-

138

-

fchreien,' s war ja Frühjahr! Komm nur erein," mahnte sie dienen. Jezt war der letzte Kirchweiler kaum von der Mühl, nochmals und bot ihm die Schulter zur Stütze. und es fing auch schon an zu franken. Ihm fehlte der

-

Hör' ehs, Fränz, hörste?" murmelte er unruhig. Heute rauschende, brausende Mühlengesang, das erquickende Perlen folgte er ihr nicht, wie er ihr sonst immer gefolgt, sich auf und Sprühen des Mühlenbaches. Im Winter vom Schnee ihre Schulter lehnend, heut' war er's, der sie 30g. Set allzu sehr belastet, im Sommer von Sonnenglut allzu sehr Dich!" Es war eine seiner alten befehlenden Bewegungen, gedörrt, zersprangen seine Speichen. Seine Schaufeln brachen mit denen er neben sich auf die Bank wies. Und als sie sich ab hier lag eine im ausgetrockneten Mühlengraben, dort setzte, verwundert ihn ansehend lange, sehr lange war sie eine zwischen Nesseln und Schutt. teinerlei Selbständigkeit bei ihm gewohnt gewesen fragte Und der Garten ganz wild, Unkraut so hoch, daß ein er noch einmal: Hörste den Kuckuck?" Kind drin versinken konnte gut, daß Frau Tina das nicht mehr zu sehen brauchte! Gut auch, daß des Müllerhannes Augen gebunden. Ob der nicht sonst sein Kleid zerreißen würde und sich auf den Aschensack setzen, wie weiland der Hiob?!

Ja, ja!" Was wollte der Vater nur, was hatte er denn wieder?! Eine Angst kam das Mädchen an: fiel wieder die alte schreckliche Unruh' über ihn her?!

Und er nickte still vor sich hin und lächelte. Das Lächeln that der Tochter auf einmal bitter leid. Sie faßte seine Hand und sah ihm ins Gesicht:" Vadder, laß doch den Kuckuck, wat haste denn eweil?"

-

-

Da drückte er ihre Hand mit ungewohnter Kraft:" Ich weiß eweil, wat ich verloren han, olau, ich weiß et, ich weiß den Kuckuck den den" et. Den Kuckuck, den ruft den Kuckuck den Er verfiel wieder in ein undeutliches Murmeln. Hastig faßte Fränz ihn an der Schulter Jesus, wollte er mun wieder sein wirres Lallen anfangen, das sie so oft ge­ängstigt?! sie rüttelte ihn: Vadder, Vadder, de Supp' is fertig, haste net Hunger? Vadder, essen! Vadder!"

-

-

-

Müllerhannes saß alle Tage, die nicht Wintertage waren, auf seinem Bänkchen an der Hüttenwand des Abbaues. Wanderer, die der Straße auf dem Plateau folgten und aus scharfen Augen zufällig einen Blick hinuntersandten ins Ge­wirr der Schluchten, deren sich immer und immer welche neu bilden zwischen den vorgeschobenen Coulissen der felsigen Ab­stürze, sahen das einsame, graue Häuschen und den einsamen, grauen Mann; der saß da wie aus Stein, den Kopf ein wenig borgeneigt, wie einer, der regungslos lauscht.

( Fortsetzung folgt.)

Kopfjäger.

( Nachdruck verboten.)

Aber er schüttelte sie ab. Ruhig," sagte er mit starker Stimme, ich weiß eweil, was ich verloren han, ich weiß eweil alles. Den Müllerhannes hat sein Mühl verloren, un" eine furze Pause machend, wendete er ihr das Gesicht voll zu Der primitive Mensch schwankt zwischen der Furcht vor den und suchte sie mit dem erloschenen Blick seiner starren Augen- Toten und der Verehrung ihrer Ueberreste, beide Empfindungen ,, un den Müllerhannes is eweil blind!"

,, Vadder!" Sie schluchzte laut auf, ein mitleidsvolles Weinen fam fie an.

Aber er klopfte sie auf den Rücken: No, no, Fränz. Ja, eso sein de Frauleut, allweil wird gekrisch'.*) Mußt net freischen, Fränz! Es thut mer nur eso leid, dat ich uns alten Kuckuck kaput geschlagen han. Wie hän am Boden lag, da hat hän mich noch eso deierlich**) angesehen!"

XX.

Die Mühle zu Maarfelden stand verlassen. Zwar hatten die beiden Müller an der Kleinen- Kyll sie gekauft da sollte fich nicht wieder ein neuer einnisten und ihnen mit dem Wasser Sperenzien machen und Aerger und Scherereien aller Art aber in Betrieb setzten sie sie nicht wieder. Was zu schaffen war, schafften sie in ihren zwei weißen freundlichen Mühlen, dazu brauchten sie den dunklen Kasten am Maarbächelchen, dessen Fenster wie trübe Augen unterm hängenden Strohdach hervorguckten, nicht mehr.

Und noch dazu, wer mochte hausen, wo das Unglück so sichtbarlich gewaltet?! Es hätte sich übrigens feiner zu Maar­felden gefunden und auch keiner von weiter her, der in der Mühle seinen Wohnsitz hätte nehmen mögen.

" Da is einen drauf kaput gegangen," jagten flüsternd die Leute, zogen die Augenbrauen hoch, wiesen scheu mit Fingern und eilten vorüber.

Die Kinder, die am Maarbächelchen im Gebüsch nach Beeren streiften, tamen eines Tages hochrot und geschwitzt ins Dorf zurückgerannt; sie hatten einen Raunen gehört, ein Murmeln und Summen, ein Tritteknirschen und Boltern in der verlassenen Mühle, daß sich ihnen die Haare sträubten. Als aber gar ein Kuckuck schrie- huh, des Müllers Kuckuck! und die Dohlen auf den grauen Weidenbäumen am Giebel Antwort frächzten, da hatten auch die Beherztesten Fersengeld gegeben die Mühle war nicht mehr geheuer.

So ward sie gemieden. Die Müller von der Kyll ließen fie verfallen. Sie hätten die Steine des Wohnhauses wohl abbrechen und zu einem Neubau verkaufen mögen, aber niemand begehrte ihrer. Es waren Unglückssteine!

-

Die Fachwände des Stalles waren schon eingestürzt- so ein paar Eifelwinter räumen rasch auf. Nachtstürme hatten das Strohdach teilweise abgedeckt, daß der unruhige, weiß­woltige Eifelhimmel frei hineinschaute in die Mahlstube. Noch sah man die Bretter der gedielten Zimmer, aber sie waren halbverfault; auf morschen Stüßen ragte die Stiege wadelig ins Obergeschoß überall entblößten sich nackte Sparren, wie die Rippen eines traurigen Leichnams.

Das große Rad hatte sich am längsten bewährt, aus festem, fernigstem Holz schien es bestimmt, Generationen zu

*) Geweint. **) Betrübt,

aber treten merkwürdigerweise sehr oft gleichzeitig bei ihm in die Erscheinung. Die Totenverehrung gipfelt in dem Ahnenkult, der viel weiter über die Erde verbreitet ist, als man noch vor kurzer Zeit annahm, und vom Ahnenkult bis zur Verehrung der Schädel ist nur leichtesten zu konservierende und am meisten charakteristische Ueber­ein Schritt, da der Kopf des Leichnams, das dauerhafteste, am bleibsel des Körpers, als der beste sichtbare Vertreter des zu ver­ehrenden Toten gelten muß. So finden wir denn in allen Welt­teilen außerhalb Europas den Brauch, daß der Tote seines Kopfes beraubt, und daß diesem im Dorfe oder in der Hütte des Einzelnen ein Ehrenplatz eingeräumt wird. Man hat damit die Geister der Verstorbenen in der Nähe und braucht sie deshalb auch nicht so zu fürchten, als wenn sie irgendwo in der Wildnis ihr Wesen treiben und allerlei Unfug anrichten.

Von solcher Schädelverehrung sind die Vorstellungen, die zur Schädeljägerei geführt haben, offenbar verschieden. Diese furchtbare Sitte ist lange nicht so verbreitet als jenes Ehrfurchtsgefühl, und beschränkt sich auf einige Teile Afrikas und Afiens. Wenn z. B. ein Dajat auf Borneo irgend einem Angehörigen eines Nachbarstammes auflauert, ihn tötet und den abgeschnittenen Kopf triumphierend heimbringt, so ist ohne weiteres klar, daß da von einem Bedürfnis nach Verehrung des Getöteten keine Rede sein kann; man wird diese Sitte vielmehr zunächst für einen Ausfluß gemeinster Mordlust zu halten geneigt sein. Solcher Art sind die Motive der Stopfjäger von bornherein aber doch wohl nicht gewesen, sondern sie gehen auf ganz eigenartige Anschauungen zurück, wie wir später sehen werden. Vorerst werfen wir einen Blick auf die Kopfjäger selber, auf die Bemühungen, auf die eine oder andere Art in den Besik von Schädeln zu gelangen.

Im Kongobeden ist bei vielen Gelegenheiten das Köpfen von Sklaven oder Kriegsgefangenen gebräuchlich. Der Sklave wird mit dem Kopf an einen elastischen niedergebogenen Baum gebunden, der seinen Nacken straff anspannt; der Henker tritt heran und säbelt den Kopf ab, der mit dem freigewordenen Baum in die Höhe schnellt. Im übrigen Aequatorialafrika, sowie in Dahome und Aschanti sind oder waren Menschenschlächtereien häufig, und die abgeschnittenen Köpfe prangten auf Stangen an den Thoren oder wurden zu ganzen Pyramiden aufgeschichtet. Eine eigentliche Kopfjägerei ist das natürlich nicht, aber die Beweggründe sind da doch teilweise dieselben, wie in der südostasiatischen Inselwelt über Neuguinea hinaus bis jenseits der Torresstraße d. h. im sogenannten Australasien. hier stellt man seinem Opfer nach, wie der Jäger das Wild Leschleicht, hier scheut man auch gelegentlich den offenen Kampf nicht, wie der Jäger einem gefährlichen, angriffsluftigen Raubtier entgegentritt. Berüchtigt sind zunächst verschiedene Stämme auf Sumatra , so die westmalaiischen Batta, von deren Kopfliebhaberei schon Schriftsteller des 14. und 15. Jahrhunderts zu berichten wissen. Der Venetianer Conti fagt von ihnen, die übrigens auch Stannibalen find: Sie schlagen ihren Gefangenen die Köpfe ab, verzehren ihr Fleisch und bewahren die Schädel auf, die einen hohen Wert befizen und sogar wird nach der Menge seiner Kopftrophäen geschätzt, erzählt Anderson als Zahlungsmittel gelten. Der Reichtum eines Battahäuptlings aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts, und die Berichte der neueren Reisenden stimmen damit überein.

Hier geht der Erbeutung des Schädels also ein Kampf voran; aber stark verbreitet ist dort auch überall der Gebrauch, tage-, selbst wochenlang im Hinterhalt zu warten, bis irgend ein Fremder sei er Mann, Weib oder Kind des Weges kommt, ihn in feigster

-