen und mit ihm emporzusteigen.O Geliebte, meine Geliebte!" murmelte er.Nur noch ein Weilchen." Der Doktor erwartete ihn, als er wieder zu Hause anlangte. Ich habe Ihnen etwas mitzuteilen, Deemster." sagte er mit adgewendetem Gesicht.Es betrifft Ihre Tante."