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Im zweiten Kremser sang man den Tert zu der Melodie bis auf einen, den sie den langen Heinrich" nannten. Der ärgerte sich nämlich darüber, daß er keinen Plaz mehr im dritten Wagen erhalten hatte. In diesem saß unter den übrigen der ewig fidele Vereinsbudiker, der gerade dabei war, einigen Bekannten den Wert des Sonnabends für Ausflüge begreiflich zu machen, indem daß se alle am Sonntag ausschlafen können." Dann streckte er den Kopf aus dem Wagen und besichtigte die Gegend:
„ Nu wär's aber bald Zeit zu's Frühstück, Kinder. Ich hab'' n Hunger,' n Hunger...! Nanu!" Er wandte sich plötzlich zu einer Gruppe von Frauen im Wagen:" Wat habt Ihr' n da zu erzählen?" Räuberpistolen," lachte einer. „ So?"
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Eine Frau wandte sich empört herüber:" Ihr wißt doch janz jut, daß heute hier eene fehlen duht."
„ Ach so: Mieze."
Es wurde ganz still im Wagen.
Laßt doch die Jeschichte."
Vor'n Jahr war se noch bei uns."
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Die ersten beiden Kremser mit ihren hellen, bunten Lampions sekten sich eben zur Rückfahrt in Bewegung, als Frau Hollmann im letzten rief:" Nanul Wo is denn Trude?" Man rief und suchte. Vergeblich.
" Se wird in'n andern Kremser siben," rief der Budiker. Los, Kutscher!"
Frau Hollmann wollte wieder aussteigen. Man hielt sie zurück. Sie starrte furchtsam in das Dunkel der Straße. doch man erst das mit Miezen passiert is!" seufzte sie.
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Wo
dk will
Der Budiker legte ihr schwer die Hand auf's Knie: Ihn' mal wat sagen, Frau Hollmann: manchmal kommt et ja so, aber manchmal kommt et ooch anders!"
In diesem Augenblick hielt der zweite Wagen neben ihnen und man rief herüber:" Js der„ lange Heinrich" da?" „ Nee!" Ein Schmunzeln allerseits. Nur der Budiker mußte Einige winkten refigniert. laut lachen: Alles in Ordnung, Frau Hollmann! Nächstet Jahr haben wir' n junges Ehepaar bei uns. Oder ick müßte den Langen schlecht kennen."
Und vor'chte Woche ha'm wer se bejraben."
Alle sahen ernst vor sich hin. Dann sagte der Budiker:„ Ick kann't nich versteh'n. Wenn se alle jleich in't Wasser springen wollten, weil ihnen wat Menschliches passiert is, denn möchten nich ville mehr übrig bleiben."
Wat sollt se denn machen?" erwiderte die Frau von vorhin. ' n Kind uff' n Hals und nischt zu beißen! Der Kerl is weg. For so' ne Hallunken jibt's ja ooch teene Paragraphen. Sie fehrte sich jäh zu einer hübschen Blondine, die ihr gegenüberfaß:" Daß Du Dir mit keinen Kerl einläßt, Trudel hast jehört, wat dabei' raustommt."
Trude is viel zu jescheut, Frau Hollmann."
" Ick kann doch nich dafor, wenn mir de Männer nachlofen," trotte das Mädchen. Dabei strichen die hellen Blicke mit einem gewissen Stolz über die Insassen des Wagens.„ Ueberhaupt, den möcht' ick erst mal seh'n-I" und sie lachte herausfordernd.
" Na, na," sagte der Budiker und setzte sich in eine komisch Stolze Positur,„ ick zum Beispiel."
„ Dir wer' ick," drohte seine Frau. „ So war's richtig!" lachte Trude. Und die andern stimmten ein. Hart am Waldrande hielten die Wagen. Die Frauen trugen Körbe und Taschen zum Frühstücksplak, während der Budiker ein Fäßchen, das bisher unterm Wagen gebaumelt, loshakte und den Ausschant begann. Er hatte nicht wenig zu thun und mahnte wiederholt: Laßt mir man ooch noch' n Droppen übrig." Höher und höher stieg die Sonne. Einige hatten sich nach dem Frühstück zur Siesta ausgestreckt, andre, darunter Trude und der lange Heinrich". jagten sich im eifrigen Spiel. Endlich hob der Budiker das leere Fäßchen hoch und rief: Kinder, de Medezin is alle! Wenn eenen schlecht wird- ick jarantiere for nischt."
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Das wirkte wie ein Signal. Bald trabten die Braunen gemächlich weiter, Musik, Gesang, Lacher hinter sich. Dorf um Dorf fam in Sicht und verschwand wieder. Dreimal mußte Station gemacht werden, weil die Pferde durschtig sind". Und als endlich die Waldburg ", das Ziel der Fahrt, erreicht war, ging es schon stark in den Nachmittag. Dann hob ein Kaffeekochen an. Und als die dickbäuchigen Kannen auf der langgestreckten Gartentafel standen, behauptete der Budiker:" So' ne jroßen Töppe jibt's ja jar nich." Danach drückten sich einige zur Kegelbahn; andre suchten einen versteckten Winkel, um die neuen Statfarten zu probieren", und im Saale ging der Tanz los. Bald gab's glühende Gesichter, fächelnde Taschentücher und zerzauste Frisuren.
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" Nee," feufzte Frau Hollmann nach einem Tanz, als sie wieder an ihren Gartentisch trat, nee, meine Trude, das Mächen!" Sie schüttelte halb mißbilligend, halb stolz den Kopf:" Det is doch wahr haftig immer de döllste.
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" Wat denn?" entgegnete der Budiker, soll se vielleicht Strümpe stoppen?"
Indessen walzte Trude im Saal, daß die Röcke flogen. Sie ließ keinen Tanz aus. Und der sie meistens im Arm hatte, das war der„ lange Heinrich" aus dem zweiten Kremser. In den Pausen saß er bald mit Trude an einem Tisch und stieß mit ihr an. Dabei blinzelte er ihr zu. Und Trude mußte öfter lachen:" Nee, ick weeß ja nich, wat Sie haben?"
" Sie jefall'n mir," erwiderte der Lange.
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Völkerkunde.
cl. Ueber Kunst und Kunstsinn bei den Bahau= und Kenja- Dajat auf Borneo sprach Dr. A. W. Nieuwenhus( Lehden) auf dem 35. Deutschen AnthropologenKongreß in Greifswald . Der Vortragende legte eine Sammlung sehr schöner Kunsterzeugnisse dieser Stämme vor. Bekanntlich zeichnen sich die Dajak durch eine sehr hohe künstlerische Entwicklung aus, welche bei den genannten Stämmen, ihrer isolierten Wohnlage wegen, zu besonderen Beobachtungen Anlaß giebt. Sie be= fassen sich beinahe ausschließlich mit Verzierungskunst, bei der sie hauptsächlich diejenigen Objekte aus ihrer Umgebung als Motive verwenden, die in religiöser oder andrer Hinsicht einen starken Eindruck auf sie machen, wie z. B. Mensch, Hund, Tiger, Rhinocerosvogel, Blutegel, Argusfasan, Schlange und Eule. Die prachtvollen Ornamente, mit denen sie ihre Häuser verzieren, verdanken ihre Entstehung der Sitte, die bösen Geister mittels Nachahmungen menschlicher Genitalien zu verscheuchen. Die schönsten Kunstgegenstände bilden form- und farbenreiche Perlenarbeiten, Schnitzereien aus Hirschhorn , Bambus und Holz, welche von den Besitzern selbst verfertigt und nicht verkauft werden. Wie sehr die Kunst dieser Stämme von deren Gemütsleben abhängt, zeigt sich darin, daß Männer und Frauen keinen Unterricht in irgend einem Kunsthandwerk erhalten, in der Periode geschlechtlicher Reife aber von selbst anfangen, als Geschenke für das andre Geschlecht künstlerisch berzierte Gegenstände herzustellen. Viele hören nach der Heirat mit dieser Arbeit auf, andre, reichere Leute, fahren mit ihr fort und liefern die wertvollsten Produkte. Bei Männern und Frauen findet, auch wenn sie einen Gegenstand gemeinschaftlich herstellen, stets Arbeitsteilung statt; die Männer entwerfen die schönen Muster und sind geschickter in der Handhabung von Messer, Hammer und verstehen sich besser auf Sticken, Weben und dergleichen. Die ver Meißel, die Frauen zeichnen sich dagegen durch Farbenfinn aus und schiedensten Gegenstände werden von diesen Dajak mit denselben Motiven verziert, was jedoch weniger ihrer Gedankenarmut, als den äußeren Verhältnissen, in denen sie leben, zuzuschreiben ist. Sie zählen nämlich nur einige Tausend erwachsene Personen und Phantasie keinen Anfporn zur Vervollkommnung ihrer Kunst. Nur ihre dürftigen, wenig wechselnden Existenzbedingungen bieten ihrer sa, wo ihre Gesellschaft ein größeres Feld der Tätigkeit darbietet, wie bei der Tätowierung, die bei jedem Indivium verschieden ist, findet man auch eine größere Verschiedenheit in ihren Entwürfen. Eine strenge Durchführung der Symmetrie und eines Motives zeigt sich nur bei den Kunstwerken, welche von hochentwickelten Künstlern herrühren. Im Stammland der Bahau und Kenja, dem Ursprungsgebiet des Kajan, steht die Kunst am höchsten; diejenigen Stämme, welche in die von Malaria durchseuchten Gegenden am OberMahakam und Ober- Kapuas zogen und dort infolge der schlechten hygienischen Verhältnisse und der Berührung mit den Küstenmalayen degenerierten, stehen in ihrer Kunstentwicklung viel niedriger. Eigentümlicherweise schäßen und gebrauchen diese Dajak, troß ihres feinen Sinnes für Form und Farbe, doch die häßlichen, billigen Produkte europäischer Industrie. Man muß diese Thatsache dem Umstande zuschreiben, daß ihr Geschmack sich bisher nur an ihren eignen Erzeugnissen bildete und daß sie mit ihrer jetzigen psychischen Entwicklung auf dem Gebiete der Kunst außer stande find, gänzlich fremde Produkte zu beurteilen.-
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Naiv.
Humoristisches.
Draußen hing sich schon die Dämmerung in die Baumkronen. Im Saale schmetterten noch immer die Musikanten und um die Lampen zogen sich bläuliche Dunstkreise von Rauch und Staub. ( Sommerfrischlerin zur fleinen Tochter der Nun sangen und tanzten die Alten mit den Jungen im wirbelnden Wirtin):" Mußt Du auch schon in der Küche helfen, Käthchen?" Kreise. Wie ein Taumel von ausgelassener Lust lag's über allen.„ Nur im Sommer; da muß ich die Fliegen aus der Suppe Trude stand, an die geöffnete Eingangsthür gelehnt, und ließ herausfischen!" die Abendkühle über das erhitzte Gesicht streichen.
Wir könn'n ja' n Stücksken jehn," sagte der lange Heinrich" and zog sie hinaus in den halbdunklen Garten, dann durch die Pforte ins Freie. Hier is't schön."
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" Ja," Trude sah nach den flimmernden Sternen über den Baumwipfeln. Hier is't schön. Und daß man jetzt irade nach Hause muß!"
„ Schade."
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Noch mehr. Fräulein:„ Das Publikum ist nicht recht warm" geworden, wie neulich Ihre Gedichte vorgelesen wurden!"
Dichter( eifrig):" Oho, geschwist haben sie!"- Jetzt hab ich gemeent, ich hab's, wann ich se hab'.- Jetzt hab' ich -Seufzer eines Pfälzers nach der Hochzeit. ſe, jetzt hab' ich's! ( Fliegende Blätter ".)