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Nur das Weibchen brütet, während das Männchen aufmerksam| der Papiermaschine au Tafeln verarbeitet und mit einer Lösung von Wache hält. Die Jungen schlüpfen nach sechzehn Tagen aus und tonzentriertem Reim oder Kochsalz besprengt. Diese Lösung soll die werden von der Mutter sehr bald an Orte geführt, wo sie ein Eigenschaften befizen, der Sehnenwolle den Charakter eines faserigen Versted finden. Die mit zartem Flaum bededten Kleinen find so Bindemittels zu geben, welcher die Lederpartikel sehr gut miteinander intelligent, daß sie sich bei Gefahr platt an die Erde drücken und verbindet. ganz still liegen.

Die Feinde, von denen der Kiebig bedroht ist, find hauptsächlich Fuchs, Marder, Jltis und wildernde Kazen. Der Erzschelm Reinecke versteht es sogar, die Alten am hellen Tage zu beschleichen und zu fangen.

Die Kiebige find gesellige Vögel und bevölkern die ausgedehnten Marschen des Jeverlandes, Ostfrieslands   und der Landstriche zwischen Eider und Husum   in sehr großen Scharen.

Der Kiebig wird noch vielfach von der Landbevölkerung mit scheuem Blick betrachtet. Sein seltsamer Flug, das schrille, klagende Geschrei, sein unftetes, nervöses Gebahren und der Umstand, daß die Brutstätten sich oft auf gefahrvollem Moor befinden, das ver­rufen ist, weil schon mancher verirrte Wanderer dort den Tod fand, find schuld daran, daß abergläubische Leute ihn zu den unheimlichen Tieren rechnen, wie das Käuzchen und die Fledermaus. In mancher einsamen und weltfernen Gegend gilt der Kiebig als Totenbogel und wird gefürchtet. Bernhard Ohrenberg.

Kunstleder.

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( Nachdrud verboten.)

Leder ist ein gar treffliches, aber auch sehr teures Material. Kein Wunder also, daß man sich vielfach bemüht hat, Ersatzstoffe her­zustellen, und namentlich zu dekorativen Zweden. So weit ist noch niemand gelangt, ein ebenso festes und zähes Material zu gewinnen, welches zu denselben praktischen Zweden 3. B. für Schuhwaren und Sattlerarbeiten verwendet werden könnte und doch wohlfeiler wäre als jene gegerbten Tierhäute, die wir kurzweg als Leder zu bezeichnen pflegen. Aber wenn wir von den Erzeugnissen absehen, welche in besonders hohem Grade strapaziert werden, so müssen wir zugeben, daß es wohl gelungen ist, brauchbare Erfazmittel zu schaffen; ja diese finden für dekorative Zwecke sogar eine sehr umfassende Ver­wendung. Selbstverständlich soll hier nicht die Rede sein von Fabrikaten, die nur äußerlich die Struktur des Leders zeigen, welche aber nicht als wirkliche Imitation oder Ersatzmittel gelten wollen. So erhält z. B. gauffrierte Leinwand oder Papier zu Bucheinbänden und Galanteriewaren eine lederähnliche Ausstattung. Diese Erzeug­nisse sind hier nicht gemeint. Hier ist von wirklichem Kunstleder die Rede, wie es z. B. zur Herstellung von Stiefelsohlen, Bekleidung von Wänden, zur Herstellung von Koffern, wie auch für mancherlei funft gewerbliche Erzeugnisse verwendet wird. Viele dieser Fabrikate, deren Herstellung Geheimnis der Fabrit ist, zeigen in der That eine so hohe Bollkommenheit, daß sie vom Leder nicht zu unterscheiden sind. So fah ich z. B. auf der Pariser Weltausstellung gepreßtes Kunstleder für Paneele, welches sich genau wie Leder anfühlte, die Narbe eines guten Rindleders zeigte, auch im Querschnitt dieselbe Struktur besaß und sich ohne Gefahr mit feuchtem Schwamm abwaschen ließ.

Bemerkenswert ist nun, daß wirklich gute Ersatzmittel für Leder auch fast sämtlich Leder enthalten. Es werden entfettete Lederabfälle zerfasert oder pulverifiert und mit andren Stoffen nach den Prinzipien der Papierbearbeitung zu einem Teige verarbeitet, der zu Platten verschiedener Stärke ausgerollt wird. Die Zusäße bestehen in der Regel in Leinölfirnis, Kautschuk- und Metallsalzlösungen oder auch in Leim und Gerbstofflösungen, welche der trocknen oder halbtrocknen Masse zugesetzt werden und die Eigenschaft besigen, eine gegen Wasser widerstandsfähige Verbindung zu erzeugen. Durch Zusatz von Farben und Aufpressen beliebiger Muster durch Kalander   vermag man der Masse einen angemessenen Lederton, sowie dem Naturleder ent­sprechende Narbe zu geben. Diese Prinzipien werden bei den ver­schiedener patentierten Verfahren zur Anwendung gebracht. Nach Sörenson wird das fein zerteilte Leder mit Ammoniatwasser ver­mengt, so daß eine gallertartige Masse entsteht. Diese würde aber nach dem Trodnen der gepreßten oder ausgewalzten Platten ein sehr hartes und starres Produkt ergeben, welches nicht die Elastizität des Leders befißen und im Wasser zerfallen würde. Eörenson setzt des halb der Masse Kautschuk zu, welcher die Eigenschaft besißt, die Blatten sowohl elastisch wie auch widerstandsfähig gegen Feuchtigkeit zu machen. Die Lösung des gereinigten Kautschuts erfolgt in Terpentinöl, Schwefelfohlenstoff oder Benzin; dann erfolgt das Bu­setzen dieser Masse zum zerfaserten Leder, Durchkneten des ganzen zu einem homogenen Teig, Preffen und Auswalzen. Die Mischungs­verhältnisse sind sehr verschieden; fie richten sich nach dem Fabrikat, welches man herzustellen wünscht. Diese Maffe eignet sich u. a. auch zu Stiefelabfäßen. Es leuchtet ein, daß man für diese Zwede jedoch auch ein minder elastisches Surrogat verwenden kann, da die Abfäße gerade hart und steif sein sollen und nur auf Abnutzung in Anspruch genommen werden.

Das Kunstleder von House besteht aus 50 Teilen Lederfaser und 40 Teilen einer Lösung von Kautschuk in Naphta  ; der Masse werden vor dem Durchkneten zwei Teile Ginzerin zugefügt. Bei diesem wie einigen andren Verfahren erfolgt das Auswalzen der Masse zwischen feuchten Leinentüchern, welche mit ihrem Inhalt zwischen Stahlwalzen hindurchgehen.

Das fünstliche Leber von Sadler, welches sich sehr gut zu Sohlen und Absäßen von Schuhwerk eignen soll, besteht aus zerkleinerter: Ledermasse, Portlandzement, Leim, Kalt und Weizenmehlteig. Merk­würdig ist die Ledermasse des Franzosen   Hyatt  . Er stellt aus ge= pulvertem Leder ohne jede Anwendung von Klebemitteln Stiefel abfäße, Knöpfe, Messergriffe und dergleichen her. Bei diesen Gegen­ständen kommt es aber in der That nicht darauf an, ein elastisches Material zu erzeugen. Hyatt   bringt das zerkleinerte Material in Formen, welche auf etwa 120 Grad C. erwärmt werden, und preßt den Inhalt unter Anwendung eines Druces von mindestens 360 Nilo­gramm pro Quadratcentimeter. Das unter dem Namen Cuir factice" bekannte französische   Kunstleder besteht aus nichts andrem. als dünnen, lohgaren Spaltstücken, welche übereinander geklebt und gepreßt werden. Man erhält dabei recht zähe Platten, welche zu Brandsohlen Verwendung finden.

Auch das Linoleum, welches eine so hervorragende praktische Be­deutung erlangt hat, ist als ein Ledersurrogat zu betrachten, und zwar eigentlich das einzige, welches ohne Lederzusatz hergestellt wird. Es besteht aus pulverifierten Sortabfällen, welche mit Leinölfirnis ge­mischt und auf wasserdichtes Segeltuch aufgetragen werden. Nicht als vollgültige Surrogate betrachte ich alle jene Gewebe, welche vegetabilischen oder animalischen Ursprungs sind und denen auf fünftlichem Wege nur eine gewisse Eigenschaft des Leders, namentlich Widerstandsfähigkeit gegen Feuchtigkeit, verliehen wird. Hierher ge hören auch jene leinenen oder wollenen Gewebe oder Pappen, die mit einer Stautschuklösung durchtränkt werden, so daß sie nach der Verdunstung des Lösungsmittels eine lederartige Beschaffenheit an­

nehmen.

Auf dem Gebiete der Kunstlederfabrikation kann noch viel ge= leistet werden; es besteht ein großes Interesse für diese Fabrifate, und auch das Verivendungsgebiet ist sehr groß. Wesentlich ist natür­lich, daß die Fabrikate wohlfeil ausfallen und wenigstens die wichtigsten Eigenschaften des Leders befizen. Sehr beliebt jind namentlich die abwaschbaren Wandbekleidungen, welche den Charakter gepreßten oder geschnittenen Leders besiben. Je vollkommener die Imitation ist, unt so umfassender ist die Verwendung dieses Materials für die Zwede der Innendekoration, namentlich wenn der Stoff auch eine mannig­fache und freundliche Färbung gestattet.- Arnold Rohde.

Kleines feuilleton.

er. Heimkehr. Neulich bin ich einmal nach Haus" gefahren, zum erstenmal nach fünfundzwanzig Jahren, nach Haus, in meine Baterstadt, in das fleine alte Nest da drüben an der Havel  .

Ist doch etwas Seltsames um folch eine Heimfahrt. Allerhand Gefühle werden wach, Stimmungen, Erinnerungen. Vergessene Bilder tauchen wieder auf, Töne flingen an, die längst verstummt. Da sind nun die Stätten, wo man jung gewesen, und ist kaum ein Stein, an den sich nicht irgend ein Gedenken knüpft, Hoffen ind Furcht, Luft oder Leid.

Die Havel   tauchte auf, die blaue Havel  , zwischen den frühlings­grünen Wiesen schossen ihre Wellen nunter dahin, eigentlich bloß Wellchen, ein leichtes Geträufel, aber es hüpfte und tanzte, und die weißen Schaumperlen flimmerten im Glanz der Märzsonne. Das alte Bild.

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Das alte Bild auch am Ufer drüben, die Stadt mit ihren Kuppeln und Türmen; und dazwischen Parks und Gärten und rot­braune, spiggieblige Ziegeldächer.

Ja, das alte Bild. Ich hab' es manchmal hingleiten sehent durch meine Träume, schattenhaft nur wie ein Phantom, jetzt war es wieder da, greifbar, deutlich, Wirklichkeit.

Sie hatten mir gesagt:" Du wirst staunen, es hat sich viel ver­ändert da drüben."

Viel?

Am Bahnhof ist eine Straße umgelegt, und zwei, drei nete Häuser sind entstanden. Auf der Havelbrüde ist ein Denkmal er­richtet, irgend ein Raiserdenkmal natürlich, aber sonst

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Da war der Stadtpart, und die Soldaten marschierten und übten den Parademarsch, die Kinder standen und gafften, gerade wie wir als Kinder gegafft hatten. Vor dem Schloßhof ging die Schild­Wesentlich andrer Natur ist die Ledermasse von Cohn und Woll- wache auf und ab: tripp, trapp. tripp, trapp. Die schweren heim. Sie wajchen die Lederabfälle in einem Bade von Aegnatron Soldatenhacen flappten gleichmäßig auf das Pflaster; man hörte oder Aekkali und schütten nach dem Aufschwellen des Leders doppel- es über die ganze Straße. Was hätte man sonst auch hören tohlensaures Natron in das Bad, welches die Gallertbildung ber- sollen?

hindert. Die Masse wird mit Salzsäure neutralisiert und mit Wasser Alles beim Alten; die Straßen leer. Auf dem Marktplatz zwei gründlich ausgetaschen. In ähnlicher Weise werden auch Tierfehnen Hunde, ein Schutzmann und eine Dame. Die Dame ging weiter, zerrissen und zu einem wollähnlichen Stoff verarbeitet, von welchem die Hunde verliefen sich, der Schutzmann blieb und zählte die 5 bis 10 Proz. der Lederabfälle zugesetzt werden. Die Masse wird auf Pflastersteine.