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Stoßen und Schieben als Kinderci. Sie bedauerte, nicht mit der alten Berger nach Hause gegangen zu sein. Als sie dann mehr Ellbogenraum hatte, blieb ihr Auge doch auf mancher Scene haften, die sie belustigte.

Ein bloßköpfiger Bub sprang die Schüßenreihen entlang und schrie:

Batta, gieb mir' s Gewehr, ich werd' tragen Helfen!.

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Musif!" schrie eine helle Kommandoftimme. Und sofort fiel diese mit dem alten Hans- Adl- Liede ein: Höher, Peter!... Höher, Peter!.

Als die Stelle Söher, Peter!..."

Als die Stelle kam: Und alles, was von Hamburg  tommit, das muß gestempelt sein," sang alles jubelnd mit.

So zog man wieder ein in die alte Stadt, deren Türme, Dächer und Giebel in dem Dampf und Dunst des warmen Juliregens verschwammen.- ( Fortsetzung folgt.)

( Nachdrud verboten.)

Er ftammt aus Landerneau!

Drei Büchsen auf einmal neigten sich ihm entgegen. Das machte andern Buben Mut. Seitengewehre, Pa­tronentaschen, Tschakos, alles wurde genommen. Bald waren aus dem einen Schützencorps zwei geworden. Der kom­mandierende Hauptmann lief wie ein Schäferhund längs der Bon Albert Cim. Autorisierte Ueberfegung. Kolonne hin und her, schimpfte und fluchte; ein gleicher 37 Jahre arbeitete Sebaftian Macuzon nun schon im Ministerium Schritt war in das" Corps" nicht mehr hineinzubringen. der öffentlichen Arbeiten, die Sechzig hatte er bereits überschritten, Frauen eilten, drängten sich durch die wie zerquirlten Glieder und immer noch war er bloß Hilfsarbeiter mit lumpigen 3600 Fr. und faßten ihre Männer unter. Es fonnte fast jeder die Gehalt. Einfach unmöglich, die bescheidene Stufe emporzuſteigen, Stüße vertragen. Aus dem Marschieren war ein unruhiges, den heißersehnten Titel eines Bureau- Unterchefs und damit das Einer war dem imposante Gehalt von ungleichmäßiges Gewoge geworden.. 400 Frant pro Jahr zu erreichen! Macazon war eben zu bescheiden, andern im Wege. Eine Rotte junger Burschen faßte Einfach unmöglich! Macazon war einander an den Händen und versuchte mit ihren Leibern die zurückhaltend, wußte seine Fähigkeiten nicht ins rechte Licht zu seßen, außerdem hatte er niemals einflußreiche Fürsprecher ganze Chauffee zu sperren. gehabt oder sich solche zu erwerben verstanden: sein ganzes Leben hatte er sich damit begnügt, gewissenhaft, eifrig und pflichtgetreu feinen Dienst zu verrichten, im Zunersten fest davon überzeugt, daß die Anerkennung ihm über kurz oder lang auch ohne sein Bemühen zu teil werden müßte. Aber das war ein Jrrtum gewesen. Jetzt hatte er bereits jegliche Hoffnung auf Beförderung aufgegeben und erwartete gefaßt seine Pensionierung, die höchstwahrscheinlich schon beschlossene Sache war und ihm jedenfalls am bevorstehenden Jahres­schluß beschert werden würde.

Geschrei, Gelächter und Hurrasasa!

Man war noch nicht beim Groll- Keller, da krachte der erste Donnerschlag.

Was zwischen den beiden Pappelreihen sich beivegte, tam ins Laufen. Frauen zogen die Röcke über den Kopf, einige Schüßes war Schützen kehrten die Mündung ihrer Gewehre der Erde zu. Es war zu spät. Die Pappeln bogen sich, der Regen

tant in Schnüren.

Schon nach einigen Minuten gab man die Hetjagd auf und fügte sich ins Unabänderliche. Eine Frauenstimme schrie: Ach was! Mag der neue Hut hin sein das Schüßen­Tager war doch schön!" ... labidi tug Bravo  !"

" Recht hat fie!"

"

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Es is ja kein Bier net!..." Der Zug teilte sich. Einige Schritte vor Lene trappte gemütlich im Umvetter ein alter, fleiner Mann in einem grauen, abgeschabten Ueberrod. Den Regenschirm trug er zugeflappt unter dem linken Arm. An den ledernen Ueber schuhen, die mit schmalen Riemchen befestigt waren, erfannte Lene den Doktor Schmidt. Schon wollte sie sich links wenden, da tolzte der dalfete Mag über den Weg und rannte den alten Sonderling an. Der that einen halben Sprung, sah sich aber nicht einmal um; nur den weichen Hut zog er fester über die Stirn.

Lene wollte ihren Verwandten entschuldigen. Der Alte lachte einen töschernden Lacher wie ein Nußhäher und meinte, während er gerade vor sich hin sah, in seiner abgerissenen Sprechweise:

fein

Nicht nötig, Frau Förster!... Auf viel Bierschaum und Büffe.!. muß man auf Bölferfesten gefaßt Waren auch in Siechenhaus, Herr Doktor?" g Nein!. Ja!... Hintenherum gegangen trag' nichts mehr.. Bu alt! haben!.

Muß reine

Ver Luft

Ehe Lene noch etwas erwidern konnte, hatte sie der Menschenstrom nach vorwärts gerissen.

Die Straße stieg durch die Vorstadt aufwärts. In den Gärten, rechts und links, krachten die Böller. Als die erste Rafete ihren Feuerschweif durch die dicke Regenluft 30g, stand der Zug wie mit einem Schlage. Alle Augen waren aufwärts gerichtet, und wenn so ein Knatterding zerplatte, erscholl ein allgemeines" Ah!", das halb wie Befriedigung, halb wie Bedauern klang.

Die Schüßenkapelle stand drüben, über dem Teilungs­punkt, der Stadt zugewandt. Ein jeder hielt sein Instrument, er wußte, in den nächsten Minuten mußte er sich noch einmal mit allen Leibeskräften hineinlegen", zum legtenmal für heute. Noch war die legte Rakete nicht verknallt, da geschah etwas unerwartetes.

Die Wieser Straße herein fam eine Rolonne Männer und Frauen marschiert. Die Reihen waren geschlossen, gleich war der Schritt und Tritt, kein Wort wurde laut in der Schar.

Jeffas, die Roten haben auch einen Ausflug ge­macht!.

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Und man schrieb bereits den 15. Dezember.

zu

Sein nächster Borgesetter, der Bureauchef Herr Kolombel, gab ihm an jedem Ersten ziemlich deutlich zu verstehen, daß die Sache leider so gut wie sicher sei, und daß man an einen Ersatz für diesen be­scheidenen, aber wertvollen Mitarbeiter, diesen treuen, pflichteifrigen Staatsbeamten deuten müsse.

Als Herr Kolombel am Nachmittag dieses 15. Dezember in Ab­wefenheit von Macuzon wieder dieses Lieblingsthema mit seinen beiden Unterchefs, den Herren Régis und Doliban, behandelte, warf der zufällig anwesende junge Supernumerar Paillotin ein paar Worte hin, einen ganz kleinen Satz, der aber die Unterhaltung jäh unterbrach, die von Herrn Solombel aufgebauten Erfahpläne über den Haufen warf und die Stellung des braven Sebastian Macuzon von Grund aus veränderte.

Sie wissen doch, Herr Kolombel, daß Macuzon aus Landerneau  ftant?" fragte nämlich Baillotin.

int dip

Aus Landerneau  ? Herr Macuzon?" Jawohl, aus Landerneau!" " Wissen Sie das ganz genau?" " Ganz genau. Er hat jogar etwas Grundbesiz da unten, ein Häuschen... auch Verwandte, einen Bruder, glaube ich..."

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So, so..." murmelte Herr Kolombel, vollständig verdugt. Warum haben Sie das nicht früher gejagt, zum Teufel?" Um die Aufregung des würdigen Herrn Kolombel verstehen zu fönnen, muß man sich erinnern, daß der Minister der öffentlichen Arbeiten Abgeordneter für Landerneau- jur- Garonne war, und daß er für seine Wähler, deren Verwandte, Freunde und Bekannte ein leicht erklärliches, reges Juteresse hatte.

Im fich einen Rüffel seitens des Ministers zu ersparen, beeilte sich Herr Kolombel, den Ministerialdirektor aufzusuchen und ihm Sebastian Macuzon warm zu empfehlen: ein tüchtiger Beamter, das Muster eines trenen Staatsdieners, noch sehr frisch, trotz seines er stammt aus Landerneau Sie ver Alters, und dann stehen?"

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Was fagen Sie? Aus Landerneau? Wissen Sie das genan?" Ganz genau! Er hat sogar Grundbesig in der Gegend, recht bedeutenden Grundbejizz... mehrere Morgen Weinland Säujer..."

und

" Bum Teufel, Herr, das hätten Sie mir wohl schon früher mit­teilen fönnen! Wahrhaftig, was wird der Herr Minister dazu fagen... er, der für seine Landsleute stets so viel Juteresse an den Tag legt?... Eine nette Bescherung!"

fein Frühstück beendet hatte und zur Pfeife greifen wollte, ließ fich Drei oder vier Tage später, eines Sonntags, als Macuzon eben in der stillen Straße Pferdegetrappel hören, das vor seinem Hause plöglich verstumunte.

Wer mag das sein?" fragte Macuzon neugierig und näherte sich dem Fenster.

Vor dem Hause hielt ein Munizipalgardist, welcher der Portiers­frau ein mit einem großen Siegel verschlossenes Schreiben reichte, aller Wahrscheinlichkeit nach ein amtliches Schriftstid.

Einige Sekunden später ertönte die heisere Korridorglode, und Schreiben. die Portiersfrau übergab Madame Téfirée Macuzon das erwähnte Ein Expreßbote aus dem Ministerium hat's gebracht..." Wa... Was... Was ist das?" rief Herr Macuzon ver­

Ein alter Schüß war es, der den Ausruf that. Aber schon hatten die Fremden Anschluß an die Kapelle gefunden. I wundert und öffnete den Brief.