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blieben sein, wenn nicht- Das Mädchen lachte und drehte| Ginger"*); der hat den City- und Vorstadtpreis gewonnen. fich im Bette herum.
Esther gab keine Antwort.
Na! finden Sie das nicht auch? Ist dies nicht ein scheußliches Loch für zwei Mädchen? Wie war es denn auf Ihrer letzten Stelle?"
Esther erwiderte, daß sie noch nicht lange im Dienst sei, und Margarete war zu sehr in ihre eignen Gedanken vertieft, um auf die Kürze der Antwort zu achten.
,, Etwas hat Woodview vor andren Stellen voraus: das ist das Essen. Wir bekommen so viel, wie wir nur wollen, und wenn die alte Köchin nicht so geizig wäre, würden wir sogar noch mehr bekommen. Um recht viel Profit zu machen, fnapst sie uns morgens den Speck ab. Aber dabei fällt mir ein, Sie wissen doch, daß die Köchin Ihnen jetzt bös ist. Sie müssen wieder gutfreund mit ihr werden, wenn Sie hier bleiben wollen!"
Warum brauchte sie mir denn zu sagen, ich soll aufwaschen und Gemüse pußen, wenn ich doch noch nicht Zeit gehabt, mich umzuziehen?"
" Ja, nett war es nicht von ihr, aber so ist sie immer; sie plagt die Küchenmädchen so viel sie kann; gestern abend aber hatte sie es wirklich eilig, es war ja Gesellschaft zu Tisch; ich hätte Ihnen gern eine Schürze geliehen, und das Kleid, das Sie anhattensah wirklich nicht aus, als wär' es zu schade gewesen."
„ Soll man etwa, weil man arm ist..." " Ach wo! Das mein' ich nicht. Ich weiß gut genug, was es heißt, arm sein."
Margarete legte ihr Korsett an und ging nach der Thür, um ihr Kleid zu holen. Sie war ein recht hübsches Mädchen mit feder Nase und großen, hellen Augen; ihr Haar war heller als Esthers, und sie hatte es ganz glatt zurückgebürstet, um die auffallende Kürze ihres Gesichts zu verbergen, welche ihr einziger Fehler war.
Esther war niedergekniet und sprach ihr Morgengebet, als Margarete jich umdrehte, um ihre Stiefel zuzuknöpfen. Was!" rief fie in höchstem Erstaunen:„ Glauben Sie wirklich noch, daß Beten was nüẞt?!"
Esther blickte ärgerlich empor.
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" Ich will gar nichts gegen das Beten sagen, aber wenn ich Sie wäre vor den andren ich weiß nicht-die werden Sie furchtbar aufziehen damit." „ Margarete! Ich hoffe nicht, daß sie so gottlos sein werden, darüber zu spotten. Aber eigentlich ist es ja ganz egal, was fie von mir denken; lange werde ich doch wohl nicht hier bleiben!"
Als sie nach unten famen, öffneten sie die Fenster und Thüren, und Margarete führte Esther herum, zeigte ihr, wo die Sachen alle waren und für wie viele sie den Tisch zu decken hatte. Die Speckschnitten prasselten eben in der Pfanne, als eine Menge Jungen und Männer mit vielem Geräusch den Korridor herabgeeilt famen. Sie riefen Esther zu, sich zu beeilen, da sie sich verspätet hätten.
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Ah, das war damals' ne famose Beit; wir hatten alle darauf gefeßt; zwanzig zu eins war die Wette, und ich gewann zwölfeinhalb Schilling. Grover gewann über dreißig Schilling. und man munkelte, daß John, der Haushofmeister, ein kleines Vermögen gewonnen hat, aber der das ist so' n Heimlicher, der sagt keinem Menschen was. Die Köchin hat gar nicht gewettet, sie behauptet, Wetten sei der Fluch der Dienstboten. Sie wissen doch, daß man behauptet, ihr verstorbener Mann habe sich durchs Wetten ruiniert. Er war Verwalter hier beim Vater des jetzigen Squire." odol
Nun erzählte Margarete alles, was sie von diesen Geschichten wußte. Der verstorbene Mr. Latch hatte als Verwalter das vollste Vertrauen genossen, und größere Geldfummen, über die er nie zu näherer Rechenschaft gezogen wurde, waren fortwährend durch seine Hände gegangen. Gegen alle Erwartung wurde Marksman beim Chester CupRennen geschlagen, und die ganzen Besitzungen des Squire wurden unter gerichtliche Verwaltung gestellt. Unter dem neuen Regiment wurden die Dinge nun genauer genommen, und es stellte sich heraus, daß die Abrechnungen des Mr. Latch nicht befriedigend lauteten. Der Verwalter war durch die Niederlage des Marksman ebenso schwer betroffen worden wie der Squire, und hatte, um die Ehrenschulden zu bezahlen, einen Griff in die ihm anvertrauten Kassen gethan, in der sicheren Hoffnung, das Geld binnen weniger Monate zurückzuzahlen. Der Ruin des Squires fam seinen löblichen Abfichten aber zuvor; man drohte ihm mit einem Prozeß, doch wurde dieser noch glücklich niedergeschlagen dadurch, daß Mrs. Latch nicht allein ihre ganzen Ersparnisse hergab, um seine Schulden zu bezahlen, sondern freiwillig noch für eine ganze Reihe von Jahren auf ihren Lohn verzichtete. Bald Barauf starb der alte Latch. Der Squire kam durch einige glücklichere Wetten wieder auf die Beine. Die Sache geriet bald in Vergessenheit, bis sie allmählich zu einer Art Familienlegende der Latch wurde. Für andre wenigstens; für Mrs. Latch selbst blieb die Sache jedoch ein unheilbarer Kummer. Und um ihren einzigen Sohn den Einflüssen zu entziehen, welche ihrer Meinung nach seines Vaters Tod verschuldet hatten, hatte Mrs. Latch jedes Anerbieten des Mr. Barfield, William in seine Dienste zu nehmen, bisher ausgeschlagen. Gegen ihren Willen hatte man ihn reiten gelehrt, in der Hoffnung, einen Jockey aus ihm zu machen. Zu ihrer großen Freude jedoch wurde er so groß, daß diese Möglichkeit bald ausgefchloffen war. Dann hatte sie ihn in einem Geschäft in Brighton untergebracht; aber seine große und wohlgebaute Gestalt verlangte nach der Livree, und zu Mrs. Latch großemt Kummer machte Mr. Barfield ihr einen diesbezüglichen Vorschlag.„ Warum," schrie sie, können Sie mir meinen Sohn nicht lassen?" denn ihr schien es, als wäre er nicht mehr ihr Sohn, wenn er erst die verhaßte Livree mit den blanken Knöpfen und der Kokarde trüge; abgesehen davon, daß sie nie vergessen konnte, wie groß die Latchs einst da gestanden hatten.
ein Versuchsrennen sein. Ist Ihnen nicht aufgefallen, daß ,, Heute morgen," sagte Margarete, wird, glaube ich, Silberschwanz keine Decke um hatte? Außerdem reitet " Ginger " immer selbst in den Versuchsrennen."
Esther wußte nicht, wer sie waren, aber sie bediente fie, so gut fie fonnte. Sie schlangen ihr Frühstück eilig hinunter und rasten dann davon, den Ställen zu. Noch waren sie nicht lange aus der Küche heraus, als der Squire und sein Sohn Arthur im Hofe erschienen. Der„ Alte"), wie alle nannten, war ein Mann von mittlerer Größe. Er trug Knie- sther. Aber sind denn das Wagenpferde? Sie sehen ja
hosen und Gamaschen, in denen seine Beine unförmlich dick aussahen. Sein Sohn war ein schmalbrüftiger, unterſetzter, junger Mann, fast lächerlich mager und mit scharfem, ipizem Gesicht; auch er trug Kniehosen und Gamaschen, und an seinen Stiefeln waren lange Sporen befestigt. Mit seinem fahlen, gelben Haar sah er beinahe komisch aus. Aber sowie er im Sattel saß, erschien er als ein ganz andrer. Er ritt ein wundervolles kastanienfarbenes Pferd; nur schien es Either ein bißchen mager zu sein. Die häßlichen kleinen Jungen, die ihr gestern schon aufgefallen waren, saßen auf ebenso mageren Pferden. Der Squire ritt eine kräftige, graue Mähre und betrachtete mit tiefstem Interesse das Pferd seines Sohnes fowie ein braunes Tier, das den Kopf hoch in der Luft hielt und das vom kleinsten der Jungen, einem winzigen, sommersproffigen, rothaarigen Kerlchen, geritten wurde.
Das ist Silberschwanz, das braune da, das der Kleine Teufel" reitet; das kastanienbraume ist Bayleaf, den reitet
*) The Gaffer, ein unnachahmlicher Ausdrud, eine vulgäre Busammenziehung aus grand father; zugleich ist es auch im Sportjargon eine berächtliche Bezeichnung für einen Pferdetrainierer."
" Was ist denn das
so mager aus!"
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ein Versuchsrennen?" fragte
gar nichts davon? Können Sie denn nicht sehen, daß das " Ist die dumm! Wagenpferde! Verstehen Sie denn rein Rennpferde sind?"
etwas, was Margarete nicht verstand. Esther ließ beschämt den Kopf hängen und murmelte
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,, Um die Wahrheit zu sagen," fuhr Margarete fort, wußte ich auch nicht viel davon, als ich herfam; aber hier hört man ja von gar nichts anderm sprechen, und dabei fällt mir ein wissen Sie, wenn Sie die Stelle behalten wollen, dürfen Sie nie eine Silbe über die Pferde sprechen; wenn man Sie fragt, dürfen Sie von nichts wissen; deswegen ist Jim Story entlassen worden; der erzählte im„ ,, Noten Löwen", die Valentine sei lahm geworden. Wer es dem ,, Alten" wiedererzählt hat, wissen wir alle nicht. Ich glaube, daß es Mr. Leopold war, denn der weiß immer alles. Aber