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Wacht er dann auf, so fällt er mit einem tiefen Seufzer der Erleichterung in die weichen Daunen seines Leihbettes zurück. Wie gut, daß es außer dem Eigentumsrecht noch andre Rechte giebt- Sachen- und Obligationenrechte besonders wenn man sie nicht zu studieren braucht! Was Teufel geht es mich an", so denkt er, „ ob ich in meinen eignen Stiefeln stehe wenn sie nur nicht drücken! Und was fümmerts mich, in welchem juristischen Verhältnis ich zu meinem pardon! zu dem Hemde stehe, das ich trage, wenn es sich nur weich und warm an meinen Leib schmiegt!" So denkt der Leihmensch, der beileibe kein Socialist und auch kein Bürger irgend eines socialistischen Zukunftsstaates, sondern ein Kind der modernen großstädtisch- kapitalistischen Entwicklung ist. Vielleicht ist er sogar Mitglied der Freisinnigen Volkspartei , und ahnt gar nicht, daß er Engen Richter widerlegt hat.
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Der Kapitalismus sorgt für sein Kind und seinen Nachfolger, den Socialismus, als ein rechter Vater! Indem er den modernen Leihmenschen schuf, hat er den Fanatismus des Eigentums durch die That besser verhöhnt, als es ein neuer Fischart oder Rabelais ver möchte. Die Vorurteile, die sich dem Socialismus in den Weg stellen, zerstört er, che er sich selbst zerstört.
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Das Eigentumsrecht ist diejenige Form des Sachenrechts, die den meisten Leuten das Recht auf die meisten Sachen verwehrt. Wie wird sich aber jene Ordnung des Sachenrechts benennen und im einzelnen gestalten, die das Eigentumsrecht erfegen wird?
Wir wollen der Entscheidung nicht vorgreifen! Den fünftigen Juristen wäre damit ein guter Spaß verdorben. Uns genügt es für diesmal, wenn fich Jurist und Laie in der fröhlichen Erkenntnis vereinigen, daß es ein schlechter Trost ist, alle Dinge in Eigentum haben zu dürfen, die man nie haben wird; daß es aber etwas sehr Schönes ist, alle Dinge, die man braucht, gebrauchen zu können, auch wenn sie einem nicht, gehören". Das ist die socialistische Moral aus der kapitalistischen Geschichte vom Leihmenschen.
Kleines feuilleton.
F. S.
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in den seltsamsten Formen. Der Schnee ist leicht überfroren; e blitt und blinkt von allen Seiten.
Stille um uns her. Nur ein Specht hämmert irgendwo eifrig am harten Stamm. Alles atmet Schönheit und ruhige Straft. Märchenland! Wie ein Volf von Necken steigt der Hochwald auf. Knorrige, wunderliche Gestalten darunter. Und wie ein Bild weiblicher Bartheit und Anmut die schlanken Wacholderbüsche, denen der Winter mit zierlichen Flocken und Sternen ein wunderherrliches Gewand spann. Da ist auch der böse Zauberer: ein schiefer, buckliger Eichenflok mit Schneeaugen und Eiszapfen an der Nase... Go quillt eins nach dem andren aus dem verschütteten Brunnen unsrer Kindheitserinnerungen...
Wir sind oben. Unter uns, von einem durchsichtigen Schneeschleier eingehüllt, die dunkle Masse der Baumkronen. Ganz unten in der Ebene ein dörfliches Liliput mit weißen, leuchtenden Dächern. Auch die ärmlichste Hütte noch ein Bierstück. Und in der Mitte ragt der schneebedeckte Turm des alten, verwitterten Kirchleins auf, ein goldenes Kreuz auf der höchsten Spize; weiße Kreuze und Hügel am Fuße der Mauern. Dort ist der Winter, der Tod.
Aber neben uns, die wir in breiter Lichtung hinabsteigen, ist das Leben. Die Jugend des Dorfes schleppt ihre kleinen Schlitten mit dem Seil über der Schulter hier herauf. Die Jungen und Mädchen keuchen wie Lastträger. Aber sind sie oben, dann wird der Schlitten gerichtet, sie hocken sich hinauf, die Hände klammern sich fest ans Sibbrett und hinab geht's wie der Wind in sausender Fahrt. Auch Entgleisungen giebt's dabei. Aber wer achtet eine Beule in dem eifrigen, jubelnden Spiel? Jacken und Röcke fliegen. Jauchzen, Lachen, Schreien, erhitzte Gesichter. Man möchte wohl selbst noch einmal mit herunterfahren. Aber
Unten steht so ein Knirps mit rotem Gesicht, wischt sich die fchiveißige Stirn mit dem Jackenärmel und mißt bedenklich die Höhe des Abhangs mit den Augen:" Et is bloß schad', dat et den Berg ruff so langsam geht und so schnell wieder runter!" thi Und nachdenklich, den Schlitten hinter sich herziehend, Klettert er wieder nach oben.
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Humoristisches.
Eine Vertrauensperson. Besuch: Ihr thut ja heut' alle so geheimnisvoll! Was ist denn los bei Euch?" Schlächterssöhnchen:„ Wir haben einen neuen Gesellen zum Wurstmachen' friegt... und der wird jetzt vereidigt!"-
i Schlau. Gemeindevorstand Nazt: Wie fangst Du es nur immer an, daß Dir bei Deinen Bauern alles durchgeht?" Gemeindevorstand Wast: Sa weißt', ich bring' meine Anträg' immer im Wirtshaus beim Knödelessen ein, und wennt ich dann frag': Manner, wer hat was dagegen?"-nacha möcht' ich den seh'n, der in dem Moment" nein" sag'n kann!"
sg. Wintermarsch. Man muß ein Weilchen eingeschlossen gewesen sein, zivangsweise einige Wochen im Zimmer gehockt haben, aim so einen Hellen Wintertag in all seiner Klarheit, Frische und Schöne schäßen zu können. Zuerst beißt's ein wenig um die Nase, and man schlägt den Mantelkragen hoch, die brennenden Ohren zu Schüßen. Aber thun die Beine ihre Schuldigkeit, trappen die Füße energisch durch den knirschenden Schnee, dann strömt's bald in Ivarmen Wellen durch den ganzen Körper, und wie Behaglichkeit Tommt's über dich. Die Lungen weiten sich, tiefer geht der Atem, die Winterluft fließt wie ein reiner, erquickender Quell in die Brust; die Augen werden heller und blicken in erhöhter Lebensfreude d' Cenzi weiß, daß i' weiß, sie wüßt' gern, ob i' weiß, daß s' mi' - Der wißbegierige Mich I. Wenn i' nur wüßt, ob gern hat!"
um sich.
In der Stadt quetschen die Räder den Schnee bald zu einem fchmußigen Brei; was wirklich ein Weilchen unverändert liegen bleibt, muß bald dem Besen, der Hacke und dem Schieber weichen. In unansehnlichen Haufen lagert's dann im Rinnstein, bis der große Klappivagen kommt, den Brei hinauszubefördern vor's Thor.
Hier draußen aber, dort, wo sich die Landstraße gradlinig wie eine Schnur durch die Felder zieht, ist alles wie in ein reines, ungetrübtes Weiß getaucht. Selbst die Telegraphendrähte, welche dem Rauf der Straße folgen, ziehen sich wie weiße, unendliche Zivirnsfäden von einem Träger zum andrem. Und diese Maste selbst: wie mit dicker Watte gepolstert auf der Windseite. Auch die Stämme der Chausseebäume präsentieren sich im gleichen einseitigen Schmuck, and auf den blattlosen Zweigen und Aesten sammelten sich die Flocken zu kunstvollen weißen Linien, die jeder Biegung des Geäftes getreulich folgen und in ihrer Stärke variieren wie dieses. Wir biegen ab von der Straße ins Feld. Das ist kaum ein gangbarer Weg hier. Man kommt gar bald ins Glühen und knöpft den Mantel auf, der schon anfängt, die Schiltern zu drücken. Fast sommerlich wird einem zu Mute. Die Lerche könnte wohl steigen. Aber da geht der Blick über die Aecker: die grünen Flächen der Winterfaat, die pflugdurchfurchten schwarzen und gelben Schollen find überzogen von dem weißen Pelz, den Mutter Natur sich frierend anlegte. Rein Vogellaut. Dort hinten hüpfen ein paar schwarze Klere umher, Angehörige der diebischen Rabenzunft. Hier und da ein einsamer Baum oder wie ein Fleck auf säuberlichem Papier eine Buschgruppe in dunkler. Schattierung.
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In gleicher Färbung steigt's allmählich breit und hoch vor uns auf: der Wald. Der grüne, hügelige Moosteppich, auf dem er sich erhebt, hat sich in glänzendes Weiß verwandelt. Ein fahler, durch fichtiger Birkenbestand erst. Dann junge Kiefern, Unterholz,/ breit musladende Tannen. Wir folgen den Wildspuren, die sich zierlich in den Schnee prägten. Ein fußbreiter Pfad. Man muß sich bücken und winden, um hindurchzukommen. Aber es lohnt die Mühe. Tenn hier ist Märchenland. Und stände plötzlich ein Gnom wir wunderten uns nicht. Die Zweige der dunkelgrünen Nadelbüsche biegen sich unter der weißen Last. Dort, wo die Aeste fich gabeln, wie auf den Enden der Zweige liegt's in dicken Bäuschen. An den Spitzen hängen krystallklare Eiszäpfchen in unzähliger Menge,
bor uns
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Notizen.
Die nächste Novität des Neuen Theaters ist Schwester Beatrix" von Maeterlinc.
Landstraße, das Ende einer Jugend" wird in Wien -Wilhelm Schmidts dreiaktiges Schauspiel, Mutter und Budapest durch das Ensemble des Kleinen Theaters aufgeführt werden. wird im
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Theater des Westens die Erstaufführung erleben.- Oskar Strauß ' neue Opec, Colombine Im Wiener Carl- Theater hatte die neue Operette Der Göttergatte", Musik von Lehar , Text von Leon und Stein, Erfolg.
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Bacchus und Gambrinus", ein neues Ballett von Pratesi, Musik von Minenco, fand bei der Erstaufführung in der Mailänder Scala Beifall.
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Das Kupferstichkabinett bleibt, einer baulichen Ver änderung halber, vom 25. Januar bis zum 6. Februar geschlossen.
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Radiumerze kommen, wie der„ Chemnizer Allgemeinen Beitung" von einem bergmännischen Sachverständigen aus Freiberg geschrieben wird, nicht nur auf der böhmischen Seite des Erzgebirges( bei Joachimsthal ), sondern auch auf der sächsischen vor. Das Radium findet sich als Nebengemenge edler Silber mineralien zum Beispiel bei Grube Himmelsfürst" und Himmelfahrt" zu Freiberg , bei Weißer Hirsch"," Wolfgang Maßen", Gesellschaft"," Daniel" und" Siebenschleen" zu Schneeberg . Im Vogtlande wurde es bei„ Himmelfahrt" und" Grummelstadt" mit Wismut und Zimmerz zusammen vorgefunden. Die wichtigste sächsische Fundstelle ist jetzt Bereinigt Feld" im Forstenberge bei Johann georgenstadt . Die Wiederaufnahme der Gewinnung des gegenwärtig noch enorm teuren Uranpecherzes ist geplant. In Joachimsthal diente und dient das seltene Erz zur Herstellung schöner grüner und gelber Farben für Porzellanmalerei und zum Färben des soge= nannten Uranglases.