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wandtheit in der Steinbearbeitung noch weiter zu steigern und auf rein Aeußerliches den Hauptwert zu legen.

Aus der Kunst wird Künstelei, der Verfall ist da: Absonderlich­feiten, Spielereien, die mit dem Ernst der Konstruktion nichts zu thun haben, werden erdacht. Die Spätgotit fommt mit ihrem Ueber­maß von durcheinander schießenden Gewölberippen, mit Fisch­blafengewölben, Fächergewölben, mit Kappen, überdeckt von feiner Spizenarbeit.

Und da es auch damals Künstler gegeben hat, so sind nicht nur Kunstwerke, Wunderwerke selbst geschaffen, die über die Wahrheit, das traurige Sterben, hinwegtäuschen." Man könnte die Kapelle Heinrichs VII. an der Westminster- Abtei   in London   als das kunst­voll gestimmte, weittönende Grabgeläute der mittelalterlichen Bau­tunst bezeichnen."

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Es ist auch teuer genug," feufzte die Frau Direktor, vier Mark der Meter und zehn Meter brauchte sie."

Na, Großmama, die teueren. Stoffe sind die besten." ,, Und der billige Schluder sieht nach nichts aus, nickte die junge Frau. Ich habe heut' auch Geld ausgegeben. Sechzig Mark reichen kaum. Alles bloß für Krimskrams: Spigen und Handschuhe und Chiffon nein allerdings Seidenstoff zu' ner Bluse für fünf­undzwanzig Mark ist dabei."

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Warum haben Sie da nicht eine fertige gekauft?" fragte die Frau Direktor, die kauft man doch besser fertig!"

eleganter, und man kann sich den Besatz dazu aussuchen. Ich habe Ach, ich lasse sie mir lieber machen; fie sitzt denn doch für zehn Mark Silberborten gekauft- reizend, sage ich Ihnen." Na wir haben auch was in Besäßen verposamentiert," lachte Mieze. Ich hab' für mein Kleid violette Sammetborde mit schwarzem Rand genommen. Aber da waren zwanzig Mark fort wie nichts." Großmama. Na Mieze, das Kleid kostet ohne den Schneiderlohn ,, Und dann noch das Futter und die Zuthaten," rechnete die siebzig Mart."

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Und nun noch der Schneiderlohn," nickte die junge Frau, der

In dieses Ausklingen mischen sich jezt altbekannte, weither tommende Klänge, die lauter und lauter werden, sich ausdehnen, bis sie schließlich ganz allein herrschen. Die Renaissance ist da, die Antile wiedergeboren! Die alte wagerechte Steindecke hatte auf der ganzen Linie gefiegt. In den folgenden Jahrhunderten wurden natürlich nicht ausschließlich Decken auf Grund der Antike geschaffen; die geift und schönheitsvollen Formen des Mittelalters, die dem schaffenden Künstler überall vor Augen waren, gaben noch vielfach geht auch noch ins Geld." Anlaß zu zaghafter, halber Rückkehr und zu Anlehnungen, aber im großen und ganzen ist die Folgezeit bis in das 19. Jahrhundert hinein bis zu der stillosen, der schredlichen Zeit, in der man haltlos bald nach der Antike, bald nach dem Mittelalter tappte, völlig unter der Herrschaft der wagerechten Steindede.

Jetzt erst in der von uns miterlebten Zeit, in welcher noch ein neuer Baustoff, das Eisen, auf den Plan getreten ist, find endlich wieder neue Grundgedanken für die Bauart von Steindecken entstanden, welche neue Formen im Gefolge hatten und auch weiter hin noch haben werden.

" Ja, die Schneiderinnen sind ja heute unverschämt teuer," sagte die Frau Direktor im Tone tiefster Entrüstung. Das ist ja geradezu ungeheuerlich, was solche Person heut' verlangt." Drei Mart nimmt unsre den Tag," bestätigte Mieze, fie arbeitet aber auch brillant."

Na wenn schon... hör' mal! Sie arbeitet drei Tage. Da hat sie also für das Kleid neun Mart. Und nun rechne noch das Effen dazu, macht pro Tag auch noch fünfzehn Groschen." " Ja so viel macht es," nickte die junge Frau.

Man muß ja mittags' ne Flasche Bier geben und abends wo­möglich auch noch eine."

In der hier nur andeutungsweise wiedergegebenen Art entwickelt Ubde das ganze weite Gebiet der Baukunst: Gesimse, Bögen, Das thu' ich ja nun auf keinen Fall," erklärte die Frau Säulen, Stile usw. Der Laie wird nicht mit dem rein Technischen Direktor, ich gieße ihr mittags eine halbe Flasche in einen Bier gelangweilt und der Fachmann findet diese wichtigste Grundbedingung becher und abends die andre halbe. Ach nein, man muß diese Gesell­für den Aufbau einer gefunden Kunst auch bei ihm unbekannten schaft nicht allzusehr verwöhnen." Konstruktionen hinlänglich beschrieben, um zunächst den Gedanken des Verfassers folgen zu können, bis er sich in einem Lehrbuch des Bauhandwerks eine gründliche Aufklärung der angeführten Konstruktion in jeder Einzelheit holen kann.

Es finden sich in dem Werke von Constantin uhde   selbst­verständlich auch ab und zu Anfichten, die von manchem nicht geteilt werden mögen; dies wird aber schon bei den Werken eines jeden Menschen, der nicht das Altbewährte nachplappert, der Fall sein, in viel bedeutenderem Umfange aber und beinahe unvermeidlich ist dies bei Einem, der über Kunst spricht. Ueber Gefühl und Geschmack läßt sich nun einmal nicht streiten.

uhde selbst betont z. B. an einer Stelle seinen Widerspruch mit dem Wert von Märtens Der optische Maßstab", in welchem im Gegensatz zu ihm die Innenwirkung von St. Peter in Nom über die des Kölner   Doms gestellt wird.

Bei der Besprechung des Holzbaues wiederum läßt ihn das warme Heimatsgefühl sein Braunschweig als die Hochburg der niedersächsischen Fachwerks- Baukunst wohl taum mit vollem Recht erscheinen.

Hoffentlich findet das verdienstliche Werk, troß des beträchtlichen Gesamtpreises von 75 Mart, die Beachtung und Verbreitung, welche es verdient, und trägt so dazu bei, das Stiefkind unter den Künsten, die Baukunst, weiteren Kreisen näher zu bringen.­

Heinrich Borchard.

Kleines feuilleton.

er. Die Schneiderinnen. Im Erfrischungsraum war jeder Tisch besetzt. Ratlos blieben die drei Damen an der Treppe stehen und sahen in das Menschengewirr. Als flutete das ganze Leben des Riesenbazars hier in einer einzigen Centrale zusammen, schob und drängte sich die Menge am Büffett und in den Gängen.

" Werden wir Plaz finden?" fragte zweifelnd die älteste Dame, um deren Stirn sich schon graue Haare zogen.

Mieze hat schon einen, Frau Direktor!" erwiderte die elegante junge Frau und wies auf das Fräulein, das vorgetreten war und mum von einem eben leergewordenen Tisch herüberwinkte. Ein paar Minuten später saß man bei Chokolade und Eiskaffee.

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Mir ist der Arm ganz lahm vom Tragen," klagte die junge Frau mit einem Blick auf ihre verschiedenen Pakete. Warum läßt Du Dir denn die Sachen nicht schicken?" fragte Mieze. Nun die großen Sachen lasse ich mir ja schicken. Aber die Bänder und den Chiffon brauch' ich heut' abend zur Toilette für die Oper, und den Caviar wollen wir zum Abend essen."

" Dann mußt Du Dich allerdings schleppen, armes Wurm 1" Mieze sezte ein bedauerndes Lächeln auf:" Aber ist nett, daß wir uns getroffen haben."

" Es ist sehr nett," bestätigte die Frau Direktor, indem sie einen Löffel Chokolade in den Mund schob.

" Ich hab mir ein Herbstkleid gekauft," erzählte Mieze, sehr schöner Stoff, schwarz mit weißen Noppen, und ordentlich rauh; es wird sehr elegant sein."

Gott  , wenn man überlegt, find ja drei Mark pro Tag nicht viel," meinte die junge Frau nachdenklich, fie arbeitet doch von früh bis spät dafür und nachdenken muß sie, glaube ich, auch bei der Arbeit."

Na aber erlaub' mal: fie bekommt doch hat Dir ja Großmama eben vorgerechnet." falls in Entrüstung. Und was für Station! sollen belegt sein."

auch Station. Das Mieze geriet eben­Die Frühstüdsbrote

" Ja sie sind furchtbar anspruchsvoll," seufzte die junge Frau. Jch tann mich noch befinnen, früher gab man' ner Schneiderin fünfzehn Groschen und der sehr guten zwei Mart, und dann waren sie froh, wenn man sie nahm."

Na ja früher!" Die Frau Direktor rümpfte verächtlich die Nase. Früher blieben die Personen auch in ihrem Stand. Heute müssen fie ja leben und wohnen wie die Damen. Unfre Knittel wohnt möbliert für fünfundzwanzig Mart. Nun frag' ich Sie, fann die nicht einfach auf den Hof ziehen, oder in' ne beffere Schlafstelle gehen, wie's solcher Nähmamsell zukommt?"

in's Theater geht sie wohl auch? Nicht wahr? Und in's Konzert? Jawohl, sie wird ja!" Die junge Frau lachte spöttisch." Und Das zieht sich an wie' ne Dame! Ich weiß auch nicht, wo die Gesellschaft das Recht herleitet, so anspruchsvoll zu sein."

Und dann stöhnen fie immer,' s wär jetzt alles so teuer, und darum müßten sie so viel Lohn fordern," fiel Mieze ein. Sie sollten man bleiben, was sie sind, dann brauchten sie nicht so unverschämte Forderungen zu stellen."

" Ich nehme überhaupt keine Schneiderin ins Haus," erklärte die junge Frau. Nein, weißt Du, Mieze, erst der Rummel mit der Maschinennäherei, da leiden meine Nerven, und dann noch der Staub. Bloß nicht! Da bekommt man ja Kopfschmerzen. Ich lasse außerm Hause arbeiten." ,, Das ist aber noch teurer," meinte die alte Dame.

Na ja, gewiß, da muß man ja noch die Miete mit zahlen und das Essen und das Licht; das muß ja die Schneiderin dann noch alles aus dem Lohn herausschlagen!" Die junge Frau höhnte.

,, Ach, die verstehens überhaupt, darüber sind wir ja nun wohl

einig!"

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Die beiden andern nickten. Die junge Frau lächelte etwas ver Tegen. Und weißt Du, ich hab' dann auch noch einen andern Grund. Gott  , man hat nicht immer so alles Geld beisammen, nicht wahr? Man hat doch auch andre Ausgaben! Die Hausschneiderinnen muß man immer gleich bezahlen, die andern fann man warten laffen- ja."

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" Ja, da haben Sie recht, das ist sehr vorteilhaft," nickte die Frau Direktor. Mieze, das sollten wir mit Deinem Kleid auch machen. Dann holst Du Dir noch die Stahlknöpfe für das Jackett. Haben Sie eine gute Schneiderin, Frau Wenzel?"

Aber' ne sehr gute! Das weiß ja Mieze." Die junge Frau nidte. Willst Du zu ihr gehen, Mieze? Sie arbeitet sauber und ist furchtbar pünktlich. Fünfzehn Mart nimmt sie für die Facon." Fünfzehn Mart? Das ist ja ungeheuerlich!" Die alte Dame schlug die Hände zufammen.

" Ich sage Ihnen ja aber, man kann sie warten laffen. Das ist die schon gewöhnt, die lassen die meisten warten. Sie müssen es