«Unsinn, sie ist so ahnlich, daß—. Schenk es mir,Abraham! Bitte, schenk es mir!" eiferte Klaus.„Meinetwegen, da! Ich will mehr Rum haben. Puh,einem werden die Ohren ganz heiß, wenn man aufsteht, sowarm ist es unter der Decke."„Dahinten ist solche Aufregung," sagte Bäkkcvold undreckte sich über den Tisch.—„Was für eine Fratze�sie demKoch zu machte! Seht, der kleine schwarzhaarige Seemannda! Möchte wissen, ob ein Liebesverhältnis zwischen denbeiden existiert?"Ter Koch hatte hinterlistigerweise Otta gefangen undzwang ihren Kopf zu sich herab.Sie schnellte wie eine Weidengerte in die Höhe und stießihn heftig von sich.„Er soll hinaus!" rief Klaus heftig aufbrausend.Ter Schlag, den der Koch bekam, kam richtig von demkleineu schwarzhaarigen Seemann. Einige suchten sie zutrennen, andre, sie nach der Thür hin zu drängen, und MadameHöiby schrie und rief.Otta war auf eine Bank gesprungen.„Seht,— seht!" rief Abraham,„sie freut sich so, daßihre Augen glänzen. Sie versteht sich auf eine Schlägerei!Nun Hab' ich sie: eine bleiche, schwebende Bacchantin, die sicheinen Rausch angetrunken hat."Ter Koch war wenige Augenblicke später auf die Straßehinausgeworfen, wo die Prügelei ihren Fortgang nahm.„Laßt uns schnell bezahlen und machen, daß wir fortkommen," schlug Bäkkevold vor.„Sie erwarten uns gewißschon an der Brigg."Während sie ihre Rechnung am Schenktisch berichtigten,stand Grönsett, der von der Zollbude verabschiedet war, mittenim Zimmer, total betrunken, in einem hellblauen, abgetragenenlleberrest seiner früheren Zolluniformswcste, die nur noch dreiKnöpfe hatte, schwankte und nickte selbstgefällig und sagte:„Gute Freunde,— gute Freunde."--Er fand keine„guten Freunde" und mußte mehr alseinen: Schubs aus dem Wege gehen, fing dann aber an, umher-zugehen und die Leute, von denen er glaubte, daß sie ihnvielleicht traktieren würden, anzutippen, wobei er sein„GuteFreunde" immer von neuem wiederholte.--Gleich freundlich und unverdrossen fuhr er damit fort,wurde aber von Madame Höiby, die in fliegender Eile an ihmporüberkam, beiseite gestoßen:„Ach, bleiben Sie, wo Sie sind, Sie Saufbold!"„Jaja, jaia!— Gute Freunde!--- Gute Freunde!"--- vernahmen sie noch, als sie bereits in der Thür standen.(Fortsetzung folgt.)(Nachdruck verdotcn.)Aladre Liebe*Skizze von Peter Nansen.Er lag in einem niedrigen Schaukelstuhl und rauchte, neben einerArt von Rohr-Chaiselongue, auf der das Fräulein zwischen weickenKissen ruhte. Ihr Rock verbarg nur halb die zierlichen Füße, diein gestickten Strumpfen und kleinen, koketten Halbschuhen steckten.Ueber die Veranda hinaus sah man den Sund, der in der Sonneglitzerte und funkelte.Mitten in einem Zug aus der Cigarrc gähnte er.„Hans,— Du gähnst jal"„Ach ja, es ist so furchtbar warm!"Sie hielt jetzt geschäftig einen kleinen chinesischen Fächer vorden Mund.„Julie,— Du gähnst ja!"„Das kommt vom schlechten Beispiel. Sei bitte etwas unter-haltender!"„Sieh, wie grün das Wasser da draußen schimmert."„Du bist unausstehlich!" Sie schlug mit dem Fächer nach ihm.Er richtete sich im Stuhle auf, schob ihn näher an die Chaise-longue heran, und beugte sich über sie, um sie zu küssen. Aber siewehrte ihn mit dem Fächer ab, als ob er eine Fliege wäre, undsagte:„Lieber Hans, Du weißt, daß ich Dich sehr beb habe; aber derSommer ist nicht die rechte Zeit, um verlobt zu sein— um sich zuküssen, meine ich— es ist zu warm!"Etwas verdrießlich zog er sich zurück und lag nun wieder trägein seinem Schaukelstuhl.„Ja, liebste Julie, Du hast gewiß recht— ach ja!"Sie wandte sich zu ihm, stützte sich auf den Ellbogen und sahihn herausfordernd an.«Kannst Du mir nicht lieber ein wenig den Hof machen? Wiein der Zeit, als wir noch nicht verlobt waren? Das ist lange nichtso lästig— lange nicht! Es paßt viel besser für den Sommer."„Ehrlich gestanden, Julie, finde ich. Du kannst zufrieden sein.Me Welt macht Dir ja den Hof, der Kammerjunker, der kleine Hilfs-Prediger, der Student, der..."„Tu bist doch nicht etwa eifersüchtig, Hans?" Und sie wandtesich so scharf nach ihm um. daß sie den einen Fuß auf den Fuß-boden stützen mußte.„Nein, mein Herz! Mit den Kinderstreichen wären wirfertig..."„Höre mal zu, Hans..." Sie lehnte sich wieder zurück undwandte den Blick nach oben.„Findest Tu wirklich, daß es so dummist, eifersüchtig zu sein?"Er warf einen schnellen Seitenblick auf sie. Sie lag un-beweglich.„Ja— a, siehst Du, wie man es nimmt. Wir z. B. eignenuns, meiner Meinung nach, nicht im geringsten dazu. Es gehörenstarke Gefühle dazu, ich möchte sagen leidenschaftliche, gewaltsame.Und wir sind beide so ruhig..."„Ja, Du hast recht, so ruhig, zuweilen wohl zu ruhig. Aberdavon ahnst Du wohl nichts, Hans, von wirklicher Leidenschaft? Esist wohl kindisch von mir, so etwas zu fragen?".„Ach nein,— kindisch möchte ich es gerade nicht nennen. AberLeidenschaft ist etwas so anstrengendes, noch dazu im Sommer! Nein,em stilles Sich-den-Hof-machen ist viel angenehmer..."„Ich glaube. Du willst Dich über mich lustig machen."„Nein, mein liebes kleines Julchen, aber Du sagtest es dochselbst."„Ja, ja, natürlich. Und ich meinte es auch wirklich,— Dudoch auch, nicht wahr?'„Ja, natürlich."... Und wieder schwiegen beide. Julie betrachtete aufmerk-sam die Spitzen ihrer Schuhe; Hans lag ausgestreckt im Schaukelstuhlund folgte mit den Blicken den Rauchwolken seiner Cigarre.Plötzlich fragte sie:„Hans, hast Du je zwei richtig Verliebte getroffen, ich meinezwei Menschen, die das wirklich waren, was man in Romanen der-liebt nennt? Zwei, die für einander sterben könnten?"„Ich habe einmal zwei Menschen gekannt," antwortete er nach-denklich,„die sich gegenseitig alles lvctrcn, die nur für einanderlebten und atmeten.".„Ach, erzähl mir von ihnen."„Ja, wenn Tu zum Hören aufgelegt bist, kann ich Dir ihrekleine Geschichte erzählen, oder vielmehr seine, denn sie kannte ichnur durch ihn."„Du wirst ja so ernst, Hans. Ist es etwas Trauriges?"„Das sollst Du selbst entscheiden. Darf ich vielleicht nebenDir sitzen"?"Sie erhob sich und machte Platz für ihn.Als er sich neben sie gesetzt und ihre Hand in die seine genommenhatte, begann er:„Vor vielen Jahren war Knud Petersen mein bester Freund.Er war der Sohn eines reichen Kaufherrn und auf dem Wege, derCompagnon seines. Vaters zu werden. Kund war damals, was ihrDamen mit einer gewissen geheimnisvollen Betonung„etloas wild"nennt; im übrigen war er nicht schlechter als wir anderen, nur,daß er mehr Geld hatte. In unserem.Kreise galt er für einen ver-teufelt flotten Kerl, ältere Leute fanden ihn ein wenig leichtsinnig.Du kannst Dir demnach denken, daß ich aus den Wolken fiel.als ich eines Morgens, unvorbereitet und nichtsahnend, seine Ver-lobungsanzeige erhielt. Ehrlich gestanden, glaubte ich erst, es handlesich um einen Scherz. Aber als ich zu ihm ging, fand ich ihnstrahlend glücklich, neben ihm seine gleichfalls"strahlende Braut, eineschöne, junge Brünette.Wir veranstalteten ein kleines Fest, um das Ereignis zu feiern,und in den Reden fiel mancher Witz über den„Ncubekehrten". Erhörte alles ruhig an. dann aber erhob er sich und hielt eine förmlicheAbschiedsrede. Dieser Abend sollte für ihn der endgültige Abschlußeiner Lebensperiode sein, von der er ganz gewiß viele frohe Er-innerungen mitnehnien werde, aber die von heute an für ihn vorbeisein müsse. Sein Leben habe von nun an ein Ziel und einen Zweck;er habe den Weg zum Glück gefunden, an das viele von uns nichtrecht glauben wollten, aber das trotzdem für den existiere, der nurden rechten Augenblick nicht versäume, es zu ergreifen. Wortloslauschten wir alle seinen Auseinandersetzungen, heimlich dachte jeder:diese Stimmung wird nicht lange anhalten.Aber ich kann Dir sagen, sie hielt an. Wir hatten allen Grund,uns über ihn zu tvundern. Seit jenem Abschiedsfest hatte er sichganz von seinem früheren Umgangskreis zurückgezogen, und trafich ihn noch einmal irgendwo, so war's der reine Zufall.Eines Tages wurden seine früheren Freunde durch die Nachrichtüberrascht, daß Knud, der damals dreiundzwanzig Jahre alt wa»migefmtgen habe, Medizin zu studieren. Er hatte das Comptoir desVaters verlassen, und loar, mit dem Fluch des Alten beladen, ausund davon gegangen.Das war folgendermaßen zugegangen: Der Vater war einäußerst unangenehmer Mensch, tyrannisch, und, was sein Geschäfts-leben betraf, auf der Grenze des Unehrenhaften. Während nunKnud sein leichtsinniges Junggesellenleben führte und sich nicht weiterfür ernstere Beschäftigungen interessierte, ging alles gut. Er gingins Comptoir, that, als ob er arbeitete, und dachte über nichts nach.Nach der Verlobung wurde das anders. Eines schönen Tageskam es zu einem heftigen Zusammenstoß mit dem Vater, der keine