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Sven kragte und kratte auf der Thürmatte, um die Schneeklumpen, die sich unter den Absätzen festgesetzt hatten, gu entfernen.
Dora strebte verzweifelt danach, in eine Ecke zu kommen, um das Schuhzeug an ihren armen, naßkalten Füßen zu wechseln, dann stand sie do mit einem unglücklichen Ausdruck in ihrem erhitzten Gesicht und schritt so vorsichtig hinaus, als ginge sie auf Glatteis. Die neuen, vierknöpfigen Handschuhe, die fast ein Ereignis in ihrem Leben zu nennen waren, saßen jett stramm und glatt auf den kleinen, rauhen, ungepflegten Händen, und es galt nur noch einen Blick in den Spiegel zu werfen, um zu sehen, ob das Haa. in Ordnung sei. Ja, es war alles wie es mußte; na, dann also!.
Kunft in
mit dem Auftrag fich zu eilen; da galt es natürlich Pferde- in diese Thatsache und eine diefer widersprechende Praxis. Dazu. bahngroschen oder dergleichen. Dies alles waren Symptome, gehört auch die Verkennung einer der wichtigsten Kone die Thatsache: daß nämlich welche die kleine niedliche Jungfer mit der neuen seidenen sequenzen jener Schürze und der foketten weißen Empfangsmüße auf dem willen und nicht für das Publikum, geschweige denn für den Dienst erster Linie um der Künstler( auch der erst beginnenden) lodigen Haar ganz scharfsichtig gemacht hatten und die sie jetzt sonstiger Mächte da ist. Die Ansprüche derer, die ein Kunstwert in veranlaßten, mehr zuzusehen als behilflich zu sein, als Lejers sich aufnehmen, stehen erst in zweiter oder noch geringerer Linie. sich ihrer Ueberkleider entledigten. Und doch allenthalben eine Verkennung dieser Sachlage! Selbst die Kritik vergeht sich dagegen, die an eine Leistung nur vom Befriedigungsbedürfnis des Publikums, auch des fach- und sachfundigeren, aus herangeht und nicht selbst in mäßigeren Dar bietungen zuvörderst die Gelegenheit sieht, daß Künstler sich aussprechen, fich üben, sich entwickeln, sich auf Besseres vorbereiten. über Musik fällt uns auf, daß sie es unterläßt, in diefem Sinne auf Auch in mannigfacher, sogar sonst recht oppofitioneller Litteratur ärend zu wirken. Dies gilt auch von der EssaySammlung Kranz" Richard Battas( Leipzig , Lauterbach u. Kuhn, 1903). Ihre Stärke liegt in verschiedentlichen Mitteilungen des Verfassers, der ersichtlich frühzeitig das Glück Glück zahlreicher persönlicher Beziehungen hatte, über wichtigere Künstlerpersönlichkeiten so erhält 3. B. der verstorbene Wagner Apostel Heinrich Borges eine sympathische, originelle Charakteristik. Auch gute Zusammenfassungen, wie z. B. Die moderne Oper", finden sich hier, allerdings mit manchen merkwürdigen Beurteilungen; so wird z. B. W. Kienzl weit günstiger beurteilt als F. Weingartner. Im übrigen die bekannten Bevorzugungen allgemein beliebter Personen und Themen. Schon weniger nach der Gunst der Deffentlichkeit richtet sich eines der in Inhalt und Ausstattung erfreulichsten Bücher, die uns seit langem untergekommen sind: Robert Volkmann . Sein Leben" 2c. von Hans Volkmann ( Leipzig , Hermann Seemann N., 1903). Dem hochbedeutenden, aber für das Publikum zu stillen Komponisten übrigens durch persönliche Erinnerungen von andrer Seite her in der hat hier sein Neffe ein sehr reichhaltiges Denkmal gesezt( das Neuen freien Bresse" ergänzt wurde). Mehrere bescheidene, doch im besten Sinne sprechende Buchschmudleistungen von Hans Petri machen dieses Buch noch traulicher, als es schon ist.
" Ist das Kleid herunter, Mutter? Sieht man nicht den Riß unter der Schärpe?"
Marie Luise hatte nach bestem Vermögen genäht und geändert, am ein einigermaßen neu aussehendes Kleid aus einem alten herzurichten, das eine Freundin der Oberstin dieser geschenkt hatte, um es für die Armen zu verwenden. Doch die Oberstin war eine praktische Frau, welche einsah, daß die kleinen blaunafigen Kinder auf den Straßen und Gassen wenig Nußen von einem lilafarbigen Gesellschaftskleid mit zerrissener Stickerei haben würden; und so wanderte es statt dessen zu der Familie Lejer, wo es als ein wahres uon plus ultra angesehen wurde, ehe man es näher in Augenschein genommen hatte. Doch als es auseinander getrennt und nachher von neuem zusammengesetzt werden sollte, foftete es ein schreckliches Kopfzerbrechen, alle diese fleckigen, zerschnittenen Stücke passend aneinandergebracht zu bekommen.
Frau Lejer unterzog indessen das Meisterwerk noch einmal einer genauen Prüfung und sagte dann mit starker Ueberzeugung in der Stimme:
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In einem nur allmählichen, aber anscheinend doch beachtens tverten und fruchtbaren Fortschritt sehen wir, wenn wir genauer hinblicken, das Unterrichtswesen der Musik. Einerseits handelt es sich um diese, soweit sie bloßes Schulfach innerhalb allgemeinbildender Schulen ist. Hier bedarf es wahrlich noch erst unabsehbarer Anstrengungen, um über das Schlimmste hinaus zukommen. Stenner wie Mag Battle( in einem einschlägigen Auffage des letzten Heftes der Zeitschrift Die Musik") thun das Ihrige zur Propaganda. Es ist alles in Ordnng. Nur zu, Bater!" Und manche praktische Leistungen enthalten in dieser Beziehung Vier Herzen flopften im Taft vor Unruhe und Verlegen- wenigstens so viel Gutes, daß sie mehr Beachtung verdienen würden. heit, und dicht zusammenhaltend trat die Familie Lejer in um auch einmal ein etwas älteres Beispiel zu nennen, den eleganten Salon, wo die Damen mit den Belzkragen schon sei hingewiesen auf Joseph Gaudeds„ Gesangslehre. in lebhafter Unterhaltung mit der Wirtin saßen. Diese erhob Methodischer Wegweiser für den Gesangsunterricht an den sich jetzt langsam, würdevoll. Sie war ungewöhnlich groß Volks und Bürgerschulen sowie an den Unterklassen der und mager. Das dicke, glatte Seidenkleid rauschte vornehm, Mittelschulen"( Tetschen a. E., Otto Hendel, 1901). die Schleppe schleifte über den teppichbelegten Fußboden, aber seits handelt es sich um die Mufit als Berufs- oder mindestens steif und ungraziös, als wollte sie sich auf keine Biegungs- ein kleines Anwachsen der in die Musik selber, nicht bloß in die Liebhaberstudium. Hier glauben wir nicht irre zu sehen, wenn wir versuche einlassen. Die Oberstin streckte den Ankommenden Spielfertigkeit hineinführenden Studien bemerken. Dazu kommt ihre ringgeschmückte Hand entgegen. nun noch manch Kleiner Anlauf zu einer Litteratur über das Wesen und die Geschichte der musikalischen Pädagogit, wobei uns allerdings nähere Angaben zu weit führen würden.
Willkommen, meine Lieben! Freue mich sehr, Euch heute abend hier zu sehen. Wo sind denn Marie Luise und Günther? Konnten sie nicht mitkommen?- Schade!"
Der Mund lächelte und komplimentierte, doch die Nase gehörte zur Opposition, sie strebte hoch in die Luft. ( Fortsetzung folgt.)
Aus dem Mufikleben.
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Andrer
Auf dem heute viel beachteten Gebiete der Thätigkeit von Dirigenten mehrt sich anscheinend das Uebel des Gaftdirigierens, das heißt des zeitweiligen Dirigierens eines Orchesters bald durch diesen, bald durch jenen Kapellmeister. Von unmittelbar naheliegenden Beispielen schweigen wir lieber; aber selbst die Philharmonifer in Wien , also auf einem verhältnismäßig echten Boden der Tonkunst, greifen bereits zu diesem Vorgehen. Ein Dirigent darf eben nicht ber Bultvirtuose" sein- um diesen modischen Ausdruck zu ges brauchen; er bedarf eines dauernden Zusammenarbeitens mit seiner Kapelle, während das fahrende Soliftentum auf Instrumenten Es ist bereits geraume Zeit her, daß unsre musikalische Bericht trotz all' feiner Minderwertigkeit doch noch berechtigter ist. Um so erstattung immer nur mit Ereignissen des Augenblids, namentlich freudiger begrüßen wir es, wenn ganz aus lokalen Verhältnissen mit Theaterpremieren, zu thun bekam und nicht dazu gelangte, die heraus ein Dirigent in jahrelanger Bemühung eine Institution von allgemeineren Verhältnisse der Musikwelt zu überblicken. Außerdem Aufführungen zur Entfaltung und Vervollkommnung bringt. In war gerade die nichtdramatische Musik während dieses sommerlichen diesem Sinne erwähnen wir abermals mit Freude das Walten des Halbjahres für unsre Referate nicht in Betracht gekommen. Der Herrn Direktor C. Mengewein. Seine Oratorien- Aufführungen jezige Wiederbeginn des Konzertlebens, der ja bereits über das und dergleichen vom Ausschuß zur Veranstaltung von nächstens Bevorstehende manche Andeutungen giebt, regt uns an, Voltsaufführungen" haben wir längst anerkannt. Eben diesen Andeutungen sowie verschiedentlichen Materialien, die uns in- wird dreimal Haydns, trop aller Zeitlichkeit nicht verblaßtes, zwischen bekannt geworden sind, einige Blicke auf die gegen Meisterwerk Die Jahreszeiten" aufgeführt( zum drittenmal am wärtige Lage der Musik und auf ihre jüngsten Fortschritte zu 16. Oktober.) Die Gelegenheit, der ersten Aufführung( am 5. Oktober) entnehmen. beizuwohnen, entging uns zwar durch einen Zufall; was wir jedoch Am interessantesten und wichtigsten scheinen uns dabei die darüber hörten, ließ auf tüchtige Leistungen auch der Soliffen Dinge zu sein, die sich nicht geändert haben, obschon ein Fortschritt schließen. Bei dieser Gelegenheit möchten wir gegenüber den in in ihnen dringend nötig sein würde. Und darin dürfte von der unsrem gesamten Konzerttreiben bevorzugten Arten von Musik größten Tragweite das Folgende sein. Die Kunst ist ein besonderer empfehlen, dem Ensemblegesang ohne Instrumente, dem sogenannten Fall des Bedürfnisses aller lebenden Wesen nach Ausdruck, somit a- capella- Gefang, noch mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Nament eine biologische Erscheinung von ebenso großer Bedeutung wie lich an unbegleiteten Frauenchören und gemischten Chören mangelt Hunger und Liebe und mithin eine ebenso ernste, im socialen Ganzen es in unsrem Konzertleben noch sehr. umentbehrliche Sache, wie Technit, Wissenschaft usw., teineswegs aber als ein Lurus, als eine nach Belieben begünstigte Zugabe, Erheiterung des Lebens seinem„ Ernste" gegenüber zu stellen. Wohin wir nun blicken, finden wir fast überall einen Mangel an Einsicht
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Große Fortschritte im tompofitorischen Schaffen hat uns die jüngste Zeit ersichtlich nicht gebracht. Von manchen Tonsegern, die wir bereits früher mit Achtung begrüßt haben, kam ein oder das andre Neue, doch ohne gerade eine Wandlung anzukündigen: so von