(In diesem Moment wird an die Thür geklopft.) Lafripp«:Herein I" Lambert:Herr Direktor, der Bote von der Gesellschaft der Autoren mit der Rechnung.. Lafripp e:Donnerwetter! Nicht eine Minute kann man ungestört seinl Geben Sie her!(Zu Daroissy:) Fahren Sie nur fort, lieber Herr! Ich höre Ihnen aufmerksam zu.(Mit halber Stimme rechnend, während der Autor seine Vorlesung fortsetzt.) 74 und 3 macht 77...(Eine geschlagene halbe Stunde vertieft sich Herr Lafrippe in seine Rechnung. Plötzlich springt er auf.) Zum Teufel auch!... Da haben wir's!... Wie gut, daß ich alles prüfe 1" Daroissy(sich unterbrechend):Haben Sie einen Fehler «entdeckt? Lafrippe:Von 300 Frank zu meinem Nachteil!(Zu Lambert:) Sagen Sie, ich bezahle nichtl(Lambert geht.) Welch' ein Beruf! Wenn man seine Augen nicht überall hat...! Fahren Sie doch in Ihrer Lektüre fort!" Daroissy(lesend):Die Gräfin Witwe:Eine Frau wünscht mich zu sprechen? Sie heißt Marguerite Ferrand?" Ter Graf(mit dumpfer Stimme):Marguerite Ferrandl" Die Gräfin Witwe(lebhast):Sie erbleichen, Herr Schwiegersohn!" (Am Telephon klingelt es.) Lafripp«:Zum Teufel!(Daroissy unterbricht seine Lektüre.) Fahren Sie doch fort!" D a r o i s sy(unruhig):Aber... können Sie auch folgen?" Lafrippe:Sehr gut! Nur weiter! HierVerites comiques" I Wer dort?" Daroissy(lesend):Ahl Ahl Sie verraten sich!" Lafrippe:Wer ist dort? Sie sind's? Wie geht's denn?___ Wie?... Eine Loge für heute Wend?... Unmöglich! Me Logen ausverkauft!... Zwei Parkettplätze, wenn Sie wollen... Ein- verstanden? Na schön!... Auf Wiedersehen!" Daroissy(lesend):Es giebt eine Gerechtigkeit! Fürchten Sie siel" Ter Graf:Ich fürchte nichts!" Der Borhang fällt." Lafrippe:Ter Vorhang fällt? Ter erste Akt ist zu Ende?" Daroissy:Ja, Herr Direktor." Lafrippe:Ausgezeichnet! Hm,,, Nicht übel! Ein wenig"dunkel..." Daroissy:Dunkel?" Lafrippe:Ja, hier und da, aber dennoch sehr interessant! Nun, bitte den zweiten Aftl" D a no i s s y(lesend):Die Terrasse einer Villa in Algier  . Erste Scene: Kleinkopf; der Gras. Kleinkopf:Ja. das Land- leben hat seine Reize..." Der Regisseur(hastig eintretend):Entschuldigen Sie! st Zu Lafrippe:) Rur   zwei Worte!" Lafrippe:Ich höre...(zu Daroissy:) Aber fahren Sie doch fort, mein lieber Autor! Sie stören mich wirtlich nicht!" Daroissy:Ich fürchte, Sic können den Faden verlieren..." Lafrippe:Durchaus nichtl Ich bin das gewohnt!" (Ter Autor setzt seine Lektüre fort. Ter Direktor beginnt halb- laut eine lebhafte Diskussion mit dem Regisseur. Die Diskussion dehnt sich bis zum Ende des Aktes aus. Plötzlich entlockt der Autor, um das Brüllen der Löwen   möglichst naturgetreu nachzuahmen, feinem Schlund unmenschliche Kehllaute.) Daroissy:Uaah! llaah! Uaah!" Der Regisseur(erschreckt in die Höhe fahrend):Was ist das?" Daroissy:Uaah! Uaah! Uaah!" Der Regisseur:Sind Sie krank?" Daroissy(voll Feuer; lesend):Kleinkopf:Holla! Ich höre die Löwen brüllen!..." Ter Vorhang fällt." Der Regisseur(leise zu Lafrippe):Ein Stück für'n Cirkus, he?" (Der Regisseur entschließt sich endlich, zu gehen. Herr Lafrippe übt eine kurze, aber klare Kritik am zweiten Akt, den er übersichtlich aufgebaut, obwohl etwas wirr findet. Erstaunen seitens Daroissy, der ziemlich unruhig den dritten Akt zu lesen beginnt.) Daroissy(lesend):Die Scene stellt eine Oase in der Wüste Sahara   vor. Erste Scene: Marguerite, allein:Wird er kommen?..." (Ter Autor fährt in einer relativen Ruhe fort. Er wird nur gestört durch das successive Erscheinen des ersten Liebhabers, des Stars des Theaters, eines Impresarios. Herr Daroissy wird wieder unruhig. Er fürchtet, Herr Josephin Laftippe könnte seinem Drama beim besten Willen kein aufmerksames Ohr lechen. Herr Lafrippe beruhigt ihn:Ich bin daS gewohnt, mein Lieber!" Und während Daroissy seine Vorlesung bollendet, redigiert der gewandte Direktor ein paar für die Zeitungen bestimmte Notizen.) Daroissy(schließend):Die Gräfin Witwe:Die Gc- rechtigkeit hat gesiegt! Der Löwe, welcher diesen Elenden zerrissen hat. war von der Vorsehung gesandt!..." Der Vorhang senkt sich langsam, während aus der Ferne das gedämpfte Brüllen der Löwen  zu hören ist." Lafrippe:Das ist der Schluß?" !-. Daroissy:Das ist der Schluß." (Pause. Herr Josephin Laftippe lehnt sich in seinen Sessel zurück, faltet die Hände über dem Bauch und überlegt, während er die Daumen umeinander dreht. Daroissy wartet angsterfüllt.) Lafrippe(wichtig):Sie bekunden in diesem Stück einen lobenswerten Sinn fiir das Dramatncke'' Daroissy(erfreut):Wirklich?" Lafrippe:Nur...Ihr Stück paßt absolut nicht füö mein Theater!" Daroissy(enttäuscht):Ohl" L a f r i p p e(mit Nachdruck):Ab so lut nichtl Es ist z» litterarisch... zu fein in der Form für mein Publikum I Das Stück gehört insGymnase". Ueberdies kann ich Ihnen nicht verhehlen, daß es auch Fehler hat, Längen, Unklarheiten.. Daroissy(erstaunt):Unklarheiten?" Lafrippe:Ich kann Ihnen gar nicht dringend genug raten: Klarheit, mein lieber Autor! Klarheit!" Daroissy:Aber..." Lafrippe:Und dann es enthällt eine Menge Sachen. die ich nicht liebe." Daroissy:Welche?" Lafrippe:Mein Gottk Hm... Die Vergiftung des Grafen zum Beispiel. Sie kommt so unerwartet!" Daroissy(erschreckt):Tie Vergiftung.».?" Lafrippe:Ja. Man ist überrascht." Daroissy:Aber. Herr Direktor, der Graf wird ja gar nicht vergiftet! Sie verwechseln das ohne Zweifel mit... Wft sind so oft gestört worden!" L a s r i p p e:Durchaus nichtl Ich bin das gewohnt! Sehen Sie! Die Figur des Engländers..." Daroissy(erschreckt):Welches Engländers?" Lafrippe:Er ist nicht komisch genug.. Daroissy:Sie meinen wohl den Deutschen  ... Kleinkopf?" Lafrippe:Er ist nur drollig. Tie einzige Scene, welche ich wirklich gut finde, ich könnte sagen: beinahe vollkommen ist die Scene der Verlobten." Daroissy(fassungslos):Verlobten?" Lafrippe:Ja. Sie ist ausgezeichnet behandelt." Daroissy(welcher sich dem Wahnsinn nahe fühlt):Ich verstehe nicht... Bon welchen Verlobten sprechen Sie denn?(Verr zweifelt:) Ich weiß nicht mehr aus noch ein!" Lafrippe(triumphierend):Sehen Sie wohl! Sic sagen selbst: Sie wissen nicht mehr aus noch ein! Glauben Sie mir nun, daß es Ihrem Drama an Klarheit mangelt? Ich kann Ihnen gar nicht oft genug wiederholen: Seien Sie klar! Seien Sie sehr klarl Verstehen Sie mich recht! Wenn Sie, der Autor des Stückes, sich m der vielfältig verschlungenen Handlung Ihres Dramas nicht mehr zurechtfinden, wie soll sich das Publikum das hervorragend nn- intelligent ist! wie soll sich das Publikum darin zurechtfinden?" Kleines feuületon. eg. Tie Heimkehr. Peter Brägel sah sich noch einmal um nach dem großen, roten Hause mit seinen hohen Umfassungsmauern und vergitterten Fenstern. Es war ihm, als müßten sie ihn zurück- holen aus den, hellen Sonnenschein in die enge, dunkle Zelle, in welcher er seit Monaten eingeschlossen gewesen. Aber der Militär- Posten spazierte gleichmütig vor seinem Schilderhause auf und ab und wechselte das Gelvehr aus dem einen in den andern Arm, ohne nach chm, den eben Entlassenen, auch nur hinzublicken. Frei! Peter wurde ganz wundersam zu Mute. Hinter ihm Schuld und Sühne. Vor ihm das neue Leben, das sonnige, glänzende Leben. Er hatte sich einiges Geld im Gefängnis erarbeitet und hätte die Eisenbahn nach dem heimatlichen Dorfe benutzen können. Er that es nicht, sondern wanderte die graue, staubige Landstraße ent- lang, die sich vor seinen Blicken wie eine riesige Schlange wand, bis dort hinten am Hügel die letzten Kronen der Chausseebäume der« sanken. An vertrockneten Kiefergestrüpp, durch kleine Wäldchen, führte die Straße, an grünen und gelben Feldern vorbei, an Wiesen, von denen ein kräftiger Heugeruch herüberzog, durch mehrere Dörfer, auf deren Straßen barfüßige Kinder spielten. Er ging wie ein Träumender hindurch, betäubt von der Wärme des Tages und dem vielfachen Duft, der über die schiefen Gartcnzäune und grünen Hecken wehte. Mehr und mehr neigte die Sonne sich zum Horizont; daS Abendrot kam allmählich herauf; Peter marschierte noch immer in großen, gleichmäßigen Schritten, ohne Ermüdung zu verspüren, und sah weder nach rechts noch nach links. Wie sie ihn wohl empfangen würden, dachte er. Geschrieben hatte er es denen daheim, daß er heute anlangen würde. Ob ihnen auch so festlich zu Mute war wie ihm? Ob sie schon verlangend an der Thür standen und ausschauten nach dem Sohn und Bruder?. Peter sah plötzlich verwundert auf. Rechts, em Stuck abseits von der Straße, stieg auf einem Hügel eine Windmühle empor. Peter kannte sie: von hier aus war's noch eine gute Viertelstunde bis zum heimatlichen Dorf. Das Bewußtsein ließ ihn anhalten im Marsch. Er säuberte Anzug und Schuhe vom Staub so gut es gehen wollte und richtete sich dann zu strafterer Haltung auf. Fest und mit unbekümmerter freier Miene wollte er einziehen, sorglos wie einer, der einen dicken Strich gemacht hat durch das Vergangene und mm einen klaren Weg vor sich sieht. Vor semer Thür, am Eingange des Dorfes, stand brcitlcibig der Kruowirt. die Bkeite sin Munh' Beter wollte auf ihn zu; der