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Sekt heißt's fich einspannen. Herrgott, und der g'flicte Aff ist mit meinem Rad auf und davon gefahren... Wenn der Kerl nicht kommt, bring' ich ihn um.

Aber schon erschien der also Bedrohte am Horizont und, ohne die Bremse anzulegen, fauste er den Hügel hinab, grad au fie zu. Einige Schritte vor ihnen sprang Frig vom Nade; seine Augen glänzten, seine faltigen Wangen, die selten eine Sput bon Farbe zeigten, waren gerötet und das schwarze, struppige Haar hing ihm in feuchten Strähnen tief in die Stirne herein. " Dein Glück, daß Du da bist, Du Kaffer," rief Emil übermütig ihm zu.

" Fünf Kilometer in zehn Minuten," prahlte Fritz und blähte seine magere Brust.

" Ich werd' jekt dreiundzwanzig Kilometer in dreiviertel Stunden zurücklegen, das ist was andres, Du Großmaul."

Es ist ganz dasselbe," grinste Friß, der ein gewandterer Robfrechner war. Emil überhörte es gern.

" Ich füß die Hand, Fräulein Gusti," rief er laut. Schon faß er im Sattel, bollführte einige zierliche Kurben, salutierte und fuhr dann leicht in eleganter Haltung den Hügel hinauf und davon.

Sie jah ihm nach, bis er ihren Blicken entschwunden war. Ale ste fich amdrehte, bemerkte fie Friß, der, an die Mauer ge lehnt, nach ihr hinstarrte.

Sie wendete den Kopf nicht ohne Hochmut. Was brauchte er noch da zu steher und sie anzugaffen. Die Zeit, we fie darauf berjefsen war, mit dem Lehrjungen am Wall herum­zutollen, in den Liriengraben zu springen, um ar der andren Seite mit seiner Hilfe wieder heraufzuflettern, war längst vorbei. Sie war ein Fräulein geworden.

Aber bei Fritz brauchte sie sich vor Vertraulichkeiten nicht zu fürchten.

Die Nase in der Luft, die Hände in den Taschen, ging er pfeifend an ihr vorüber und trat ins Haus, ohne weiter von ihr Notiz zu nehmen.

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Gusti schlenderte hinterdrein. Als sie unter den Fenstern der elterlichen Wohnung stand, rief sie hinauf: Mutter!" Ein zartes Frauenantlig, vor dunklen Haaren umrahmt erschien am Fenster.

Sie kommen schon," antwortete die Mutter und ver­schwand wieder.

Und da flatterte auch schon eine zweite in Rosa über den Gang und gleich darauf stand ein gleichgekleidetes, mindestens ebenso hübsches Wesen neben Gusti, ihre Schwester Quise. Sie war größer und schlanker, ihr Teint matter, ihr Haar dunkler. Die schwarzen, wunderbar geschnittenen Augen hatten einen etwas scheuen, verschleierten Ausdruck, als fürchteten sie sich, zu dreist in die Welt zu blicken.

Sie war älter als Gufti, schon fiebzehnjährig, aber un­erfahrener als die Schwester, unberührter von allen finnlichen Eindrücken des Lebens, und doch, wie jene, in gesunder Genuß­fucht nach Freude verlangend.

Sie sah erwartungsvoll und glücklich aus wie ein Kind Kommt der Vater noch nicht?" fragte Gusti. Gleich, der Halskragen saß wieder schlecht, und mit der Schleife fonnte es die Mutter gar nicht treffer, er hat sie immer wieder aufgebunden."

Er ist sehr eitel." Gusti awinferte ichelmitch.

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Als sie auf der Straße waren, blidte er nach dem Hause zurück.

Dort lehnte die Mutter im Fenster.

Kinder, die Mutter schaut uns nach," rief er.

Er lüftete in ritterlicher Weise den Hut und grüßte hinauf. Auch die Mädchen grüßten mit Augen und Händen: Adieu, Mutterl, adieu!"

Der Vater hatte jetzt die Mitte zwischen seinen Huldinnen eingenommen, rascher schritten sie aus, dem Südbahnhofe ent­geger. ( Fortsetzung folgt.)

( Nachdruck verboten.)

Ein Tunneldurchschlag.

A

Am Fuße der waldreichen Nordhänge der julischen Alpen liegt in einem weiten Thalkessel das trainische Dorf Wocheiner Feistritz. Selten verirrt sich der Fuß fremder Wanderer hierher, denn weitab genug von den beschienten Straßen liegt dieses waldumkränzte Jdyll. ur eifrige Touristen drangen bis hierher vor, um die Riefen zu beztvingen, die bis spät in den Sommer hinein ihre schneeigen Häupter vor dem heißen Liebeswerben der Sonne zu schützen wissen, die Cerna Prst, die Banna und im nördlichen Thal das Massiv des Triglav , von dem Baumbach in seinem Zlatorog" fingt: Dir, mächt'ger Triglav, gilt mein Lied, mein Grüßen! Drei Häupter hebst Du trotzig in die Höh' Wie jener Gott, nach dem sie einst Dich hießen, Und jeder trägt ein Diadem von Schnee."

V

Seit drei Jahren ist das Dorf ein andres. Zwar wurde keine Regel in die freuz und quer hingebauten Bauernhäuser gebracht, auch die Dorfgäßchen sind noch so schmutzig und unwegsam wie einst, da Wocheiner Feistrit noch das alte trainische Dorf war und doch ist das Dorf ein andres. Bretter­weltabgeschiedene - buden da und dort und gar an seinem östlichen Ende ist eine ganz neue Kolonie entstanden, städtisch aussehende Häuser, ein Hotel, ein Beamtenhaus, das Wohnhaus eines Bauunternehmers, Arbeiterhäuser, Maschinenhäuser und bald zog auch die Armee ein, die diese Stadt bevölkern follte. Krampen und Schaufeln, Bohrer und Schlägel und vor allem das Dynamit waren ihre Waffen. Num wußten die Feistritzer auch, daß es endlich ernst werden sollte, daß die alte Kolba, die sich 1500 Meter hoch im Südosten von Feistrit aufbaut und die den Weg nach dem Süden nur auf schmalen Saumpfaden gestattet, am längsten den Menschen getrost hatte.

Mitten durch ihren Leib sollte mun eine breite Straße führen, auf der sich zwei Züge begegnen konnten. Der 6335 Meter lange Woch einer Tunnel, der drittgrößte im Zuge der neuen Alpen­bahnen, sollte hier seinen nördlichen Ausgangspunkt haben, um in Bodbrdo das Küstenland zu erreichen, und dadurch den Weg nach Triest freizumachen.

die" Feldmesser" gekommen und hatten das Gebirge nach allen Lange vorher schon waren ab und zu die Steinklopfer" und Richtungen abgefragelt, abgemeffen und abgeflopft, bis sie endlich eine Stangenstraße über den Berg absteckten.

Eines Tages im Herbste 1900 begam dann der Kampf der Menschen gegen den Berg. Vom tiefsten Absteckungszeichen am Hang der Kolba visierten die Ingenieure eine Gerade in den Berg und die Mineure gingen frisch ans Werk und trieben in der be rechneten Achsenlinie den Stollen vor. Immer fort und fort, bis sie genug weit drinnen waren, um an die Erweiterung und Erhöhung des zwei Meter breiten und ebenso hohen Sohlstollen schreiten zu können. Da sprengten sie dann in die Decke des Stollens faminartige Aufbrüche und von diesen weg trieben sie in der Nichtung des Sohl- oder Richtstollens, vorwärts gegen das Berginnere und zurück zum

Eitel ist er nicht," verteidigte Luise, aber alles Häß Tummeleingang oder Loch", wie es in der Tunnelsprache heißt, neue liche ist ihm zuwider."

Da ist er!"

Stollen, die sogenannten Firststollen. Erst von diesen aus geht der Tumelbauer an die Aussprengung der übrigen Felspartien, die dem Sprengarbeit ist der Vollausbruch. Dabei muß dem Gebirgsdruck Tunnel( zu deutsch : Röhre) Blatz machen müssen. Diese lette Rechnung getragen werden. Nur allmählich kann die Röhre aus­gebrochen werden. Die Tunnelbauer teilen zu diesem Zwecke den ganzen Tunnel in Ringe, deren jeder 8,3 Meter lang ist.

Ein zierlich gebautes kleines Männchen sprang mit der Leichtigkeit eines Jünglings die Treppe herab. Sein Aeußeres präsentierte fich flott und jugendlich, mit einem gefuchten fünstlerischen Anstrich. Er trug einen grauen Rembrandthut und ein kurzes braunes Manchesterrödchen; der lichtfarbige Hinter dem Mineur kommt der Maurer. Einen Teil deffen, Hemdkragen war umgeschlagen, das Halstuch zu einer großen was der Mineur dem Berge aus dem Leib gesprengt hat, muß der flatternden Schleife gebunden. Statt der Weste hatte er einen Maurer wieder verbauen. Mächtige, bei startem Gebirgsdrud oft breiten blauen Gürtel angelegt, der um die Mitte fefi- awei Meter starte Widerlager streben von der Sohle des Tunnels geschnallt war. zu beiden Seiten in die Höhe, als Träger der Quadernwölbung, mit deren Hilfe das Gebirge gehalten wird. So geht es Schritt um Schritt vor, immer tiefer in den Berg hinein.

Das schmale Gesicht mit der kühn gebogenen Nase. die fleinen, aber feurigen Augen, der langgehaltene Spitbart ver liehen ihm ein donquichotteartiges Aussehen, das er abfichtlich festhielt.

Er musterte seine Töchter, die ihm entgegen prangen, mi: glücklichen Vateraugen.

Kann es etwas Schöneres geben, als diese zwei," chienen fie zu sagen, dann klatschte er luftig in die Hände:

Vorwärts, Mädeln, jetzt heißt's laufen, sonst verfäumen wir den Zug."

Boran die Sohlstollenmineure. Förmlich eine mit dem Felsen, fauert bort im Dunkel des Stollens ein Mann und hält eine unten spitze Eisenstange mit beiden Händen gegen den Felsen. Und neben ihm steht einer und schwingt den Schlegel. Schlag um Schlag fauft auf den Kopf des Spikeisens, des Bohrers, nieder, Schlag Bahnen gewiesen ist. Gleichmütig hält der Helfer den Bohrer. Der um Schlag mit der Sicherheit einer Maschine, die in. strenge Gedante, daß ein Schlag daneben gehen oder abgleiten und ihm die Hände zerschmettern fönnte, tommt ihm gar nicht. Er weiß es, daß der Antonio so sicher arbeitet wie eine