Einen Augenblick darauf sah man wohl ein Dutzend oder Mehr Tauben sich rasch in die Luft erheben und nach der- schiedenen Richtungen davonfliegen. Einige flogen direkt gen London zu, andre in der Richtung des Meeres; sie flogen weit Aber die von der Sonne gedörrten Grasplätze hin, die mit jipapicren, Resten von Frühstücken, betrunkenen Männern und Frauen bedeckt waren. Na, seid Ihr endlich zurückgekommen?' sagte William. ».Ter Favorit ist geschlagen worden. Wißt Ihr schon, daß ein Outsider gewonnen hat? Aber was will dieser Herr von uns?" Ich bin diesen Damen vorher begegnet und habe sie auf dem Rennplatz herumgeführt. Sie nehmen es mir doch nicht übel?" William gab ihm gar keine Antwort hierauf, und der junge Mann verabschiedete sich darauf von Sarah in einer solchen Weise, daß Esther merkte, sie hätten eine fernere Zu- sammenkunft verabredet. Komm mal hier rauf, Esther," sagte William,«stell Dich hier auf meine Kiste; es kommt jetzt wieder ein Rennen; und Sie, Sarah, klettern Sie auf Teddys Schemel . Teddy, steig mal runter und laß die Dame rauf." Jawohl!" Teddy sprang herunter. Kommen Sie hier rauf, Ma'm." Sind das die Pferde?" fragte Sarah,die sehen ja so klein aus." Tie Männer um sie henim brüllten vor Lachen. Zuerst gab es nun zwei oder drei falsche Starts, und dann sah Esther über die Köpfe der Menschenmenge hinweg ,n weiter Ferne fünf oder sechs magere, schlanke Pferde dahin- rasen. Wie Schatten glitten sie vorbei, und der arme Kastanienbraune, der schließlich weit hinter den andern zurück- blieb, that ihr eigentlich leid. Dies war das letzte Rennen gewesen. Noch einmal war der Favorit geschlagen worden. Es waren nun keine Wetten mehr zu bezahlen, und die Buchmacher machten sich zum Fort- gehen bereit Die armen, kleinen Clerks waren eS, die das Gepäck zu schleppen hatten; der kleine, schwächliche Teddy sah aus, als würde er nie im Leben mit seinem Gepäck den Gindel des Hügels erreichen. William, mit Sarah an dem einen, mit Esther am andern Arme, kämpfte sich mühsam den Weg durch da* Gedränge hindurch. Es war ein förmlicher Kamps auf Tod und Leben, die Wagenreihe zu durchbrechen; und nament- lich Sarah hatte Todesangst, daß eines der vielen Pferde sie beißen könnte. Ein junger Aristokrat, der seine Pferde mit raschem Ruck zum Halt bringen mußte, schickte ihnen einen vollklingenden Fluch nach, und als ein hoher Drag davonrollte, stieß sein hinter dem Herrn sitzender Groom einen dröhnenden, mißtönenden Laut aus seinem langen, blechernen Horn hervor, Alles zog nun ans einmal davon; es war. wie wenn ein all- gemeiner Instinkt eine große Herde zur plötzlichen Flucht an- treibt. Tie große, weite Landschaft, halb Land, halb Vorstadt, ward jetzt überstrahlt von den flimmernden Golde der sinkenden Sonne, und die Brakes, die Trägs, die Kutschen und alle mög- lichcn andren Arten von Fuhrwerken rollten nun durch den weißen Staub der Chaussee dahin, gen London zu, während die Orangenhändlcr, die Traktätchenverkäufer, die Diebe. Strolche, Musikanten, Bettler und Zigeuner sich aufmachten, um sich ihr übliches Nachtquartier zu suchen, in Wirtshäusern, Scheunen, Heuhaufen. Hecken oder unter den Eisenbahnbögen. So zog die tausendköpfige Menschenmenge. Fußgänger wie Fahrende, in einem einzigen, riesigen Zuge den Hügel hin- unter, alle zusammen wenigstens bis zuni Kreuzwege. Im Wirtshause zumSpread Eagle" sollte Halt gemacht werden. 'Hier wurde ein letzter Truick eingenommen, hier sollten die Buchmacher sich umkleiden, und hier erst zerfloß die Menge in einzelne Ströme. Die mit Pferd und Wagen gekommen waren, fuhren von hier auf der Chaussee nach London weiter, während die Fußgänger die Eisenbahn bestiegen. XXXIV. Drei Männer traten aus einer Kneipe heraus. Sie waren alle drei betrunken und vollkommen einig miteinander über die Wertlosigkeit des Lebens. Der eine sagte: Ich mache mir gar nichts aus dem Leben; das einzige, was ich darin noch der Mühe wert finde, ist das Bier und die Weiber." William hörte die Worte, er wandte sich um und sagte:Richtig, Kamerad," dann reichte er Bill Evans seine Hand. Bier und Weiber, das ist schließlich wirklich das einzige, aber das dürfen wir die Frauen nicht hören lassen." Sie schüttelten einander die Hände und Bill versprach nun. Sarah nach Hause zu bringen. Esther wollte dies nicht zugeben, aber sie konnte William nicht begreiflich machen. worum, und so fuhren denn Sarah und Bill in einer Droschke zusammen davon. Sarah ließ ihren Kopf sofort auf VillS Schulter fallen und schlief ein; und als die Droschke endlich vor einem Hause hielt, dessen höchst anständiges Aussehen Bill sehr frappierte, hatte er die größte Mühe, sie zu erwecken. Er besah sich die Soutcrrainfenster, und einen ganz besonderen Eindruck machten die Palmen an dem Salonfenster auf ihn, Sie scheinen hier ja sehr nobel zu wohnen," sagte er« haben Sie den Schlüssel?" Nein, Vater giebt mir keinen; wir müssen klingeln, O, und ich bin so müde, Bill, ich kann kaum mehr stehen." Na, so kommen Sie doch lieber mit nach meiner Bude« wenn Sie hier nicht so lange warten wollen." Ah, nein, Bill, das geht nicht, mir ist ja so furchtbar schlecht." lFortsetzung folgt. h Die große aUgememe Gartenbau- Ausstellung. Seit mehreren Jnljren hat in der Reichshcmptstadt keine größere Gnrtenbau-Ausstellung stattgefunden. Um so mehr Interesse wird bei den Berlinern die diesjährige FriihlingS-AnSstellniig finden, die gegenwärtig die Räume der Philharmonie mit einer überwältigenden Bliitenprackt und einer üppigen Pflanzenvegctation erfüllt. Der alt- berühmte Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den preußischen Staaten, der schon mehr als 80 Jahre besteht und der in seinem Organ»Die Gartenflora" die Bestrebungen des Gartenbaues per- vertritt, hat diese Ausstellung veranstaltet. Zehn Tage soll sie dauern, die schönste Zeit des Frühlings soll sie umfassen, wo im Freien die Laubbäume im zartesten Maiengrün prangen, wo die Obstbäume blühen und schone Frühlingsblumen und liebliche Sträucher ihre bunte Farbenpracht entfalten. In dieser Zeit ist das Gemüt des Menschen am empfänglichsten für die Pflanzenwelt, für die schönen Blumenkinder. Darum ist diese Zeit für eine Gartenbau- Ausstellung so überaus geeignet. Allerdings hat diese jetzt die freie Natur gewissermaßen zum Konkurrenten, sie muß die Pracht der Friihlingsiiatur zu überbieten suchen, indem sie alle Gaben, die der Frühling bringt, in größter Vollkommenheit zur Schau stellt. Die Gartcnlultnr hat allerdings die reichsten Mittel, um wunderbare Erzeugnisse hervorzubringen. Die ist im stände, Pflanzen. deren Schmuck sich in der Natur erst viel später entwickelt, bereits jetzt auf der Höhe ihrer dekorativen Wirkung zu zeigen, sie ermöglicht es andrerseits, auch die schönsten Pflanzen wärnierer und heißer Gegenden bei uns zur Verwendung zu bringen. Kurzum, sie kann nach zwei Seiten hin zur jetzigen Zeit ihre Leistungen zeigen. Einmal kann sie ein ideales Bild unsrer Frühlingsnatur geben, dann aber kann sie ganz allgemein das schönste der Pflanzenwelt vorführen. Die erste Aufgabe mußte die gegenwärtige Ausstellung leider zum größten Teile unerfüllt lassen, da ihr bei der Benutzung der Philharmonie kein freies Land zur Verfügung stand. Frcilandgewächse der jetzigen Saison konnten deshalb nur in wenigen Arten, besonders in herrlichen Hyazinthen und farbenprächtigen Azaleen ausgestellt werden. Alle andren vorgeführten Pflanzen sind teils Zimmer- und Gewächshans- pflanzen, teils getriebene Exemplare. Aus diesem Gebiete aber leistet die Ausstellung ganz Bedeutendes. Obwohl in diesem Jahre in Düsseldorf mit der großen internationalen Kunstansstellung auch eine Gartenban-BnZsiellilng verbunden ist, so läßt doch die Be« tciligung an der Berliner Ausstellung nichts zu wünschen übrig. Die großen Gärtnereien und die in den Händen von Pflanzensreunden befindlichen Gewächshäuser der Mark und auch entfernter deutscher Gebiete haben ihr Vorzüglichstes beigesteuert, um in dieser Frühlings» auSstcllung zu zeigen, was der heutige Gartenbau vermag. Die schönen, großen Räume der Philharmonie, zumal die beiden großen Säle, sind in feenhafte Pflanzengärten mngcwandelt worden. Nicht wie bei andren Ausstellungen reiht sich hier zusammenhanglos Objekt an Objekt. Vielmehr sind hier die Ausstellungsgegenstände höchst wirkungsvoll nicht nur zu entzückenden Einzelgrupven, sondern sogar zu überwältigenden Totalbildcrn angeordnet worden. Im Oberlichtsaal sind die erlesensten Warmhausgewächse zu einer ganz wunderbaren Pflanzenscenerie gruppiert, die zwar nach symmetri>chen Gesetzen aufgebaut, aber doch der freien künstlerischen Gestaltung der einzelnen Gruppen keinen Zwang auferlegt. In diesem Saale sehen wir majestätische Palmen mit den fast gleich imposanten Dracaenen die Höhepunkte der Gruppen bilden, während buntblättrige Crotonarten das Auge entzücken. Von weniger um» fangreichen Pflanzen nehmen vor allem die phantastischen Orchideen und bizarr geformte Kakteen den Blick gefangen. Von großartigster küiytler sicher Gesamtwirkung ist aber die Pflanzengruppicrung in dem großen(X1 Onadratmctcr umfassenden Hauptsaale der Philharmonie. Von einem mit großen Dekorationspflanzen eingefaßten und mit einer