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So verflossen drei Monate, in denen sie zweimal wöchent- letzten zwei Tage zusammengestellte Arbeit Saccards, worin lich Viktor besuchte. Dann fand sie sich eines Abends wieder die vom Ingenieur mitgebrachten Notizen Verwendung ge­in Saccards Armen; jetzt gehörte sie ihm endgültig an. funden hatten. Jetzt hörte er mit Bescheidenheit und lebhafter Monáte vergingen, und man muß zugeben, daß Frau Teilnahme den Bericht an, als kenne er kein Wörtchen davon. Karoline während der ganzen schwierigen Anfänge der Banque Universelle Saccard überaus umsichtig und thatkräftig fand. Ja, ihr Verdacht von zweideutigen Geschäften, ihre Be­fürchtung, daß er sie und ihren Bruder bloßstellen könnte, zerstreute sich ganz und gar, wenn sie ihn in unaufhörlichem Kampf mit den Schwierigkeiten vom Morgen bis zum Abend unablässig thätig sah, um den richtigen Gang dieser gewaltigen neuen Maschinerie zu sichern, deren Räderwert knarrte und schier platzen wollte. Sie wußte ihm dafür Dank, sie empfand Bewunderung für ihn.

Mit der Universelle ging es in der That nicht so rasch vorwärts, wie er gehofft hatte, denn sie hatte die heimliche Feindseligkeit der großen Banken gegen sich. Schlimme Ge­rüchte gingen um, Hindernisse türmten sich immer wieder auf, legten das Kapital fest und gestatteten feine großen frucht­bringenden Unternehmungen. Deshalb hatte er aus der Not des langsamen Vorangehens, zu dem man ihn zwang, eine Tugend gemacht: nur Schritt für Schritt rückte er auf festem Boden vor, spähte vorsichtig nach den Gruben und Fallen und war zu sehr mit dem Vermeiden des geringsten Fehltritts be­schäftigt, um sich in die Zufälligkeiten des Spiels hinein zuwagen. Er fnirschte vor Ungeduld, er stampfte zornig wie ein Rennpferd, das zu leichtem Trabgang gezwungen ist; aber nie hatte ein Bankhaus so ehrenwerten und tadellosen An­fang genommen. An der Börse besprach man dies mit Ver­wunderung.

Auf solche Weise kam der Termin der ersten General­versammlung heran. Sie war auf den 25. April anberaumt worden. Schon am 20. traf Hamelin aus dem Orient ein. Er war ausdrücklich nach Paris gekommen, um in der Ver­sammlung den Vorsitz zu führen, auf Saccards dringenden Ruf hin, welcher in dem allzu engen Hause schier erstickte. Uebrigens brachte er vortreffliche Nachrichten mit: die Ver­träge behufs Bildung der Compagnie Générale der ber­einigten Dampfer" waren abgeschlossen. Andrerseits hatte er Konzessionen in der Tasche, welche einer französischen Ge­sellschaft die Ausbeutung der Silberbergwerke des Karmels sicherten, von der Türkischen Nationalbant" gar nicht zu reden, wozu er soeben in Ronstantinopel den Grund gelegt hatte, und die eine förmliche Filiale der Universelle zu werden versprach. Die große Frage der Eisenbahnen in Kleinasien dagegen war noch nicht spruchreif und mußte bis auf weiteres verschoben werden. Uebrigens sollte er schon am Tage nach der Generalversammlung zur Fortsetzung der Vorstudien dort hin zurückkehren.

Hoch entzückt hatte Saccard eine lange Unterredung mit ihm, welcher Frau Staroline anwohnen durfte. Er überzeugte beide ohne Mühe, daß eine Erhöhung des Aktienkapitals un­umgänglich nötig sei. falls man allen diesen Unternehmungen vollauf genügen wollte. Schon hatten die größten Aktionäre, Daigremont, Huret, Sédille, Kolb, diese Erhöhung gut­geheißen, so daß der Antrag innerhalb zweier Tage aus gearbeitet und noch am Tage vor dem Zusammentritt der Aftionäre dem Aufsichtsrat vorgelegt werden konnte.

Diese außerordentliche Sitzung hatte einen feierlichen Verlauf. Alle Mitglieder des Aufsichtsrats waren in dem ernsten Saale anwesend, in welchen die hohen Bäume des Hotel Beauvilliers einen grünlichen Schimmer warfen. Sonst fanden monatlich nur zwei Sitzungen statt: die fleine und wichtigere um den Fünfzehnten, in ihr erschienen nur die wirklichen Leiter, die geschäftskundigen Mitglieder, die große Sigung um den Dreißigsten war die Brunkversamm­fung, wozu sich alle, auch die Stummen und die Zierden ein­fanden, um die vorher zurechtgelegten Arbeiten zu genehmigen und die nötigen Unterschriften zu erteilen. An jenem Tage war der Marquis de Bohain mit dem kleinen aristokratischen Köpfchen als einer der ersten zur Stelle; mit seiner stolzen, blasierten Miene brachte er die Genehmigung des ganzen französischen Adels mit. Der Vicepräsident, Vicomte de Robin­Chagot, ein fanftmütiger und habgieriger Mann, hatte die Aufgabe, die nicht sachkundigen Mitglieder des Aufsichtsrates beiseite zu nehmen und ihnen mit einem Worte die Befehle des Direktors mitzuteilen, des eigentlichen Herrn. Alles war abgekartet, alle versprachen mit einem Kopfniden zu ge­horchen.

Endlich begann die Sigung. Hamelin legte den Bericht vor, den er in der Generalversammlung verlesen sollte. Das war die große, langer Hand vorbereitete und innerhalb der

Zunächst erwähnte dieser die von der Banque Universelle seit der Gründung gemachten Geschäfte, lauter gute, aber un­bedeutende, Tag für Tag erzielte Geschäfte, wie sie bei allen Bankhäusern fortlaufend eingehen. Indessen stand ziemlich bedeutender Gewinn auf der merikanischen Anleihe in Aussicht, die einen Monat zuvor im Anschluß an Kaiser Marimilians Abreise nach Merito in Umlauf gebracht worden war, eine höchst fragliche Anleihe mit wahnsinnigem Agio, bei welcher Saccard aus Geldmangel damals zu seinem tödlichen Be­dauern nicht nach Herzenslust im Trüben fischen konnte. Alles dies bot nichts Ungewöhnliches; aber man hatte sich durch­geschlagen. Für das erste Betriebsjahr, das nur das eine Vierteljahr von der Gründung am 5. Oftober bis zum 31. Dezember umfaßte, betrug der Reingewinn bloß vier­hundert und einige tausend Frank. Dies hatte ermöglicht, von den Einrichtungskosten den vierten Teil zu amortisieren, den Aktionären ihre fünf Prozent auszuzahlen und in den Reservefonds zehn Prozent einzuwerfen. Außerdem hatten die Aufsichtsräte die sagungsmäßige Tantieme erhoben, so daß eine Summe von etwa achtundsechzigtausend Frank übrig blieb, die man auf das nächste Betriebsjahr vortrug. Dividende hatte es keine gegeben. Dies war äußerst ehrenwert, aber auch äußerst mittelmäßig. Aehnlich war es mit dem Kurs der Aktien der Universelle gegangen; sie waren langsam, ohne Sprünge, auf normale Weise von fünfhundert auf sechs hundert gestiegen, wie die Papiere jeder achtbaren Bank; ſeit zwei Monaten standen sie nunmehr still, weil kein Grund da war, sie höher emporzutreiben, bei dem langsamen alltäglichen Gang, in welchem das neugegründete Haus einzuschlummern schien.

Alsdann ging der Bericht zu den Aussichten auf die Zukunft über; hier erweiterte sich plötzlich der Gesichtskreis, eröffnete sich die weitumfassende Aussicht auf eine ganze Reihe großartiger Unternehmungen.

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Der Hauptnachdruck lag auf der Compagnie Générale der vereinigten Dampfer", deren Aktien die Universelle auf­zulegen im Begriffe stand. Diese mit einem Rapital von fünfzig Millionen gegründete Gesellschaft wollte den gesamten Transportverkehr auf dem Mittelmeer monopolisieren und die beiden einander befehdenden großen Gesellschaften ver­schmelzen, nämlich die über den Piräus und die Straße der Dardanellen nach Konstantinopel , Smyrna und Trapezunt fahrende Phocéenne" sowie die über Messina und Syrien nach Alexandria fahrende Société maritime", die kleineren Firmen ungerechnet, die dann dem Konsortium beitraten, Combarel u. Compagnie für den Dienst nach Algier und Tunis , Senri Liotard Witwe über Spanien und Marokko nach Algier , die Gebrüder Féraud- Giraud über Civita Vecchia nach Italien , Neapel und den Häfen an der Adria . So eroberte man das ganze Mittelmeer , indem man aus diesen einander um­bringenden Konkurrenzgesellschaften und Häusern eine einzige große Gesellschaft bildete. Mit den in einen Mittelpunkt ver­einigten Kapitalien könnte man Musterboote mit ungeahnter Fahrgeschwindigkeit und ungeahnteni Komfort bauen. Man würde die Zahl der Fahrten erhöhen, neue Hafenplätze schaffen, den Orient zu einer Vorstadt von Marseille machen. Welche Bedeutung müßte die Gesellschaft erst erlangen, wenn sie nach Vollendung des Suezkanals regelmäßige Dienste nach Indien , Tongling, China , Japan ins Leben rufen konnte! Nie hatte ein Unternehmen sich im Lichte einer großartigeren und sichereren Auffassung gezeigt.

( Fortsetzung folgt.)

Sachalin .

( Nachdruck verboten.)

Von W. M. Doroschewitsch.

Es war der 16. April. Aus Nordwest wehte ein falter, schneidender Wind. Die See ging hohl. Das Dampfschiff rollte beständig von einer Seite zur andren. Ich stand auf dem Oberdeck und betrachtete aufmerksam die aus dem Rebel auftauchende, rauhe, feljige, noch mit Schnee bedeckte Küste.

Der erste Eindruck war trostlos, schiver, bedrückend. " An dieser Stelle ist die Kostroma " untergegangen," sagie der Kapitän.

Ich steige auf das untere Verdeck hinab. Neben dem Schorn­stein drängen sich die Sträflinge. Sie schauen um sich, als wollten fie fich an den Anblick der Insel getvöhnen, auf welcher fie ihr Leben beschließen sollen.