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Goldberger( fühl, gefchäftsmäßig): Wie viel? Sudermann: D, nicht für mich! Es gilt die Ehre des Presseklubs. 280 Mark und 35 Pfennige hat erst die Sammlung ergeben. Ich wage gar nicht auszurechnen, wie viel da noch bis 25 000 Mart fehlt. Alles kann ich schaffen, nur kein Geld.( Sinkt auf die Kniee.) Helfen Sie uns, Sie Guter, Edler, Großherzigerim Namen der Menschheit.
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Goldberger: Na, weil Sie's sind, Meisterchen. Will sehen, was sich machen läßt.
Sudermann: Ich verzehre mich in Dank.
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Zwei Tage darauf. In der Villa des Herrn Bankdirektors
Romeid.
Goldberger: Ja also, lieber Romeid, die Bande will Ihnen wirklich die 25 000 Mark zurückzahlen. Romeid: Ist mir gar nicht angenehm. Die Leute können mir bei der Prozeßchose noch nügen, wenn ich natürlich auch ohne fie fertig werde.
Goldberger: Ich kann Ihnen helfen, und es kostet Ihnen nicht einen Pfennig. Die Herren wollen nämlich nur zurückzahlen, aber Sie haben leider kein Geld.
Romeid: Das trifft sich gut. Da bleiben Sie mir ver
pflichtet.
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Goldberger: So können Sie sich noch mehr verpflichten. Geben Sie mir 25 000 Mart für Rückzahlung des Darlehns an Sie. Romeid( zwinkert vergnügt): Ich verstehe. Sie sind ein Genie, Goldberger! Hier haben Sie die 25 000 Mark! Auf Wiedersehen!
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Mitteilung der Berliner Presse: Mit großer Genugthuung können wir berichten, daß gestern 25 000 Mart, die durch eine freiwillige Sammlung unter den Mitgliedern des Preffeflubs zusammengebracht worden sind, an Herrn Romeid gegen Quittung entrichtet worden sind. Damit ist eine unerquickliche Angelegenheit auf eine allseitig befriedigende Weise gelöst worden. Wir beglückwünschen den Presseklub zu diesem Erfolg.
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Kleines feuilleton.
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Joc.
Die Zeitrechnung der Japaner. Höchst lehrreiche und merkwürdige Beobachtungen kann man an dem alten japanischen Kalendersystem machen, das der Engländer Clement in einem Vortrage vor Der„ Asiatic Society of Japan" behandelt hat, der in den Transactions" dieser Gesellschaft veröffentlicht wurde und nun im Auszuge in dem„ American Antiquarian" wiedergegeben wird. Die " Kölnische Zeitung " entnimmt daraus folgende Einzelheiten: Die Japaner haben verschiedene Arten der Zeitrechnung, das Sonnenund das Mondjahr, japanische, chinesische und occidentalische Beit. Von ihren beiden Kalendern datiert der eine aus dem Jahre 660 b. Chr., der andre wurde bei der Thronbesteigung des jeßigen Kaisers eingeführt. Auf den Zeitungen findet man beide nebeneinander angewendet. Im alten Stil wurden die Jahre bezeichnet nach den zwölf Zeichen des chinesischen Tierkreises in Verbindung mit den zehn Himmelsstämmen". Diese ergeben sich aus den fünf Elementen( Feuer, Holz, Erde, Wasser, Metall) durch Teilung, wobei der eine Teil das attive, der andre das passive Element darstellte. So bedeutet der Name des alten Kalenderjahres( Ka- noTo- Ushi): bearbeitetes Metall Ochs. Letterer entspricht unserm Tierkreisbild des Stieres.( Die übrigen find: Ratte, Tiger, Hase, Drache, Schlange, Pferd, Ziege, Affe, Hahn, Hund, Eber.) Das Mondjahr umfaßt zwölf Monate bon abwechselnd 29 und 30 Tagen, so daß nur 355 Jahrestage herauskommen und zur Regulierung in gewissen Jahren ein Schaltmonat zugefügt werden muß. Die Monate werden entweder einfach nach den Zahlen benannt oder mit poetischen Bezeichnungen, z. B. der erste heißt auch Geburtsmonat, der vierte Hasenmonat, der siebente Reisblütenmonat, der neunte Chrysanthemenmonat ust. Außer den vier Jahreszeiten nahm man auch durch Teilung der Monate 24 verschiedene Abschnitte an, die besonders landwirtschaftlich von Bedeutung waren. So zerfiel der Juli in die beiden Teile" fleine Hike" und" große Hike", der November in Winters Anfang" und" kleiner Schnee". Daneben besteht noch heute eine andre Einteilung der Monate in je drei Dekaden, die man als obere, mittlere und untere Dekade bezeichnet, ein System, das auch die Griechen in früherer Zeit sowie die Italiker kannten. Die Woche war im alten Japan unbekannt, während man sie jetzt mit den europäischen Wochentagen eingeführt hat. Die Tage wurden früher nur als Monatstage benannt und zwar nach der obigen, auf dem Sexagefimalsystem beruhenden Benennung mit Hilfe der 12 Tierkreisbilder und der 5 Elemente. An Glücks- und Unglüdstagen gab es eine reiche Auswahl: der„ Tiger tag" galt 3. B. als unglücklich, der„ Hunds -"," Eber-" und" Rattentag" für glücklich. An einem bestimmten Tage jedes Monats durfte man nicht heiraten. Für die Stundenrechnung gab es gleichfalls eine doppelte Benennung; dabei ist zu bemerken, daß die japanische Stunde zwei der unsrigen umfaßt, so daß der Tag und die Nacht in zwölf Stunden zerfielen, und zwar rechnete man von 11 Uhr vormittags bis 11 Uhr abends und von da wieder bis 11 Uhr vors
mittags. Nach dem einen System benannte man die Stunden mit Bahlen von 9 bis 4( für Tag und Nacht), also rückwärts: von 11 bis 1 die neunte Stunde, von 1 bis 3 die achte usw. Diese Rückwärtszählung beruht auf einer Art Zahlenspiel, indem man die letzte Zahl des Produktes der Vervielfachung von 9 als Namen benußt, also 1.9= 9, 2.9= 18, 3.9= 27 usw., worin die lehten Zahlen ergeben: 9, 8, 7 usw. Die andre Stundenbezeichnung er gab sich aus den 12 Tierkreisbildern, so daß also die 12 Stunden fortlaufend verschieden bezeichnet werden als: Rattenstunde, Ochsens stunde, Tigerstunde usw. Die Nacht( von 7 Uhr abends bis 5 Uhr morgens) wird außer in Stunden auch in fünf Wachen zu je zivei Stunden eingeteilt. Erwähnung verdient noch, daß viele Namen, besonders von Frauen, nach den Tagen benannt sind, an denen ushi, d. h. Ochs, erzählt, die darum 30 hieß, weil sie zur Ochsensie geboren wurden; so wird von einer Dame mit dem Vornamen stunde des Ochfentages vom Ochsenmonat im Ochsenjahre gea
boren war.
Theater.
Nicht
Neues Theater:„ Die Frau ohne Bedeutung". Schauspiel in vier Aften von Ostar Wilde. England hat seinen Sheridan besessen. Nun hat es in Oskar Wilde einen noch viel glänzenderen Satiriker, als jener es war. Litterarische Feinschmecker jenseits des Aermelkanals wußten dies allerdings schon, bevor Wilde plöblich von der Höhe seiner künstlerischen und gesellschaftlichen Triumphe hinabgestürzt und zur fürchterlichen Zwangsarbeit des Mühlrabtretens als gemeiner Sträfling verdammt wurde. lange danach, als er das Zuchthaus verlasser hatte, starb er, zumr Ueberfluß katholisch geworden, gebrochen an Leib und Seele. Jener Standalprozeß, der damals die ganze Londoner Gesellschaft aufrührte und natürlich auch bis zu uns sein vernehmbares Echo herüberschnellte, vermochte doch nicht die dichterischen Schöpfungen dieses eigenartigen funkelnden Geistes zu verdunkeln. Erst recht regte sich nun das Interesse für sie und ihn, sowohl in England selber, trotzdent Wilde dort wohl kaum jemals auf den Bühnen so recht heimisch werden dürfte, als auch in Frankreich und Deutschland . Hier hat sich eine beträchtliche Uebersebergarde auf seine sämtlichen Werke geworfen. Einzelne seiner Komödien sind im letzten Spieljahr schon an einigen Bühnen zur Aufführung gelangt, ohne allerdings mehr als flüchtig zu fesseln. Die Gründe hierfür liegen bei uns doch wohl weniger darin, daß die Prüden Anstoß nehmen, sondern vielmehr darin, daß wir in Deutschland allzu dürftig mit dem intimen Leben der englischen, speciell Londoner Gesellschaft, die Wilde zur Zielscheibe seiner Verspottung genommen, vertraut sind. Auch die Eingangs genannte Komödie, welche Freitag zum ersten Male in Deutschland gegeben wurde, wird kaum eine Zugkraft auf die breitere Masse der Theaters besucher ausüben. Sie ermangelt vor allem des dramatischen Könnens, das erst am Schlusse des dritten Akts merklich einsetzt und im letzten Afte allerdings zu einer teilweisen glanzvollen Wirkung sich steigert. Eine Anzahl von Angehörigen der Londoner Gesellschaft beiderlei Geschlechts treffen wir da beisammen: weibliche und männa liche Tartüffe, Puritaner, Genußlüftlinge, Spötter, Uebersättigte, Moralwächter und Moralverächter. Das Plänklerthema bildet die Frau und die Gesellschaft. Man hört nichts als geiftsprühende Thesen und Antithefen, geschliffen wie Floretts und geschmeidig wie diese Sheridans Lästerschule" scheint aufzulebennur aufgelöst durch den Wiederhall verfeinerter germanisch- französischer Kulturen. Noch immer läßt diese Causerie, dies ganze blizende Worttournier nicht das leisefte Element einer Handlung" aufkommen, obwohl im zweiter Aft in Lord Illingworth diese Ahnung sich zu verdichten beginnt. Ein niederträchtiger Kerl, dieser Lord, die personificierte Negation aller Sittlichkeit, aller Gesellschaftsbegriffe, aller edleren Menscha gattung. Wäre er nicht ein Erzhalunke, dem nichts heilig blieb, man müßte ihn einen Juvenal nennen. So aber ist er eine mephistophelessche Spottgeburt aus Dred und Feuer". Er zerbrach was unter seine Hände tam, wie ein Spielzeug. Das Weib ist nie mehr als ein Spielzeug, eine Caprice für ihn gewesen und so auch die Mutter seines einzigen Sohnes. Mrs. Arbuthnoth gab ihm alles hins Jugend, Tugend, Liebe und Glaube. Lord Illingworth hatte dafür nichts, als Spott. Ja, es fiel ihm nicht einmal bei, der Frau durch den Heiratsaft die Ehre einer rechtlichen Gattin und hierdurch dem Kinde seinen ehrlichen Namen zu sichern. Schließlich verließ ihn Mrs. Arbuthnoth. Nun ist der Sohn zwanzig Jahre alt. Da macht Lord Illingworth an ihm seine Rechte geltend. Gerald soll einen Sekretärposten annehmen und ganz nach der Maxime des unbekannten Vaters leben. Die Mutter wehrt diesem Ansinnen. Das Kind ist ihre ganze Liebe, ihr Heiligstes. Und als Gerald in sie drängt, der„ edlen" Absicht des Lord doch nicht zu widerstreben, da beichtet sie ihre trostlose Jugendliebe. Noch immer aber weiß Gerald nicht, daß Lord Illingworth sein Vater ist. Erst als jener eine im Hause der Mutter lebende junge Amerikanerin bei einem Zusammentreffen durch einen gewaltsamen Stuß beleidigt hat, und das Mädchen schreckensbleich ins Zimmer stürzt, da in dem Moment, wo Gerald den Beleidiger züchtigen willmacht die Mutter dem erregten Sohne die Eröffnung, daß Illingworth sein leiblicher Vater ist. Illingworth verschwindet. Doch kommt er bald zu Mrs. Arbuthnoth. Er will dem Sohne seinen Namen und Reichtum geben, unter der Bedingung, daß jener ihm sechs Monate lang im Jahre überlassen bleibe. Die Frau weist ihn ab. Lord Illingworth versucht es mit Schmeichelworten. Nicht verfängt. Er wird chnisch, frech da verseht ihm die beleidigte Frau eine Maulschelle. Die in den Augen des Lord nur immer eine
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