»Spricht man viel von dem Ben Johnson für denCesarewitch?".,O, immerzu, alle sprechen von ihm."Sarahs Antlitz erhellte sich so zusehends, daß Esthersagte:»Hast Du vielleicht auf ihn gesetzt?"»Ach,'ne Kleinigkeit:'ne halbe Krone hat ein Freundfür mich auf ihn gesetzt. Glaubt man, dag er gewinnen wird?"„Sie sagen alle, daß, wenn er nicht gerade zusammen-bricht, er sicherlich um'ne halbe Meile gewinnen wird; eshängt alles von dem Zustand seiner Beine ab."„Sind die Wetten auf ihn hoch?"„O ja: ich glaube, man wettet schon zwölf gegen einenauf ihn. Aber wenn's Dich so interessiert, kann ich ja Willianimal fragen."„Nein, ach nein: ich wollte nur wissen, ob Du irgend wasNeues darüber gehört hättest."XXXIX.Sarah kam während der nächsten vierzehn Tage mehrmalsnach dem„Kings Head". Sie kam immer so um neun Uhrabends und blieb eine halbe Stunde, mitunter auch länger.Und der angebliche Vorwand ihrer Besuche war, Esther zusehen. Jedoch erwies sich dieser Vorwand als unwahr, dennsie lehnte es jedesmal ab, ins Privatzimmer zu kommen, wosie so behaglich hätten plaudern können� und zog es vor, imgroßen Gastzimmer zu bleiben, wo sie aufmerksam auf dieUnterhaltung der Männer lauschte und beifällig nickte undlächelte, während der alte John ihr die Vorzüge des Pferdesauseinandersetzte.___An einem andern Abend konzentrierte ihr Interesse sichauf Journeyman, der ihr mit seiner Kenntnis von Ge-Wichten und so weiter sehr imponierte: und die Gewichte, diebei dieser Sache in Frage kamen, schienen den Sieg zu einerGewißheit zu machen. Denn Journeyman hatte dem Pferdesechs Stein zehn Pfund gegeben: der offizielle Handicapperjedoch hatte ihm nur sechs Stein sieben Pfund aufgebürdet.„Diese Woche wird der Ben Johnson nach London geschickt: und wenn seine Vorderbeine nicht zusammenknacksen,so kann man ruhig hundert Pfund auf das Pferd setzen,"sagte er.„Wieviel Runden muß er machen?" fragte Sarah.„Er läuft jetzt jeden Tag anderthalb Meilen— übermorgen will mau'ne Probe mit ihm machen, bloß um zu sehen,ob er noch schnell laufen kann: und wenn er in der Probe nichtzusammenbricht, so können Sie ruhig als gewiß annehmen,daß er das Rennen gewinnt."„Wann werden wir das Resultat der Probe erfahren?"„Ich erwarte Freitag früh einen Brief," sagte Stack.»Wenn Sie abends hierher kommen wollen, werde ich Ihnensagen, was dringestanden hat."»Danke, danke sehr, Mr. Stack: nun muß ich aber gehen."„Ich habe denselben Weg wie Sie, Miß Tucker, wennSie wollen." flüsterte Stack,„gehen wir ein Stück zusammen:dann werde ich Ihnen alle Einzelheiten über das Pferd er-zählen."Als die beiden das Gastzimmer verlassen hatten, wandtesich l die Unterhaltung drin auf das Thema, ob Frauen imstände wären, vernünftig zu wetten.„Ich fetze bloß mal den Fall," sagte William,„daß meineFrau als Buchmacher auf den Rennplatz ginge. Ich wette,sie würde es nicht verstehen: sie würde womöglich hohe Wettenannehmen und selbst viel kleinere Summen auf den Favoritensetzen."„Ich weiß nicht," sagte Esther,„warum wir dümmerdabei sein sollten als ihr. Hast Du Dich vielleicht noch niemalsgeirrt? Wie war denn die Geschichte, die Du mir neulich ersterzähltest, von Syntax und dem andern Pferde?"William hatte in der That in der verflossenen Woche einenschweren Verlust erlitten, indem er Wetten auf ein Pferd an-nahm, an welches er selber nicht glaubte: und alle jetzt imLokal Versammelten lachten ihn herzlich dafür aus.„Vom Buchmachen," sagte Journeyman,„will ich garnicht sprechen, aber es giebt heutezutage schon eine MengeWeiber, die ganz schlau die Vorzüge eines Pferdes taxieren."lFortsetzung folgt.)]Ausstellung der ßerUner SeceMon.tVon den 243 Bildern, die in der Secession hängen, ist eigentlichjedes in irgend einer Weise interessant. Und wäre eS auch innegativer Richtung, immer giebt es wenigstens etwas zu lernen.Nur zwei Ausnahmen sind hier zu nennen,"bei denen schlechterdingsunerfindlich ist, weshalb diese Bilder hier hängen. Der DäneChristian Zahlt mann und der Italiener Gordigiani, umsie gleich vorwegzunehmen. Des Dänen triviale„ItalienischeMädchen",„Kirchendiener" und„König Salomo" hängen allerdingsschon so, daß man sie meist übersehen wird.(Gleich ani Einganglinks.) Der„Geiger" des Gordigiani, der mit seinem Instrumentin der Hand in ganzer Figur' vor uns steht, ist so flau undcharakterlos aufgesatzt, wie sich etwa junge Mädchen einenGeiger vorstellen. Dies könnte Fehler des Modells sein. Aber auchin der Farbe gebricht es vollkommen an jener Krast und Härte undeigenem Vermögen, die erst den Anfang künstlerischer Gestaltung füruns bedeuten. Dieser Mangel an Persönlichem wird noch fühlbarerin dem Portrait„Duse". Hier ist nicht nur ein Mangel, sonderndies Portrait ist direkt eine Fälschung. Aus der Eigenart machtGordigiani eine Flachheit: aus dem Charakter„Duse" wirdirgend eine geschmackvoll salonmätzig geNeidete Dame, die weiß, daßein wenig äußerliche Pikanterie»reist den Mangel an Geist undTiefe verdecken kann. Durch solche Art charakterisiert der Maler sich,nicht die Dargestellte.Gleich am Eingang, im ersten Saal, steht man den Dänengegenüber.Viggo I o h a n s e n zeigt diese ganz bezeichnende, dänischeArt. Auf dein Bilde„Zwilchen Künstlern" sitzen die Menschen zusammen; jeder einzelne ist aufs feinste charakterisiert, llird dieSonnenluft der abendlich erleuchteten Stube unrgiebt sie alle miteinem warmen Leuchten, daS technisch sehr fein festgehalten ist. Auchauf den, andern Bilde,„Abendzirkel bei mir zu Hause", ist es diesesweiche Licht, das alle einhüllt, diese Betonung des Individuellen,richtig abgewogen im Ganzen, diese Natürlichkeit der intimenPose, die all' diese Köpfe richtig zu einander stellt. Bei den„Schafen am Meer" erfreut das Grau der Tiere gegen das Blau desWassers gestellt, und die Weite des Horizonts. Die gleiche eigneFreiheit des großen Sehens zeigen die„Pferde auf der Wiese".lieberall eine Persönlichkeit, die unbekümmert redet.P a u l s e n s Bild„In der Heimat des Künstlers" fällt auf.Er giebt da eine Reihe Portraits. Darauf kommt es ihn: an. Aufdie Köpfe und auf die ungezwungene Gruppierung und die Be-leuchtung. Trotz der Größe hält Paulsen die Konturen weich.Jedoch leben diese Menschen kräftig ihr Eigenleben. Das sieht manihnen an. Es ist eine große Geste der Bewegung in diesen Gruppen.Ein starrer Sinn für die Wirklichkeit.Die einfache Größe Nielsens kommt in dem malerisch großgesehenen„In der Hoffnung" vollendet zum Ausdruck. Eine Frausieht im stumpfgraublauen Kleide in ganzer Figur gegen einenschwarzen Hintergrund, umschlossen von einem grauen Rahmen. DasHaar ist glatt zurückgekämmt. Man sieht die Gestalt im Profil.Das Gesicht hat etwas Fahles, das Auge etwas starr Sinnendes.Die Hand stützt den Kopf.Daneben hängt ein großes Saminelbild von H a m m e r s h 0 i.Er bezeichnet es I elbst„Fünf Portraits". Diese Köpfe sind härter,sind plastischer gesehen. Jede Kleinlichkeit, einer AehnlichkeitSsucht zuliebe, ist ferngehalten. Nur das Charakteristische dominiert. Es steckteine Größe darin, wie diese Menschen fest und ehrlich dasitzen. Geradeein klein wenig Ungeschicklichkeit ist hier Eigenart. Der Künstlermalt sie ohne Pose. Wie monumental geradezu wirkt der jungeMensch im Vordergrund, dessen Gesicht ziemlich verdunkelt ist l Wiestimmt da in allem Farbe und Zeichnung.Darüber hängen«Entwürfe zu den FreSken inr Mausoleum zuBjörneborg" von Axel G a l l ö n(Ruovesi, Finland), die durch diegleichmäßig beibehaltene dekorativ-großzügige Technik fesseln. ES isttchwer, über derlei Sachen etwas Abschließendes zu sagen. Es sindEntwürfe. Zweitens kennen wir den Raunr nicht, in dem dieseSachen wirken sollen, für den sie gedacht sind. Es bleibt also nurübrig zu konstatieren, daß die nationale Eigenart Gallöns, diean alte nordische Sagen erinnert, auch hier ungebrochensich äußert, daß namentlich die Teile„Schneelaudschast"und„Zimmermann", sowie„Universum" sich herausheben.Es ist merkwürdig, wie Axel Gallen als Freskenmaler sobescheiden sich zurückhält. Seine Art ist sonst trotziger. Es sindverhältnismäßig kleine Entwürfe, in denen eine eigenartig phan-tastische Stimmung festgehalten ist.Rechts oben, über der Thür, hängt ein Bild von B a ck e r:„Abendmahl in der Kirche". Eine weite Halle. Zu beiden Seitendes Altars, zu dem eine Gruppe herandrängt, hohe Fenster, die ge-öffnet den Ausblick ins Grüne frei geben. Dem grauen Stein deSJnncnraumS erwächst dadurch ein frischer Gegenton in dem grünenLaub, der die weite Halle, in dem die Menschen sich sammeln, weitetund den Gesamtton in der Lust so kühl stimmt.Kraftvoll und groß wirkt das Portraft des Dichters Jonas Lievon Peter S. K r 0 h e r. Ohne kleinlich zu werden, sind die Gesichts»züge dennoch getreu wiedergegeben und das Geistige stark betont.