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Was sind das für Dinge?" fragte der Melieste erstaunt den Schreiber. Weiß der Teufel!" erwiderte jener. ,, Vielleicht werden die Ge­treidebarren und Tennen von den Gelehrten so genannt.

lichem Stein mit sechs spiszulaufenden Türmen in sehr schönem Stil. Das ist der Mormonentempel. Der höchste Enem ist 66 Meter hoch. Die Statue darauf stellt den Engel Moroni dar, der die Trompete bläst und das Mormonenevangelium allen Völkern der Erde verkündet; der Bau hat vierzig Jahre in Anspruch genommen; er steht nur den Heiligen der letzten Tage" offen. Es ist auch für Nun so schreib: fünf Moscheen und zwei Churulen!" entscheidet den Fremden nichts Merkwürdiges darin zu sehen, außer einem der Gemeindeälteste. Marmorbecken, das zur Taufe der Lebendigen und der Toten dient." Der Toten?"

So schreib einfach nicht vorhanden"." Wenn aber plöglich welche da sind?"

Und so machten sie es..

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Als der Schriftführer des Stanowoi die Antworten der Bezirks­bertvaltung erhalten hatte und die Angaben maschinenmäßig summierte, fchrieb er ebenfalls, ohne viel zu flügeln: fünf Moscheen und zwei Churulen!" Das wiederholte sich beim Jsprawnik und im statistischen Komitee selbst. So gelangte denn die Kunde von den fünf Moscheen" und zwei Churulen" in dem allerrussischten und allerorthodoxesten Gouvernement bis nach Petersburg  . Die Beamten der Residenz be­merkten staunend die Moscheen" und" Churulen", machten ge­hörigen Ortes Anzeige, und nun begannen die Schreibereien von Ressort zu Ressort. Wer hat es gestattet, im Gouvernement N. Moscheen und Churulen zu errichten, und wann ist es geschehen? Riegt nicht am Ende eine Propaganda, eine Verlodung zur Ab­trünnigkeit vor? Die Sache erschien als so wichtig, daß man in Petersburg  , ohne von dem betreffenden Gouverneur Aufklärung zu verlangen, cine geheime Stommiffion, zu der Kenner der mohammedanischen und buddhistischen Religion gehörten, an den Ort des Ereignisses" abfommandierte. Der Hergang flärte sich auf die einfachste Weise von der Welt auf, aber die Herren Kommissionsmitglieder erhielten sehr solide" Abkommandierungs­

gelder"

k. Bei den Mormonen. In seinen Skizzen aus dem amerifa nischen Leben, die Jules Huret   im Figaro" veröffentlicht, schildert er in seiner anschaulichen Art auch einen Besuch in der Salzsee­Stadt" bei den Mormonen. Meine erste Ueberraschung war die Stadt; mir fiel sofort die Ordnung, die darin herrschte, und ihr all­gemeiner Zustand auf. Ich hatte gedacht, unter ein Volk von Träumern und Bummlern zu geraten, die in einer Bucht des Salz fees fampieren. Und zu meiner höchsten Verwunderung befand ich mich in einer amerikanischen   Stadt, reinlicher und hübscher als die meisten, die ich bis jetzt gesehen hatte. Die Straßen von Salt Lake City   find gerade, in Quadraten angelegt, wie auch im übrigen Amerika  ; Sie sind alle 40 Meter breit, und elektrische Bahnen durchkreuzen sie. Auf den Trottoiren find Bäume gepflanzt, was ich sonst nirgends gesehen habe. In dem Handelsteil der Stadt stoßen die Gebäude aneinander, viele haben sieben oder acht Stockwerke; während es im Villenviertel ein- oder zweistöckige Landhäuser giebt, mit Veranden und Gärten. Im Norden und Often wird die Stadt von einer Hügel- und Berg­fette umrahmt; im Süden dehnt sich das Thal in einer Breite von 32 Kilometer aus, während es im Westen auf 25 Kilometer vom Salzsee begrenzt ist, der zehnmal so groß ist wie der Genfer Sec, da er 144 Kilometer Länge auf 64 Kilometer Breite hat. Er liegt 1200 Meter über dem Meeresspiegel, die Stadt selbst 1000 Meter.

Aber ich möchte nun endlich Mormonen sehen," erfärte ich meinem Führer. Fast alle, die Sie sehen, sind es ich auch," erwiderte dieser erstaunt. Er war ein fleiner bärtiger Mann von ruhigem, träumerischem Aussehen in sehr einfacher Kleidung; er erzählte mir, daß er Schweizer   von Geburt wäre, daß er in seinem Kanton durch einen Mormonenmissionar bekehrt wurde, und es für besser für sein Seelenheil hielt, sich der Mutterkirche zn nähern. Darum bin ich nach Amerika   gekommen. Ich bedauere es nicht. Ich bin verheiratet, ich habe mehrere Kinder und eine Anstellung an Ser Sion cooperative mercantile Institution, die von dem Apostel Brigham Young   gegründet worden ist.( Das ist eine Art großes Warenhaus, in dem man alles findet.) Ich lebe glücklich. Auch habe ich einen Rang in dem Priesterstand der Heiligen der letzten Tage" so heißen die Adepten der Mormonenfirche."

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Natürlich sind Sie Polygamist?" fragte ich.

Keineswegs. Nicht alle Mormonen find Polygamisten; un es zu sein, muß man Vermögen haben; denn die Erziehung einiger zwanzig Kinder ist teuer. Uebrigens ist jetzt die Polygamie gesetzlich berboten und offiziell giebt es feine Polygamie mehr."

" Ja, da das Morronenevangelium erst seit 75 Jahren be fannt ist, müßte man annehmen, daß alle Amerikaner, die früher lebten, verdammt find. Das wäre doch höchst ungerecht. Gott   hat mit Mormon gesprochen und ihm verkündet, daß die Nachkommen die Seelen der Vorfahren durch eine besondere Taufe retten fönnen, die fie für sie zu diesem Zwed empfangen." Und diese riesige Schildkrötenschale von Stein, neben der Kirche?"

Das ist das Tabernakel. Wir dürfen eintreten."

Wir traten in einen riesigen, elliptischen Saal von 75 Meter Länge und 45 Meter Breite ein, dessen Dach einen Bienenkorb nachahmt. Stein einziger Pfeiler ist vorhanden, und man fragt sich, wie sich. diefe elliptische Glocke halten kann.

Hier finden Sonntags die Gottesdienste statt; oft werden geist­liche Stonzerte gegeben. Mme. Patti und andre Künstler, die hier gesungen haben, erklären, daß es nirgendswo auf der Welt eine fo vollkommene Akustik gäbe. Man hört das geringste Geräusch von einem Ende des Saales zum andern."

Der Führer entfernte sich, und als er am Ende des Saales an­gelangt war, ließ er eine Stecknadel auf das Holz eines Kirchen­stuhles fallen. Ich konnte deutlich das Geräusch hören. Die Orgel ist die zweitgrößte der Vereinigten Staaten; ein freiwilliger Chor von 400 Stimmen wirkt jeden Sonntag mit."

Humoristisches.

Mein Been is

- Uf eenmal fieft' n Been raus!" Ueber die Her­tunft dieser Redensart wird der Frankfurter Zeitung  " erzählt. Ein richtiger Berliner   macht mit mehreren Freunden eine Schlittenpartie. hm gegenüber fitt fein Freund Aujust. Der Schlitten jondelt" über die schneebedeckte Landstraße. Den Verlauf der Fahrt schildert der Berliner also:" Als wir nu so' ne Weile jejondelt hatten, uf eenmal fieft' n Been raus! Jd sage zu Aujust:" Aujust, nimm det Been herin, Du wirst Dir det Been verfrieren." ' t nich," sagt Aujust. Un richtig, det Been war weg. Mit cenem Male war det Been wieder da. Na," sag' ick, Aujust, nimm det Been herin,' t sind 14 Jrad, Du wirst Dir det Been verfrieren." Mein Been is' t nich," sagt mein Freund Aujust. Nachher war det Been bald draußen ieber den Schlitten zu sehen, bald war et weg. Dat wurde mir denn doch zu ville un id sage zu dem Kutscher  : " Stutscher," sag' ich, wenn wieder' n Been rausliett, hauen Se mit der Peitsche druff." Mit eenem Male is det Been wieder draußen. Ich will jerade Kutscher  " rufen, da haut er schon zu un wat meenen Se? er haut mir ufs Been!"

Notizen.

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Eingegangen ist: Aus engen Gassen". Gedichte von Otto Krille.  ( Berlin  . Johann Sassenbach  .) Preis 60 Pf. Der neue Maeterlinc Wunder des heiligen Antonius" wird im Januar im Deutschen   Theater auf­geführt werden.

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- Die Erstaufführung des Schnißlerschen Schauspiels Der einsame Weg" im Deutschen Theater wird im Februar stattfinden.

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Im Leipziger   Schauspielhause fand Welders Robespierre" eine freundliche Aufnahme.

" In festen Händen", Schauspiel von Na oul Auern­Geimer, wird im Wiener   Deutschen   Volkstheater die Erstaufführung erleben.

Siegfried Wagner   hat eine neue Oper, Bruder 2ust ig" vollendet; sie behandelt einen östreichischen Stoff.--

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- Die Hoffnung des Bundes. In einer Unterredung mit dem Berliner   Korrespondenten der Neuen Freien Presse" äußerte sich Walter Leistikow   über die Entstehung und Ziele des Deutschen Künstlerbundes". In dem Bericht, den das Blatt über die Unterredung bringt, kommt die Stelle vor: Der Bund   hofft sogar, daß es dem Großherzog( von Weimar  ) gelingen wird, die Antipathien gegen die moderne deutsche Stunft zu be seitigen, die an einer hohen Stelle wohl nur deshalb bestehen, weil die modernen Künstler dort von gewissen Sunstreaktionären als Revolutionäre und Socialdemokraten geschildert werden." Auf dem ersten internationalen Schulhygienes Songres, der vom 4. bis 9. April 1904 in Nürnberg   statt­findet, werden u. a. folgende Vorträge gehalten werden:" Was hat die Augenheilkunde für die Schulhygiene geleistet und was muß sie noch Iciften?" Ueber die Aufgaben und die Ausbildung von Schulärzten". Verhütung der Infektionskrankheiten in der Schule."

Mein Erstaunen touchs. Und es giebt viele Mormonen?" Nach den statistischen Angaben von 1902 hat die Kirche der Heiligen der letzten Tage" 3 Präsidenten, 12 Apostel, 200 Patriarchen, 6800 Hohepriester, 2700 Septanten, 20 000 Aelteste, im ganzen 36745 Priester des Melchisedek  . Die Zahl der Aronspriester, Bischöfe, Prediger und Diakonen beläuft sich auf 25 700; im ganzen sind es also 62 445. Dazu muß man die Hilfsorganisationen rechnen, die 264 150 Mitglieder haben; dann bekommen Sie einen Begriff von der Expansionskraft unsrer Lehre, die kaum Dreivierteljahrhundert alt ist. Die meisten Mormonen leben in Utah  , andre in Stolorado, Neu- Mexiko   und Arizona  . Als im Jahre 1848 Mormonen in Utah   anfanien das bis dahin völlig wüst lag waren sie 2000 Mann; im Jahre 1860 waren wir 40 273, im Jahre 1880 143 000 und im Jahre 1900 hatte Utah  , wie die Schäßung erwies, 276 749 Einwohner, davon vier Fünftel Mor­monen. In den Städten sind die Heiden ziemlich zahlreich, aber auf dem Lande findet man nur die Heiligen der letzten Tage". Auf einer Anhöhe der Stadt erhob sich eine Kirche aus( blau Berantwortl. Rebatteur: Julius Kalisti in Berlin  . Drud und Verlag: Vorwärts Buchdruckerei und Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin   SW

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