öorzeigten. Die Wirtschafterin erwiderte, die Hauptsache wäre doch fiir ihn, dag sie gut bezahlten, und damit war dieser Fall erledigt. Wenn aber ein Versuch gemacht wurde, Betttücher oder so etwas zu stehlen, so wurden der Wirt und sein. Wirt- schafterin bedeutend strenger. Als Esther eines Tages eben eine höchst anständig aussehende Frau hinauslassen wollte, schrie der schwachsinnige Knabe von oben herab ihr zu: Halten Sie die fest-, schnell! Es fehlt ein Vetttuch!" ..£), was soll das heißen?" rief die Frau,ich habe Ihr Betttuch nicht. Lassen Sie mich durch; ich habe keine Zeit, mich aufzuhalten!" Ich kann Sie nicht herauslassen, bevor das Bett- tuch gefunden ist," sagte Esther. Sie werden es schon oben unter dem Bett finden; es ist runtergefallen. Aber lassen Sie mich doch durch! Ich bin in Eile." Rufen Sie die Polizei!" schrie der schwachsinnige Knabe wieder von oben herab. Sic müssen noch einmal mit mir herauskommen," sa�ie Esther zu der Frau,und mir helfen, das Betttuch suchen. Es geht nicht anders." Die Frau zögerte noch einen Augenblick, dann ging sie vor Esther die Treppe hinauf. Als sie in dem Schlafzimmer an- gekommen waren, schüttelte Esther ihre Röcke, und das Bett- tuch fiel heraus. Sehen Sie wohl!" sagte Esther,da hätten Sie mich in eine nette Geschichte hineingebracht! Wenn ich Sie fort- gelassen hätte, würde ich das Betttuch haben bezahlen müssen!" O, ich kann schon dafür bezahlen; es ist nur eben im Augenblick, daß ich in einer solchen Geldklemme bin." Na, wenn Sie sich nicht in acht nehmen, so werden Sie auch noch dafür bezahlen," sagte Esther warnend und ärgerlich. Kurze Zeit darauf wurden die Bücher von Esthers Mutter, die sie stets so heilig gehalten hatte, ihr gestohlen. Das Ge- schüft war flau gewesen, und man hatte sie während dieser Zeit in einem der Schlafzimmer schlafen lassen. Plötzlich wurde das Zimmer jedoch eines Abends gebraucht, und zwar so plötzlich, daß ihr nicht mehr Zeit genug blieb, alle ihre Sachen herauszunehmen; und als sie am nächsten Morgen das Zimmer aufräumte, fand sie, daß sowohl die Bücher ihrer Mutter, wie auch ein Paar schwarze Ohrringe, welche Fred ihr einst ge- schenkt hatte, ihr gestohlen waren. Sie konnte nichts mehr dagegen thun; das Paar, welches das Zimmer bewohnt hatte, war längst über alle Berge. Sie konnte auch nicht die mindeste Hoffnung hegen, ihre Bücher und die Ohrringe je wieder zu bekommen, und war sehr unglücklich über den Verlust der- selben. Diese Ohrringe und Bücher waren der einzige und letzte kleine Schatz gewesen, den sie noch besessen hatte: nun sie sie verloren hatte, fühlte sie so recht wieder, wie einsam, schütz- und mittellos sie dastand in der Welt. Sie brauchte nur morgen krank zu werden und ihre Stelle zu verlieren, dann blieb ihr nichts weiter übrig, als ins Armenhans zu gehen! Was würde dann aus ihrem Jungen werden? Sie fürchtete sich fast schon, darüber nachzudenken. Was nützte denn auch alles Denken? Sie durfte gar nicht denken; sie mußte nur arbeiten, arbeiten, arbeiten! Betttücher und Leinen- zeug waschen, waschen und immer wieder waschen, bis sie nicht mehr konnte. Waschen, waschen, waschen! Die ganze Woche hindurch waschen; und nur dadurch, daß sie jede Nacht bis ein Uhr aufblieb und wusch, konnte sie es ermöglichen, wenigstens den Sonntagvormittag für sich frei zu behalten. Noch nie zuvor, nicht mal damals in jenem Haufe in Chelsea , hatte sie so entsetzlich angestrengt arbeiten müssen wie hier, und dabei war sie jetzt bei weitem nicht mehr so jung und so kräftig wie damals. Dennoch behielt sie den Kopf stets oben, und der Mut sank ihr erst, als Jack eines Sonntags zu ihr kam und ihr erzählte, daß die Leute, bei denen er angestellt war, ihr Geschäft ausgegeben hätten. Da überkam sie plötzlich eine ganz seltsame Müdigkeit und Schwäche. Sie dachte an die endlöse Arbeit, die sie unten im Keller erwartete, an den großen, kupfernen Waschkessel auf dem Feuer, an die Halsten schmutzigen Leinenzeuges in der Ecke, an den ans dem Waschkessel aufsteigenden Dampf; und sie fühlte nun, daß sie weder Mut noch Kraft mehr dazu besaß, auch nur eine Woche länger diese Arbeit zu verrichten. Mit völlig der- zweifeltem Blick betrachtete sie ihren Sohn. Als er, ein winziges Baby, in ihr Tuch gehüllt in ihrem Arm, an ihrem Busen lag, hatte sie ihm zugeflüstert:Für uns, mein armer Junge, giebt es nun keinen andern Ausweg mehr, als das Armenhaus!" Und dieser selbe Gedanke trat jetzt wieder riefen- groß vor ihre Seele, als sie ihn ansah, den großen Jungen mit den schönen, großen, grauen Augen und dem dunklen Locken- haar. Aber sie ängstigte ihn nicht mit ihrer Verzweiflung; sie sagte nur: Nun weiß ich nicht mehr, wie wir durchkommen sollen, Jackie." Tu wäscht zu viel. Tu arbeitest zu viel. Du wirst ja immer dünner; sag', Mutter, weißt Du denn gar keinen Menschen auf der ganzen Welt, der uns Helsen könnte?."_____« (Fortsetzung folgt.). (Nachdruck verboten.) Die Kunft- und Gartenbau« Ausstellung in Düsseldorf , Mit der Düsseldorfer Industrie- und Gewerbe-Ausstellung im Jahre 19(12 war eine Kunstausstellung verbunden, die zu einer dauernden Einrichtung werden sollte. Der damals errichtete Kunst- Palast war zum Bleiben bestimmt; von ihm aus sollte sich das rheinische Kunstleben neu entwickeln und den heimischeil Künstlern neben der Anregung auch den klingenden Lohn sichern. Was das letzte betrifft, so hat die damalige Kunstausstellung diese Erwartung nicht erfüllt; in Düsseldorf strömten zwar die Millionäre und Industrie- Magnaten zusammen, aber für die Kunst ist von dem Reichtum, der sich hier einfand, wenig, beschämend wenig abgefallen. Essen, Bochum , Dortmund die Stätten, wo Kohle und Eilen gewonnen wird, sie haben Geld und Ruhm eingeheimst, Düsseldorf aber als Kunststadt ist leer ausgegangen, und ganz gewiß hat der biedere Schnapsbrcnner aus dem Münsterlaude, der in einem westfälischen Bauernhause die Aus- stellungsbcsucher mit allein Steinhäger und saftigem Schinkenbraten erquickte, bessere Geschäfte gemacht, als die Düffeldorfer Künstler- schaft mit den Erzeugnissen ihres Pinsels und ihres Meißels. Ltohle und Eisen, Steinhäger und Pumpernickel das find Dinge, gegen die schwer anzukoinmen ist in einer Zeit, wo trotz aller Festreden und Zeitungsartikel die Jagd nach dem Profit und die Sorge um den Magen die höchsten und heiligsten Güter der Nation sind. Die Düsseldorfer handeln nach dem Grundsätze: Die Masse kann man nur durch Masse zwingen. Vor zwei Jahren Industrie- und Kunstaussiellllug, jetzt Gartenbau- und Kunstausstellung, das nächste Mal vielleicht Sport- und Kunstausstellung, und als Zugabe jedesmal einenVergnügnngspark" mit Bräus aller Art, Cafös aller Länder, Alt-Düsseldorf und Alt-Japan , Original-Dachauer und Original-Tscherkesseu, Panorama und Rutschbahn. Dazu Musik in jeder Ecke kurzum so eine Art internationale Kirmetz neben der internationalen Kunstschau. Ob bei diesem Betrieb, der zweifellos viele Besucher anlockt, die Kunst profitiert, möchte ich, bis es mir bewiesen wird, vorläufig in Zweifel ziehen. 4»» » Das am Rhein im Anschluß an den Hofgarten gelegene Aus- stellungsgebiet eignet sich vorzüglich zu einer Gartenbau- Ausstellung. Die weite Fläche ist nach einem einheitlichen Plane gartenkünstlerisch aufgeteilt und bietet den mannigfaltigen Erzeugmssen des Gartenbaues Gelegenheit zu wirkungsvollster Eni- faltnng. Rasenplätze mit Koniferen, Beete mit blühenden Frühlingsblumen: Tulpen, Primeln, Stiefmütterchen, Anlagen mit kunstvoll verschnittenen Taxushecken und Buchsbäumen, Obstspaliere, Treibhauskulturen, Baumschulen alles das gewährt einen vielseitigen und anregenden Einblick in das Gebiet, auf den: sich Nattir und Kunst zu schöner Gesamtheit paaren. In einigen der von 1902 erhaltenen Gebäuden finden wechselnde Sonderausstellungen statt. Leider nur drei Tage war eine Sammlung blühender Orchideen zu sehen, von deren Umfang und Wert die Thatsache zeugt, daß sie mit drei Millionen Mark versichert war. Dann folgte eine Ausstellung französischer, italienischer und holländischer Schnittblumen, der sich eine Ausstellung von Er- zcugniffen der Frühjahrsbindekunst anschloß, mit der gleich- zeitig eine Ausstellung von Früh- und Treibgemüse und Treibobst zu sehen Ivar. Im Juni wird sich ein Flor von 70000 Rosen entfalten, dem etwas später die Dahlien folgen. Und was die Wirklichkeit nicht zu bieten vermag, das wird uns im Bilde vorgeführt. Verschiedene Düffeldorfer Künstler haben sich vereinigt, um in einem Diorama uns die Entwicklung der Gartenbaukunst im Laufe der Jahrhundertc sehen zu lassen: vom Garten Eden über den mittelalterlichen deutschen Berggarten bis zum englischen, für den heutigen Stil vorbildlichen Garten. Alles in allein bietet die Gartenbau-Ausstellung am Ufer des Rheins viel Lehrreiches und Interessantes, viel Kunstvolles und Schönes, dessen vollen Genuß nur der verstimmende Gedanke trübt, daß alles das eigentlich nur einer kleineu Minderheit von Menschen vorbehalten ist, daß die große Masse nichts hat von all den Rosen und Myrthen, all der Schönheit und Lust... » Die Kunstausstellung in Düsseldorf hat einen schweren Stand gegenüber dem Wettbewerb. In Berlin , in Dresden , in München überall große Ausstellungen,� die den Vorzug älteren Rufes und größerer: Erfolges haben. Düsseldorf war als Kunststadt