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rebolten gegen die Maschinen aber erst nach 1800 an. In den ersten auch nicht mit der Androhung von Strafen für den Fall von Gewalts anderthalb Dezennien des 19. Jahrhunderts wurden in den englischen thätigkeiten. Er that auf Anweisung seines nächsten Vorgesezten, Industriebezirken massenhaft Maschinen, vor allem die Dampf- Webe- des Präfekten des Jfère- Departements, bei der Firma Gentin, stühle, von den empörten Arbeitern zerstört; unter dem Namen Odoard u. Co. Schritte, damit sie wenigstens bis nach den Maskeraden Ludditenbewegung werden diese Aufstände zusammengefaßt. des Karnevals mit der Aufstellung der Maschine warte. Der Präfekt Wenn Charles Schmidt meint, die Vienner Erhebung von 1819 jah dem nämlich mit Bangen entgegen: Wo es sich um eine als erste parallele Erscheinung auf französischem Boden ansprechen zu Maschine handelt", schrieb er an den Minister des Innern, dürfen, so ist das nicht ganz richtig. Wenigstens findet sich bei dem die 65 Schermeister ruinieren wird, deren jeder durchschnittlich vier franzöfifchen Dekonomen Jean Baptiste Say , der die große Revolution Familienväter beschäftigt, fann man gar nicht Vorsicht genug geschon als Erwachsener erlebte, der frühere Fall erwähnt, daß bereits brauchen; man weiß, welcher Excesse 3-400 Arbeiter fähig sind, die 1789 in der Normandie die Baumwoll- Webemaschinen, die man ein- das Elend zur Verzweiflung treibt." Solche Erwägungen lagen führen wollte, von den Handwebern in Trümmer geschlagen wurden. natürlich nicht in der Linie der Herren Gentin und Odoard. Sie Richtig ist aber, daß vor dem Jahre 1815 die Maschine noch eine ließen vielmehr ihrerseits bei dem Minister Vorstellungen machen, ganz geringfügige Rolle in Frankreich spielte. Ein amtlicher Bericht damit der Unterpräfekt zu energischem Handeln genötigt werde, bon 1815 fonstatiert z. B. für das heute so industriereiche Département weil die Maschine nun aufgestellt werden solle; daher schrien du Nord:" In diesem Departement giebt es noch teine Dampf- fie auch nach mehr Militär. Im Ministerium wußte man auch maschine." Das ward aber rasch anders. Seit 1816 machte nicht recht, was zu machen sei. Schließlich ließ man eine die große Industrie reißende Fortschritte, so daß die Industrie- Aus- gewundene topf und schwanzlose Anweisung an den Präfekten stellung von 1819 bereits das höchste Staunen selbst englischer Be- los, die aus den Einerseits- Andrerseits gar nicht herauskam. Außersucher hervorrufen konnte. In eben diesem Jahre schlug nun auch dem tam sie zu spät als bereits alles vorbei war. für das Jfère- Departement, dem Vienne angehört, die Stunde, da die Verdrängung des Kleinbetriebes und der Handarbeit durch den Großbetrieb und die Maschine anhob.
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Am 26. Februar 1819 langte per Lastwagen die Maschine in Vienne an, von zahlreichen Gendarmen estortiert. Es war gerade Mittagszeit, und so wurden nach Hause gehende Arbeiter des Gegen In Vienne wurden hauptsächlich Tuche fabriziert: bis dahin in standes ihrer Furcht und ihres Hasses gerade ansichtig, als der lauter fleinen Betrieben im ganzen 65, von denen jeder im Wagen, um zu der Fabrik der Herren Gentin, Odoard u. Co. zu ge Durchschnitt vier Arbeiter beschäftigte. Aber eine größere und fapital- langen, an einer Furt den Fluß Gère durchkreuzte und dabei in fräftige Firma der Branche gab es am Drt: Gentin, Odoard u. Co. einem Loch stecken blieb. Bald find alle Arbeiter herbeigeholt und Diese Herren waren in der Lage, eine Erfindung für sich muzbar rufen in Masse: Nieder mit der Schererin 1" Am hißigsten find zu machen, die eben durch Poupart de Neuflize vervollkommnet die Frauen. Sie schreien: Berbrechen! Zerschlagen! Mut!" Und worden war und nun allenthalben in Frankreich Eingang fand. bald stürzt sich die ganze Menge bis an den Leib ins Wasser und beginnt Es war eine Maschinerie, die den Namen„ La grande tondeuse", mit Haden usw. das Zerstörungswerk. Es schreitet nicht weit fort, die große Schererin, führte: wie der Name sagt, eine Tuchscher weil die bewaffnete Macht rasch Verstärkung erhält: zur Gendarmerie maschine. Der Preis des Apparats 20 000 Fr. war derart, fommt eine Abteilung Dragoner und sodann ein ganzes Regiment daß die übrigen Euchschermeister von Vienne ihn nicht erschwingen Infanterie. Die Arbeiter eröffnen einen Steinregen auf die Truppen. fonnten. Gegen die Schermaschine aber war mit den alten Diese antworten mit Gewehrfeuer, und so ist bald alles zu Ende: Hilfsmitteln nicht zu konkurrieren. Und sie vermochte mit die Frauen weichen zulegt. Die Maschine gelangt an ihren Ort; wenigen Mann soviel zu leisten, wie bisher 300 Arbeiter. es ist allerdings niemand da, fie zu empfangen, weil Herr Gentin Diese hatten also allen Grund, demnächstiger Brotlofig- fich aus dem Staube gemacht hat, als er die Menge rufen hörte: keit, die kleinen Fabrikanten, unvermeidlichem Bankrott entgegen- Man wird Gentin schon erwischen; es ist nicht die Maschine, die zusehen, wenn die Firma Gentin, Dboard u. Co. ihre Absicht wahr machte taputt gemacht werden muß!" und die Maschine in Betrieb ſetzte. Soviel war nun zu Anfang Januar 1819 in Bienne mit Sicherheit bekannt, daß die grande tondeuse" bestellt sei.
Für die bedrohten Meister war guter Rat teuer; folglich verfielen sie auf das Auskunftsmittel der Ratlosigkeit, einen Hilferuf an die Behörden zu richten. So übergaben am 18. Januar 1819 bie Tuchschermeister von Vienne dem Bürgermeister der Stadt, Herrn de Miremont, eine Petition, die folgendermaßen anhob: Man arbeitet in diesem Augenblick an der Herstellung einer Maschine, die la grande tondeuse heißt. Sie soll in furzem hiesigen Orts in Thätigkeit treten unter der Zeitung der Herren Gentin, Dboard u. Co. Sie ist verschieden von allen, die bisher im Gebrauch sind. Sie bietet das verderbliche Mittel dar, in 12 Stunden 1000 Ellen Tuch zu scheren, glänzend zu machen und zu kämmen, bei einer Bedienung von bloß vier Mann. Folglich wird sie eine sehr große Anzahl Tuchscherarbeiter der Arbeit berauben und unsre Werkstätten werden durch das Faktum unterdrückt werden!" Sie bitten also den Maire, die Firma um Abstandnahme von dem bedrohlichen Projekt zu ersuchen, nötigenfalls es durch Zuhilfenahme seiner Amtsbefugnisse zu verhindern. Dies stand gar nicht in der Macht des Bürgermeisters, und wenn er jenes that, so predigte er natürlich tauben Dhren.
Nun fehlte nur mehr das Strafgericht über die proletarischen Aufrührer. Es fiel sehr zum Mißvergnügen des Präfekten aus. Eine drakonische Verurteilung der eingekerkerten Rädelsführer" war Die Arbeiter sammelten bereits für allgemein erwartet worden. ihre Familien. Anstatt dessen sprachen die Assisen von Grenoble am 15. Mai 1819 die Angeklagten einstimmig frei. Und als der Präfekt im Juni einen neuen Schub von„ neun Haupträdelsführern" vor die Gerichte schleppte, war der Ausgang der gleiche. Zum guten Schluß ward also ein großes Versöhnungsfest gefeiert in Gestalt einer Dantesmesse, die in der Saint- Martinkirche zu Vienne unter Die brutalen großer Beteiligung auch der Arbeiter stattfand. Thatsachen der ökonomischen Entwicklung wurden dadurch freilich Sie ging weiter: wie in nicht aus der Welt geschafft. der Nachbarschaft, in Clermont den Tuchmanufakturplätzen l'Hérault, Lodève , Alençon usw., so auch in andren Industriezweigen. Kleinere Revolten gegen die Einführung der Maschinen haben noch verschiedentlich stattgefunden. Aber die Arbeiter lernten nachgerade begreifen, daß gegen den ökonomischen Fortschritt nicht anzufämpfen sei. Und es tam schließlich der Augenblid, wo sie in der Maschine trotz aller Leiden, die fie in der kapitalistischen Gesellfchaft für das Proletariat bedeutet, nicht mehr ihren Feind sahen, sondern den Haupthebel zur Anbahnung einer besseren Zukunft.- Dr. A. Conrady.
Kleines feuilleton.
Gleichzeitig aber wurden auch die Arbeiter lebendig. Wenn sie selber nicht gemerkt haben sollten, was ihnen bevorstand, so sind sie von den Meistern darauf gestoßen worden. So stellte nachher das " Journal des Débats " in Paris die Sache dar: die Arbeiter seien erst von den Meistern aufgestachelt worden. Wie dem auch sei, jedenfalls nahmen sich die Arbeiter alsbald mit größtem Nachdruck- ,, Ungarisch ist gar nicht schwer!" Ein Leser schreibt der Frank der Sache an. Zunächst unterstützten sie die Petition der Meister, furter Beitung":" Ich befand mich in einer der lebhaftesten Straßen indem sie am 19. Januar in geschlossener Masse die Stadt durch von Budapest und war erstaunt, sämtliche Firmenschilder und zogen und die Rufe ausstießen:" Hoch der König! Nieder mit Ankündigungen nur in ungarischer Sprache zu sehen; nirgends der Schermaschine! Hoch die Scherer 1" Damit aber begnügten war durch ein deutsches Wort, auf Fremde aus Destreich und dem fie sich nicht, sondern sie gingen weiter und bon nun Deutschen Reich Rücksicht genommen. Da haben es die Franzosen an allein, ohne die Meister, die bei dem weiteren nicht mehr bei uns in Deutschland doch besser, sie finden leicht ihren manicure" On parle français" mitthaten. Ein paar Tage nach dem 19. Januar hielten die Arbeiter oder dentiste", auch recht oft das bekannte: eine Versammlung ab, worin sie schwuren, sich mit Hämmern und Haden Mit diesem Gedanken beschäftigt, wandte ich mich an einen Herrn, zu bewaffnen, um die Schermaschine bei ihrer Ankunft zu zerstören. der sehr wenig magharisch aussah, und bat ihn, mir den nächsten Gleichzeitig wurde Anknüpfung einer lebhaften Korrespondenz mit Weg zum Museum zu zeigen.
" O, ungarisch ist gar nicht schwer, Sie müssen ungarisch lernen."
den Arbeitern der andern Städte im Süden beschlossen zur Verein-" Sprechen Sie nicht ungarisch?" fragte er verwundert und barung gemeinsamen Vorgehens gegen die Maschinen. Anfang auf meine Verneinung fuhr er auf:" Weshalb nicht?" Februar famen denn auch Antworten aus den übrigen Manufaktur- Als ich darauf bemerkte, die ungarische Sprache sei doch zu plägen an: darin erklärten sich deren Arbeiter mit denen von Vienne schwierig, meinte er: solidarisch und versprachen, das Beispiel von Vienne nachzuahmen. leber alle dem wurde nun den staatlichen Behörden, die sich bor ein ihnen ganz neues Problem gestellt fanden, schwül. Vor fichtsmaßregeln wurden getroffen, die Arbeiter bespigelt, um ihren Absichten auf den Grund zu kommen, die Aufgeregtesten notiert, die Wirte gewarnt, Versammlungen der Arbeiter zu dulden. Der Unterpräfett sucht den Meistern und Arbeitern flarzumachen, daß ihre Befürchtungen unbegründet seien. Mit diesem Beschwichtigungsversuch findet er natürlich feinen Anklang, und bei den Arbeitern einen
Dabei zeigte er mit seinem Stocke gegen den Eingang eines Restaurants, vor dem wir uns gerade befanden; auf der einen Seite der Glasthür stand:„ Bor ", auf der andren Söre". Sehen Sie, Bor heißt ein und Söre heißt Bier. Das ist doch nicht schwer?" Ich mußte allerdings zugeben, daß diese Worte, namentlich für trintfesten Deutschen , nicht schwierig zu erlernen seien
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