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I.
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Am lautesten jubelte der Kreuzzug der Damen bei den vertraulichen Zusammenkünften des Fünfuhrthees, bei den Eine vergleichende Betrachtung der Arbeiten von May großen Empfängen um Mitternacht, bei der Tafel und in den Liebermann und Edouard Manet , die die diesmalige Aus= Alfoven. Sie hatten es richtig vorausgesehen: schon war stellung der Secession vorführt, zeigt, wie sehr es berechtigt ist, Konstantinopel erobert, demnächst kämen Brussa, Angora und wenn immer wieder auf die bahnbrechenden Meister der französischen Aleppo an die Reihe, später Smyrna und Trapezunt, alle von Malerei hingewiesen wird. Liebermann hat neben seinen neuesten der Universelle belagerten Städte, bis zu dem Tage, da die Werken ein älteres," Die Bleiche", das vor zwanzig Jahren ent= letzte Feste fiel, die heilige Stadt, deren Namen man nicht standen ist, ausgestellt. Die Entwicklung, die zwischen beiden liegt, hat sich ganz in der Richtung zu Manet vollzogen, dem er, bei allem aussprach, die gleichsam als gnadenreiche Verheißung am Ziele äußeren Gegensatz, in der Auffassung und in der Art des Vortrags, des fernen Feldzuges winkte. Väter, Ehegatten, Liebhaber, sehr nahe gekommen ist. Die Bleiche" zeigt noch ganz den fühlen vom leidenschaftlichen Ungestüm der Weiber überwältigt, eilten grauen Ton, den man früher bei Liebermann gewöhnt war. nur noch unter wiederholten Rufen: Gott will es!" zu den gleichmäßiges gedämpftes Licht ergießt sich über den Rasenplatz Wechselagenten, um ihnen Orders zu geben. Schließlich jetzten unter den hohen Bäumen, auf dem die Wäsche ausgebreitet wird. sich die unabsehbaren Haufen der Kleinen in Bewegung, die Die Zeichnung geht noch sehr ins einzelne, und der Farbenauftrag willenlose Herde, die hinter den starken Heerscharen einher- scheint eher mühsam. Sieht man nur auf diese Qualitäten, so ist trabt; die Leidenschaft stieg vom Salon zur Dienerschft her- es erstaunlich, was Liebermann seinem hier fast spröde erscheinenden unter, vom Bürger zum Arbeiter und zum Bauersmann, und Talent abgeringen hat, wenn er feine Stunft bis zu seiner heutigen Art entwickeln konnte. Schon der Gegensatz zwischen dem grauen, schleuderte in das tolle Gewühl der Millionen arme Aktionäre ein wenig trockenen Gesamtion des ersten Bildes und der sprühenden mit einer einzigen Aftie, mit drei, vier, zehn Aftien: Haus- Farbigkeit der letzten Bilder, in denen er einen Papageienmann diener, die sich zurückzuziehen gedachten, alte Jungfern, die und einen Blick in eine belebte" Papageienallee" darstellt, ist überfriedlich mit einer Kaze lebten, pensionierte Unterbeamten raschend. Diesen Charakter haben nicht nur die grellen Farben in der Provinz mit einem täglichen Budget von zehn Sous, des bunten Gefieders, sondern auch der weiche, graublaue Grundton, durch Almosen verarmte Landpfarrer, die ganze hagere und hungrige Schar der allerkleinsten Rentner, die jeder Börsenkrach gleich einer Seuche hinwegrafft und mit einem Rud ins Massengrab stürzt.
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der dem Ganzen gegeben ist. Mehr noch bedeutet der Fortschritt von der tipfelnden, gleichmäßigen und mühsamen Vortragsart zu dem der nur die großen Züge giebt und alles Nebenwert außer acht breiten, loderen und seiner Wirkung völlig sicheren Farbenauftrag, Dieses ungestüme Steigen der Universelle- Aftien, dieses keit; während an der einen Stelle mit einigen breiten Strichen kaum läßt. Die Technik der letzten Bilder ist von einer souveränen Leichtig= Aufwärtsfliegen unter dem Hauch eines religiösen Sturm- der Leinwandgrund gedeckt ist, erscheinen die Farben an andren mindes schien gleiches Tempo mit den Musifklängen einzuhalten, sorgfältig ineinander vertrieben, so daß sie fast eine Emailglätte die immer lauter und lauter von den Tuilerien und vom haben, und wieder an andren, wo starke Lichter erforderlich waren, Marsfeld her schollen, mit den immerwährenden Festlichkeiten, sind sie ganz did zu fleinen Häufchen aufgetragen, alles ist so in denen die Ausstellung Paris berauschte. Lauter flatschten behandelt, wie es zur Erzielung der künstlerischen Wirkung gerade die flatternden Fahnen in der schwülen Luft der Sommertage; notwendig schien. Und nur bei der völligen Beherrschung dieser an jedem Abend flammte unter dem Sternenhimmel die Stadt Mittel war es möglich, daß daraus so lebensvolle Bilder bewegter Scenen entstanden. Besonders in der Papageienallee" wirkt es in festlicher Beleuchtung wie ein Riesenpalast, worin die Aus- frappant, wie der Blick in der von vielen Gruppen belebten Allee schweifung dem grauen Morgen entgegenwacht. Die Freude zwischen den beiden Baumrethen in die Tiefe gezogen wird, wie sich hatte Haus für Haus ergriffen, alle Straßen schwammen in weich die von mildem Licht erfüllte Luft darüber legt und wie die Trunkenheit, die fahle Dunstwolfe vom Dampf und vom einzelnen Sonnenstrahlen, die das Blattwerk durchdringen, leicht Schweiß der Festgelage schwebte am Horizont dahin und über den Boden huschen. wälzte über den Dächern der Weltstadt die Nacht von Sodom, Babylon und Ninive .
Seit Mai kamen aus den vier Enden der Welt Kaiser und Könige herangepilgert, unaufhörliche Aufzüge, gegen hundert Fürsten und Fürstinnen, Brinzen und Prinzessinnen. Unablässig dröhnten Freudenschüsse am Invalidenpalast, während die gaffende Menge in der Ausstellung die von Deutschland ausgestellten düsteren Riesengeschütze Krupps umdrängte, welche hier einen volkstümlichen Erfolg errangen. Fast allwöchentlich zündete die große Oper ihre Kronleuchter zu irgend einer offiziellen Galavorstellung an. In den kleinen Theatern und Restaurationen herrschte erstickendes Gewühl, die Gehwege waren nicht mehr breit genug für die überströmende Flut der Straßendirnen.
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Es ist zweifellos eine weite Spanne der Entwicklung, die zwischen den beiden, zwanzig Jahre auseinanderliegenden Werken Liebermanns liegt, die vor seinem künstlerischen Ernst eine tiefe Borzüge, die dem jüngeren bei aller Kunst nicht in demselben Maße Achtung abnötigt. Und doch scheint es, als habe das ältere Bild zu teil geworden sind. Es geht von diesem stilleren Bilde mit seinem grauroten Häuschen, das sich unter dem grünen Blätterdach verbirgt, ein Eindruck von Traulichkeit aus, der schwer zu beschreiben ist, aber start zu unsrem Gefühl spricht. Man kann dieselbe Beobachtung sehr oft in dem Lebenswerk von Künstlern machen. Man sieht ihre fortschreitende Entwicklung in der Beherrschung ihrer Ausdrucksmittel, man erkennt dies als ganz folgerichtig an, und man freut sich, wenn man ihre älteren Werke sieht, in denen das Beste, was sie uns geben können, ein persönlicher Charakter, naiver zum Ausdruck kommt. Die Kunstgeschichte im allgemeinen wie die Maße unabhängig ist von der Stufe der Technik, die jeweilen erGeschichte der einzelnen Künstler lehrt uns, wie dies in gewissem langt war.
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Napoleon III. verteilte persönlich die Auszeichnungen an die sechzigtausend Aussteller, in einer Festlichkeit, die an Brunkentfaltung alle andren überragte. Dies war der Diese Beobachtung drängt sich auch besonders gegenüber den strahlende Glorienschein auf der Stirne von Paris , der höchste Arbeiten von Claude Monet und Camille Pissarro Glanzpunkt der Regierung, als der Kaiser wie eine trügerische auf, die mit ihren neuen Lichtstudien in fast pointillistischer Manier Lichterscheinung der Bühne als Herr über ganz Europa auf- gewiß ihrem Ziel, der Torstellung des Lichts und der Luft, immer trat, um mit der Ruhe der selbstbewußten Kraft zu sprechen näher gekommen sind, aber ohne daß sie je einen ähnlich starken und Frieden zu verheißen. Am gleichen Tage erfuhr man in Eindruck wie in ihren frühen groß gesehenen und breit hingestrichenen den Tuilerien die schreckliche Katastrophe in Meriko, die Hin Bildern, die in den Vorjahren in der Seceffions- Ausstellung zu richtung Kaiser Marimilians; französisches Blut und franzöſider in seinem Lebenswert diefe ganze neue Anschauung entwidelt sehen waren, erreichten. Dagegen scheint Edouard Manet , sches Gold waren also mußlos vergeudet. Die Nachricht wurde hat, auf allen Stufen in jeder Beziehung fortgeschritten zu sein. Es verheimlicht, um die Feststimmung nicht zu verdüstern. Dies ist interessant, etwa das Bild seines Gartens" auf die Art der war der erste Ton des Grabgeläutes an diesem herrlichen, Farbenwirkung hin anzusehen, da sie genau dieselben Elemente Sonnenbeglänzten Abend. zeigt, wie sie eben bei Liebermann gekennzeichnet wurden. Aber es ist mehr Stimmung" darin; über dem warmen, behaglichen Gefühl, das aus diesem von Sommersonne durchleuchteten Garten mit seiner bunten Blumenpracht auf den Beschauer hinüberströmt, bergißt er die geniale Technit, die dieses Wunder mit ein paar dem Saufe des Künstlers, in dem die graurote Wand mit den blauFarbenstrichen hervorzaubern konnte. Aehnlich wirkt das Bild von grauen Fensterläden sehr fein in dem Grün des Gartens steht. In biefem zeigt sich, wie in dem prachtvollen Stillleben, einem duftigen Strauß von weißem Flieder und einem Bund großer Spargel, die ganze Farbenkunft Manets, die in ihrer Zartheit und in der Feinheit der Nuancierung unerreicht dasteht. Als eine Einzelheit, die auffällig zeigt, was einem Maler technisch möglich ist, sei das Spiegeln in dem Wasserglase, in dem der Fliederstrauß steht, an geführt. Aber bei allen diesen Bildern Manets hat man das Gefühl,
Mitten in dieser Herrlichkeit schien es, als ob auch Saccards Gestirn seinem größten Glanze entgegenstieg. Was er seit so vielen Jahren erstrebt, besaß er endlich; er besaß den Reichtum wie einen Sklaven, wie eine Sache, über die man frei verfügt, die man eingeschlossen hält, lebendig und greif bar! So hatten Lug und Trug seine Stassen bewohnt, so viele Millionen waren hineingeflossen und aus allerlei unsichtbaren Löchern zerronnen! Nein, jetzt war's nicht mehr der trügerische Reichtum der Fassade, sondern das echte, feftgegründete, auf vollen Säcken thronende Königtum des Goldes.
( Fortsetzung folgt.)
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