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rankommer". Das Anerbieten, sich die Maschine im eignen Haufe des Frierens, hat. Anders der Zug in den Wohnungen, wenn der borführen und für einige Tage zur Probe anvertrauen zu lassen, lehnte er höflich, aber bestimmt ab.

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Er war doch nicht auf'n Kopp gefallen! Gewiß ließe er sich so ein fostspieliges Ding anhängen! Was er brauchte, das war eine wenig gebrauchte, noch gut erhaltene Maschine zu enorm billigem Preise", wie sie tagtäglich im Annoncenteile der Beitungen an­geboten werden. Namentlich auf den enorm billigen Preis" legte er besonderen Wert. Allerdings auch bei solchen Offerten war Vorsicht am Blaze; hinter so manchem Gelegenheitsfauf stedte ein verkappter Händler and die schenkten nichts her. Aber irgend ein armer Teufel, der fich, weniger vorsichtig wie Gotthilf Stolz, im Taumel der Be­geisterung von einem gewiegten Agenten zum Anlauf einer neuen Maschine hatte verleiten lassen und nach einem halben Jahr böser Erfahrungen gezivungen ist, das Ding um jeden Preis loszuschlagen, das war ein Fall für meinen Freund. Natürlich mußte man etwas von der Sache verstehen und sich nicht mit einem alten, rappeligen Kasten einseifen lassen. Und er verstand ja etwas davon, man hatte ihm ja alles haarklein erklärt.

Stolz begab sich nun Tag für Tag in eine Lesehalle, wo man in feuchten, troftlos düsteren Kellerräumen gegen Entrichtung von 5 Reichspfennigen alle Berliner Zeitungen studieren konnte. Schon tvaren 35 Pfennige auf diese Weise zum Teufel gegangen, ohne daß er etwas Rechtes gefunden hätte.

Körper in Ruhe ift. Ift die Temperatur die für das betreffende Individuum normale, so fann die fich einseitig fortseßende Abkühlung den Körper zur Erfältmg disponieren; es fann ein Schmupfen, ein Husten entstehen, rheumatische Beschwerden, sogar Gelentrheumatismus. Biele Menschen haben hierauf nicht acht, fie fönnen sich nicht beobachten, fie erfranken, ohne fich später ber borangegangenen einseitigen Abkühlung infolge von Bug bei eigner Körperruhe zu erinnern; Meidinger selbst hat im Leben im ganzen wenig an Erkältungskrankheiten gelitten, Bug war ihm in jüngeren Jahren wohlthuend, in höherem Alter wurde er ihm unangenehm, so daß er im Winter am Fenster nicht mehr arbeiten mochte; ja einigemale trug er bei der Eisenbahn­fahrt in der Nacht einen Schnupfen davon, wo Mitreisende es ohne ein offenes Fenster nicht aushalten konnten.

Das offene Fenster spielt auch in der Wohnung eine große Rolle. Für viele müssen die Fenster des Schlafzimmers dauernd, Sommer und Winter, geöffnet sein, wodurch im Winter nur unbehaglich falte, an heißen Sommertagen ebenso unangenehm warme Schlafräume entstehen. Auch für die Nacht werden offene Fenster bei Schlafstuben oft empfohlen; manche, die von Jugend an daran gewöhnt sind, fühlen sich auch im höheren Alter dabei wohl; andre aber, die erst in mittleren Jahren damit beginnen, holen sich eine Erfältung. So konnte ein älterer Militär ein offenes Fenster nicht vertragen, während das Schlafen im Freien, bei Manöver, ihn nicht empfindlich berührt hatte; in all diesen Fällen spielt eben die körperliche Kon­stitution, bas Alter, die Gewohnheit eine große Rolle. Man kann nicht generalisieren und von dem eignen Empfinden und Bekommen auf andre schließen und diesen empfehlen, eine Sache zu thun oder zu lassen.

Bereits mehrmals hatte er sich durch die geschict- unbeholfene Abfaffung einiger Anzeigen verleiten lassen, der Sache näher zu treten, aber stets stellte es sich heraus, daß Händler dahinter steckten. Endlich, nach acht Tagen heißen Bemühens, stieß er auf folgende Annonce: Schreibmaschine Allright , Modell 35, tadellos Die offenen Fenster überhaupt spielen namentlich bei den Eng­funktionierend, wenig gebraucht, Umstände halber billigst Neu- ländern eine große Rolle. Auch unter uns Deutschen giebt es Weißensee, Rettmanstr. 37, III." Das sah sehr vertrauenerweckend Fanatiker der offenen Fenster. Sie glauben auch bei höchster Sommer­aus. Damit niemand ihm zuvorkomme, nahm Stolz sofort die temperatur frische Luft durch das Fenster nötig zu haben und Elektrische und gondelte nach Neu- Weißensee. Nach vielen Hin- und bringen dadurch die Stubentemperatur, mitunter ein ganzes Haus, Herfragen zwischen den weiten, nur halb bebauten Geländen fand wenn sich das offene Fenster auch auf die Gänge erstrect, in un er schließlich das Haus, ganz an der Peripherie des Ortes. Hier behaglich hohe Temperatur, die um 3 bis 5 Grad diejenige über­war er sicher, feinem Händler ins Neh zu gehen. Das wäre ein treffen tann, welche sich bei geschlossenen Fenstern bilden würde. netter Händler," dachte er, der sich hierher verlöre, wohin kein Die Fenster sollten im heißen Sommer nur nachts geöffnet werden, Mensch ihm nachliefe." wo die Temperatur der äußeren Luft um 8 bis 10 Grad unter die höchste des Tages fintt; sobald am Tage das Thermometer über die Zimmertemperatur steigt, sollten sie geschloffen werden und bis spät abends bleiben. Die Wirkung der Sonnenstrahlen läßt sich nur durch äußere Vorhänge oder Jalousien unterbrüden, innere Bor hänge nehmen die Sommenwärme auf und geben sie an die Luft, welche dadurch gerade so erwärmt wird, wie von den durch die Strahlen getroffenen Wänden und Böden. sino stresin( Die Krankenpflege". Berlin . Georg Reimer.) Theater.

Die Maschine war nicht übel, obgleich es Modell 35 und nicht Modell 37 war. Der Preis allerdings schien meinem Freunde etwas hoch, und er versuchte, einen Nachlaß von 20 M. zu er reichen.

Das ließe sich mm gar nicht machen, meinte der Verkäufer, der in ausgetretenen Pantoffeln einherschlürfte; ein guter Be­tannter" habe ihn mit dem Verkauf der Maschine betraut und eigen mächtig fönne er nicht verfügen.

Schließlich einigte man sich dahin, daß der gute Bekannte" von dem Angebot in Kenntnis zu sehen sei, und, falls er darauf eingehe, die Maschine am andren Tage nach Stolzens Wohnung gebracht werden sollte. Allerdings müsse Stolz eine fleine An zahlung von 20 M. gegen Quittung- leisten.

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Mein Freund war damit zufrieden und lachte sich heimlich ins Fäuftchen, denn auf diese Weise wurde ihm die schwere Maschine fpesenfrei ins Haus geschickt. Wieder eine Ersparnis!

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Am andren Tage, in aller Frühe, wurde ihm die Maschine ge­bracht, und zwar durch einen uniformierten Diener des General­vertreters der Allright, der besten Maschine der Welt".-

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Kleines feuilleton.

S. S.

- Zugluft und Zimmertemperatur . Unser Behagen in der Ruhe, ganz besonders in den Wohnräumen, Inüpft sich an eine bestimmte Temperatur, die etwa zwischen 13 und 17 Grad Reaumur( 16 und 21 Grad Celsius) schwankt. Die Jugend und durch vielen Aufent halt im Freien abgehärtete Erwachsene fühlen sich wohler bei der niederen Temperatur; ältere Leute oder die, die durch den Berufjmehr ans Zimmer gebannt sind, namentlich auch wenn sie mageren Körperbau haben, bedürfen der höheren Temperatur. Zu diesen zählt sich Professor Meidinger in Karlsruhe , der in den Blättern für Volksgesundheitspflege eine entsprechende Darstellung über Zugluft giebt; ihm ist nur recht behaglich bei 17 Grad Reaumur, er kann sich aber noch recht wohl der Zeit erinnern, tvo ihm die niedere Tem­peratur mehr zusagte.

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Residenz Theater. Das große Geheimnis", Lustspiel in drei Aften von Pierre Wolff. Pierre Wolff hatte mit dem ein wenig rührsam angefärbten neuen Stück im Residenz­Theater feinen geringeren Erfolg beim Publikum als vor ein paar Tagen bei der Premiere seiner frivol satirischen Biscotte" im Trianon Theater, trozdem wird im Großen Geheimnis" allen Traditionen des Residenz- Theaters zuwider die Ehe nicht ein einziges Mal gebrochen. Der Liebhaber ist treu, sein Mädchen ist treu, sie heiraten sich und ihr illegitimer blonder Junge erobert sich im Sturm das Herz der Großeltern. Die Brabheit, etwas freilich abgemildert durch die in die Konversation da und dort eingestreuten Frivolitäten, wirkte auf dieser Bühne selbst wie eine pifante Ueberraschung. Weitaus das Beste waren die liebenswürdigen Scenen in der Kinderstube des jungen Paares. Der über die Weigerung seines Sohnes, das Mädchen zu verlassen und eine standesgemäße Heirat einzugehen, zuerst empörte Papa Jouvenel hat sich als ständiger Gast dort eingefunden. Der fleine Robert ist sein gauzer Stolz, und mit dem Kinde hat er auch die hübsche Mutter, die fleißige Blumenarbeiterin, ins Herz geschlossen. Boll drolliger Eifersucht ist er um den Kleinen geschäftig, er herzt ihn, tollt mit ihm, läßt ihn auf seinen Knien reiten und jingt begeistert die einfältigsten Kinderlieder dazu. Ein Hausfreund, den der Junge Ontel nennt, stachelt seinen Konkurrenzneid an. Aber diese großväterliche Idylle spielt sich hinter dem Rücken von Frau Jouvenel ab, die ihr Gatte für völlig unversöhnlich hält. Er zittert, daß sie seine Besuche entdecke. Indes Madame, die ganz dieselbe Meinung von ihrem Auch sie Manne hat, tann ebensowenig wie diefer widerstehen. flopft heimlich eines Tages an die Thür der Liebesleute, um das Durch Luftbewegung, also durch Wind draußen, durch Zug in Wunderkind , dessen Photographie sie zu Hause gesehen, sich zeigen den inneren Räumen, wird die Wirkung einer beftinumten Temperatur zu lassen, nimmt es auf den Schoß, schließt Freundschaft mit der taum daß sie warm auf den Körper sehr verändert; es entsteht eine raschere Abfühlung Geliebten ihres Sohnes und plaidiert, des Körpers, nicht bloß an den unbedeckten Körperteilen, wie geworden, für talte Waschungen des Jungen. Die Liebe zu namentlich an Gesicht, Hals, Händen, sondern auch an ben bebeckten, bem fleinen Robert, dessen Existenz sich doch im Grunde soweit fie der Strömung entgegenstehen; die Luft erscheint dadurch gar nicht rechtfertigen läßt, ist das große Geheimnis, das tälter, das Thermometer zeigt jedoch keinen Unterschied, in ruhender beide Großeltern vor einander verbergen. Eine anmutig- fröhliche wie in bewegter Luft hat es denselben Stand. Die größere Lustspiel- Idee, die eine beffere Behandlung, als ihr die Flüchtigkeit Abfühlung der Haut durch bewegte Luft fann wohlthuend des Autors angebeihen läßt, verdient hätte. Die Drolerie und leise empfunden werden, wenn die Temperatur der Luft die Sentimentalität des zweiten Aftes, der den Erfolg der Komödie uns im ruhenden Zustand behagliche weit übersteigt, wie entschied, haben in den beiden andren Aufzügen eine leider ziemlich Das Verhältnis der bei der Wirkung der Fächer; befinden wir uns im Freien in dürftige Verlegenheitsumrahmung erhalten. Bewegung, so kann Wind den Körper einseitig erheblich fühlen; alten Jouvenels zueinander, in der Idee so humoristisch, fällt durch infolge der stärkeren Blutcirkulation jedoch ohne gesundheitliche die Art der Ausführung in das flach Possenhafte zurück, ohne daß Störung, wenn man auch die Empfindung unangenehmer Kühlung, es darum doch zu rechter Bossenfomit täme, die Lösung überrascht

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