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Dann wandte er sich mit liebenswürdiger Biederkeit zu Jordan, der in unerträglichem Unbehagen stumm und blaß dastand.

Nun, ich will Sie Ihnen vorstrecken, diese fünfhundert Frank. Sie hätten Sie gleich von mir fordern sollen!" Er hatte sich schon hingesetzt, um einen Check zu schreiben, als er sinnend innehielt. Es fiel ihm Buschs Brief ein, der Besuch, den er dort zu machen hatte und von Tag zu Tag verschob in seinem Widerwillen gegen die verdächtige Geschichte, die er dahinter witterte. Warum sollte er nicht sofort nach der Rue Feydeau   sich begeben und den willkommenen Vor­wand benützen?

vom Vormittag zu erzählen, Buschs plötzlichen Eintritt, den engeren Sinne mit Liebermann   zusammengehören. Sie find es, die Einfall der drei Männer in ihr Zimmer, wie es ihr gelungen die Traditionen des französischen   Impressionismus aufgenommen war, den Angriff abzuschlagen, und wie sie sich verpflichtet haben und in einer selbständigen Weise zu entwickeln fuchen. hatte, noch am selben Lage zu zahlen. O, diese Geldschmerzen pflegen eine Art der Darstellung, die sich streng an das in der Natur Gegebene hält und es mit künstlerischen Mitteln wiederzugeben sucht. der kleinen Leute, diese aus Scham und Ohnmacht zusammen- Es ist nicht mehr nur die flüchtige Impression, die sie mit wenigen gesetzten herben Schmerzen, die wegen einiger erbärmlichen Hauptzügen zu treffen suchen; sie suchen die in einer Erscheinung ge­Hundertsousstücke immer wieder das Leben in Frage stellen! gebenen, rein fünstlerischen Fattoren durchzubilden. An erster Stelle Busch," wiederholte Saccard, dieser alte Gauner hat steht in ihrem Interesse die Farbe. In der Farbengebung streben Sie in seinen Klauen? sie aber nicht nur nach einer einen Nüancierung und suchen die Be­fonderheit ihres Farbenempfindens zu einer persönlichen Note zu entwickeln; ihnen wird die Farbe zu einem Kunstmittel, das wie alle andern seine besonderen Geseze der Komposition hat, deren Durch abgeschlossenen harmonischen Ganzen verleiht. Aber auch in der Auf­fünfhundertführung allein schon ihrem Werke den Charakter eines in fich fassung macht sich ein Streben nach Vertiefung und in der zeichne= rischen Behandlung nach einer strengeren Durchführung geltend; sie wollen nicht nur das Allgemeine eines Eindrucks festhalten, sondern auch die Grundzüge, das Charakteristische der Erscheinung im einzelnen herausarbeiten, daß die verschiedenen Faktoren zu einer Ginne, in der freien Art der Pinselführung schließen sich diese Künstler einheitlichen Stimmung zusammenwirken. In der Technik im engsten Sinne, in der freien Art der Binselführung schließen sich diese Künstler ebenso wie Liebermann  , bei dem wir dies genauer betrachteten, auch den französischen   Vorbildern an. Es macht Freude zu sehen, wie " gut gemalt" eine große Zahl dieser Bilder sind. An zwei Arten bon Vorwürfen findet das Streben nach einer vollen Bildwirkung denn darum handelt es sich herbei besonders Gelegenheit, sich zu bethätigen, am Porträt und am Still­leben. Letteres giebt den Malern natürlich in besonderem Maße den Anlaß, farbliche Reize zu entfalten; das stärkere Hervortreten dieser Kunstgattung ist an sich schon ein Hinweis auf die koloristische Tendenz der Schule. Daß das Porträt mehr fultiviert wird, mag vielleicht auch ein Anzeichen dafür sein, daß die moderne Malerei auch bei dem Publikum, das Geld für Originalwerte ausgeben kann, mehr in Aufnahme kommt. Das Porträt ist die Form des Auf­trags, die dem heutigen Künstler am häufigsten zu teil wird, und wenn nicht mehr nur die Kitschmaler", sondern auch die Slevogt  und Breyer Porträtaufträge erhalten, so ist das gewiß ein Beweis, wie sehr ihre Malerei im Vordringen ist. Gerade im Porträt zeigt sich der Fortschritt von der bloß hingehauenen" Bildnisstudie zu demt sorgsam durchgeführten Charakterbilde am deutlichsten. Auf diesem Wege gewinnt das Porträt auch an allgemeiner psychologischer Be­deutung.

( Fortsetzung folgt.)

Berliner   Seceffion.

II.

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Neben den hervorragenden Werken von ausländischen Meistern ist die Art, wie die Berliner   Künstler in die Erscheinung treten, von größtem Interesse. Man mag, abgesehen von Liebermann, der in der That auch künstlerisch eine führende Stellung unter ihnen ein­nimmt, zwei Gruppen unterscheiden. Es ist zunächst eine Reihe von Malern, deren Art und Stellung in ihrer Kunst bereits ein bestimmtes Gepräge hatte, als sie die Secession mitbegründeten. Man kann nicht sagen, daß fie seitdem eine günstige Entwicklung erfahren hätten; eher möchte es scheinen, daß sie stehen geblieben sind, da sie den rechten Weg, auf dem sie mit ihrer besonderen Begabung weiter fommen fonnten, nicht fanden, sondern in unfruchtbaren Versuchen fich zer splitterten. Was versprach nicht einst die koloristische Begabung Ludwig von Hofmanns! Und jetzt sieht man wohl hier und da noch ein Bild von ihm, das sich in bescheidenen Grenzen hält und in den Farben anspricht; sobald er aber an größere Aufgaben heran­tritt, versagt er völlig. Die Ausstellung zeigt einen Sündenfall" von ihm, der nicht nur in der Idee, in der Darstellung der Gestalt Gottes und der beiden ersten Menschen grotest erscheint, sondern auch in der Farbe reizlos und von unangenehmer Härte ist. Seine Hleineren Bilder" Leda" und Europa  " find zwar auch leer in der Auffassung, haben jedoch etwas von dem koloristischen Reiz der früheren; von der pointillistischen Technik, der der Künstler ein Jahr Yang huldigte, ist er fast ganz wieder abgekommen. Auch Walter Leistikow   scheint jetzt auf einem Wege weitergehen zu wollen, der nicht zur Verfeinerung und Vertiefung seiner Stunft führt. Von den einfachen und schlicht gegebenen Landschaftsbildern seiner ersten Zeit, meist Motiven aus dem Grunewald, mit denen er sich so viele Freunde erivarb, strebte er weiter zu einer großzügigen deforativen Behandlung. Man sah diese Versuche mit Interesse und erivartete immer, was daraus werden sollte. Jest will er augenscheinlich eine Verschmelzung der beiden Arten erreichen: ez giebt Motive, die an die ersten erinnern, aber in einer dekorativen Auffassung. Die Er­gebnisse sind jedoch nicht sehr erfreulich. Gr arbeitet mit grellen Kontrasten, die Farben sind hart und übertrieben, und es ist, als sprächen die Bilder mit hohlem Pathos auf den Beschauer ein. Finer bon denen, die immer etwas versprachen", ohne daß diefes Ver­sprechen je ganz erfüllt wurde, ist Martin Brandenburg  . Auch von ihm sah man schon Arbeiten, ich erinnere mich besonders eines Bildes spielender Kinder in einem Garten auf denen er frei bon jeder gezwungenen Phantastik ein Stück Natur mit feinem Ge­fühl für Farbe und Formen frisch heruntermalte. Aber das genügt ihm anscheinend nicht; es muß immer etwas" Poesie" und aufge­tragene Stimmung" dabei sein, und so kommen denn die Motive feiner Bilder zu stande, die entweder von höchster Trivialität der Auf­faffung wie etwa in den Jägern" oder auch so verzwickt in ihren Gedankengängen sind, daß nur ein glücklicher Zufall den Geist des Beschauers dieselben Schleichwege entdecken läßt. Kurt Her mann ist mit einer solchen Begeisterung ins Lager der Pointillisten übergegangen, daß er der radikalste von ihnen geworden ist. In feinem Frühlingsmorgen" sieht man kaum noch etwas andres als Licht.

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Eine Conderstellung hat sich immer Reinhold Lepsius  gewahrt. Das Damenporträt, das er diesmal gesandt hat, gehört indessen wohl nicht zu seinen besten Arbeiten. Auch dieses zeigt zivar den feinen, meist in einer zarten grauen Stala leise verschleierter Töne gestimmten Ton und die freie elegante Technik; aber es erscheint nicht so tief in der Auffassung und äußerlicher in der Art der Charakteristik, in der ein wenig zurechtgesetzten Haltung, wie sonst. Neben diesen Berliner   Künstlern bildet sich immer bemerkbarer eine andre Gruppe von jüngeren Malern heraus, die in einem

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Es ist bereits eine ganz stattliche Zahl von Malern, die durch diese innere Zusammengehörigkeit eine besondere Gruppe innerhalb der Secession bilden, und das stärkere Hervortreten dieser Tendenz bildet das erfreulichste Ergebnis der diesjährigen Ausstellung. May Slevogt tritt mit einem großen Reiterbildnis" besonders hervor. Es wird frappant lebendig, wie der mit lässiger Vornehmheit auf seinem prachtvollen Schimmel sipende Offizier, der dicht vor dem Be­schauer am Abhange eines Hügels hält, in den sich weit wölbenden Raum hineinragt, und es ist von einer hervorragenden Feinheit in der hellen grauen Farbenreihe, die den Grundton abgiebt. Robert Breyer   hat eine" Dame in Weiß" gemalt, bei der die Behandlung des zarten Weiß gegen den rötlichen und graubraunen Hintergrund einen sehr entwickelten Geschmack zeigt, während sein Porträt des Malers Klein sehr frisch in der Durchführung einer Harmonie in Braun und Grün wirkt; sehr fein sind zwei kleinere Stillleben in der Farbe wie in der charakteristischen Darstellung der einzelnen Motive. Unter den Arbeiten von Konrad v. Kardorff fällt besonders ein Herrenporträt auf, das in der Auffassung etwas wirk­lich Vornehmes hat. Auch Leo Frhr. v. König giebt in dem Bildnis einer Malerin ein Charakterbild in hellen Lönen, bei dem die Darstellung der ein wenig bizarren Erscheinung sehr gut durch­geführt ist. In demselben Sinne find ferner zu erwähnen: Erich aude mit einem Schauspieler- Porträt, Joseph Block mit Borträtstudien in tiefen braunen Tönen, Jofeph Oppen heimer, auf dessen Bild zweier Frauen nur ein weißer Ton zu fraß aus dem sonst sehr dunkel gehaltenen Grundton herausfällt. Von besonderer Schönheit der weichen Farbe sind die Stilleben von Ulrich Hübner  , darunter namentlich ein japanisches, während eine in Einzelheiten auch sehr reizvolle Figur mit Interieur" als Ganzes ein wenig zu bunt wirkt. Ein dunkler gehaltenes Interieur von Ulrich Hübner   erscheint dagegen nüchtern und eher gesucht in der gar zu deutlich betonten Stimmung" einer Gelehrtenstube. Auch ein Interieur mit einem hübschen Durchblick von Hermann Brud ist zu erwähnen.

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Etwas abseits steht der aus Dresden   nach Berlin   übergesiedelte Maler Paul Baum  , ein feinsinniger Landschafter, der sich eine dem Pointillismus verwandte, aber weniger fonsequente Technik zurechtgemacht hat, mit der er besonders in einer Frühlingslandschaft eine sehr zarte Stimmung hervorzurufen weiß. Philipp Franc überrascht durch die zwar in den Farben harte, aber frische und ehr­liche Art, mit der er figurenreiche Gruppen im Freien darstellt. Namentlich eine große Gruppe von Kindern, die als Zuschauer im Cirkus   einen Clown anstarren, hat er prächtig und mit einer erstaun­lichen Fülle von gut beobachteten Zügen geschildert. Louis Corinth   giebt sich diesmal noch robuster als sonst; aber er zeigt in einer Studie der Schauspielerin Gertrud Eysoldt   in Oskar Wildes " Salome", so abstoßend der Eindruck für manchen sein mag, seine große Begabung, die sich am besten dann bewährt, wenn er ein Motiv in einem ersten Wurf heruntermalt.

<<- hl.