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Deutsch - Französischen Jahrbüchern"

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der Fortsetzung der Halleschen", in denen das Manifest erschienen war ein paar Jahre später Karl Marx in ersten allgemeinen Umrißlinien seine neue Auffassung der Gesellschaft entwidelt hat. Dicht auf den Fersen folgte der bürgerlichen die proletarische Bewegung; sie haben von Grund aus jenes Deutschland der Romantik umgewälzt. Conrad Schmidt .

Woher, Bring, fennen Sie unfre Sprache?" Und der erwidert: Seien Sie doch ja damit ruhig, denn sonst merkt es ja am Ende das Publikum da unten, daß das eben sehr unnatürlich ist." So gehts in scherzender Perfiflage das ganze Etüd hindurch. Reizend find einige Betrachtungen des Katers. So, wenn er sein Staßengeschlecht rühmt, daß es nicht, wie die Pferde und Hunde, der Eitelkeit nach gegeben und vor den Menschen sich seinen Verstand hat anmerken lassen; oder wenn er, da ihn beim Nachtigallengesang ein Hunger überkommt, in Magen ausbricht über die Niedrigkeit seiner sinnlichen Natur, daß er nichts fingen hören könne, ohne Lust zu kriegen, es m zu fressen; oder auch, wenn er beim Anblick des gefangenen Kaninchens zur moralischen Erhebung der Hörer eine Rede losläßt über die Pflicht des Edlen, sich und seine Neigungen dem Glück seiner Mitgeschöpfe aufzuopfern". Köstlich ist die Verwunderung des Königs, als er hört, daß der Bauer Getreide mäht, um Brot zu baden: Bitt' Dich um Himmelswillen, Tochter Wer sollte wohl auf solche Streiche kommen. Die Natur ist doch etwas Wunder­bares. Indes, trop aller hübschen Einfälle am Ende wirkt die sprunghaft spielerische Manier, die jeden angesponnenen Faden sofort dann wieder abreißt, auch hier schon ermüdend; heute wenigstens, wo die Anspielungen nicht mehr als aktueller Reiz empfunden werden.

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Die Staare.

Von Ernst Preczang .

( Nachdruck verboten.)

Es war einmal ein schöner, wunderprächtiger Garten. Blumen blühten in schimmernden Farben auf runden Beeten; Gräfer, schlanke Halme und herrliche Blattpflanzen säumten die Wege und aus grünen Büschen schimmerte rot und weiß und blau die leckere Frucht der Beeren. In den Bäumen hing's übervoll an allen Stengeln, ein paradiesischer Ueberfluß. Das schönste aber waren die Kirschen: dice, pralle, rote Kirschen, die aus dem Laubwerk hervor= leuchteten.

Eines Tages promenierte der Herr dieses Gartens wohlgefällig auf den gelben, künstlich geformten Kieswegen umher und freute sich seines Reichtums, der so herrlich gedieh. Er rüttelte prüfend an dem hohen, festen Eisengitter, das den Garten umfriedete, und lachte in sich hinein: diese Herrlichkeit hier war geschützt vor frevlem Ein­bruch; fein war es, nur sein, was in blühender Fülle Mutter Natur auf diesem Fleckchen Erde hervorzauberte. Mochten die andern hinter dem Gitter stehen und ihn beneiden ihn, den Herrn dieser fleinen Welt! Und wie Rührung fam's über ihn bei diesem Ge= danken. Seine Augen schimmerten feucht vor tiefer Dankbarkeit und er hob sie auf zum sonnigen Frühlingszelt und sagte: ,, Wie danke ich Dir, gütiger Himmel, daß Du mich so gesegnet haft! Ich werde Dir nach der Ernte einige Kerzen im Dome stiften.

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Und weiter schritt er, erfüllt von zufriedenen, heiteren Gedanken an die leckeren Mahlzeiten, welche sich hier für seinen Tisch vor­bereiteten. Plötzlich aber stutte er und sein Gesicht verfinsterte sich: an dem Zweige eines fruchtbehangenen Stachelbeerbusches troch eine lange behaarte Raupe. Der Herr des Gartens schleuderte sie herab und trat mit dem Fuße darauf. Und mit haftigem Eifer durchspürte er Zweig und Blatt, Aft und Blüte. Da wimmelte es von Infekten alles zehrte überall! Raupen, Schmetterlinge, Käfer, Bienen bergnügt von dem Reichtum, der doch ihm allein gehörte. Und zornig hob der Herr des Gartens seine Augen zum Himmel und sagte grollend: " Hab' ich für Parasiten das alles gefät? Warum vernichtest Du nicht, was mich bestiehlt und mein Eigentum schmälert? Der Garten ist mein, nur mein; warum schüßest Du mich nicht? Ich kann Dir teine Kerzen stiften.' Und er sant auf einen Rasensiz und fah freud­los vor sich nieder.

Durch den Sternbald" und den Kater" hatte Tieck das Herz der beiden Schlegel gewonnen, deren kritische Doktrin romantischer Dichtung in seinen eignen poetischen Tendenzen die beste Ergänzung und Bekräftigung fand. Insbesondere, was Friedrich als" freies Spiel", als die dem echten Künstler geziemende Ironie" dem Stoffe gegenüber theoretisch forderte, schien von dem Tieckschen Märchen­ſtück in eigenartig neuer Weise erfüllt. Eine enge Freundschaft ent­spann sich, wie denn der ganze Kreis der älteren Romantiker zu gleich durch nahe persönliche Beziehungen zusammengehalten war. Für furze Zeit schlug Tied in Jena , dem Stammsiz der Romantit, sein Lager auf. Mehr noch als die Schlegel zog ihn die wunderbare schwärmerische Persönlichkeit des jungen Novalis dorthin; in ihm fand er Ersatz für den so früh dahingegangenen Wackenroder. Die starken mystisch religiösen Neigungen, die sich bei Tied ent­wickelt, erhielten durch den Umgang neue Nahrung. In seinem Genoveva"-Drama, das kurz vor Abschluß des Jahrhunderts er­schien, treten sie deutlich hervor. Das Wert, einst hoch gefeiert, bringt es so wenig, wie irgend eines der andern Tieckschen Stücke, zu dramatischem Leben. Die Lyrik überwuchert, Charakteristik und Entwicklung entbehren des Spannenden und der Klarheit. Mit dem Schauspiel Kaiser Ottavianus", in dessen allegorischen Prolog jene berühmten Verse:" Mondbeglänzte Zaubernacht..." als Chorgefang erklingen, schließt die erste fruchtbarste Periode in des Dichters Leben ab. Früh überfiel ihn ein hartnäckiges Gichtleiden, von dem auch ein langer Kuraufenthalt im sonnigen Italien , dem gelobten Lande romantischer Sehnsucht, ihn nicht heilen konnte. Seine Märchen­dichtungen gab er 1810 im Phantasus" gesammelt heraus und fügte in dem geistreichen Geplauder einer romantisch- philo­sophierenden Gesellschaft einen das Ganze umspannenden Rahmen Plöhlich schwirrte, rief und pfiff es rings um ihn herum in hinzu. Die litterarhistorischen Arbeiten und Uebertragungen, schon flatterndem Geräusch. Ein großer Flug von Staren hatte sich im früher begonnen berühmt ist seine Don Quixote"-Berdeutschung ipfel. Mit scharfen Schnäbeln hadten fie auf Raupe und Käfer Garten niedergelassen und hüpfte auf Beet und Busch, Zweig und und seine Sammlung mittelalterlicher Minnelieder wurden fort gesetzt. Er leitete und revidierte die unter seinem Namen publizierte ein und tausendfach verschwand das Insekt auf den ſpißen Zungen. Shakespeare - Uebersehung und entfaltete in Dresden , wo er sich nach licher, gönnerhafter Miene wandte er sich zu den Vögeln:" Fleißig, Da wurde der Herr des Gartens wieder fröhlich und mit freund­der Rückkehr aus Italien dauernd niedergelassen, als Dramaturg fleißig, meine lieben Stare! Ich neide Euch Euren guten Appetit. des Hoftheaters und Kritiker eine äußerst fruchtbare Thätigkeit. Nehmt nur, nehmt! Ich gönn's Euch von ganzem Herzen. Arbeitet, Seine Shakespearerecitationen, im fleinsten, häuslich- geselligen Streise vorgetragen, hatten einen Ruf über ganz Deutschland hin. Sehr ihr lieblichen Bögel, arbeitet! Ihr seid ein Werkzeug der hohen reich dem Umfange nach und von den Zeitgenossen viel bewundert Stultur. O, was ist es für eine Wonne, Euch bei so nützlichem Werte ist Tieds Novellenproduktion in diesen späteren Jahrzehnten. zu feh'n! Ihr vermehrt den Reichtum der ganzen Nation, wenn Ihr galt als Meister des Faches. Sein gemäßigter Realismus" ward den meinen sichert und von allen Schädlingen befreit. Singt und hoch gepriesen. Heute, nachdem wir eine Epoche wirklichen Realis- seid fröhlich! Mein Garten steht Euch jederzeit offen. Gure Musik mus in der erzählenden Litteratur erlebt haben, ist diese Wertung Schaffen. Zwar find Eure Stimmen nicht geschult und gebildet ist Balsam meinen Ohren, ist die frohgemute Weise des nützlichen schwer verständlich. Alle Anmut des Stils kann für den Mangel und eine Nachtigall ist mir plastisch- charakterisierender Kunst in diesen Erzählungen nicht ent- will Euch nicht stören und schelten beileibe nicht! Ferne sei's offen gestanden schädigen. Man merkt es ihnen im Guten und im Schlechten an, von mir, Euch den Mund zu verbieten. Nein, nein! Rührt Euch mit welcher Leichtigkeit sie hingeworfen find. und schwazt und pfeift, aber vergeßt mir nur das Arbeiten nicht. Die letzten Jahre hat er als Pensionär des preußischen Königs, Fleißig, fleißig, meine lieben Stare! D, Du prächtiges, nützliches nur zu gelegentlichen Vorlesungen bei Hofe und dramaturgischer Bolt!" Und er rieb sich lachend die Hände und sah den munteren Raterteilung berpflichtet, in seiner Vaterstadt verweilt der über Schnäbeln zu. Zum Himmel wandte er sich dankbaren Blickes: Ich lebende Repräsentant einer sterbenden Epoche: des träumerischen, werde Dir do ch die Kerzen stiften!" Und er rechnete, wieviel Körbe mit all seiner Schöngeisterei doch so spießbürgerlich rückständigen sich wohl noch zum Verkauf füllen lassen würden, nachdem der eigne Deutschland , gegen das Heine seine beflügelten Spottgedichte ab- Tisch befriedigt wäre. schnellte. So viel konstruierendes Hegeltum jenem berühmten Ein großes, allgemeines Geschrei ließ ihn auffahren aus seinem Manifeft" von 1840, in dem Ruge und Echtermeher zum Stampfe Sinnen. Ein Freudengeschrei. Es schwirrte von unzähligen Flügeln wider die Romantik riefen, auch anhaften mag, klar und vernehmlich und hob sich begeisterungstrunken in dichten Schwärmen auf die tündet sich hier doch das Wehen eines neuen, mit aller Seelenkraft fruchtbeladenen Kirschbäume. den großen Mächten des Wirklichen und der Geschichte wieder zuge­wandten Geistes an. Der Tiecksche Phantafus" gilt ihnen als die klassische Verkörperung der Romantik und ihrer Aristokratie der Geistreichen". Dem Unbestimmten, Unfaßbaren Dämmernden, Zerfließenden, dem Märchen Spuk und Wunder, dem Mondschein und den Fernen", das der Phantasus" preift, feßen sie als wahren Gegenstand der Poesie den selbstbewußten Geist, das Wirken des zur Tagesarbeit erwachten Menschen, die das Gemüt wahrhaft und unmittelbar ergreifende Nähe, das Eingehen in die wirklichen fon­treten Interessen der Gegenwart" entgegen. Man spürt in jedem Worte erstarttes bürgerliches Selbstgefühl, das nun auch in der Dichtung andre Kost verlangt. Es ist derselbe Ruge, in dessen

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Er

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lieber, aber ich

Der Herr des Gartens erstarrte vor Schreck. O Du Hallunken­volk! Nun fressen sie meine Stirschen, meine schönen saftigen Kirschen! Du unverschämtes Gesindel!" Er weinte faft vor Schmerz. Meine herrlichen Früchte!, Mein Eigentum! Du Raubzeug, Du Diebsgelichter! Sie bestehlen mich! Sie ruinieren mich! Gie untergraben meine Eristenz! Wovon soll ich nun die Körbe füllen? O, Ihr Leckermäuler! Ists nicht genug, daß ich Euch in meinem Garten alle Insekten überließ? Gab ich Euch nicht Futter genug? Müßt Ihr auch noch Kompott haben? Ach, meine Stirschen, meine prächtigen Kirschen! Berflucht bist Du, Räuberbandel Verflucht, Du unbescheidenes, begehrliches Bolt!"

In den Zweigen pfiff, fang und jubilierte es nur noch lauter.