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Restaurationen, in denen man Bier und Kaffee schänkt." Diese Gespenst des Socialismus war schon aufgetaucht, und den Berliner Lokale sind erst neuerdings in Aufnahme gekommen, aber schon Jakobinern", die sich alltäglich bei Steheli am Gendarmenmarkt so zahlreich geworden, daß die Befiger auf immer neue Mittel ver- im roten Zimmer" zu versammeln pflegten, um die periodische fallen, um den Konkurrenten zuvorzukommen. So find seit etwa Bresse einzusehen und Anfichten auszutauschen, ward eine eifrige 1841 die Weiberkneipen aufgetaucht: Vor fünf Jahren noch wurde polizeiliche Observationsthätigkeit gewidmet: Auch bezahlte Be­in Berlin allgemein nur von Kellnern in den Restaurationen serviert. obachter", fenntlich an den schmalen, tiefgefurchten Spielergesichtern, Jetzt sind dieje Anstalten mit schönen Mädchen überfüllt, deren trifft man hier, Leute, die nur zum Schein ein Zeitungsblatt in die Schönheit und Gefälligkeit mehr als das Getränk die Gäste anzu- Hand nehmen und, die Augen starr auf die Zeilen gerichtet, feit­ziehen pflegt... Diese unglüdlichen Mädchen, welche gewissermaßen wärts nach den hohen Orts mißliebigen" Schriftstellern lauschen. als Lochspeise und Paradepferd hier ausgestellt sind, nehmen, durch Diese Spione werden oft aufs unbarmherzigste malträtiert, aber ihre traurigen Verhältnisse gezwungen, eine Stellung ein, welche der wahrscheinlich hat sie das Bewußtsein ihres chrlosen Gewerbes be­der Bordelle am nächsten steht." Die Zahl der Prostituierten Die Zahl der Prostituierten-reits jo abgeftumpft, daß sie fühllos gegen alles find und stets in­öffentliche und geheime- beziffert Wronte auf rund 10 000 unter bekümmert wiederkehren." Die staatserhaltende Thätigkeit der insgesamt 170 000 Berlinerinnen. Der versteckten Prostitution Spigel ward unterstüßt durch die Briefschnüffelei des schwarzen dienen auch zahlreiche Balllokale, worunter das größte das Kolosseum Postkabinetts", dessen Fäden bekanntlich in Berlin bei dem be­in der Jakobstraße, das aber türzlich abgebrannt war. Nun sind die rüchtigten General- Postmeister Nagler zusammentiesen. Zur bedeutendsten die Friedrichstädtische Halle und die Villa Bella vor Charakteristik dieses Ministers bringt Dronte eine intereffante dem Oranienburger Thor. Aber auch das vornehme Krollsche Aeußerung bei, die Nagler gegenüber einem wegen Brieferbrechung Etablissement, wo selbst allerhöchste Herrschaften verkehren, war ein Beschwerde Führenden that:" Sehen Sie, ich bin ein after Mann Sammelplatz der Prostituierten aller Klassen." Es war also schon und stehe bereits mit einem Fuß im Grabe; Sie werden mir wohl damals in Berlin einiges gefällig. Und die Sittenprediger schrieen glauben, wenn ich Ihnen hiermit mein Ehrenwvort gebe, daß ein ge auch deshalb Ach und Zeter über das Spree - Babel, weil freie Ver- heimes schwarzes Postfabinett nicht existiert." hältnisse zu den offenkundigsten und gewöhnlichsten Dingen gehörten. In den oberen Schichten der Gesellschaft bildeten auch schon Ehebruch und Maitressentesen das notwendige Korrelat der Geldehen, die viel fach bereits auf dem Wege der Heiratsgesuche in der Presse zu stande gebracht wurden.

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Wie aufmerksam in Berlin das Auge des Geseyes über allen umstürzlerischer Gesinnung verdächtigen Personen wachte, hat Dronke am eignen Leibe erfahren, als er nach zweijährigem Aufenthalt in der preußischen Hauptstadt und Beendigung seiner juristischen Studien zu dem Entschluß gelangte, fich dauernd daselbst niederzulassen, und Die durch den Pfaffensegen geweihte Ehe erfreute sich Civil- deswegen die nötigen Schritte that, um das Bürgerrecht zu er trauung gab es bekanntlich nicht unter diesen Umständen bei solchen langen. Wenn er sich das nicht sonderlich schwierig gedacht hatte, Leuten, die Dronke Emancipierte" nennt, feines sonderlich hohen fo wurde er eines Besseren belehrt. Nachdem mehrere Monate lang Kredits mehr. Aus seinem Bekanntenkreis erzählt er ein spaßiges Vor- feitens der Polizeibehörden alle möglichen Dokumente eingefordert tommnis zur Illustration der Verachtung, der die herkömmlichen Formen waren, erhielt Dronte eines schönen Tages das ganze Urkunden­bei den Freigeistern" anheimgefallen waren. Das betreffende Baar bündel nebst folgendem polizeilichen Begleitschreiben zurüd:" Ihrem wohnte bereits zusammen, als es den Geistlichen zur Vollziehung der Niederlassungs- und Naturalisationsgesuch kann, wie Ihnen bei Rück­legitimen Ehe kommen ließ. Als der Pfarrer erschien, waren Bräutigam gabe der eingereichten Atteste hierdurch eröffnet wird, nicht deferiert und Trauzengen schon anwesend, bloß die Brant ließ auf sich warten, und ebensowenig Ihnen der fernerweitige Aufenthalt hierselbst ver­weil sie noch bei der Toilette war. Ihr schließliches Erscheinen rief stattet werden. Sie erhalten daher hierdurch die Anweisung, den bei dem Geistlichen Erstaunen hervor, fintemal sie weder mit hiesigen Ort binnen spätestens 8 Tagen zu verlassen, und würden Sie fich in Myrtenkranz noch andrem Brautschmud geziert war, sondern einfach Beigerungsfall Zwangsmaßregeln aussetzen. ein Hauskleid anhatte. Während der feierlichen Handlung lag einer Berlin , den 5. Juni 1845. Königliches Polizeipräsidium, gez.: Köhler." der Zeugen, ein bekannter Schriftsteller, den Schnurrbart streichend, Der Empfänger dieser frohen Botschaft war also auf gut Breußisch als auf dem Sofa. Ein andrer stand am Ofen, die Hände in den lästiger Ausländer" ausgewiesen. Er war zivar fein Russe, sondern Taschen und einen Eigarrenstummel im Munde. Die beiden letzten ein Fuldaer Kind, sein Vater Gymnasialdirektor in Koblenz . Die standen am Fenster und musterten die Passanten auf der Straße. Thatsache aber, daß er auf hessischem Gebiete zur Welt gekommen Als Sie Ringe gewechselt werden sollten, stellte sich heraus, daß war, genügte zur Zeit der Bundestagsmijere, um Dronte als aus­feiner gun Stelle war. In Ermangelung von etwas Besserem weisbaren Ausländer erscheinen zu lassen. Er mußte fich also wurden vei Ringe von den Fenstervorhängen zu der Ceremonic nolens volens verziehen und schlug seinen Wohnsitz in der freien verivandt. Die Einladung zu einer Bowle lehnte der Pfarrer darauf Stadt Frankfurt a. M. auf, wo denn auch die Frucht von Drontes unter Voridigung dringlicher Pflichten ab. Aufenthalt in der Borussenhauptstadt, eben das Buch über Berlin , an den Tag gekommen ist.

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Das Berlin der Weißbierphilister, deren Wesen und Treiben Dronte ergößlich beschreibt, erscheint in dem, was er uns von Dies Wert hatte den Erfolg, Dronte die in Berlin vergeblich dem Zoologischer Garten erzählt, bezwv. von dem die Stelle eines nachgefuchte Aufenthaltsberechtigung auf preußischem Boden zu ver folchen vertretenden Surrogat, das unter der Leitung des schaffen. Gelegentlich eines Befuches, den er seinen Eltern in Koblenz Professors Lichtenstein stand. In dem großen Park fann man sehr machte, ward er wegen Majestätsbeleidigung verhaftet und vor bedeutende Strecken weit wandern, bevor man an einen nenen Gericht gestellt. Es waren ja freilich in dem Buche etliche un­Behälter kommt; der ganze Inhalt aber beschränkt sich auf einige angenehme Wahrheiten über Friedrich Wilhelm IV. Affen, welche sich um einen großen Baum herum balgen, zwei halten. Deshalb aber Dronte in Preußen zur strafrechtlichen Bären, einige fremde Vögel und sonst mehrere Tiere, über deren Verantwortung zu ziehen, erheischte erhebliche Gelvandtheit im Käfigen die Worte aus hiesiger Gegend" zu lesen sind. Die er- Rechtsverdrehen, sintemal der Angeklagte eben erst für einen Aus­bärmlichste Menagerie eines auf den Jahrmärkten der Provinz länder erklärt, sein Buch im Ausland erschienen war. Man half fich umherziehenden Marktschreiers ist besser, als diese öffentliche Anstalt." damit, daß er zwei Gremplare sjeines Werfes über die preußische Außerdem machte das Eintrittsgeld von 5 Silbergroschen den Grenze gefchidt und damit eine Majestätsbeleidigung nach Preußen Aermeren den Besuch unmöglich. Gerade so lag die Sache in Bezug hinein verbrochen habe. Mit dieser Begründung ward Dronke zu auf die besseren Theater. Für die dem Volte zugänglichen Kunst- wei Jahren Festung verknart, die er in Wefel abfas. Er hatte fast tempel war ein Bretterhäuschen in der Nähe des Tiergartens, vor schon zu Ende gebrummt, als im Februar 1848 von Westen her das dem Brandenburger Thor, typisch, das den charakteristischen Namen revolutionäre Ungewitter heraufzog. Um nicht vom preußischen wadeinde Bude" trug. Die Truppe bestand aus der Familie des Könige begnadigt zu werden, ergriff Dronte die Flucht und entfam Besitzers und führte die fabelhaftesten Burlesken und unfinnigften, auch glücklich nach Holland . Er ging stracks zu Marr und Engels zusammenhanglofesten Darstellungen auf, woran jich die Zuhörer- nach Brüssel und arbeitete sodann mit ihnen zusammen in der schaft gegen ein Entree von 1%, Groschen auf Holzbänken oder der Neuten Rheinischen Zeitung" für die Sache der Arbeiterklasse. nackten Erde sigend, bei Schnaps und Bier ergößte. Nachher hat er das englische Flüchtlingselend in reichlichem Maße zu Die traurige Lage des Berliner Proletariats wird natürlich in fosten bekommen, bis es ihm gelang, jich in Glasgow als Kaufmann Drontes Wert ausführlich erörtert. In der scheußlichsten Form 3. gelebt. Der Arbeiterbewegung stand er in höherem Alter fern, aber B. eine Eristenz zu schaffen: da hat er bis in die neunziger Jahre wird die Ausbeutung der Kinderarbeit betrieben. Sobald die Proletarierkinder aus dem Voigtlande im mindesten die Kraft dazu sein Buch über Berlin sichert ihm ein ehrendes Andenken.

Kleines feuilleton.

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Dr. C.

hatten, wurden sie in die Fabriken geschickt, um von morgens 5 bis abends 9 Uhr für 3 Silbergroschen den Tag zu schanzen. Die damals in Berlin üblichen Löhne für erwachsene Arbeiter feilt Dronte in einer höchst intereffanten Liste mit; ein Zimmerman zum Beispiel befam 10-12 Silbergroschen den Tag, cin Maurer 10, Schriftseger 15, Schlosser 72-15, Möbel­Eine einheitliche Speisekarte ist noch nicht zu stande ge= tischler 10, Sattler 15, Alempner 10 ust. Es war bereits der fommmen. In Berlin sagt man Bouillon", in Wiesbaden Fleisch­Versuch wenigstens einer Arbeiterkategorie zu verzeichnen, auf dem brüh" und in München a Rindssupp'n". In Berlin heißt das­Wege der Arbeitseinstellung ihre Lage zu verbessern. Um die Zeit selbe Roastbeef, tuas in Wiesbaden Dchsenbraten und in der schlesischen Weberunruhen streiften in Berlin die Kattundrucker München a Rinderbratt ist. für höhere Löhne. Alsbald erschien die allmächtige heilige Hermandad, zeichnet der Münchener die nichts dagegen zu erinnern fand, wenn in den Bleiweißfabriken Was in Berlin Sahne Kinder vergiftet wurden, auf dem Plan, um die Gesellschaft zu Schmand, in Oberfranken Rahm retten, obwohl die Streifenden nicht den mindesten Erceß begingen. Destreich Obers" genannt. In einem norddeutschen Boffent Es wurde mit Verhaftungen der Rädelsführer" vorgegangen, um stüd erregt es jedesmal großen Jubel im Publikum, wenn da ein die bedrohten Interessen der Besitzenden zu wahren. Das Schrecke im Salzkammergut reisender Berliner Rentier Giesecke im Hotel die

Das norddeutsche Rauchfleisch be­und Wiener als на G'selcht's". heißt, wird in Mitteldeutschland in Bayern und in