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M. Reger, von St. Erben u. a. Von einer jungen Schweizer aus Holz, Bein oder Kupfer gewissenhaft jeden Strich in den noch Mufiter- Generation fönnte vielleicht mehr als bisher zu uns dringen. frischen Ton einschneiden und halblaut die Bedeutung der Zeichen Gestorben ist auch mancher, und publiziert wird einer über den wiederholen. War die eine Seite bedeckt. so wird zur Bollendung der andern. Wenn wir dem vor einiger Zeit hingeschiedenen Theodor Aufgabe die Rückseite beschrieben. Der Lehrer liest, verbessert Kewitsch, einem vielseitigen Praktiker, Lehrer und Schriftsteller zwischen den Zeilen die schlechten Zeichen oder läßt das Täfelchen noch der Mufit, eine stille Erinnerung widmen, so ist es für diesen treff einmal machen. Ein Gehilfe oder der Schüler selbst trakt mit einem lichen Fachmann und Menschen gewiß eher zu wenig als zu viel. Spatel die obere Schicht ab und verwischt den Text; Scheil hat an Nicht übersehen dürfen wir die allerdings noch fleinen Spuren mehr als einer Stelle die Spuren des Spatel entdeckt. Dasselbe davon, daß mehr als früher die Frauen am Komponieren teilnehmen. Material fonnte so für mehrere Generationen dienen. Es scheint, Aus dem meist gerade an Charakteristit armen Instrumentalspiel daß man in diese Schülertäfelchen etwas mischte, um sie geschmeidig von Künstlerinnen möchte man auf Gleiches im Tonsatz schließen. zu erhalten; sie haben eine besondere blaue metallische Färbung. Wuchtigen Schritt und tiefgehende Gestaltungskraft haben wir mun Alle Texte, die ein Datum trugen, waren mit Namen des freilich taum jemals, dagegen einen fentimental- füßlichen Zug allzu babylonischen Königs Hammurabi gezeichnet: diese Schule blühte also häufig bei Komponistinnen angetroffen. Allein es finden sich nun 21 Jahrhunderte vor unsrer Zeitrechnung. Scheil konnte das Pro­doch manche Beispiele von einer gut sprechenden Darstellung. gramm der Lese- und Schreibfurse wieder herstellen, das dort befolgt Elisabeth Brauer ließ uns ihrem Konzert vom wurde. Die Schwierigkeiten der Keilschrift müssen für babylonische vorigen Dienstag einige Lieder hören, von denen wenigstens Schüler weit größer gewesen sein, als die, welche die Kinder der Neu­zwei( Leutholds Am Meere" und Uhlands Der Un- zeit zu überwinden haben. Die Buchstaben sehen sich nicht nur aus genannten") eine schlichte gute Aussprache waren: fie sagten einer manchmal außerordentlich großen Anzahl von geraden Linien direkt und deutlich, was ihr Text meint. Daß da kein origineller und regelmäßig angeordneten Hätchen in allen Richtungen zusammen, Reichtum tam, und daß andre Lieder vom Schlichten ins Simple sondern sie hatten meist auch mindestens ein halbes Duzend ver­gingen, braucht noch nicht als Sünde angerechnet werden. Eher soll schiedene Bedeutungen, je nach den verschiedenen Kombinationen. dies gelten von zwei am selben Abend vorgetragenen Liedern Der Schüler mußte erst alle Formen aufnehmen, dann alle Be­Karl Müllerhartungs, die gut auf Vereinsfeste passen. deutungen, wenn sie vereinigt standen, bevor es ihm gelingen konnte, Kammersängerin Julie Müllerhartung fang die Lieder mit eine einzige Linie von den zahllosen Formeln zu entziffern, die von einem vollen dunklen, doch im Forte der Höhe derb der Wiege bis zum Grabe alle seine Handlungen regelten. Nur durch flingenden Mezzosopran. Jene Komponistin spielte noch von Karl Abschreiben und immer wieder Abschreiben, wobei er vom Einfachen Somborn( Konservatoriumslehrer in Straßburg ), dessen Kompofi- zum Zusammengesetzten fortschritt, fonnte er zu einem Ergebnis ge­tionen bisher nur zum kleinen Teil veröffentlicht sind, vier Elegien langen. Die Zeichen vom selben Ursprung waren in Gruppen ge­op. 13, die recht anregend waren. Ihr eignes Klavierspiel hat ordnet, deren Sinn und Bildung der Lehrer erklärte, und die Gruppen etwas Ernstes und für unschuldigere Aufgaben der Koloratur und waren nach Regeln verknüpft, deren Sinn nicht immer verständlich dergl. ganz Nettes, steht aber im übrigen noch vor der wünschens- wird. Nach wochen oder monatelangen Bemühungen wurde zum werten Entwidlung. Lesen von Gruppen von zwei oder drei Zeichen geschritten, die man wiederholte, gleichviel ob die Zusammenstellung einen Sinn hatte oder nicht. Abermals nach Wochen oder Monaten konnte man zu den Bildzeichen oder Säßen übergehen, die dem Schüler zum Verständnis der einfachsten religiösen oder juristischen Texte helfen konnten. Zu diesem Zweck waren eine Reihe von Gebeten, Kontrakten und Gesezen analysiert und gleichsam auseinandergenommen worden. und man hatte die ersten Elemente in Reihen angeordnet: die Gruppen, die die Namen derselben Gottheit ausdrückten; Reihen von Hauptwörtern in der Einzahl, Mehrzahl, männlichen, weiblichen Geschlechts, allein oder mit dem Possessivpronomen, conjugierte Verba mit allen Ver­änderungen; ganze kleine Säße als Formeln des Lobes, der Be­grüßung, des Gebets, des Mitleids, der Huld; gerichtliche und gea schäftliche Redensarten. Arithmetit und Geometrie standen neben Schreiben und Stilübungen. Sehr schöne sorgfältig beschriebene Täfelchen tragen die Nomenklatur der Maße und Gewichte, die Ein­heiten mit ihren Vielfachen oder ihren Teilen... Die Frauen erhielten bisweilen dieselbe Art der Bildung wie die Männer. Scheil hat in den Ruinen einen Kontratt gefunden, der von einem weiblichen Schreiber Namens Amatbaou redigiert worden ist; dies ist jedoch der einzige machten den Schreiber, der Advokat wurde, zu einer hochangesehenen Bersönlichkeit. Ebenso stani es in Aegypten . Man las und schrieb viel bei den ältesten Völkern des Ostens, bei den Aegyptern auf Papyros, bei den Babyloniern auf Ziegeln. Wir befiben heute an den Ufern des Nil wie des Euphrat Schriften, die 6000 bis 7000 Jahre alt sind, und dabei sind die meisten nur Ausgaben älterer Werte. Die Kunst des Schreibens, die man noch vor einem Jahrhundert unter die verhältnismäßig neuen Erfindunger rechnete, erscheint uns heute als eine der ältesten, ihr Ursprung verliert sich im Dunkeln der Geschichte.

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Gleichzeitig wurden die Populären Philharmoni ichen" eröffnet. Von Herrn Witets Vortrag des Beethovenschen Violinkonzertes hörten wir gerade noch so viel, um seine große Solidität im Spiel und seinen sehr vollen Ton genießen zu können. Im übrigen scheint sich ja bei all diesen längst bekannten Arten von Konzertabenden nichts Wesentliches geändert zu haben; und so wird es wohl auch bleiben, bis wieder einmal eine neue Welle des Kunst­lebens kommt und uns zugleich mit unerwarteter Produktivität auch unerwartete Einsichten in das Alltagsleben der Kunst bringt.-

Kleines feuilleton.

SZ,

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k. Aus einer babylonischen Schule. Selten eröffnet sich dem Archäologen ein so unmittelbarer Einblick in das Leben einer fernen Vergangenheit, wie dies bei den Ausgrabungen der Fall ist, die der Bater Vincent Scheil in der babylonischen Stadt Se apar unter- Fall. Die lange Lehrzeit und die damit verbundenen Schwierigkeiten nommen hat und über die in den Beröffentlichungen des französischen archäologischen Instituts von Kairo ein umfassender Bericht vorliegt. Die interessanteste Entdeckung war eine Schule mit ihrem ganzen Inventar, das über den Gang des Unterrichts lehrreichen Aufschluß giebt. Die fleine Stadt Sippara , wie sie zur Zeit ihrer Blüte hieß, die zum Unterschied von andren, weniger berühmten Sippara das Sippara der Ebene oder der Sonne genannt wurde, maß in ihrem Umfang nur 1300 zu 800 Meter; sie war aber von weit ausge­breiteten Vorstädten umgeben, die ihren Flächeninhalt verdreifachten. Jetzt findet man dort, wo Sippara gelegen hat, an der Oberfläche nur einen Erdhügel, der mit Scherben besät ist; aber sobald die obere Schicht durchdrungen war, zeichneten sich ziemlich gut erhaltene Mauer­stücke und die Ueberreste von Häusern oder öffentlichen Gebäuden mit einem Teil ihres alten Inhalts ab. Im Auftrage der türkischen Regierung hat Scheil ein ganzes Stadtviertel freigelegt, seine Funde haben genug Dokumente zu Tage gefördert, so daß man danach das allgemeine Aussehen und das private und öffentliche Leben seiner Einwohner rekonstruieren kann. Dabei hat er auch die Gelehrien schule und das Unterrichtsmaterial mit den Arbeiten der Schüler entdeckt. Es war ein fleines Haus, das in einem voltsreichen Viertel fast dem Tempel gegenüber lag. Hier fand Scheil Statuetten und Täfelchen. Auf einem entzifferte er ein Lob des Berufes des Schreibers: Wer sich in der Schule der Schriften auszeichnet, wird wie die Sonne glänzen!" Die Mauern waren noch vier Meter hoch. Das Haus enthielt sieben Gemächer; in einem fand man in der Höhe des Bodens in einem Winkel, der durch eine Scheidewand aus ge­brannten Ziegeln abgeschlossen war, eine regelmäßig geordnete unge­heure Maffe Täfelchen. Sie waren leider nicht im Ofen gewesen, so daß die Oberflächen teils verwischt waren, teils so aneinander flebten, daß bei ihrer Trennung die Schrift fast ganz zerstört wurde. Viele waren aber, als man sie aus ihrem Verstec zog, noch intakt mit ihrer Schrift; fie enthielten sumerische Hymnen in der ältesten Sprache Babyloniens , metrologische Listen, Fibeln, Wörterbücher, Rechenaufgaben, Stontratte. Von diesen hatte ein Teil zu Vorlagen gedient; sie waren leicht fennt­lich an der Festigkeit und Klarheit der Schriftzeichen. Die anderen waren Schülerabschriften. Sie waren zu lebungen in der Klasse gebraucht worden, und sie hatten einzelne Phrasen, Listen von Zeichen oder Worten und nur selten vollständige Terte. Man sieht im Geiste die Kinder oder Jünglinge, die vor 4000 Jahren mit ihrem Stilett

ie. Der Sauerstoff als Maler in der Natur. Ein großer Teil der Farbenwechsel, die wir in der Natur beobachten, kommt durch eine Mitwirkung des Sauerstoffs der Luft zu stande. Wenn ein Gegenstand aus reinem Kupfer an der Luft ftehen bleibt, so macht das Rot seiner ursprünglichen Färbung eine allmähliche Ver­änderung durch und verwandelt sich, nachdem es ein ganzes Farbenspiel durchlaufen, schließlich in Schwarz. Die Ursache dafür ist die fich steigernde Aufnahme von Sauerstoff und die Neberführung des reinen Kupfers in Sauerstoff­verbindungen. Die schillernden Uebergangsfarben werden allerdings ähnlich den Farben einer Seifenblase noch besonders durch eine Licht­brechung an den beiden Flächen der dünnen Drydschicht veranlaßt. Eisen überkleidet sich in feuchter Luft zunächst mit einem schwärzlich­grünen Ueberzug und wird dann hellrot, die Farbe des gemeinen Rostes. Zintrost ist weiß, Quecksilberroft rot, Silberroſt bräunlich­schwarz. Je höher der Grad der Sauerstoffaufnahme ist, desto stärker pflegt auch die Färbung zu sein. Die einfachen Sauerstoffverbindungen von Kalium und Mangan find leicht braun bezw. weiß. Vei stärkerer Drydierung werden die Stoffe glänzend grün, bei noch stärkerer purpurrot. Der Farbenwechsel, den gewisse Schaltiere beim Kochen durchmachen, ist vermutlich auch ein Er­gebnis der Sauerstoffwirkung. Die Frage, warum Hummern und Srebse beim Kochen rot werden, ist oft untersucht worden, ohne ganz befriedigend beantwortet zu sein. Ein Grund ist wahrscheinlich, daß die Schale der Kerbtiere eine Verbindung von Eisen und Sauerstoff enthält, die beim Kochen durch weitere Aufnahme von Sauerstoff ihre Farbe ändert. Auch rotes Menschenhaar verdankt seinen Glanz wahrscheinlich der Anwesenheit von Eisen im Zustand hoher Deydation