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im Dohnensteig. Sie sind meistens flüger als die Drossel, denn sowie sie die Schlinge am Hals fühlen, bleiben sie unbeweglich auf dem Bügel fizen, bis der Grünrod sie erlöst. Den Rottehlchen schenkt er stets die Freiheit, denn es sind sehr fleißige Insektenfänger, die man schonen muß.
nichts ändern, denn gerade in den Ländern, die dabei in Betracht| Außer der Drossel fangen sich nur noch Rottehlchen und Eichelhäher tommen, ist die staatliche Autorität nicht start genug, um eine seit Jahrhunderten eingewurzelte Unfitte, die auch wirtschaftlich ins Gewicht fällt, auszurotten. Allerdings muß man hinzufügen, daß auch wir in dieser Beziehung nicht ganz rein dastehen, denn wir dulden, daß in den Vogeltojen auf Sylt, Föhr und Amrum tausende nordischer Enten, die vom Flug über das Meer ermattet bei uns einkehren, gefangen werden, und wir essen die Drossel, die im Herbst zu Tausenden in den Großstädten als Delikatesse auf den Markt gebracht wird. Das ist auch eine Unfitte, deren Abstellung die Skandinavier mit Recht von uns fordern können.
Die Grünröcke freilich würden sehr traurig sein, wenn man ihnen den Fang der Droffel im Dohnensteig verbieten wollte. Sie weifen, und nicht mit Unrecht, darauf hin, daß sie sich das ganze Jahr hindurch redlich mit dem Vertilgen des vierbeinigen und des geflügelten Raubgesindels plagen und dadurch viel mehr Sings vögeln das Leben retten, als sie an Drosseln fangen. Sie meinen, daß man ihnen den bescheidenen Verdienst, der nur durch großen Fleiß und viel Mühsal zu erringen ist, wohl gönnen könnte. Sie dürften auch darauf hinweisen, daß die Jägerei schon seit geraumer Zeit eine Anzahl von Jagdmethoden als unweidmännisch verpönt hat, die nur dem Fang von Singvögeln dienten. So gehören die Nezze, mit denen Lerchen zu Hunderten gefangen wurden, der Vergangenheit an, die Vogelherde und Schnepfenherde sind schon längst außer Gebrauch gekommen.( Und der Dohnensteig wird es, erfreulicherweise, auch bald sein. D. R. )
Den Entschuldigungsgrund, daß der Drosselfang erst beginnt, wenn die hier heimischen Vögel weggezogen find, braucht und soll man nicht gelten lassen. Allenfalls fann man berücksichtigen, daß eine ganze Menge von Schnarrdrosseln weggefangen werden, die als arge Nestplünderer eigentlich keine Schonung verdienen. Außer den„ Schnarren", die beinahe bis zum Zufrieren hier bleiben, wird hauptsächlich die Zippe oder Singdrossel gefangen. Hinter ihr erscheint noch die Weindrossel, etwas kleiner als die Zippe, an der weingelben Farbe unter den Flügeln leicht kenntlich, von allen Feinschmeckern hoch bewertet. Mit dem ersten stärkeren Frost ist der Zug, der Ende September beginnt, beendet.
Wenn der Wind rauh über die Stoppeln saust und der Regen das Laub von den Bäumen schlägt, dann rüsten sich unsre Frühlingsfänger zur Abreise. Es ist, als ob die Heimat erst ihre rauheste Seite hervorkehren muß, um sie zu vertreiben. Aber erst in der nächsten windstillen Nacht brechen sie auf. Dann ist Feld und Wald tagelang wie ausgestorben, bis die Gäste aus dem Norden erscheinen. Biele ziehen ja nächtens hoch über unsre Gefilde hinweg. Sie haben an der Seeküste Rast gemacht und machen erst wieder in Süd deutschland Halt, um für den Flug über die Alpen Kräfte zu sammeln. Viele jedoch ziehen gemächlich in kurzen Etappen weiter und verweilen mehrere Tage, wo ihnen die Gegend zusagt. Zu diesen ge hören auch die Drosseln, die in Gesellschaften von 30 bis 100 Stück zu reisen pflegen. Ihre Lieblingsspeise unterwegs sind die grell: roten, bitteren Beeren der Eberesche, im östlichen Deutschland " Quittschen" genannt.
Damit födert der Jäger sie an. Es ist nicht leicht, einen Dohnensteig anzulegen und alljährlich aufs neue in Stand zu sehen. Schon wochenlang vorher schneidet der Grünrock schockweise arm lange Fichtenäste von der Dicke eines Federhalters, entästelt sie und dreht sie zu einem gleichschenkligen Dreieck zusammen, dessen Grundlinie zwei Zoll nach einer Seite vorsteht. Dann beginnt das Schlingendrehen. Schon den ganzen Sommer über hat er von Befibern und Bauern lange Pferdehaare gekauft oder erbeten. Je drei werden zu einer 30 Centimeter langen Schlinge zusammengedreht. Das ist ein langwieriges Geschäft, bei dem sich alle Hausgenossen bethätigen müssen, und wenn der Herr Lehrer um diese Zeit sich blicken läßt, wird er auch eingespannt.
Sehr viel Arbeit macht die Anlage eines neuen Dohnensteiges, zu bem wenigstens dreißig bis vierzig Schock Bügel gehören. Manche Grünröcke bohren zwei Löcher in den Baum und stecken einfach die an beiden Enden zugespitzten Fichtenäste hinein, so daß ein halbkreisförmiger Bügel entsteht. Viele aber ziehen den dreieckigen Bügel vor, obwohl er viel mehr Mühen verursacht, weil sie ihn für fängischer halten.
Es ist durchaus nicht gleichgültig, wo man den Dohnensteig anlegt. Jm hohen, alten Holz und mitten im Walde wird man feine Drosseln fangen, denn sie bevorzugen bei ihrem Durchzug den Rand der Gehölze, niedrige, von Strauch bestandene Brücher und vor allem die am Feld gelegenen Schonungen . Sind die Bügel am Stamm befestigt, dann werden die Schlingen durch einen Spalt so eingezogen, daß sie aufgestellt den ganzen Raum des Bügels ausfüllen. Zuletzt wird eingebeert", d. h. die Quittschen werden an der Unterseite der" Dohne" in einem Spalt festgeklemmt, so daß sie abwärts hängen. Der Vogel, der davon naschen will, muß sich also auf den unteren Bügelrand setzen und sich tief hinabbeugen, wobei er den Hals in die Schlinge steckt und sie zuzieht.
Nicht immer ist Fangtag. Fällt aber eine windstille Nacht ein, der ein nebliger Morgen folgt, dann kann der Jäger sicher sein, eine ganze Menge zu fangen. Früh am Morgen macht er sich auf den Weg, die geräumige Jagdtasche mit Quittschen gefüllt, am Rockknopf ein Schock Schlingen, um sofort nachzubessern. Und das ist sehr oft nötig; denn zweibeinige, vierbeinige und geflügelte Räuber holen fich ihren Anteil an der Beute und reißen dabei die Schlingen ab.
In meinem Vaterhause hatten wir im Winter stets einige zahme Rottehlchen. Die zierlichen, behenden Vögel werden schon am ersten Tage ganz zutraulich, kommen, wenn Essen aufgetragen wird, auf den Tisch und holen sich ein Kartoffeltrümchen von der Schüssel. Sie machen sich sehr nüßlich, da sie alle Fliegen wegfangen und auch den Küchenschwaben bis in ihre fleinsten Schlupfwinkel zu Leibe gehen. Im Frühjahr erhielten sie wieder die Freiheit, tamen aber oft zurück, um für ihre Jungen im Zimmer Fliegen zu fangen. Den Eichelhähern dreht der Jäger stets den Hals um, denn das find arge Räuber und Nestplünderer, die keine Schonung verdienen. Sie schmecken gebraten ganz gut und geben gekocht eine Suppe, die einer Bouillon von Huhn in nichts nachsteht. Die gefangenen Drosseln werden sofort eingepackt und mit der Post nach Berlin geschickt. Der Preis schwankt je nach der Zufuhr etwa von 15 bis 45 Pf. für das Stück. Es ist ein winziger Happen, solch ein Krammetsbogel, und mühsamer zu verspeisen als ein Strebs, aber er findet doch seine Liebhaber!
Den Menschen gehen übrigens die Tiere mit gutem Beispiel voran, denn manche Raubvögel, wie der Hühnerhabicht und der Baumfalte, find ganz versessen auf den leckeren Schmaus. Wahrscheinlich werden sie durch das Flattern des in der Schlinge hängenden Vogels angelockt. Sie sind aber schlau genug, auch den Zweck der andren Bügel zu erkennen, denn durch einwandfreie Beobachtungen vieler Jäger ist es festgestellt, daß die Raubvögel den Dohnensteig entlang streichen und ihn systematisch absuchen. Dabei versäumen sie manchmal die gebotene Vorsicht und kommen dem Jäger, der ihnen auflauert, vor die Flinte.
Auch der Marder besucht regelmäßig den Dohnensteig, ist aber meistens so vorsichtig dabei, daß man ihm nicht beikommen kann. Der Jäger überlistet ihn aber doch. Unweit des Dohnensteiges legt er Quetschfallen an, die er von Zeit zu Zeit mit einem toten Eichelhäher beködert, jedoch ohne sie fängisch zu stellen. Erst wenn der die Falle gestellt. Meistens sitzt er schon am nächsten Morgen Frost das Pelzwerk des Marders wertvoll gemacht hat, wird ihm
darin.
Natürlich fehlt auch Meister Reinecke nicht im Dohnenfteig. Der Burgherr von Malepartus ist der echte Stegreifritter, der überall So sucht fcheint, wo er ohne große Mühe etwas erwischen kann. ab, unter denen er manches schöne Stück Fisch findet, das die im er im Sommer regelmäßig die Horfte der Reiher und Fischadler Ueberfluß schwelgenden Jungen aus dem Nest geworfen haben. Im Winter weiß er ganz genau, daß nach der Treibjagd die erlegten Hasen ausgeworfen werden. Er ist mit Mühe der Gefahr entronnen, hat sogar einige Schrotförner im Belz, aber das hält ihn nicht ab. fich gleich nach der Abfahrt der Jäger das Gescheide zu holen. Im Dohnensteig holt er sich täglich seinen Tribut. Hurtig trabt er den Pfad entlang und äugt aufmerksam rechts und links nach den Bügeln. Sowie der Jäger diesen unerbetenen Gast in seinem Gehege bemerkt, holt er ein Pfeifchen hervor, das das Geschrei und lattern einer gefangenen Drossel täuschend nachahmt. Ist der Strauchdieb in der Nähe, dann stürzt er blindlings auf das Geräusch los und wird durch einen wohlgezielten Schuß zur Strede gebracht.
Ebenso sicher ist es, wenn man am Abend eine gefangene Droffel einhängt und auf der Stelle, wo der Fuchs sich emporrichten muß, um den Vogel zu erfassen, ein mit Moos verblendetes Tellereisen legt. Da sitt er am nächsten Morgen sicherlich mit den Hintera Täufen darin,- Friz Skowronnet.
( Nachdruck verboten.)
Elfenbein- Surrogate.
Ms Elfenbein- Surrogate müssen wir alle in der Technik verwendeten Stoffe bezeichnen, welche in Rücksicht auf ihr elfenbeinartiges Aussehen oder ihre elfenbeinartige Beschaffenheit an Stelle der Elefantenzähne zu irgend welchen Zweden verarbeitet werden. Es tommt dabei nicht darauf an, daß wirklich eine vollständige Täuschung des Auges oder eine vollkommene Erfüllung des Zweckes erreicht wird; wesentlich ist nur, daß die betreffenden Erzeugnisse solchen von echtem Elfenbein ähnlich sind.
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Nun haben wir uns daran gewöhnt, als Elfenbein nicht nur die echten Elefantenzähne zu bezeichnen, sondern auch bestimmte Zähne von fünf andren Tieren, von denen das eine, nämlich das Mammut, bereits ausgestorben ist. Die Technik und das Kunstgewerbe haben das Elfenbein dieser Tiere als einen ebenso wertvollen Rohstoff erkannt, wie die Stoßzähne des afrikanischen und asiatischen Elefanten. Es kommen hier abgesehen von dem fosfilen Elfenbein des Mammut, die Eck- und Schneidezähne des Nilpferdes, die Eckzähne des Walrosses, die Vorderzähne des Narwals und die Unterkieferzähne des Pottwals in Betracht. Ein Surrogat bilden diese Tierzähne also eigentlich auch, aber sie sind ein so ausgezeichnetes Surrogat, daß fie fich sämtlich in ziemlich gleicher Weise und zu denselben Zwecken wie die Elefantenzähne bearbeiten laffen, also mit vollem Recht als„ Elfenbein" bezeichnet werden. Denn schließlich ist das Wort Elfenbein nichts weiter als die Be