geMnnen sollen! Na, also nun raus mit der Sprache; William wird die Wette buchen; also, wie ist der Name?" „Briar Rose aus dem White House-Stall." „Ach was! Aber ich dachte doch—" „Nein, nein, Herr, Briar Rose ist es— und kein andrer." „Ginger" nahm die Zeitung auf. „Fünfundzwanzig gegen eins sind schon auf Briar Rose gesetzt." „Sehen Sie, Herr, schon gesetzt." „Wollen Sie die Wette nehmen? Fünfundzwanzig halbe Sovereigns gegen einen?" „Ja, ich nehm's." „Ginger" zog einen halben Sovereign aus der Tasche und reichte ihm den Bookmaker hinüber. Lächelnd reichte William ihm das Geld zurück. „lieber diesen Schanktisch rüber nehm' ich keine Wett- gelder an— sind Sie aber naiv!" „Aber wer weiß, wann ich Sie wiedersehe," sagte „Ginger",„das ist niir sehr unangenehm, es ist ja kein Mensch hier." „Keiner außer dem Streichholzverkäufer und den beiden Blumenmädchen, sollte das nicht gerade genug sein?" lieber sein aschfarbenes Gesicht glitt ein Schimmer des Glückes. Bon nun an gab es doch wieder e.was, wofür es der Bcühe wert war zu leben. Jeder Morgen würde Nach- richten von den Pferden bringen, und während des Nach- mittags konnte man sich die Zeit angenehm vertreiben mit dem Warten auf die Abendzeitung und der Unterhaltung im Gast- zimmer. Wetten und Rennen bringt in manches Leben einen Strahl der Hoffnung hinein, das ohne das hoffnungs- und ziellos wäre. XXXI. Noch nie hatte ein Derbyrennen ein so fabelhaftes Jnter- esse hervorgerufen wie in diesem Jahre. Bier berühmte Favoriten sollten konkurrieren, alle so ausgezeichnet, daß dem Publikum die Wahl wahrlich schwer ward. Zwei zu eins wurde geboten und angenommen gegen Flyleaf(Vorsetzblatt), den Gewinner der zweitausend. Vier zu eins wurde geboten und angenommen gegen Signet-Ring (Siegelring), der von Flyleaf nur um eine halbe Kopflänge besiegt worden war. Vier zu eins gegen Necklace (Halsband), den Gewinner der Middle-Park Plate und der tausend. Sieben zu eins gegen Dewberry(Brombeere), den glänzenden Gewinner der Newmarket Stakes. Die Chancen dieser vier Pferde wurden nun jeden Abend bis tief in die Nacht hinein im„Kings Head" diskutiert. „Ginger", der gelegentlich nach dem„Kings Head" kam, war ganz verliebt in Necklace und erklärte, es sei dies die schönste Mähre des Jahrhunderts. Man lauschte seinen Worten mit gespanntester Aufmerksamkeit, und eine wahre Totenstille herrschte im Lokal, während er beschrieb, in welcher Weise Necklace die tausend Pfund und die Middle Park Plate gewonnen hatte. Er würde sie zwar ein bißchen anders ge° ritten haben als der betreffende Jockey, aber ein Steeplechase- reiter hatte doch eigentlich kein richtiges Urteil über ein Rennen zu ebener Erde. Hierauf erhob sich ein mißbilligendes Gemurmel, und der alte John brachte gewandt die Rede auf„Gingers" Pracht- volles Reiten, damals als er auf Forcover den Liverpoolpreis gewann; wie er da den Trab des Pferdes, etwa sechzig Meter vom Ziel, plötzlich mäßigte, und dann mit einem letzten Dutzend Sätzen im Galopp den Sieg über den Jockey Jim Sutton, der bis dahin Kopf an Kopf mit ihm geritten war, um eine Kopfeslänge davontrug. „Sie haben wohl schon sehr viele Rennen mit angesehen, nicht wahr, Mrs. Latch?" fragte„Ginger". „O nein, noch kein einziges. Ich habe viel davon ge- hört, aber ich habe noch nie eins gesehen." „Wie kommt das? Haben Sie keine Lust dazu?" „Ja, das schon; aber sehen Sie mal, wenn mein Mann auf dem Rennplatz ist, eines von uns beiden muß doch hier im Geschäft bleiben." „Und ich habe eigentlich noch nie daran gedacht," sagte William.„Wahrhaftig, Esther, Du hast noch kein Nennen gesehen; möchtest Du nächste Woche zum Derby mitkommen?" „Gerne." In diesen: Augenblick hielt der Schutzmann draußen an und guckte hinein. Aller Augen hefteten sich auf die Uhr, und Esther sagte: „Wir werden unsre Konzession verlieren, wenn—" ..»Wenn wir mcht machen, daß wir rauskommen," er. gänzte„Ginger" den abgebrochenen Satz. William entschuldigte sich. „Es thut mir leid, Sie fortschicken zu müssen— sagte er.„aber gegen das Gesetz ist eben nichts zu machen; es ist das gleiche für reich und arm. Und in der heutigen Zeit ge- hört nicht viel dazu, einen braven, ehrlichen Kerl um seinen Erwerb zu bringen." „Trink schnell aus, Herbert." „Nein, Walther, heute giebt's nichts mehr zu trinken. Charles schließ die Seitenthür und laß keinen mehr herein. Na, Gentlemen, Gentlemen!" Der alte John zündete seine Pfeife an und ging zuerst hinaus. William hielt die Thür offen für die andern. Wenige Minuten darauf war das Haus leer, dunkel und verschlossen. Sie verschlossen die Schiebladen, schlössen die Fenster- lüden, spülten die Gläser aus und stellten sie weg und waren so wohl noch eine Stunde lang beschäfftgt. Dann zündeten sie in dem kleinen Hinterstübchen ihr Licht an und begaben sich hinauf ins Schlafzimmer. (Fortsetzung folgt.) (Nachdruck verboten.) Die Indianer JVordamcrlkas einst und heute. (Schluß.) Eine fast allen Verträgen gemeinsame Bedingung war die Ab- tretung von Land, und mit jeder solchen Abtretung war naturgemäß eine mehr oder Iveniger umfangreiche Auswanderung der Indianer verbunden. Sie rückte» zunächst in den ihnen verbliebenen Rest des Heimatlandes zusammen und wurden dann in andre, weit entlegene und häufig klimatisch ganz verschiedene Gegenden gebracht, um hier denselben Prozeß noch einmal durchzumachen; schließlich wurden ihnen sogenannte Reservationen angewiesen, und auch diese wechselten sie häufig ein oder mehrere Male. Ter Grund war immer derselbe: die von Osten nach Westen nachdrängenden Weißen verlangten Land und immer mehr Land. Tie Folgen dieses Wechselns und dieser Wanderungen sind leicht auszumalen.„Die schlimmste aller Ungerechtigkeiten," sagt H. F. Armstrong, Agent der Krähen-Jndianer, in seinem amtlichen Bericht von 1885,„ist die, daß man immerwährend ihre Ansiedelungen abbricht und sie wieder in die Wildnis versetzt, nachdem sie einmal ein civilisiertes Leben angefangen haben; und dies hat man fast jedem einzelnen Stamme angethan und in einzelnen Fällen zwei- oder dreimal." „Meine persönliche Beobachtung hat mich überzeugt," erklärt Oberst Dodge,„daß diejenigen Stämme, welche am häufigsten zum Wechseln ihrer Wohnsitze gezwungen worden sind, auch mn meisten an Zahl abgenommen haben, und dies ohne Rücksicht auf das gesunde oder ungesunde Klima der Gegenden, in welche sie versetzt worden sind." Auf den Reservationen standen die Indianer unter Aufsicht der Agenten; hier sollten sie die ihnen vertragsmäßig zustehenden Ab- findungen an Geld, Kleidung, Lebensmitteln, Ackergeräten usw. empfangen, hier sollten sie sich ansiedeln und das Leben des weihen Mannes beginnen. Tie Reservationen durften sie nicht verlassen. Die Geschichte der Jndianeragenten aber stellt vielleicht-den wundesten Punkt in diesem ganzen kranken System dar. Die Agenten waren Beamte der Bereinigten Staaten, erhielten ihre Stelle durch Einfluß ihrer Partei, einer kirchlichen Sekte oder durch Kauf und waren und sind bis in die neueste Zeit hinein fast durchweg eine ver- rottete Gesellschaft.„Die Klasse von Menschen, welche als Indianer- agenten ausgewählt wurde, und die Art, wie man sie auswählte, ist immer eine Schande für die Regierung gewesen. Anstellungen als Jndianeragent wurden offen von gewissenlosen Leuten gekauft; denn sie waren gewiß, daß sie diese einmalige Ausgabe durch Plünderung ihrer Schutzbefohlenen reichlich wieder einbringen würden. Die Re- gierung war zu schwach oder zu gleichgültig, um diese und andre nichtsnutzige Kniffe zu verhindern. Trotz unsrer schönen und feier- lichen Redensarten und wundervoll ausgeheckten Theorien, trotz unsrer Konferenzen und Arbeiten der christlichen und sitten- verbessernden Gesellschaften, haben wir den Indianern gegenüber unsre Pflicht nicht gethan." „Ein Agent zu Siletz, Oregon , beraubte die ihm anbefohlenen Eingeborenen um 50 00(1 Dollar, nahm dann als Oberst Dienst in der Armee, that riesig groß, sprach laut von Ausrottung der Ein- geborenen als dem einzigen Mittel gegen das Jndiancrübcl, und fand unter unfern einsichtigen und redlichen Bürgern manchen warmen Verehrer." Die größten Betrügereien erlaubten sich die Agenten bei Ans- gäbe der vertragsmäßigen Lebensmittel; diese entsprachen gewöhnlich weder der Onantität noch der Oualität nach den Bestimmungen der Verträge. Klagen hierüber findet man in der einen oder
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21 (28.4.1904) 84
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