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überliegenden Garten, wo ich ihnen freien Abzug mit flingendem Spiel gewährte, d. h. das lettere besorgte die auf allen umliegenden Bäumen eingefallene Gesellschaft der Alten, die mit jubelndem Ges zwitscher die Befreiten in ihre Mitte nahm. Humoristisches.

wurde; die Aldermänner und Gemeinderäte kamen dann je nach ihrer Größe und ihrem Gewicht an die Reihe. Auch die Geistlichkeit und der Stadtschreiber mußten ihre Körper für die historische Prozedur zeitweilig herleihen. Dann kamen auch Einwohner der Stadt an die Reihe, einige flüchteten vergebens auf ihre eignen Grundstücke, und auch von auswärts zugereiste Zuschauer wurden, obwohl sie sich mit Händen und Füßen wehrten, ergriffen und gegen irgend einen- Uebertriebene Angst. Professor( der mit seiner Grenzpfahl gestoßen, bis sie das Wort Bier!" ausriefen. Die Frau in der Sommerfrische ist, vor dem Schlafengehen): Aber Teilnehmer an der Ceremonie hatten bisweilen noch Extra- Schwierig- Amalie, wie kannst Du mein Gebiß direkt in den Zug ans teiten zu überwinden. An einer Grenzstelle mußte ein Teich durch- offene Fenster legen!... Bedenke doch, wie leicht könnte watet werden und an einer weiteren lief die Grenze durch ein Ge- ich da Zahnschmerzen bekommen!" höft und den Zaun; die Gebäude, die zu übersteigen waren, hatte Eine pietätvolle Witwe. der betreffende Eigentümer ganz frisch mit Teer bestrichen. Aber auf dem Grabstein etwas angebracht, das den Charakter Ihres überstiegen wurden sie doch und der Eigentümer mußte dann auch feeligen Mannes besonders kennzeichnet?" an der Ceremonie entsprechend teilnehmen. Die ganze Prozedur wurde auf halbem Wege durch freie Bewirtung mit Brot, Käse und Bier unterbrochen, nachdem der auf Grund einer alten Urkunde zum Städtischen Bierkoster bestallte Alderman das Bier unter allgemeiner Spannung geprüft und dann für trinkbar erklärt hatte. Ein all­gemeines Festessen am Abend beendete die historische Feier.-

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Die sprechende Thür. In der Wiener Abendpost" plaudert Paul v. Schönthan von einer neuen Reklame, die Berlin zuerst be­glücken soll. Angeblich habe das Patentamt bereits dem neuen Reklameverfahren seinen Schuß verliehen: Dem neuesten, tönenden Reklamemittel liegt der Phonograph zu Grunde, der über der Thür angebracht ist und bei deren Benützung in Aktion tritt. Der Apparat enthält eine Walze, auf welche die Worte der Empfehlung gesprochen werden, ein kurzer Hinweis auf irgend einen Artikel, also ein sprechendes Inserat für Seifen, Mundwasser, Bartbinden, Hosen­träger, Sett, Kakao, Chokolade, photographische Apparate, Er­nährungsmittel, Schreibmaschinen und alles, was sonst mit etwas Tam- Tam vertrieben wird. Man öffnet die Thür, und a tempo ertönt es über uns: Dentolin ist das Beste für die Zähne" oder Glanzolin verwandelt jeden Schuh in einen Spiegel" oder" Be nüßen Sie nur die Schreibmaschine Rapid" oder" Rotkäppchen- Sett ist ohne Konkurrenz" usw. Derartige automatitische Zurufe wären dann die Willkommengrüße, die uns beim Betreten eines Cafés, des Lese­Saales eines Hotels, des Friseurladens usw. entgegenhallen. Der Patent- Inhaber will alle öffentlich benüßten Thüren, selbst die­jenigen, die man fast als geheime" bezeichnen könnte, zum Sprechen bringen und seiner Reklame- Idee dienstbar machen. Ein geringes Maß von vorausschauender Phantasie genügt, um sich schon jetzt flar zu machen, daß die Folgen, die da zu gewärtigen sind, nicht unter schätzt werden dürfen; die sprechende Thür wird das mit nervös machenden Geräuschen, mit Reibungen, Schwierigkeiten und Verdruß ohnedies hinreichend ausgestattete Leben noch schwerer machen. Die Menschheit wird, sofern sie Thüren benützt, schwer zu leiden haben. Man sucht seinen Barbier auf: Trinken Sie Rheinischen Extra­Gett!", man geht ins Bad und betritt seine Kabine:" Trinken Ste Extra- Seft!"; man begiebt sich in das Restaurant:" Trinken Sie Ertra- Seft!"; im Café derfelbe automatische Anruf, vom Morgen bis zum Abend; vielleicht auch noch, wenn man in eine Theaterloge tritt, wenn man den Schlag eines Wagens, mit dem man nach Hause fahren will, öffnet....

Aus dem Tierleben.

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Wünschen Sie nicht

Wenn's nicht gar zu viel fostet, dann machen S' halt a' Schweinshayel mit Gurkensalat d'rauf dös hat er am liebsten gegeffen!"

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Auch ein Spetulant. Lehrling: Soll ich bei der Rechnung für die Frau Müller schreiben: wohlgeboren" oder hoch­wohlgeboren"?. Die Reparatur macht 3 Mark 50!" Prinzipal:" Schreiben Sie hochwohlgeboren" und rechnen Sie 4 Mark!" ( Fliegende Blätter. ")

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Notizen.

Ein neuer Heijermans, Rettenglieder" wird eine der ersten Novitäten des Deutschen Theaters in der kommenden Saison sein. Zwei in Bern wenig bekannte Nestroy sche Bossen Zu ebener Erd' und im ersten Stod" und Der Zer rissene" werden zu Beginn der nächsten Spielzeit im Neuen Theater in Scene gehen.

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Der 4000 Frant- Preis der Pariser Akademie für das beste französische Stück, den erst Octave Mirbeau für sein Drama Geschäft ist Geschäft" erhalten sollte, gelangt diesmal nicht zur Ver­teilung. Der Tiroler Künstlerbund wird vom 15. Juni bis zum 1. Oktober seine erste Ausstellung in Jnsbruck ver­anstalten. - Ein internationaler Freidenkertongreß wird vom 20. bis 23. September in Rom tagen. Ueber Mustelbewegung und Vermehrung der Blutkörperchen hat der amerikanische Physiologe P. B. Hawk eine lange Reihe von Untersuchungen angestellt. Es ergab sich, schreibt die Kölnische Zeitung ", daß durch starke Muskelübungen, wie Laufen, Radfahren, Schwimmen, Reiten, die Zahl der roten Blutkörperchen fich erheblich vermehrt wird, und zwar am meisten durch Schwimmen, wäh rend furzer Zeitdauer, während bei längerer Thätigkeit die Zunahme finkt. Längeres Schwimmen vermehrte dagegen die Anzahl der weißen Blutkörperchen bis zu 73 Proz. Die Vermehrung der roten Blut­törperchen vollzieht sich wahrscheinlich dadurch, daß eine Anzahl der= selben, die sonst passiv in verschiedenen Organen lagerten, durch die Bewegung in die Blutbahn gebracht wurden. Die Zunahme der weißen Blutkörperchen ist dagegen nur scheinbar, sofern sie auf einer bloßen Ansammlung im peripherischen Gefäßsystem beruht.

C. Das Salzen der Kinder. In manchen Gegenden Europas und Astens hält man noch heute an dem äußerst mert­würdigen Brauch fest, neugeborene Kinder zu falzen. Die Methode wechselt, wie eine englische Zeitschrift schreibt, bei den verschiedenen Völkern. Die Armenier bedecken die ganze Haut des Kindes mit einem sehr feinen Salz. Dieses Salz läßt man drei Stunden oder noch länger auf dem Körper des Kindes und wäscht es dann mit warmem Wasser ab. Ein Bergstamm in Kleinasien ist noch grau­famer als die Armenier. Dort bleiben die Neugeborenen 24 Stunden mit Salz bedeckt. Auch die modernen Griechen besprengen ihre Kinder mit Salz. Die Mütter glauben, daß die Kinder durch diese Anwendung von Salz Gesundheit und Kraft bekommen, und daß die bösen Geister von ihnen ferngehalten werden.

-Ein gewaltiges Wasserwert, das nicht weniger als 50 000 Pferdekräfte liefern soll, wird durch die Anbohrung des Silferfees im Oberengadin erstehen.

Spaßen Solidarität. Bei einem Morgenspazier gang hatte ich, so schreibt ein Leser der Straßburger Post", zwei junge gelbschnäbelige Spaken gefangen, die sich vom Nest freigemacht hatten. Da die Tierchen zweifellos zu Grunde gegangen wären, nahm ich sie mit und hing sie in einem alten Käfig vor das Fenster. Schon wenige Minuten später erschienen die Alten, obwohl meine Wohnung durch etwa anderthalb Kilometer Straßenzüge von der Fundstätte entfernt ist, und begannen zu locken. Gleichzeitig sammelte fich das Spatzengeschlecht der ganzen Umgegend auf einem gegenüber Liegenden Baum. Der Herr Vater der zwei eingesponnenen Spröß­Linge nahm einen vorgeschobenen Beobachtungsposten ein, von wo er die übrige Gesellschaft von meiner jeweiligen Annäherung benach­richtigte. Die betrübte Mama wagte mehr. Sie trug den nimmer­fatten Schreihälsen mit rührendem Mut und ohne eine Viertelstunde zu ermüden, den ganzen Tag Futter zu. Dieses Futter schaffte aber bier ganze übrige Sperlingsgemeinde herbei: alle Augenblicke erschien st. Reis Rommißbrot. Eine Frankfurter Gesellschaft eines der grauföpfigen Weibchen oder eines der dicken Männchen mit bringt neuerdings Reis- Kommißbrot auf den Markt. Das Verfahren der schwarzen Krawatte und brachte einen Schnabel voll nahrhafter zur Herstellung dieses Brotes, das sich durch größere Haltbar­Dinge. Unweit des Käfigs, an einem Mauervorsprung, wo sie vor feit, leichtere Verdaulichkeit und billigeren Herstellungspreis vor mir völlig ficher waren, setzten sie sich nieder, und dort nahm ihnen bekannten Broten auszeichnen soll, besteht darin, daß zur Herstellung die Sperlingsmutter den Proviant ab, um ihn rasch einem der des Brotteiges grob geschroteter Neis zugesetzt wird und zwar bis hungrigen Burschen ur den aus dem Käfig herausgesperrten Schnabel zu 10 Proz. des zu verwendenden Mehles. Der Reis wird zum zu stopfen. Kochen erhigt, das erste Wasser abgegossen, darauf mit frischem Wasser fertig gekocht. Dann wird ein Sauerteig gebildet, der aus einem Kilogramm gewöhnlichen und 15 Proz. eines aus einem Korn hergestellten Mehles, von dem nur die äußere Rinde entfernt wurde, besteht und mit circa 1 Liter 30grädigen Wassers zu einem Teig ge knetet wurde. Dieser Teig bleibt vier Stunden zum Gären stehen und wird dann mit zehn Kilogramm Roggenmehl angesetzt. Die so gewonnene Teigmenge bleibt wieder etwa vier Stunden stehen, bis fie gärt, und wird dann mit dem etwas gesalzenen, fertig gefochten Reis unter Zusatz von 7 Kilogramm unbearbeitetem Roggenmehl zu einem festen Teig gefnetet, geformt und in bekannter Weise ge backen.

Die Mutter konnte sich, dank ihrer genossenschaftlichen Hilfe, damit begnügen, den ganzen Tag nur den drei Meter langen Weg zwischen dem Mauervorsprung und dem Käfig zu machen, nur zuweilen von ihrem Ehemann abgelöst. Das zugetragene Futter be­stand ausschließlich in Insekten, besonders den schwarzen Köcherfliegen. Auch am nächsten Tag wurden die verteilten Rollen im Dienste der Nächstenliebe von meiner Spatzengemeinde in aller Frühe mit gleicher Hingebung ausgefüllt und das Verproviantierungsgeschäft trotz des strömenden Regens den ganzen Tag unermüdlich fortgefeßt. Da mich ein nachmittags vorgenommener Versuch im Zimmer überzeugte, daß die jungen Bürschchen jetzt etwas besser schwirren konnten, machte ich dem Idyll ein Ende und trug meine Gefangenen in den gegen Verantwortl. Redakteur: Paul Büttner , Berlin.- Drud und Verlag: Borwärts Buchdruckerei u.Berlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.