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„ Sie ist es aber, und wird es auch bleiben." Frau Minchen sagte es sehr energisch.
Ich will es Dir wenigstens jedenfalls wünschen, mein liebes Minchen. Aber, was man so erlebt hat die Männer machen doch schließlich mal Seitensprünge, und besonders die, die schon vor der Ehe für alle möglichen Mädchen geschwärmt haben."
Mein Frib hat aber durchaus nicht für alle möglichen Mädchen geschtvärmt." Minchens Stimme flang gereizt.
„ Nun ärgerst Du Dich doch, liebstes Minchen." Martha lachte hell auf vor Vergnügen." Du bist wirklich keine moderne Frau, Du siehst noch im Mann Dein Jdeal."
hättest.
Und Du würdest es auch sehen, wenn Du einen bekommen „ Erlaub' mal, von wegen einen bekommen... Sechs, wenn ich gewollt hätte! Ich werde aber einen nehmen! Die heiraten doch nur das Geld! Ich werde mich des Geldes wegen heiraten lassen! ' n Mädel, die Geld hat, nimmt man nicht aus Liebe."
„ Na, ich hab' auch' ne Mitgift bekommen, und Frizz hat mich aus Liebe gebeiratet."
Minchen setzte sich in Positur.„ Du hast aber wohl' ne Erbschaft gemacht, daß Du auf einmal solche gute Partie bist? Du, weißt Du, wenn die Mädcher auf die Mär die Männer schimpfen, schmeckt das allemal nach sauren Trauben. " Minchen, hör' mal, jest wirst Du beleidigend." Martha sekte fich ferzengerade.„ Du willst wohl Deinen Zorn an mir auslassen, ich kann nichts dafür, daß Dein Frip Liese Bürger geliebt hat, er hätte sie gern genommen, wenn sie ihn gewollt hätte.
" So laß ihn doch gewollt haben! Ihn selber haben noch viel mehr gewollt! Sag' mal, hast Du nicht auch mal für ihn geschwärmt? Natürlich, wir haben noch neulich gelacht d'rüber, Du hast ihm immer Fensterpromenaden gemacht. Das erzählt sich überhaupt ganz Potsdam ."
"
" Was sich ganz Potsdam schon erzählt. Das alte Slatschnest, das... das Martha fank zurüd, ihre Stimme schnappte über, aber Frau Minchen nahm ihre Pakete und sagte mit verbindlichem Lächeln: Adieu, liebes Fräulein Wernicke, es hat mich recht von Herzen gefreut, alte Erinnerungen aufzufrischen!"
ein Gläschen über den Durst tränken, daß z. B. Frau Professor Crusius und Frau Homberger sich gar ungebührlich halten, daß sie gar übel fluchen und schwören, dem Trunk sich ergeben, sonderlich des Crusii Weib, gehen selten zur Kirche, ziehen oftmals nach Luftnau und Derentingen und erzeigen sich dort ziemlich verdächtig. Ein Hostgeber, dem nachgewiesen war, daß er einem Herrn von Lanschad für 2 Gulden zu viel Wein gegeben, berief sich auf die ausdrückliche Erlaubnis des Vaters, daß sein Sohn zuteilen ein Maß über Ordnung nehmen dürfe, da seine Natur etwas weiteres erfordern thue. Und ein Professor Ziegler erklärte, er habe immer dafür gehalten, einem Studenten 80 bis 90 Maß Wein des Vierteljahrs zu bewilligen. Als die Weinleſe von 1536 sehr ergiebig und ebenso auch im nächsten Jahre besonders reich ausfiel und derart vorzüglich wirkte, daß davon schon ein kleiner Becher voll trunken machte, so geschah es, daß vom Herbst 1540 bis zum ersten Fastensonntag des Jahres 1541 in Württemberg über 400 Personen ums Leben famen. Im Heilbronner Gebiet hatten damals sogar viele Pfarrer einen Weinschant errichtet. Auch das weibliche Geschlecht überschritt oftmals die Regeln der Mäßigkeit, und ein Heilbronner Ratsdekret sagt darüber deshalb:„ Dem Trunke ergebene Weiber sollen vom Stadtknecht herumgedrängelt und ihnen an den Kopf ein Zettel gehoften werden mit den Worten: versoffene Krugsurschel." In Hall gingen 1532 drei Schwestern zusammen nach Munkheim in das damalige Mühlmichelsche Wirtshaus, wo sie 32 halbe Maß des besten Weines tranken, dann die Zeche bezahlten und abends ebenso ruhig nach Hause kamen, wie sie fortgegangen waren. Noch bis Ausgang des 18. Jahrhunderts waren an vielen Orten, wie z. B. in Offenbach , Güglingen , Mühlheim bei Sulz, Weil heim usw., sogenannte Weiberzechen üblich, wo die Schultheißen und Bürgermeister den zechenden Weibern aufwarten mußten. Bu jener Zeit wurden fast jeden Morgen Betrunkene in den Straßen gefunden, in Nürnberg wurde vom Magistrat ein besonderer Karren gehalten, um sie nach Hause zu fahren.
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Humoristisches.
Gutmütig. Nu' Heer'n Se, Herr Wirt, Ihre Beessicaks sind Se aber sehr fleene! Nähmen Se mer das nich' übel!" " I wo! Wie werd' ich Se denn das übel nähmen!?" Der Dichterling. Und wie stehen Sie mit den Redaktionen?"
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„ Na ja- sie bedauern halt so an mir herum!" Ausrede. Käufer( in einem Geschäft, das wegen Todesfalls Ausverkauf hat): Seh'n Sie, für dieselbe Bose, die Sie mir da für 8 Mart bieten, wollten Sie früher mur 6 Mark haben!" Verkäufer:„ Nu, was thut mer nicht alles in sein'm Schmerz!"- ( Fliegende Blätter ".)
Notizen.
ie. Das Geruchsvermögen im Greisenaiter. Die Abnahme der finnlichen Fähigkeiten mit dem hohen Alter ist bisher von der Wissenschaft auf experimentellem Wege noch kaum erforscht worden. Der Pariser Physiologe Basschide hat dies Gebiet betreten, indem er zunächst das Geruchsvermögen im Greifenalter zu messen bestrebt gewesen ist. Er hat 36 Männer und 30 Frauen der Prüfung unter zogen. Die Personen waren im Durchschnitt 78 Jahre alt, doch hatten einige von ihnen bis zu 94 Jahren auf dem Rüden. Vor Beginn der Geruchsmessungen wurde festgestellt, daß die betreffenden Leute an keinerlei krankhaften Veränderungen der Nase, auch nicht an einem vorübergehenden Schnupfen, litten. Von den Ergebnissen ist zunächst auffällig, daß das weibliche Geschlecht den Geruchssinn veit besser bewahrt als das männliche. Die Frau ist im Geruchsvermögen dem Mann auch schon in andren Lebensaltern überlegen, im allgemeinen sogar in allen, doch wußte man bisher nichts darüber, ob sich dieser Vorzug bis ins Greifenalter hinein erhält. Eine zweite beachtenswerte Thatsache ist die sehr erhebliche Herabsetzung der Geruchsempfindlichkeit während des Alters, die stets eintritt. Von den 66 untersuchten Personen konnten 24 als ihres Geruchs: vermögens vollkommen verlustig betrachtet werden, während sich ein vollständiger Mangel an Geruchssinn unter crivachsenen Personen jüngeren Alters nur im Verhältnis von 5 vom Hundert zu finden pflegt. Jm Greifenalter scheint also die Geruchsempfindlichkeit allmählich zu verkümmern. Ganz merkwürdig aber ist der Umstand, daß die Greise sich dieses Mangels gar nicht befvußt werden. Von den verschiedenen Versuchspersonen behaupteten alle, den starken Duft von Parfüms wahrzunehmen, auch wenn ihnen in den betreffenden Im Kunstsalon Paul Cassirer ist jetzt eine Sammlung Flaschen reines Wasser vorgesezt wurde. Die Gesichtsbilder müssen von Werken Francisco de Goyas zu sehen. ihnen die Abwesenheit der Geruchsbilder ersetzen, denn die Personen Die Berliner Secession wird ihre Winter= gaben vor, den Duft von Blumen unterscheiden zu können, wenn sie Ausstellung am 14. November eröffnen. Die Ausstellung wird die Blumen fahen. Uebrigens ist es von sehr bedeutenden Forschern u. a. circa 300 Studien Rodins und 70 Handzeichnungen Aubrey bekannt, daß sie in ihrem Alter das Geruchsvermögen verloren Beardsleys enthalten. hatten, z. B. von Pasteur. Die durch die Erinnerung gelieferten Bilder sind aber im Alter noch so mächtig, daß die Greise sich über die Herabsetzung oder den gänzlichen Fortfall des Geruchsvermögens völlig hinwegtänschen.
Kulturgeschichtliches.
- Eine englische Tageszeitung für Frauen wiro seit dem 2. ds. in London unter dem Titel„ The Daily Mirror" ( der Tagesspiegel) von der Firma Harmsworth, den Verlegern der Daily Mail" und einiger andern Blättern, herausgegeben. Daily Mirror" ist ein Pennyblatt, im Fou.nat dem illuftrierten, Daily Graphic" ähnlich, und erscheint auf gutem Papier, sauber gedruckt und mit einer Anzahl Holzschnitte geschmüdt.
Das Kleine und Neue Theater bringt demnächst zwei dramatische Erstlingswerke heraus: Mutter Landstraße" von Wilhelm Schmidt- Bonn und Meta Konegen" Hermann Stehr .
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von
Der Aquarellmaler Ludwig Passini ist in Venedig gestorben. Seltsame Achren. Auf einem Grundstück in OberSohland( Oberlausitz ) wurde der Ob. 3tg." zufolge eine Roggenähre gefunden, aus der 17 seitlich stehende Nebenähren herausgewachsen sind. Außer dieser seltsamen Aehre trug derselbe Halm noch zwei andre Aehren, die ebenfalls durch mehrfache Teilung eigenartig ausgestattet sind.
Das Trinken in der guten alten Zeit". Die Stuttgarter Stadtordnung vom Jahre 1492 machte es, wie die Stölnische Zeitung" mitteilt, jedem neucintretenden Richter zur Pflicht, einen filbernen Becher mit seinem Wappen auf die Ratsstube mitzubringen. Zu demselben Zwecke mußte in Hall jeder Herr", der in den Rat gewählt wurde, das erste Vierteljahrsgehalt seiner Ratsbesoldung zurücklassen. In den Kanzleien waren Suppen, Schlafund Untertränke üblich, damit die Räte und Schreibersknechte" nachher wieder fleißig arbeiteten. Uebermäßig getrunken wurde zu jener Zeit besonders in der alten Universitätsstadt Tübingen , und wenn man Maßregeln dagegen ergreifen wollte, so gingen die Studenten nach Rotenburg unter dem Vorwand, dort Papier und andres zu holen und kauften sich einen guten Weinrausch. Ein Bericht vom Jahre 1591 rügt sogar, daß die Frauen der Professoren öfters Berantwortl. Redakteur: Julius Kaliski in Berlin . Drud und Berlag: Borwärts Buchdruckerei und Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW
Ein Riesen Fischzug. Aus Budweis in Böhmen wird dem„ Neuen Wiener Tageblatt" berichtet: Nach dreijähriger Pause fand heuer wieder die Abfischung des zur fürstlich Schwarzenbergschen Herrschaft Wittingau gehörigen mächtigen Rosenberger Teiches statt. Die Abfischung des einen Flächenraum von 1200 Joch umfassenden Teiches begann am 19. Oktober sie dauerte durch vier Tage, bis einschließlich den 22. Oftober, und lieferte annähernd ein Ergebnis von 900 Metercentner Schuppen, Spiegel- und Lederkarpfen, 40 Metercentner Schille, 15 Metercentner Hechte und viele Metercentuer französische Muränen, Aale, Barsche, Welse und sonstige Arten Fische, also ungefähr 1000 Metercentner Fische im Gesamtwerte von 160 000 Stronen.
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