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das seinen Namen weiter trug, als es feine bedeutenderen Leistungen ist( was der Vortragende, wenn wir recht gehört, die Mixtum. thaten. Zu ihnen gehören die Mufiten zu einigen Klassischen Dramen, compositum- Basis der Aesthetit" genannt hat). Dagegen scheint vor allem zu Goethes Faust; diese wird gerne dort aufgeführt, too es uns durchaus gefährlich zu sein, daß die Gebundenheit, die Bes man eine besonders würdige und reichliche Darstellung des gesamten schränkung in der Mechanik des Spieles irgendwie einen Gegensas Goetheschen Faust versucht. Die vornehme und doch warmherzige zu der Bedeutung der Kunst als Ausdruck bilden sollte. In dieser Natur Lassens mußte auch jedem auffallen, der den freundlichen, und in mancher andren Beziehung müssen wir uns nun einmal damit ernsten alten Herrn in seiner verdienten Ruhe in Weimar   unmittel- abfinden, daß Kunst geradezu auch als höchste Unnatur bezeichnet bar kennen gelernt hat. werden kann. Daß die heutige Musikpädagogik für das Klavierspiel nicht so absolut falsch" ist, wie der Vortragende behauptet hat, zeigen schon manche einander sehr gegensätzliche Erörterungen, die es auf diesem Gebiete giebt. Wir werden demnächst Anlaß haben, auf diese, zugleich auch naturwissenschaftliche Dinge hinzuziehenden Er­örterungen näher einzugehen. Dieses Mal begnügen wir uns mit dem Vermert, daß nach jenem Vortrag feiner von unsren Dirigenten ein lebendiges Princip für den künstlerischen Ausdruck habe. wesens hat: das eine verspricht doch, wie schon angedeutet, einen So sehr man Grund zur Klage über Mißstände unsres Musika  guten Fortschritt, daß wir mitten in lebhaften Bemühungen zur Kritik und Besinnung über principielle und über zahlreiche einzelne Dinge der Mufit stehen. Selbst litterarische Erscheinungen wie die bekannten Kalender u. dgl. für Musiker zeugen davon. Wieder liegt ein Jahrgang der hübschen Veröffentlichung aus dem Verlag Mag Hesse in Leipzig   vor uns: Deutscher   Musikerkalender 1904". Einen besonderen Wert erhält dieses Wert dadurch, daß es sich bemüht, neben den vielen mehr mechanischen Notizen und dergleichen auch nähere Aufschlüsse über wissenschaftliche und pädagogische Verhältnisse des Musiflebens zu bringen. So unterzieht Professor Hugo Rie mann abermals die rührige, aber anscheinend recht unpraktisch an­gelegte Internationale Mujitgesellschaft" einer scharfen Beurteilung. bei der wir neugierig sind, ob sie Frucht tragen wird. In dem Ueberblick über die Musikverhältnisse deutscher und ausländischer Städte sind zahlreiche Einzelheiten und Personen und Einrichtungen zusammengetragen. Leider giebt es dabei vom Ausland nur Bruch­ftüde, und auch für das Inland möchten wir die Zusammenstellungen nicht leicht, daraus den Bestand der Musikschulen festzustellen. etwas übersichtlicher und greifbarer gemacht sehen. So ist es z. B. Einzelne interessante mujitgeschichtliche Notizen, wie wir sie z. B. für die Stadt Torgau   finden, tönnten gut noch zahlreicher vorhanden sein; so würden z. B. Städte wie Nürnberg   und Birna manche berartige Hinweise bekommen können. Jedenfalls ist es ein zwed­mäßiges Festhalten an deutschen Ueberlieferungen, daß in solcher Weise praktisches und theoretisches Treiben in der Kunst miteinander Hand in Hand gehen.

Es ist keineswegs eine billige Jronie, wenn wir mit Achtung von Leistungen sprechen, deren eigentlicher Wert bereits beträchtlich hinter unfrer Zeit liegt. Einen solchen Eindruck hatten wir auch bor furzem in einem Konzert, das der hier wohl bekannte Musiklehrer und Musik tritifer Albert Werkenthin   mit den Seinigen gegeben hat. Werkenthin ist einer der angesehensten Lehrer und Theoretiker der Klavierkunst; seine Lehre vom Klavierspiel, Lehrstoff und Methode" wird u. a. besonders wegen ihrer erschöpfenden Darlegung des Bor­tragswesens gerühmt. Dem entspricht ungefähr auch die Gesamt­leistung, die uns sein Konzert dargeboten hat. Es handelt sich um Kompositionen, bei denen die schaffende Kraft für tiefere Aufgaben nicht zureicht, die jedoch etwas durchaus Gefälliges und in Klavier stücken ausgesprochen Klaviermäßiges befizen. Unfrer unmaßgeb: lichen Meinung nach ist die Entwicklung, welche das Klavierspiel durch Liszt und durch Schüler und Nachstrebende dieses Künstlers genommen hat, teilweise ein Abweg; sie benußt das Klavier weniger als selbst ständiges Instrument und mehr als Vertreter eines darüber hinaus gehenden, insbesondere für das Orchester geeigneten Wollens. Wie schon nach dem Bisherigen zu vermuten tar, spielt in Werkenthins Kompositionen das Verzierungswesen, das Melismatische, auch in den Themen selbst eine beträchtliche Rolle; so besonders in einer noch ungedruckten Sonate für Klavier und Geige. Von mehreren Liedern des Komponisten, die uns dargeboten worden sind, halten sich manche doch auf einem für den dichterischen Inhalt allzu gemütlichen Niveau. Seine Auswahl von Gedichten ist insofern charakteristisch, als sie das Liebliche und Beschauliche bevorzugt. Immerhin mag das Lied Unter Blütenbäumen" eine ehrende Hervorhebung bekommen. Anders steht es mit Stompofitionen eines jungen Tonfünstlers, Karl Schaeffer, der mit den Seinigen vor kurzem einen für solche Verhältnisse gutbesuchten Kammermusik- Abend gegeben hat. Seine Lieder zeigen, ohne ins Meisterliche oder Große zu gehen, bereits einen ausgesprochenen eignen Willen, auch die Fähigkeit, einfach und bündig zu sein, und manches Geschick in der Klavier­begleitung. Drei Lieder von M. Mauthner, die in demselben Sonzerte zu Gehör kamen, verdienen allerdings auch diese Rühmungen nicht. So interessant uns nun Herr Schaeffer als Komponist war, so sehr mußten wir uns denn doch verwundern, daß er als Klavier­spieler nicht den Ehrgeiz entwickelte, über das hinauszugehen, was man heute im Instrumentalspiel gewohnheitsmäßig unter Musik ver­steht. Es mögen ja Manche auch ihre Gründe haben, flassische Stüde  in der wohlbekannten eiskalt flassischen" Weise zu spielen; so haben wir z. B. das Trio Es- dur von Mozart für Klavier, Klarinette oder Violine und Viola   bereits in verschiedentlicher Auffassung zu hören bekommen. Wird aber ein solches Stück nicht nur beinahe Tatt für Tatt völlig gleichmäßig, sondern auch fast Ton für Ton unterschied­los gespielt, dann dürfen wir doch die Frage aufwerfen, ob das wirk­lich eine aus dem Innern der Spieler heraustönende Kunst ist, so sehr auch die Korrektheit und zarte Feinheit anerkannt werden mag, die hier derart zur Geltung fam, wie es bei solchen Darstellungen meistens der Fall ist.

Etwas lebhafter, aber hinwvider weniger verläßlich in der Korrektheit hält sich die Klavierspielerin Gabrielle Fabritius, von deren Konzert wir den Vortrag der zweiten Klaviersonate Beethovens hörten. Zwar ist ihr Vortrag im allgemeinen solid; sie giebt sich auch manche Mühe und bringt schließlich ein Rondo nett heraus. Die Art und Weise jedoch, wie sie in jener Sonate von Beethoven   den langsamen Sah( Largo appasionato) beinahe zu einem Lärmstück gemacht hat, ist doch um so weniger verzeihlich, als ja schon die gewöhnlichen Notenausgaben und zahlreiche Erläuterungen wenigstens vor all zu großen Verfehlungen bewahren können; und bis zur Duldung solcher Versuche darf die Nachsicht nicht gehen, die sonst selbständige Auffassungen mit Interesse begrüßen kann.

In die von uns bereits öfter berührte Kälte des Instrumental­vortrages hineinzuleuchten, würde ein Vortrag berufen sein, dessen Auseinandersetzungen wir vor kurzem hörten, wenn dessen Vortragen­der die Fähigkeit hätte, einige gute Gedanken, die ihm gekommen find, überhaupt durchzudenken. Ein Ausländer, dessen Namen wir wohl richtig als Frederic Horace Clark verstanden haben, gab eine von ihm so bezeichnete St. Damian- Vorlesung über die Aesthetik des Klavierspiels. Wenn sich jemand die Mühe nehmen wollte, das wirklich zu denken und zu sagen, nach dessen geistiger Gestaltung der erwähnte Vortragende gerungen hat( die unvoll­tommene Beherrschung der deutschen Sprache würde dabei am aller­wenigsten schaden), so könnten wir ganz wohl fruchtbare Aufschlüffe bekommen. Der Mann wollte ersichtlich sagen, daß die Gleichmäßig feit des Herabspielens der Tatte, die bei der sogenannten Klassischen Auffassung unsres Mujitmachens üblich ist, als ein Widerspruch gegen jegliche Aesthetik bezeichnet werden muß. Es würde gar nicht der Berufung auf einen der ästhetischen Briefe von Schiller bedürfen, um zu zeigen, daß wir hier die niedrigste Stufe der höchsten Kunst" vor uns haben. Auch das ist richtig, daß mit dem bloßen Rufen nach Einfachheit in diesen Dingen noch lange nichts getan ist, daß vielmehr eine enttvidelte unit auf einen oroken Reichtum anaewiefen

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Kleines feuilleton.

S2.

eg. Der Husten. Emma Hustete, nicht gerade laut und auch nicht besonders arg, nur den gewöhnlichen Husten, den jeder hat, wenn der Schnee halb Schnee und halb Regen fällt, und ganz Berlin  ein Morast ist; es wandten sich aber doch alle Augen zu ihr hin: der ganze Schlächterladen sah auf Emma.

" Sie husten ja sol" sagte das Aufschnittfräulein. Das war nicht zu leugnen, Emma leugnete es auch gar nicht; sie konnte einfach nicht, denn sie hustete von neuem.

Ra so'n Husten!" meinte die Schlächterfrau. Das is'n böser Husten," nickte eine von den Kundinnen, die dicht gedrängt den Ladentisch umgaben.

" Da machen Se man was jejen," redete eine ziveite zu, da tönnen Se ja was von auf die Brust kriejen."

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Ach tvo!" lachte Emma, die jetzt mal auf ein paar Sekunden Luft hatte, ich habe mich' n bißchen erfältet, weiter is gar nichts, ich esse ja auch schon immerzu den janzen Tag Salmiaipastillen." Als wollte sie ihre Worte noch bekräftigen, schob sie ein paar davon in den Mund.

" Das Zeug hilft bloß nichts," sagte das Aufschnittfräulein verächtlich. Nee, das stimmt," bestätigte Emma, se schmecken aber!" " Sie müssen se mit Lafrißen kochen, denn helfen se auch," sagte die Schlächterfrau.

Allein Emma verzog den Mund:" Pfui, wie für fleine Kinder." die sich etwas abseits von den andren hielt und sehr sauber und " Ich werd' Ihnen was sagen," meinte eine große junge Frau, abrett aussah; ich hab's gelernt im Samariterfurfus, legen Se sich ' n faltes nasses Tuch auf die Brust und Wolle darüber; und wenn Ihnen dis nicht hilft, denn jeh'n Se bei'n Doktor!"

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Um' n Husten bei'n Doktor jeh'n!" schrie die Schlächterfrau. " Und' n faltes Tuch auf de Brust!" fügte eine andre entsetzt hinzu. Na, Sie sind woll, da tricht man ja de Schwindfucht. Wenn man hustet, soll man schwitzen!

" Jatvoll, und dazu macht man'n nassen Umschlag; ich hab's aus' m Samariterkursus." Die Große sagte es sehr energisch.

Eine Nachbarin rümpfte indeffen die Nase:" Jott, Sie mit Ihren Samariterkursus, dett is nur, weil Sie mit Ihren Mann in alle Versammlungen laufen, da haben Se was jehört von'n Samariterkursus und nu mußten Se natürlich hin. " Dis is auch schr nüßlich, daß man dahin geht, da lernk man was

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