Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Nr. 41.

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Freitag, den 26. Februar.

( Nachdruck verboten.)

Esther Waters.

Roman von George Moore  . ,, Vielleicht wußte er nicht, daß das Pferd damals nicht Laufen sollte."

Mrs. Latch antwortete: Ach, Sie scheinen sich ja auch schon ordentlich darauf zu verstehen."

" Ja," erwiderte Esther lächelnd, man hört hier ja gar nichts andres sprechen, unwillkürlich redet man da eben auch mit; aber sie sagen doch alle, daß Mr. Leopold so reich sei; die Jungen haben mir erzählt, daß er einen Haufen Geld bei dem City and Suburban gewann, und daß er jetzt Tausende in der Bank liegen hat."

" Das sagen wohl manche, aber wer weiß es genau? Wenn einer gewinnt, wird stets ein großes Geschrei darüber gemacht; wenn er verliert, hört man nichts davon."

VI.

Die Jungen" spielten im Stalle Ball; Esther hatte aber heute nicht Lust, sich mit ihnen zu amüsieren; draußen war alles so ruhig, duftete so schön und süß, daß sie das mehr anzog. Sie ging durch den Küchengarten nach dem Gitter zu. Das Pony und der Esel kamen ihr entgegen, und sie streichelte beiden die Köpfe. Es war ihr heute ein wahres Vergnügen, etwas berühren zu können, namentlich etivas Lebendiges. Sie bemerkte, daß die Buchen sonderbar groß und breitästig sich von dem ruhigen blauen Himmel abhoben, und ein köstlicher Nebelduft schwamm ihr von dem Blumen garten entgegen. Die ganze Luft war erfüllt von einem frischen Erd- und Laubgeruch. Auch der Vogelgesang flang ihr süß, und in ihrer Brust schwoll eine mächtige Liebe zu der Erde und der Wunsch, sich selbst mit all diesen Wohlgerüchen und Schönheiten verbunden zu sehen: Die Schönheit des Abends und der leise Windhauch, der vom Meere herauffam, gab ihr ein Gefühl von Kraft und Gesundheit, und sie dachte nach, wie es wohl sein würde, wenn wie es den großen Damen in Sarahs Büchern passierte auch zu ihr ein junger Mann käme!... Wie sie in der Abenddämmerung mit ihm plaudern und dabei dem Mond zusehen würde, wie er auf­ging, und den Fledermäusen, wie sie hin und her flatterten.

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1904

hatte aber Furcht, sich umzuwenden. Endlich war es ihr, als hörte sie Fußtritte dicht hinter sich, und ihr Herz begann schneller zu pochen. Er rief sie bei Namen.

" Ich glaube," sagte sie, sich umwendend, die Sarah ist nach dem Garten hinuntergegangen."

Warum sprechen Sie mir immer von der Sarah? Wie oft hab' ich Ihnen schon gesagt, daß ich mir nichts aus ihr mache, und wenn ich es je gethan habe, so ist das jedenfalls schon lange her.-Gehen Sie spazieren?"

Ja," sagte sie. Ich wollte ein wenig frische Luft

schöpfen.

Und nun gingen sie zusammen bis zum Gartengitter. Galant hielt William es offen und ließ sie hindurchschreiten. Die Besizungen von Woodview reichten bis zur halben Höhe des ersten Hügels hinauf; linker Hand erstreckte sich am Fuße des Hügels ein flaches Thal, in welchem Aecker lagen, und über dem jetzt am grauen Abendhimmel karmoisinrote Wölfchen dahinzogen; das Thal erstrecte sich bis weit hinter Elliots Farm; hinter dieser dehnte sich das Land wie eine weite Wüste, ohne Baum, ohne Strauch, bis zum Meer hinab.

Der Geruch von Schafen war in der Luft, und es dauerte auch gar nicht lange, da kam ihnen die Herde entgegen; ihr folgte der Hirte mit seinem mächtigen Hut und Krückstod. Zu seinen beiden Seiten liefen seine beiden Hunde einher; ein paar Rebhühner stiegen plöglich fast zu ihren Füßen embor und flogen mit schwirrendem Geräusch rasch über die Hügel hinweg. Durch die Wärme der Luft und den köstlichen Erd­und Pflanzenduft verleitet, setzten Esther und William sich im Graje nieder, und das Landschaftsbild vor ihnen, welches sich so flar in dem dämmerigen Lichte entfaltete, ergriff beide in tiefster Seele.

„ Ist das ein herrlicher Abend!" sagte William.„ Ich kann mich nicht entsinnen, je schöneres Wetter erlebt zu haben: noch friegen wir keinen Regen!"

,, Woher wissen Sie das?"

„ Das will ich Ihnen sagen," erwiderte William, der sich freute, sein höheres Wissen kundthun zu können. Sehen Sie mal da durch die Senkungen in den Hügeln nach Süd­westen; was sehen Sie dort?"

,, Nichts!" sagte Esther, nachdem sie ihre Augen vergeblich angestrengt hatte.

,, Nichts! Das kann ich mir denken! Wenn aber Regen in der Luft wäre, so könnten sie dort die Insel Wight   sehen!" Um auch etwas zu sagen, das William angenehm wäre, bat Esther ihn, ihr doch zu zeigen, wo der Rennplatz sei. Er zeigte ihn ihr.

Die Herrschaft war verreist, und sie hatte somit reichliche Muße, noch eine ganze Woche lang allabendlich die sommerliche Dämmerung und den aufgehenden Mond zu bewundern und zu genießen; aber die Entzückung des ersten Abends wollte nicht wiederkommen, und sie sehnte sich nach einem Gefährten.„ Dort drüben den Start kann ich ihnen nicht zeigen, Sarah und die Grover waren viel zu großartig, um mit dem der ist dort weit hinter dem Hügel nach Portslade zu. Dann Küchenmädchen spazieren zu gehen; Margarete hatte ihr kommen die Pferde dort jenen Weg entlang und enden bei ..Verhältnis", einen jungen Mann, der sie zum Spazieren- Truly- barn. Man kann Truly- barn von hier aus nicht sehen, gehen abholen kam, und spät abends erzählte sie Esther bor's ist eine gute halbe Meile weiter als jene Scheune dort." dem Schlafengehen alles, was er zu ihr gejagt hatte!

Esther aber konnte die ganzen langen Sommerabende nichts andres thun, als allein am Küchenfenster sitzen und nähen; oft fielen die Hände ihr schlaff in den Schoß herab, und ein tiefer, schwermütiger Seufzer entrang sich ihrer Brust. Gab es wirklich in der großen, weiten Welt für sie nichts andres als zu nähen oder allein spazieren zu gehen? Sie hatte die langweiligen Berge mun schon satt; aber unmöglich konnte sie den ganzen Abend bis zum Schlafengehen so allein in der Küche dasigen; sie wollte hinausgehen, dem alten Hirten ent­gegen, wenn er mit seinen Schafen zurüdfam; fie stedte ein Stück Brot für die Hunde des Hirten in die Tasche und Schlenderte ins Freie hinaus. Margarete war nach dem Garten hinabgegangen. Würde wohl auch einmal zu ihr ein junger Mann kommen? Und wie würde er wohl aussehen? Dann Tachte sie sich selber ob dieses Gedankens aus. Sie fonnte sich gar nicht denken, daß irgend ein junger Mann sich aus ihr etwas machen sollte.

Gerade in diesem Augenblick blickte sie sich zufällig um und sah einen Mann den Weg herauffommen; an seiner Höhe und seinen breiten Schultern erkannte sie William.

Aha! dachte fie, er sucht die Sarah; aber er darf ja nicht etwa denken, dach ich ihn hier erwartet hätte; und sie ging raschen Schrittes weiter, dachte dabei, ob er ihr wohl folgte,

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„ Gehört denn all das Land dem„ Alten"?"

Ja, und sogar noch viel mehr; aber dieses Land hier ist nicht viel wert, sicher nicht mehr als zehn Schilling pro Morgen."

,, Und wieviel Morgen umfaßt es wohl?"

"

,, Meinen Sie das, was wir hier übersehen können?" " Ja!"

"

" Die Ländereien des Alten" reichen bis nach South­wickhill hin und weit nach Norden hinauf. Das wissen Sie wohl nicht, daß dieses ganze Stück, das hier zwischen uns und jener Scheune liegt, einmal meiner Familie gehört hat?" " Ihrer Familie?"

" O ja! Die Latchs waren mal sehr reiche Leute; zur Zeit meines Urgroßvaters standen die Barfields lange nicht so hoch wie die Latchs. Mein Urgroßvater besaß einen schönen Haufen Geld, aber er verlor alles."

Beim Rennen?"

„ Ein Teil sicher dabei. Hahnenkämpfe, Jagden, Rennen, Wetten, das waren seine Beschäftigungen jahraus, jahrein. Dann kam mein Großvater an die Reihe; der wurde Advokat; da hatte er erst was Schönes damit gemacht! Sein Schilling blieb ihm schließlich übrig. Darum wollte meine Mutter nicht Seit Generationen ist daß ich in die Livree gesteckt würde. die Familie nun beständig heruntergekommen, und Mutter