-
375
-
Eines Tages, als Bater Landry, um die Kosten für den Hand-| nichts essen. Die Gemütsbewegung schnürte ihm die Kehle zus werker zu sparen, höchsteigenhändig die an den Dorfteich stoßende sammen. Mauer feines Grundstücks ausbefferte, fiel er infolge einer falschen Bewegung ins Waffer gerade in eine Untiefe hinein.
Ein paar Augenblice paddelte er im Wasser herum und rief Häglich um Hilfe; aber niemand hörte sein Geschrei. Schließlich am Ende seiner Kräfte angelangt, wollte er gerade zum unwiderruflich leztenmal unter dem Wasserspiegel verschwinden, als Brigitte ihn bemerkte.
Ohne einen Augenblick zu zögern, stürzte sich das brave Mädchen, auf die Gefahr hin, selbst zu ertrinken, in den Teich, und es gelang ihm, den Herrn und sich selbst aufs Trockene zu bringen. Der Alte war ohnmächtig geworden. Sie nahm ihn wie ein Paket unter den Arm, trug ihn aufs Bett, fnetete, frottierte ihn und brachte ihri fchließlich wieder ins Leben zurüd. Als er die Augen öffnete, weinte die gute Brigitte Freudenthränen.
Ach, Herr!... Ich bin ja so glücklich, daß der Herr nicht ertrunten find!"
Auch der Alte war glüdlich. Er empfand wohl ein leises Bedauern, daß er seine Stelle verloren hatte, die gleichzeitig mit ihm ins Wasser gefallen war, aber er besaß doch soviel Bartgefühl, nicht davon zu sprechen. Im Gegenteil! In der ersten Aufwallung seiner. Dankbarkeit erklärte er der Magd in gerührtem Ton:
„ Du hast mich aus dem Wasser gezogen? Das werde ich Dir nie vergessen, Brigitte , meine Tochter, verstanden? Ich werde Dir
etivas schenken."
„ Oh! Herr Das ist ja gar nicht nötig! Wozu denn?" " Ich werde Dir etwas schenken, jawohl!"
Thatsächlich rief er noch am nämlichen Abend, nachdem er die Sache reiflich erwogen hatte, Brigitte in die Stube, 30g feinen großen Lederbeutel aus der Tasche und entnahm ihm mit der Miene eines Menschen, dem ein Zahn gezogen werden soll, ein. Zwanzigsousstüd.
" Hier, Brigitte ! Hier hast Du das versprochene Geschenk! Und Lohn kriegst Du obendrein auch noch, verstanden? Lohn obendrein auch noch!" fagte er in eindringlichem Ton. Vergeude das
Geld nicht!"
"
-
Im Verhältnis zu der von Brigitte vollbrachten Heldenthat Hätte niemand diese Belohnung besonders fürstlich nennen können. Das mochte Vater Landry auch wohl empfinden, denn er beeilte sich, um seinem Geschenk mehr Wert zu verleihen, hinzuzufügen: Zwanzig Sous das ist gerade soviel, wie ein Lotterielos foftet. Kauf Dir eins und Du wirst 100 000 Frant gewinnen." Es geschah zum erstenmal in seinem langen Leben, daß Vater Landry sich zu einer solchen Freigebigkeit verleiten ließ. Die Erinnerung daran berfolgte ihn lange. Er intereffierte sich für das Schicksal seines Zwanzigsousstück über alle Maßen und fragte die Magd öfters, ob sie das Lotterielos schon gekauft hätte.
Noch nicht, Herr!" antwortete sie jedes Mal.
Um diesen elvigen Fragen, die sich mit einer fahrplanmäßigen Regelmäßigkeit wiederholten, ein Ende zu machen, entschloß fie fich eines Tages, dem Drängen des Alten zu willfahren. mods? Ja, Herr, ich habe mir eins getauft."
hile Wirklich? Welche Nummer?" Nummer... Nummer 34
4
"
"
Gar nichts."
Sind der Herr frank?"
" Ich sage Dir doch, mir fehlt nichts!" brauste er auf.
Einige Tage beobachtete er Brigitte verstohlen. Wußte sie schon, Ohne zu ahnen, wie scharf sie beobachtet wurde, erledigte die Magd daß sie 100 000 Frank gewonnen hatte? Nein, sie wußte es nicht. ihre täglichen Beschäftigungen mit ihrer gewöhnlichen Ruhe und Heiterkeit. Bater Landry stand Höllenqualen aus.
Eines Tages wagte er zitternd zu fragen:
Na, giebts nichts Neues, Brigitte , meine Tochter?" „ Gar nichts, Herr! außer daß eine Henne den Pips hat." Also sie wußte nichts! Sollte er ihr die Glüdsbotschaft mitteilen? Mein, das ging über seine Kräfte, wahrhaftig! Der Ges danke war ihm unerträglich, daß ein andrer diesen märchenhaften, unverhofften Gewinn einstreichen follte, diese 100 000 Frant, die mit seinem Zwanzigsousstück, mit seinem Geld, seinem schönen Geld gewonnen waren! Und die Zeit verstrich! Und dazu stand in der Gewinnliste er Monaten nach Schluß der Ziehung nicht abgehobenen Gewinne der hatte sich ein Exemplar gekauft ausdrücklich, daß die innerhalb drei Lotteriebirettion zufielen!
-
Bater Landry aß nicht mehr, trant nicht mehr, schlief nicht mehr. Er magerte zusehends ab. Hundertmal hatte er schon an gesetzt, die Rede auf das Lotterielos Brigittes zu bringen, hundermal bertummte er wieder. Ein unvorsichtiges Wort und die Magd hätte alles erfahren!
Eines Morgens nach einer wie immer in den letzten Tagen schlaflos verbrachten Nacht erhob sich Vater Landry mit einem berschlagenen Lächeln auf den dünnen, blutleeren Lippen. Er hatte gefunden!
Huhn zu schlachten und ein gutes Stück Speck in die Pfanne zu Zunächst erteilte er Brigitte den Befehl, ein Huhn, das fetteste Wein holen. Schließlich gab er der Magd Geld, um Kaffee, Zucker thun. Dann ging er selbst in den Keller, eine Flasche guten, alten und Branntwein zu kaufen. Brigitte fragte sich im Stillen, ob ihr Herr verrüdt geworden sei.
Aber wie sperrte sie erst Mund und Augen auf, als der Alte ihr befahl, zwei Gedecke aufzulegen und ihm gegenüber am Tisch Plaz zu nehmen. Oh! Herr niemals niemals würde ich wagen..." Seh' Dich, wenn ich Dir sage... Dummkopf!" Brigitte hatte einmal gehört, man dürfe Verrückten nicht widersprechen. Sie gehorchte also ohne Widerrede und setzte sich, sehr vers Tegen, auf den äußersten Rand ihres Stuhles.
"
" Iß doch, trink' doch, Brigitte , meine Tochter!" nötigte Landry, indem er ungeheure Stüde Fleisch auf ihren Teller häufte und ihr Glas wieder und wieder füllte.
Aber Brigitte sollte noch viel mehr erstaunen. Als der Kaffee ferbiert war, erklärte ihr der Alte ohne weitere Einleitung: „ Die Sache ist nämlich die, Brigitte , meine Tochter... hör genau zul... Ich will mich verheiraten!"
" Das ist gut! Das freut mich!. erwiderte der Alte, der sich diese Zahl genau einprägte. Du wirst es doch nicht etwa ver- Warum nicht, Herr?" pflichtete sie bei. Der Herr sind noch
lieren?" бли
か
11
"
Der Herr brauchen keine Furcht zu haben!"
Nämlich, wenn Du glaubst. Du könntest es mal verlieren..." Nun..?"
Run, so brauchst Du's nur mir zu geben. Ich werde es in meinem Schrank verwahren."
" Ich werde es schon nicht verlieren! Der Herr fönnen ganz unbesorgt sein!" 10 prnjis
Die durch das Intermezzo im Dorfteich für einige Beit gestörten Lebensgewohnheiten Landrys und seiner Magd traten wieder in ihre Rechte: Wenig Effen, wenig Schlaf, viel Arbeit!... Landry selbst hatte sich über seine Verschwendung beinahe getröstet, als er eines Morgens beim Dorfbarbier, den er von Zeit zu Zeit auf zusuchen pflegte, um gratis die Zeitung zu lesen, eine furchtbare Ueberraschung erlebte.
Die Zeitung veröffentlichte das Resultat der Lotterieziehung. Am Kopf der Gewinnliste standen fettgedruckt folgende Worte, welche wie Feuergarben vor den geblendeten Augen des Alten zu tanzen fchienen: Der Hauptgewinn im Betrage von 100.000 Frant fiel auf Nr. 34."
"
immer sehr rüftig." si bil to court
now thi
heiraten... wir beide..." lin „ Na, wenn das Deine Ansicht ist, dann können wir uns ja
Nach dem Brathuhn, dem Wein und dem Kaffee hatte sich Brigitte seitens ihres Herrn auf alle möglichen Erzentrizitäten gefaßt ge= macht aber auf diese doch nicht!
„ Der... der Herr scherzen.
Durchaus nicht!" entgegnete der alte Bauer. Sieh mal, dia Sache ist die! Ich fange an, alt zu werden, habe keine Kinder, keine Familie. Ich will aber nicht einsam sterben wie ein Hund und dann muß man sich auch erkenntlich zeigen, zum Teufel! Ich habe nicht vergessen, daß Brigitte , meine gute Brigitte mir das Leben gerettet hat... na und deshalb
..."
Kurz, Landry wußte so gewichtige Gründe ins Feld zu führen, daß er das brave, von diesem Glüdsfall ganz geblendete Mädchen schließlich von dem Ernst feiner Absichten überzeugte.
Das Aufgebot wurde bestellt, die Hochzeit fand statt. Nach der Trauung nahm das junge Paar in der Kirche die Glückwünsche des ganzen Dorfes entgegen.
Vater Landry stieß einen solchen Schrei des Entsezens aus, daßlu Der frischgebackene Ehemann beeilte sich, seine Frau fortzuführen, der Barbier, der gerade den Schulmeister rasierte, vor Schreck seinem und kaum zu Hause angelangt, fragte er, sich vergnügt die Hände Kunden ein Stück Ohrläppchen abschnitt. reibend:
Was haben Sie denn, Vater Landry?"
Nichts, gar nichts," erwiderte der Alte, der seine Kaliblütigkeit Nummer?" bereits wiedergefunden hatte.
Und seine Brille zurechtrückend, las er langsam noch einmal, indem er Silbe für Silbe buchstabierte.
Dieses Mal war er sicher, daß er richtig gelesen hatte. Die Nummer 34, das von Brigitte gekaufte Los!... Er legte die Zeitung fort und entfernte sich ganz fassungslos mit großen Schritten in der Richtung nach seinem Hause
Brigitte hatte das frugale Frühstück für ihren Herrn bereitet: Nüsse und Käse. Der Alte sezte sich an den Tisch, aber er konnte
dBrigitte, meine Tochter, wo hast Du sie hingelegt, Teine aid 700 Welche Nummer?" .Deine Lotterienummer." Welche Lotterie?"
Agnie
„ Na, Du weißt doch... die zwanzig Cous, welche ich Div geschenkt habe. damals...? sagte Landry ungeduldig.nut Die junge Frau brach in ein gezwungenes Lachen aus.or „ Achl die zwanzig Sous!" sagte sie.„ Der Herr müssen nämlich vissen... Man gewinnt nicht oft in solchen Lotterien... und dazu war es letzten Winter so bitter falt