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" Ja also, es scheint, daß entweder ich oder sie mit einem William vollendete den Sah nicht. Es schien ihm muglos andern zufammen leben müssen, bevor wir geschieden werden zu versuchen, sie zu überreden. Beide schwiegen eine Weile, können. Verstehst Du?" dann sagte William:
Du meinst doch nicht, daß ich noch mal mit Dir zusammengehen soll, um dann vielleicht noch ein zweites Mal fizen gelassen zu werden!"
„ Das ist doch Blödsinn, Esther, das weißt Du!" " Wenn Du mir weiter nichts zu sagen hast, kannst Du lieber gleich machen, daß Du fortkommst."
" Ja, aber vergiß doch nicht das Kind, Esther, und das mußt Du doch wissen, daß Du von mir nichts mehr zu fürchten haft. Du weißt ebensogut wie ich, daß ich von nun an treu zu Dir halten werde. Laß nun doch endlich Vergangenes vergangen sein. Du willst doch Deinem Kinde einen Vater geben, also schon um seinetwillen.
" Du bist die Mutter meines Knaben, darum kann ich Die einen solchen Antrag machen; wie aber fannst Du mir den Rat geben, mit einer andern Frau zusammenzugehen? Das würde ich von einem braven, religiösen Mädchen, wie Du es bist, nie erwartet haben."
,, Und das kann ich nur," fragte Esther, indem ich von hier fortgehe und mit Dir zusammenlebe?" Unwillkürlich drückte sich eine gewisse Sehnsucht in ihren Augen aus.
Religiös! Ich habe so viel zu arbeiten gehabt, daß mir wenig Zeit für die Religion übrig blieb," sagte Esther. William ermutigte sie dazu, mehr von sich zu sprechen, und bemerkte dann, daß, ob sie num religiös sei oder nicht, sie fich durchaus in gar nichts geändert habe, sie sei noch ebenso genau und streng puritanisch wie früher. Wenn Du" nein" sagst zu meinem Antrag," fügte er " Um seinetwillen! Das ist gelungen, als ob ich noch hinzu, so kann ich nur sagen, daß es mir sehr leid thut. Das nicht genug für ihn gethan hätte. Habe ich nicht um seinet- foll mich aber nicht hindern, Dir alle Wochen den genannten willen mich halb zu Tode gearbeitet? Bin ich nicht um seinet- Betrag für Jadies Pension und Schulunterricht zu bezahlen: willen in Lumpen umhergelaufen? Das hab' ich alles schon das Kind soll Dich von jetzt an nichts mehr kosten. Ich möchte für das Kind gethan; mich hat er wahrhaftig schon genug ge- noch viel mehr für den Jungen thun, aber das kann ich nicht fostet. Was aber hat er Dich schon gekostet? Ein paar lumpige eher, als bis Du ihn wirklich zu meinem Kinde machst. Schillinge, ein Spielboot und einen Sammetanzug. Und da willst Du herkommen und mir sagen, was ich für das Kind thun müßte? Soll denn ein Weib niemals an sich selber denken dürfen? Zähle ich denn wirklich gar nicht mit? Um seinetwillen! Das könnte mir vielleicht jeder andre sagen, Du aber nicht. Sag' mir doch endlich, wann ich auch anfangen werde, eine Rolle zu spielen. Ich möcht' es wirklich wissen! Ich habe die Geschichte nun endlich satt; wann wird man denn anfangen, auch mal an mich zu denken, das möchte ich wissen!" So werde doch nicht so heftig, Esther, ich weiß, daß es Dir schlecht genug gegangen ist. Die ganze Geschichte ist ein Unglück gewesen von Anfang an aber das weißt Du doch sehr wohl, daß ich Dich kein zweites Mal verlassen würde. Du fannst sagen, daß Du's nicht willst; Du bist ein freies Weib und kannst thun, was Du willst. Es wäre wirklich unrecht, wenn man von Dir verlangen wollte, daß Du für das Kind noch mehr Opfer bringen sollst. Darin gebe ich Dir volltommen recht; aber werde doch nicht böse auf mich, weil ich Dir sage, daß es keinen andern Weg giebt, um mir eine Scheidung auszuwirken."
,, Du kannst ja mit irgend einem andern Frauenzimmer zusammengehen und so geschieden werden."
Ja, gewiß fönnte ich das thun; aber da wollte ich doch zuerst lieber mit Dir darüber sprechen. Denn wenn ich mir nun eine andre nehme, mit der ich zusammen lebte, jo fönnte ich sie doch nicht auf einmal sizen lassen, wenn ich nachher ge
schieden wäre!"
"
Warum denn nicht? Hast Du mich nicht sitzen lassen?" Warum immer wieder die alte Geschichte aufrühren!" " Das ist keine alte Geschichte; es ist die Geschichte meines Lebens; und ich kenne sie noch nicht bis zum Ende."
Wenn Du aber das thust, was ich sage, so kennst Du auch das Ende davon."
Esther schwieg einen Augenblick, dann sagte fie: " Ich weiß eigentlich überhaupt nicht, warum Du Dich fcheiden lassen willst. Ich wette, Deine Frau nimmt Dich zurück, wenn Du sie darum bittest."
,, Aber sie hat keine Kinder und wird nie welche haben, und was ist' ne Ehe ohne Kinder? Alle Sorgen und Mühen und Arbeiten für nichts. Man heiratet doch nur, um Kinder
zu haben; ein andres Glück giebt es gar nicht. Ich habe schon
alles andre versucht."
Ich aber nicht."
,, Das weiß ich. Und ich weiß auch, daß es Dir verteufelt schlecht gegangen ist, Esther. Ich habe eben eine gute Woche gehabt in Doncaster , und habe Geld genug, um meinen Partner auszukaufen. Das ganze Haus wird uns dann gehören, wir werden tüchtig zusammen arbeiten und werden mit der Zeit ein schönes Stück Geld zurücklegen können für den Jungen. Ich hatte Dir schon gesagt, daß ich viel Glück im Wetten habe, wenn Du aber willst, so gebe ich es auf. Ich will überhaupt alles thun, was Du befiehlst. Mehr kann ich doch nicht thun, nicht wahr? Komm, Esther, sage ja; tomm, sage ja," wieder holte er noch einmal und streckte die Arme nach ihr aus.
Rühre mich nicht an," sagte sie mürrisch; sie trat einen Schritt zurück, und ihr Antlik sah dabei so entschlossen aus, daß er einen Augenblick zweifelhaft war, ob es ihm gelingen würde, sie zu überreden.
Aber, Esther!="
" In sechs Monaten sind wir Mann und Frau; sag' ja, Esther. Na?"
Ich kann nicht, ich kann nicht; Du sollst mich nicht länger darum bitten."
Du hast kein Vertrauen zu mir, nicht wahr? Du fürchtest die ungewisse Zukunft? Nun- ich kann auch das in Ordnung bringen. Ich werde Dir und dem Kinde sofort fünfhundert Pfund verschreiben."
Sie blickte auf und sah ihn an; etwas wie ein instinktiver Ausdruck von Zärtlichkeit lag in ihren Augen. Sie stand da an den Küchentisch gelehnt; er saß auf der Tischplatte. Er legte seinen Arm um sie. ,, Du weißt doch, daß ich diesmal ehrlich an Dir handeln
werde?"
" Ich glaube es wenigstens."
" So sage doch ja."
" Ich kann nicht; es ist zu spät."
" So ist mir ein andrer zuvorgekommen?"
Sie nickte.
Ich hab' es mir schon gedacht; hast Du ihn gern?" Sie gab teine Antwort.
und er konnte sehen, daß sie weinte. Er füßte sie, zuerst auf Da zog er sie näher zu sich heran; sie sträubte sich nicht. den Hals, dann auf die Stirn, dann auf den Mund. Und zwischen den Küssen fragte er sie, ob sie den andern wirklich liebe. Endlich schüttelte sie heftig den Kopf. So sage doch ja."
Aber sie schüttelte wieder den Kopf. " Ich kann nicht."
za, Du kannst, Du kannst, Du kannst!" sagte er, und zwischen den Worten füßte er sie jedesmal, und wiederholte dann noch einmal:" Du kannst, Du kannst, Du kannst!" bis die Worte klangen wie das Geplapper eines Papageis.
So bergingen einige Minuten. Das Licht im Leuchter brannte zu einem Stümpfchen herunter. Da sagte sie: Laß mich gehen; ich will das Gas anzünden." Während sie nach den Streichhölzern suchte, fiel ihr Blick die Uhr.
auf
ihr
Ich wußte nicht, daß es schon so spät sei," rief sie. ,, Sage ja, bevor ich gehe."
Aber es war ihm ummöglich, ein festes Versprechen aus herauszuloden.
Geh jest!" sagte sie, ich bin so müde."
Er nahm sie in die Arme und küßte sie und sagte:„ Mein liebes, fleines Weib!"
Als er aus der Thür heraus war, fiel ihr ein, daß er diefelben Worte schon einmal zu ihr gesagt hatte. Sie versuchte nun ehrlich an Fred zu denken, aber Williams breite Schultern und mächtige Gestalt schienen das Andenken an den kleinen, dünnen Mann ganz zu verdecken. Da seufzte sie und fühlte, wie wieder einmal in ihrem Leben ihr Wille von einer Straft bestegt wurde, die sie weder verstehen noch bezwingen
konnte.
( Fortsetzung folgt.)]