-

618

gewohnten Hände, trotz der thatkräftigen Hilfe des Lehrers, eine ungeheure. Um sich keine Blöße zu geben, opferte er seine ganze Zeit, den Hof den Dienstboten überlassend bei Der Unkenntnis und Unfähigkeit seiner Frau für die schwere Bauernarbeit eine bedentliche Sache.

-

Rest genaß rascher, als der Arzt gehofft. Sie hatte, trotz ihrem etwas zärtlichen, der Mutter ähnelnden Aeußern, die zähe Natur des Vaters geerbt.

Urban verbot ihr entschieden jeden Umgang mit Flori und sah sich im stillen um einen Platz außer dem Hause für fie um. Kam der Sommer, so begann die Wirtschaft auf den Feldern, und dann war diese Trennung doch nicht mehr durchzuführen.

Burgl hatte ihm erst die Augen geöffnet über die Gefahr dieses Umganges, in welchem er bisher nur eine findische Freundschaft gesehen, und wenn er nur an eine solche Möglich­feit dachte, stieg ihm das Blut in den Kopf, ja, es fam ihm dann immer ein sonderbarer, recht dummer Gedanke, über den er sich zu Tode ärgern konnte, aber er kam ihm stets in dieser Verbindung. Es könnt, ja do amal anders werd'n. Er war ein Mann in den besten Jahr'n, um fünfzehn Jahr jünger als der Achenbacher-all's schon dag'wes'n. Es könnt'! Das is do nix Ung'recht's, verteidigte er sich selber, wenn er innerlich zurückschauderte vor den verbrecherischen Bildern, die sich da in ihm woben.

Eine große Schuld daran trug auch der Lenz, der nicht abließ, über die geheime Unterredung mit der Burgl zu sticheln, deren Ausgang ihn bitter verdroß. In der haß­erfüllten Seele des Burschen bildete sich bereits an diesem Abend, während die beiden in der Stube nebenan waren, ein neuer Plan.

-

Das wär' etwas ganz andres als die vierzehn Tage Haft, die jetzt doch beim Teufel waren den Brand der Eifersucht werfen in die Brust des Achenbachers! Ein kleines Pröbchen davon hat er ja selbst schon durchgemacht mit dem Flori und der Rest, wenn auch in ganz andrer Art. Das wär' ein ergiebiges Feld. Wenn auch nichts dabei heraus­käme, mit der Ruh' und dem Frieden vom Achenbacher

wär's aus.

-

hausesel, das Schneckengetopfte( Borzellan) im Fürstenfit( Residenz). lesen die geistvollen Zweigeiler( Distichen) im Hofgarten(.. hätte Palermo es nicht usw.), bestaunen die feine Schaustellung( Barade) bilden fich ein, alles genossen zu haben, was an Ergöhlichkeit die Stadt am Tillydenkmal, vielleicht auch die fürs Volk am Marienplay, und ihnen bietet. Irrtum!

Wir wandern

-

-

-

Es giebt hier noch ganz andre Genüsse, die der Fremdling, ohne sich in weitere Unkosten zu stürzen, um den billigen Preis von zehn Pfennigen haben kann. Ich bitte ihn darum im Interesse des bayerischen Staatsvermögens( Fiskus) und der Bereicherung seiner persönlichen Eindrücke meiner Einladung zu folgen. einiges aufgerissene Pflaster zum Hauptbahnhof( Centralbahnhof). für Geübte ohne erhebliche Gefahren über Auf dem Hauptbahnsteig( Centralperron) erwerben wir uns durch Einwurf eines Zehnpfennigstücs in den bereitstehenden Selbst= beveger( Automat) eine Bahnsteigfarte( Perronbillet). Giebt der Selbstbeweger keine Karte her, so behält er wenigstens das Zehn­pfennigftück. Der Fremdling darf dann in seiner heimatlichen( oder wenn er es fann, auch in der bayerischen) Mundart( Dialekt) etwas schimpfen. Hat er das getan, so erscheint ein freundlicher Mann mit einer blauen Haube auf dem Kopfe, murmelt einige Zärtlichkeiten ( des Selbstbewegers) Bauche eine Bahnsteigtarte( Perronbillet) und in seinen Bart, schließt den Selbstbeveger auf, entnimmt seinem händigt fie dem Fremdling freundlich aus, der auf Ehrenwort ver sichern darf, daß er wirklich und wahrhaftig ein Zehnpfennigstück hineingeworfen hat.

Es ist nachmittags 5 Uhr 55. Wir begeben uns dann an das Bahnsteiggatter, über dem ein Schild thront: Personenzug Augs­burg- Ulm, Abfahrt 6 Uhr.

Der Bahnsteigwärter( Perronbeamte) prüft die Bahnsteigtarte, erlaubt, daß wir unter Preisgabe einiger Rockknöpfe uns durch­dreht sie zweimal um und um, knipst feierlich ein Loch hinein und drängeln.

Wir befinden uns jetzt auf dem inneren Bahnsteig( Perron)'. Hier herrscht erfreuliches Gewimmel. Schaffner( Kondukteure) laufen auf und ab, fragen:" Wohin?", schieben die Reisenden ( Passagiere) in die Abteile( Coupées), helfen namentlich Damen durch einen sanften Druck auf die gewölbte Hinterseite beim Ein­steigen. Auch wir werden gefragt: Wohin? Wir behandeln diese Frage nichtwiffenwollend( mit Ignoranz) und schauen uns den Zug 916 an. Eigentlich ist es kein Personenzug, sondern ein gemischter. Borne ein Fortbeweger( Lokomotive) aus dem Jahre 1864, aber gut Burgl hatte den Lehnerhof nicht mehr betreten seit der worden ist. Der Fortbeweger ist schon in Betrieb, er faucht und macht erhalten, gebaut von Maffei, der dafür in den Reichsrat gehoben Hochzeit Urbans, an der sie gezwungen war teil zu nehmen. heftig pumpumpumpum. Ein paar Leute drehen an ein paar Hähnen Fünfzehn Jahre waren darüber vergangen, innerhalb welcher und er pfeift wehmütig und macht wieder pumpumpum. Dann Beit nicht die leiseste Verbindung zwischen den beiden zu bekommen drei, vier Viehwägen, dann zweiunddreißig Personenwägen stehen schien, höchstens Haß und Feindschaft. Aber Lenz ließ aus den verschiedensten Zeitaltern, eine wahre Wagenausstellung sich nicht irre machen. Seinem scharfen Auge entging nicht in den unterschiedlichsten Abnügungszuständen, einige scheinen zur der immer noch unter der Asche glimmende Funke. Er hegte feinen Zweifel darüber, und wenn er einen solchen gehabt, das Benehmen beider an jenem Abende hätte ihn davon be­freit. Auf das Anfachen verstand er sich, er versäumte feine Zeit.

A schön's Weib, Donner und Doria, die hat fi aus­g'wachs'n!" begann er schon damals, kaum daß sich die Thür hinter Burgl geschlossen. Und wie ihr das troz'ge Wes'n ansteht! Und dabei do wieder so woach, so i weiß selb'r net, daß ein'm ganz heiß wird. Teuft! Teuft! Wär' das ane g'wes'n für Di! War no was?"

-

-

Allerdings wies Urban ihn derb zurück, verbot ihm ein für allemal folche Reden, aber der Stachel saß doch und zwar so, daß er ihn nicht herausziehen konnte, wie er sich auch wenden und drehen mochte. Und bei jeder Gelegenheit setzte Lenz ihm einen neuen Stachel in das Fleisch.

( Fortsetzung folgt.)

Eine Sehenswürdigkeit.")

( Königl. bahr. Eisenbahnstudie mit eingeflammerter Verdeutschung schwieriger Fachausdrücke.)

Weibliche und männliche Fremdlinge, die in geschmackvollen Reise­anzügen( Touristenkostümen), mit schönen gräanen Hütln, drauf eine verkehrt eingesteckte Feder nickt, jezt unsre Hauptstadt( Residenz) be= ehren, geben sich viel Mühe, alles Sehenswerte in ihren Geist auf zunehmen. Sie rennen ins Hofbräuhaus, probieren Weißwürfte und Geschwollene, bewundern den Durst und die volksherrschaftliche( demo­fratische) Verfassung unsrer Bierkeller, steigen der Bavaria in den Kopf, marschieren alle Theken" ab. Sie sehen sich die Backstein­Bauart( Architektur) der Kirchen an, die goldenen preußischen Fahnenstangen an der Schack- Bildersammlung( Galerie), den Rat­

"

*) Aus der Münchener Post".

"

Beit der Entdeckung Amerikas Viehwägen( Waggons) gewesen zu sein, find aber schön zur Menschenbewegung( Transport) hergerichtet. darf hinein, weil sie sonst schmutzig werden und die Hauptleitung Auch alvei ganz neue Wägen sind da, sie sind aber zugeschlossen, keiner ( Generaldirektion) sparsam ist. Alle andern Wägen sind vollgepfropft mit Vieh oder Leuten, die meistens zum Fenster herausschauen und behaupten, der Zug habe bereits Verspätung, es sei sechs Uhr fünf und eine Schlamperei( Disciplinwidrigkeit). Der Zugführer und die Schaffner( Kondukteure) flappen dann eilig alle offenstehenden Thüren zu. Ein Herr mit einer roten Haube und einem Horn­aider( Bincenez), der bisher immer würdevoll auf und ab gewandelt ist, bleibt stehen, pfeift und winkt mit der rechten Hand nach dem und läßt niemand mehr hinein, auch nicht den Mann, der eilig Bahnsteigwärter( Perronbeamten). Der schließt feierlich die Eisenthür gelaufen kommt und schreit: Mi nehma's scho no mit, der Sauzug hat so allweil a Viertelstund' Verspätung." Der Bahnsteigwärter zuckt die Achseln und schweigt. Der Reisende( Passagier) bleibt stehen und schimpft.

"

Einige Leute in blauen Arbeitstitteln( Blousen) mit langen Hämmern gehen den Zug entlang und Klopfen auf die Radreifen. Der Zugführer schaut auf seine rote Tasche und hebt langsam einen Fuß auf und dann den andern, setzt aber erst den einen wieder hin, weil er nicht umfallen will.

Ueber das Geleise rechts kommt ein Mann mit vier Maßkrügen, die wahrscheinlich voll sind. Er giebt zwei dem Fortbewegerleiter ( Lokomotivführer) und zwei dem Heizer( Lokomotivführerassistent). Der erste nimmt die Krüge durch ein Fenster des Fortbewegers ( Lokomotiv ) entgegen und sagt nichts. Der Heizer langt feine aus dem Kohlenbehälter( Tender) hinauf und sagt: Ohal

Es ist 6 Uhr 12. Der Reisende( Passagier) am Bahnsteig gatter schimpft nicht mehr. Er ist fortgegangen.

Aus den Biehwägen brüllt es. Die Leute an den Fenstern in den Abteilen( Coupés) brüllen auch.

Der Herr mit der roten Haube und dem Hornzwicker streitet sich mit dem Zugführer über die Zahl der Wägen des Bugs( Train). Ueber das Geleiſe links kommt langsam ein Beitungsverkäufer ( Kolporteur).

Einige gebildete Reisende( Passagiere) winken dem Zeitungss verkäufer und schreien erregt: Zeitung! Zeitung!

Der Zeitungsträger lacht gemütlich und sagt:" Werd's scho no triegen, da hats no lang Zeit."