mach' keine G'schichten— nur her damit— so— paßt mirvorzüglich— jetzt komm' in den Hof--"„Aber die Hausmeisterin?—"„Laß sie schlafen, die Gute, ich Hab' den Hausschlüssel.Du brauchst nicht auf mich zu warten—"„Du willst allein—?"„Als junger Mann werd' ich mich doch nicht genieren—sagte sie mit dem flottesten Ausdruck und rannte, drei Stufenauf einmal nehmend, die Stiege hinab� dem Ställchen imHofe zu, wo das Rad ihres Bruders eingestellt'war....Frau Witte hatte noch die verstaubten Kleider ihresMannes zu reinigen, ehe sie daran denken konnte, zur Ruhezu gehen. Sie war immer die letzte. Als sie das schwach er-leuchtete Zimmer wieder betrat, in dem ihre Töchter schliefen,kam es ihr vor, als hätte sich Luise eben unruhig von einerSeite auf die andre geworfen. Sie trat ans Fenster undbeugte sich über sie.Sie hatte den Arm unter den Kopf gelegt, lag mit ge-schlossenen Augen und regte sich nicht.„Luise," hauchte sie leise; keine Antwort.Das Mädchen atmete, wie unter einer äußerlichen Ein-Wirkung stärker, ab« sie schlief weiter, schlief, wie gesundeJugend schläft, fest und traumlos bis zum Morgen, bis dieMutter sie weckte.5. Kapitel.Die Woche nach dieser Begegnung hatte Witte in er-wartungsvoller Spannung verbracht.Er ging nicht in die Fabrik, er zeichnete seine Muster zu'Hause.In seinem Sammtrock, frisch rasiert, in gehobenerStimmung erwartete er den Besuch seiner neuen Freunde, diein so schmeichelhafter Weise dem Wunsche Ausdruck gegebenhatten, daß diese Bekanntschaft keine vorübergehende seinsolle.Wie warm hatte ihm Reich beim Abschiede die Hand ge-drückt und sein„Auf Wiedersehen!" war in einem so klingen-den Pathos gesprochen, das einen Widerhall in seinem Herzengefunden hatte.Und wollte nicht Brandt die Bilder seines Baters kennenlernen?— diese echten Wittes, um welche er ihn beneidete?Aber, sonderbar, die Erwarteten kamen nicht.Hatten sie seine Adresse vergessen?—Witte beschloß, das Kaffeehaus aufzusuchen, das vonMalern und Schauspielern vorzugsweise besucht wurde. Dorthoffte er mit Reich zusammen zu treffen. Aber er versäumteihn regelmäßig.Entweder hieß es,„er ist noch nicht da", oder„gerade ister fortgegangen", kurz, er hatte Maleur; Witte pflegte sichdann ans Fenster zu setzen und in den Zeitungeil zu blättern,die fast täglich kurze Notizen über den Schauspieler brachten,der eben anfing, in den tonangebenden Kreisen der Residenzzu persönlicher Beliebheit sich aufzuschwingen. Die Blätterbesprachen auch weniger seine künstlerischen Leistungen alsseine gesellschaftlichen.Erfolge, über die sie sich weitschweifigäußerten. Nebenbei horchte er auf den Klatsch, der um ihnherum über Kunst und Theater geführt wurde, und diepikantesten Enthüllungen brachte.Es lag etwas Rührendes darin, wie dieser Mann, der inder engen, kleinbürgerliche!: Sphäre, in der er lebte, sich seineNawetät und Harmlosigkeit erhalten hatte, sich mühte, alldiesen Uebermut, diese Extravaganzen einer dekadenten Gesell-schaft zu beschönigen, vom Schmutze rein zu waschen, um sie be-greiflich zu finden.(Fortsetzung folgt.)lNachdruck verboten.)frifchc fifchc, gute fifche!Von Leon Ferrit r.I.„Luise I Luise! Hör' bloß die Neuigkeit! Unser VetterBalochar meldet sich an."„Ach... ioirklich?"„Ja, lies selbst... überzeuge Dich!"Und dabei reichte Herr Durojier seiner Ehehälfte einen Brief,den er eben erst geöffnet hatte.Es verhielt sich wirklich so. Ter alte Vetter schrieb, er habedie Abficht, einen Tag bei ihnen auf dem Lande, auf ihrer kleinenBesitzung mit ihnen zu verleben und melde sich zum Donnerstag,also zum übernächsten Tag bei ihnen an.„Natürlich müssen wir ihn ordentlich festlich und ganz besondersgut aufnehmen, Du weißt schon, warum... Koch' nur recht waSApartes und sieh nicht auf's Geld."„Ja, das ist ja ganz schön... aber was?.., Hilf mir über-legen... was könnte man ihm denn vorsetzen?"„Ich weiß noch, daß er leidenschaftlich gern Fische ißt."„Nun ja, gewiß, aber es müßte doch eben auch davon etwasganz Besonderes sein. Er als Angler versteht sich darauf und istaußerdem ein Feinschmecker... dem ich schwer imponieren."Herr Durosier versank in Nachdenken, und das Resultat davonwar, daß er meinte:„Na, ich werde mich mal an den alten Patu wenden."Der alte Patu war ein Bauer, der aber wohl durch die Näheder Großstadt sehr„helle" geworden war; jedenfalls stand sovielfest, daß er sich, wie man zu sagen pflegt, weder vor Gott noch vordem Teufel fürchtete, es mit dem Mein und Dein nicht sehr genaunahm und häufig einen schlauen Rat zu geben wußte.Herr Durosier und der alte Patu waren bald einig.Pähl verpflichtete sich, seinem Kunden schon am folgenden Tagezwei prachtvolle Karpfen zu liesern... prächtige Karpfen, wie sieeben nur im Teich zu finden waren, der zu der Besitzung des HerrnBaron 3E. gehörte. Die Fische sollten dann in dem kleinen Spring-brunnenbecken der Villa Durosier ausgesetzt und auf die Art schönfrisch erhalten werden, bis der Moment gekommen sein würde, wosie in den Kochtopf zu wandern hatten.II.Herr Durosier war ein ehrenwerter Mann, der es nicht überdas Herz brachte, seinen Mitmenschen irgend etwas zu Leide zu thun.Aber leider Gottes brauchte er doch nun Fische, und die waren inder ganzen so wasserarmen Gegend, außer in dem Fischteich desBarons X., nicht zu haben..., und da war es nun eben die Schuldder Gegend, wenn man sich nach einem Ausweg umsehen mußte.„Uebrigens," so philosophierte Herr Durosier für sich,„bezahle ichja meine Fische dem alten Patu.... wo er sie hernimmt, das istseine Sachet"Er schlief also den Schlaf des Gerechten, dessen bestes Kopf-kissen ein gutes Gewissen ist, und währenddessen verbrachte der altePähl die Stacht dmnit, in, Teiche des Herrn Barons herumzustochernund zu stöbern.In aller Morgenfrühe erschien er dann am Gitter der VillaDurosier, mit einem großen Korbe beladen!.„Ach— der herrliche Fisch I Ter prächtige Karpfen!" rief HerrDurosier, als er des Fisches ansichtig wurde, der verzweifelt inseinem, mit feuchtem Gras und Blättern ausgestopften Gefängnishin und her schnellte, so daß der Deckel des Korbes durch die kräftigeHand des alten Patu mit Gewalt niedergedrückt werden mußte.„Luise l Luise I Komm doch nur rasch und sieh Dir das an!"Frau Durosier kam so eilig herbei, wie es ihre rundliche Figurerlaubte, und vereinte ihre bewundernden„Oh" und„Ah" mitdenen des Gatten. Aber dann sagte sie:„Ja, wo ist beim der zweite Karpfen?"„Der zweite," entgegnete Patu.„den bringe ich Ihne» morgen,vielleicht auch noch heute abend. Es ist nicht so einfach, solche Tierezu fangen."„Und wieviel kostet der hier?" fragte Herr Durosier.„Ja, lieber Herr, unter zwanzig Frank ist solch ein Staats-'karpfen nicht zu haben!"Und Herr Durosier zahlte, ohne an Feilschen zu denken.„Nun muß das Tier aber vor allem in das Springbrunnen-bassin, dmnit es nicht stirbt."Und im Gänsemarsch gingen Herr und Frau Durosier, der Bauerund die Köchin, die sich neugierig eingefunden hatte, quer durch denGarten bis an den Springbrunnen und stülpten dort unter größterVorsicht den zappelnden Inhalt des Korbes in das Wasser um.„Hören Sie mal," meinte dann Herr Durosier im besorgtemTone,„Sie werden mir doch bestimmt noch einen zweiten Karpfenzu demselben Preis verschaffen können?"„Ein Mann, ein Wort, Herr Durosier, ich hab's Ihnen ja ver-sprachen, Sie bekommen Ihren Karpfen," versicherte der Bauer.III.Am späten Abend desselben Tages, während Herr und FrauDurosier über einem Kochbuch die Köpfe zusmnmensteckten und über-legten, ob sie die Karpfen„blau" oder„in Bier" oder„in Madeira".„geschuppt" oder„ungeschuppt". zum Frühstück oder Mittagessenservieren sollen, kletterte der alte Patu vorsichtig über den Staket-zäun, der die Villa der Durosier umglch, schlich sich zu dem Basfin.fischte ohne besondere Schwierigkeit seinen Karpfen wieder heraus,stopfte ihn in seinen Deckelkorb, nahm den Weg wieder über denZaun und... eine Viertelstunde später klingelte es vorn an derEntreethür der Villa.Selbst dem Vetter in höchst eigner Person hätte keine freudigereBegrüßung zu teil werden können, als sie der alte Patu erhielt.Herr Durosier war ganz gerührt über solche Pünktlichkeit.... dashatte er kaum zu hoffen gewagt!„Donnerwetter, der Karpfen ist noch schöner als der erste!"rief er aus.„Ja, der Fisch ist viel größer," stimmte Frau Durosier bei.„Na ob!" meinte Patu.„llnd dicker ist er auch," konstatierte Herr Durosier.„Will ich meinen," nickte der Fischer.„Mindestens zweiPfund ist das Tier schwerer als der erste Fisch! Aber ich habe michauch gehörig damit quälen müssen... hat mich viel Mühe gekostet."