-

288

-

Herrschaftstreppe?" Der andre sah spöttisch umher. Dann| Schilderung materiellen Wohlstandes doch unendlich frübes Bilb blieb sein Blick auf dem drohenden Gegenüber haften. Herrjeh!" In beiden Dörfern leben ungefähr 400 Sfopzen, die reichlich Land Er trat näher. Sengelmann! Sie sind't?"

"

" Ick habe nich das Verjnüjen." Der Erkannte reservierte sich. Nanu! Menschensfind! Sie haben uns doch früher immer de Schrippen jebracht." Sengelmann fuhr zusammen. Sie sind wohl verrückt?" Nee. Aber. Der Fremde trat mit teilnehmender Miene näher find Se jedächtnisfrank?" Sengelmann sah, wie der Portier verstohlen lächelte. Die Wut stieg in ihm. Det thut nischt zur Sache!" schrie er." Ich sage Ihn' bloß, det Sie uff de Vordertreppe hier nicht zu suchen haben! Sie sind teene Herrschaft."

" Nee." Der andre zog eine komisch verzweifelte Miene. Und als Sengelmann von neuem aufbrausen wollte. sagte er mit­leidig: Mann, rejen Se sich nich uff. Se brauchen sich doch nich zu scheniern, det Se ooch mal jearbeet't haben."

" Janz ejall" Mit Sengelmanns Selbstbeherrschung war's vorbei: Sowat hab' ich mir nie erlaubt, als ich noch in Ihr'n Stand war! Niemals! Jd wußte, wat sich jehört! Und nu machen Se, det Se' runterkommen! Sie jehör'n uff de Hintertreppe!"

"' n Augenblick." Der Fremde drückte sich blitzschnell an Sengel­mann vorbei und stand gleich darauf eine halbe Treppe höher.

" Jck lasse Sie von mein'm Portjeh' runterholen!" Sengelmann wollte bersten vor Wut. Det is Hausfriedensbruch ! Ich verklage Sie! Sie Hungerleider!"

" Mahlzeit, Herrschaft!" Der andre betonte lachend das letzte Wort und verschwand.

Sengelmann drohte mit den Fäusten hinauf: Keenen Sechser in de Tasche und denn frech uff de Vordertreppe! Lumpenpadasch, verfluchte!" Er wandte sich zu dem heraufgestiegenen Portier:" Was sagen Se dazu! Der Mensch wohnt uff'n Hoff vier Treppen! Js denn folche Frechheit überhaupt schon mal dajewesen?"

Der Portier schüttelte mißbilligend den Kopf. Und Sengelmanns stolze Figur schien zusammenzuknicken, als er ächzend herauspreßte: Es giebt tein' Reschpekt mehr in de Welt, Müller! Stein' Reschpekt!"

"

Der Hund und das Zeiserl. Wie das Wiener Ertrablatt" berichtet, klagie der städtische Tierarzt Locatin in Wien gegen die Hauptmannsivitwe Stadier auf Zahlung von 1444 Sr. Frau Stadler hat dem Kläger aus Freundschaft Beträge bis zu 6000 kr. geliehen. Nach Jahr und Tag brauchte sie ihr Geld und verklagte den Tierarzt, der auch zur Zahlung verurteilt wurde. Daraufhin tlagte der Tierarzt und präsentierte folgende Rechnung:

204 Drdinationen a 6 Kronen. 9 Operationen a 10

6 Sektionen

a 20

1 Parere für den Hund

1224 Kronen

90 120

"

"

10

"

Summa 1444 Kronen.

Der Vertreter der Beklagten hob hervor, daß Herr Locatin, als er eingeklagt wurde, nie eine Gegenforderung geltend machte und auch nachträglich um weitere Darlehen ersuchte, anstatt sein Guthaben zu begehren, er habe also selbst nicht geglaubt, ein solches zu besitzen und sei erst nachträglich auf die Idee gekommen, für die Behandlung der Tiere so viel zu beanspruchen. Diese Behandlung sei aus Dankbarkeit für die Darlehen geschehen und außerdem habe ihm Frau Stadler für seine Mühe 200 Kr. als Weihnachtsgeschenk übergeben.

Kläger : 200 Kronen ist doch keine Zahlung für solche Leistungen. Ich bekomme oft 25 Stronen für eine Visite!"

Vorsitzender:" Das ist vielleicht Affektionspreis, wir können nur mit angemessenem Lohn" rechnen."

Kläger : Das ist auch angemessen, ich habe besondere Kunst anwenden müssen, besonders bei den Operationen am Zeiserl."

Anwalt:" Ich war Konkursmassenverwalter des Wiener Tiergartens und habe für die größten Kamele und für Riesen­Elefanten nur 2 Str. per Visite bezahlt!"

Klagevertreter: Ein Beisig ist kein Elefant, Herr Doktor!"( Heiterkeit.)

Anwalt: Das weiß ich!" Kläger : Ein Zeiserl ist ein so zartes Tier, daß es beim Indiehandnehmen schon leicht hin wird! Und dann die Plage mit dem Huud 1"

befizen. Die Nähe der Stadt, der gute Ackerboden und die Billigs feit der Arbeitskräfte, aber auch ihre reichen Barmittel und die Unterstüßung der" Brüderchen" und" Schwesterchen" in Rußland haben den Skopzen die Möglichkeit gegeben, ihre beiden Dörfer, Groß- und Klein- Marcha, zu den stattlichsten Ortschaften des Irkutskischen Gebietes zu machen. Selbst in der Stadt sieht man selten so hübsche, hohe und neue Häuser; aufs sauberste gehalten, mit großen Fenstern, festen Zäunen und Glasveranden. Trotzdem machen die Dörfer einen trüben, traurigen Eindruck, ja das schmucke Aeußere macht die herrschende Totenstille in den kinderlosen Ort­schaften doppelt fühlbar. Häufig sieht man keine lebende Seele im ganzen Dorfe, und das unaufhörliche Gekläff der Kettenhunde tönt aus den Höfen, und ab und zu erscheint eine Frau in weißem Kopftuch am Fenster, um nachzusehen, wen der Hund angebellt hat. Meistens leben in einem Hause zwei Skopzenpaare, mitunter auch drei, die alle gleichberechtigt sind. Jeder hat sein Testament gemacht, in dem er sein bewegliches und unbewegliches Eigentum dieser Durch diese Art der Kapitalansammlung " Familie" hinterläßt. erklärt sich auch der wachsende Reichtum der Leute. Mit dem Tode der Alten treten Novizen" in die Familie. Ihrem Aeußeren nach machen die Skopzen einen abstoßenden Eindruck; ihr Gesicht ist auf­gedunsen, bleich und runzlich, die Muskeln schwach, der Bauch hervor­fretend, der Gang schwerfällig, häufig leiden sie an Asthma und zu alledem kommt die dünne, kreischende Weiberstimme. Es ist kein Wunder, daß niemand die Skopzen lieb hat; sie lieben sich auch unter­einander nicht. Von den eingeborenen Jakuten werden sie verachtet. Hier gesellt sich noch der Haß des Sklaven gegen seinen Bedrücker. Mit dem Ausdruck Skopze bezeichnet man in der Umgangssprache einen Menschen, dessen Charakter sich aus Filzigkeit, Feigheit und frömmelnder Hinterlist zusammensetzt. Die Stopzen wissen es, daß sie keine Freunde haben, und sind deshalb scheu, mißtrauisch und von äußerster Vorsicht. Hohe Zäune, starke Thore und Schlösser und böse Hunde, die an langen Ketten über den ganzen Hof laufen fönnen, schüßen ihre Häuſer, in denen sie stets geladene Waffen bereit haben. Ihre Fahrten machen sie immer am hellen Tage und nur in größerer Gesellschaft. Ueber ihrem ganzen Thun und Treiben liegt etivas Lichtscheues.

-

-

Humoristisches.

Ein ärgstlicher Patient. Arzt:... Da Ihr Leiden ein kompliziertes ist und die Diagnose besondere Schwierig­feiten bietet, möchte ich noch zwei Kollegen zu einem Colloquium zuziehen!"

Patient: Co?... Dann darf ich mir, Herr Doktor, wohl aber auch einen Verteidiger bestellen?!"

-

Rivalität. Doktor:... Sie haben Ihren alten treuen Diener entlassen, Herr Professor?... Ja, warum denn?" Meteorologe: Der Mensch war rheumatisch und hat Wo das Wetter jedesmal aus seinen Knochen prophezeit! bleib' ich denn da mit meiner Wissenschaft?!" Auf der Spur. Warum schnuppern denn heute die Polizisten mit ihren Nasen so hoch in der Luft herum?" " Die recherchieren nach einem gestohlenen Auto= mobil!" ( Fliegende Blätter. ")

-

-

-

-

-

"

Notizen.

-

- Die dreizehnte Hauptversammlung des Allgemeinen deutschen Sprachvereins findet am 1. und 2. Juni in Breslau statt. Vorträge halten u. a. Dr. Behagghel- Gießen über Ein Reichsamt für deutsche Sprache" und Professor Dr. Felir Dahn- Breslau über Die ersten Fremdwörter im Germanischen". Paul Heyses Maria von Magdala " fand im Lübeder Stadttheater bei ausverkauftem Hause stürmischen Beifall. Rudolf Lothars Komödie Die Königin von Cypern" ist vom Münchener Hoftheater und dem Deutschen Schauspielhause in Hamburg zur Auf­führung angenommen worden. Ju Oberammergau wird im Sommer 1905 das Gegen stück des Passionsspiels Die Kreuzesschule" gespielt werden. Die Luzerner Naturforschende Gesellschaft errichtet auf der Vorsitzender: Meine Herren! Ich würde einen Aus- Rigi- Scheideck und auf Pilatus Kulm alpine gleich empfehlen, sonst kommen Hund und Zeisert immer teurer!" Gärten. Die Unterhandlungen scheitern, und es werden mehrere Zeugen - Kränkelnde Topfpflanzen werden gewöhnlich vom darüber vernommen, wie oft und unter welchen Umständen der Pfleger dadurch zu retten gesucht, daß er sie in frische, nahrhafte Kläger den Tieren der Frau Stadler Beistand leistete. Dann be- Erde fezt oder aber die Nährkraft der alten Erde dadurch zu unter­schließt der Senat die Vertagung zur Beiziehung von Sachſtüßen denkt, daß er düngt. Das ist aber das allerverkehrteste, was verständigen über die Angemessenheit des Honorars für tierärztliche man in diesem Falle thun kann; denn die kranke Pflanze ist gar Visiten, Sektionen und fürs Hundeparere. Abermals betont der Vor nicht im stande, die dargebotene Nahrung aufzunehmen: sie kränkelt, fizzende, daß Hund und Zeiserl noch teurer zu stehen kommen und weil die Wurzelspitzen abgestorben sind und nun die Pflanze keine es wird neuerdings unterhandelt. Endlich kommt thatsächlich ein Nahrung aufnehmen kann. Richtig handelt derjenige, welcher die Vergleich zu stande, wonach Frau Stadler anstatt 1444 Str. nur Pflanze austopft, die Wurzeln bis auf das Gesunde beschneidet und 350 Kr. bezahlt, und Herr Locatin die Klage zurückzieht. nun die Pflanze wieder in einen sauberen kleineren Topf( wie ihn Nur dort CS. Efopzen Ansiedelungen. Ein Berichterstatter des Sibiri - die Pflanze bisher hatte) mit recht sandiger Erde setzt. schen Boten" entwirft von zwei Skopzendörfern, die etwa fann sich die Pflanze erholen und frische Wurzeln treiben, worauf sie zehn Werst von Irkutsk am Ufer der Marcha liegen, ein bei aller wieder in nahrhaftere Erde gebracht wird. ( Nerthus.") Verantwortlicher Redakteur: Carl Leid in Berlin . Druck und Verlag: Borwärts Buchdruckerei und Berlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.

-

"

-