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Die Dame: Das mein' ich auch."( Sie dreht und wendet| Eine solche Sammlung, die die Objekte selbst vor Augen bringt, hat sich vor dem Spiegel.) Verlängert die Figur, jawohl..."( einen mehr Wert als umfangreiche, gelehrte Werke. In diesen finden wir belehrenden Ton annehmend) und überhaupt der weiche Fall der die Abstraktionen, die Lehren, die ein einzelner Kopf daraus zog. Wolle, der Faltentwurf, das ist der Faltenwurf der Griechen, den Hier aber stehen wir den Dingen direkt gegenüber, und es ist uns giebt uns nur die Schleppe." Gelegenheit gegeben, unsre Lehren uns selber anzumerken. Die ges lehrten Werke bleiben in Fachkreisen. Eine Ausstellung wie diese, die außer vormittags noch in den Abendstunden geöffnet ist, wendet sich an das ganze Publikum; den Handwerkern ist Gelegenheit ge­geben, sich über Vergangenheit und Gegenwart ihrer Kunst zu orientieren. Gerade auf diese Weise kann sich an der Hand der guten Vorbilder durch Publikum und Handwerk leicht eine neue Tradition bilden, die sich auf dem Geleisteten sicher und fest aufbaut und aus dem Vielfachen, Neuen überlegend das für kleine Kreise Brauchbare auswählt. Möge diese Gelegenheit wahrgenommen werden!

Die Schwägerin( indem sie ihre eigne Schleppe höchst malerisch" drapiert mit schwärmerischem Kopfniden):" Jawohl, der Faltenwurf, das Weiche, Fließende, das giebt uns nur die Schleppe. Die Schleppe ist das wahrhaft Schöne an der modernen Frauen­tracht. Das schöne Frauenkleid schreit nach der Schleppe. Die Schleppe ist die Krone der Aesthetik.. ch

Der Herr Gemahl( mit einem Blick nach oben): fann verstaubte Kleidersäume und durchstoßene Kanten nicht gerade sehr ästhetisch finden...

Die Dame( beinahe weinend): Du bist recht häßlich, Arthur, als ob ich schmutzig und zerrissen ginge!"

Der Herr Gemahl( voll Born): Das habe ich ja gar nicht gesagt. Kehr einem nicht das Wort im Munde um 1"

Die Dame: Nun fängst Du auch noch an zu zanken. Ich geh' nie wieder mit Dir einkaufen. Du mußt mir jedes Kleid ver­ekeln... Und jetzt mehm' ich es doch. Sie können es mir ein­paden, Fräulein!.. Aber mit Dir einkaufen gehen, Arthur?. Nie wieder! Nie wieder!"( Sie schluchzt in ihr Taschentuch!)

Zeit: Herbst. 1904. Ort der Handlung und Personen: wie vorhin.

Die Dame( steht vor dem Pfeilerspiegel, fie trägt ein Jacken tostüm mit, fußfreiem" Rod. Er reicht ihr knapp bis an die Knöchel, fie sieht aus wie eine dicke Kirchenglocke mit einem Stengel d'ran, ist aber sehr begeistert): Nein, wie entzüdend! Nein, wie fesch! Nun sagt doch selbst, seh ich nicht chit und fesch aus? Es steht mir doch brillant 1"

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Die Schwägerin: Brillant, brillant!" Die Verkäuferinnen( einstimmig): Gnädige Frau sieht prachtvoll aus! Gnädige Frau darf gar nichts andres tragen!" Der Herr Gemahl: Der Rod muß bloß ein Endchen länger sein."

Die Damen( unisono): Länger?"

Der Herr Gemahl: Der Rock muß wenigstens bis an die Erde reichen; er braucht ja doch nicht aufzustoßen."

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Die Damen( unisono):" Bis an die Erde? Der Rock bis die Erde reichen?"

Die Dame( voll Entrüstung): Ich soll mit einem langen Rock gehen? Am Ende gar mit einem Schlepprock?"

Gerade heute, wo wir in andren Kunstsalons den bizarsten Formen der Sitzmöbel begegnen, ist solche Uebersicht, die uns zwanglos von den fernsten Zeiten zur Gegenwart hinüberleitet, beinahe von aktuellem Interesse und notwendiger Bedeutung. Ja, sie ist höher einzuschätzen als die Darbietungen vieler Kunstsalons. Denn da fehen wir die Launen der Gegenwart, die sich oft zügellos austoben. Hier aber begegnen wir der harten Notwendigkeit, die in geschicht licher Entwicklung ihren Weg ging. Und während die Ausstellungen der Salons den oft zweifelhaften Interessen fleiner Kreise dienen, richtet sich eine solche Musterausstellung, arrangiert von Leuten, die der Vergangenheit und der Gegenwart gerecht werden wollen, an die weitesten Kreise. Sie kann es, denn sie verfügt über andre Mittel und Fähigkeiten. Es ist gut, daß diese Aufgabe von einer Museumsleitung energisch ins Auge gefaßt wird. Damit kann der Entwicklung unmerklich nachdrücklicher gedient werden, als tausend Reden, Vorträge und gedrudte Erörterungen es vermögen.

Die übersichtliche Gruppierung des Stoffes legt Zeugnis davon ab, daß eine fachkundige Hand hier waltete. Nicht zu oft finden wir bei einer Museumsleitung so reichlich dieses energische Eintreten für Gegenwartsinteressen. Meist überwiegt ein antiquarisches Jutereffe und jenes üble Uebermaß von Belehrenwollen, das nicht fruchtbar sich mit den Dingen verbindet. Hier aber spüren wir jenes gemeinsame Hand in Hand gehen, eine feine und vornehme Ruhe, die die Dinge reden lassen will. Eine vorbildliche Art, die Schäße der Museen direkt und ohne engherzig- gelehrte Begrenzung der Allgemeinheit dienstbar zu machen.

Leicht findet man sich in den großen geschichtlichen Gruppen zus recht. Von den einfachen und primitiven Bauernmöbeln ausgehend, die schmucklos, aber nicht ohne farbigen und formalen Reiz das Eina fach- Notwendige und Anfängliche hervorkehren namentlich hessische und westfälische Stühle prägen sich unwillkürlich ein- tommen wir zu den Sizmöbeln der Gotik und Renaissance, die ja bis vor furzem und auch jetzt noch mit ihrem Ueberfluß an Schmud- und Schnörkels " werk vorbildlich für uns waren. Reichgeschnitzte Chorstühle, ein Abtstuhl mit entsprechenden Diakonenfißen, schwere, hochlehnige Sessel, steif und nur mit bereinten Kräften transportierbar, wuchtig ausladende Bänke von wahrhaft riesenhaften Dimensionen, deren Sibeinfassung zu gleicher Beit als Truhe diente.

Der Herr Gemahl( abwehrend):" Nana, um Himmels willen nicht! Nur muß der Rod vernünftig lang sein. Das ist ja ein richtiger Hopsaroc. Du siehst aus wie eine Springerin." Die Damen( unisono empört): Hopsarock."" Springerin." ( Alle durcheinander): Solch furzer Rod giebt doch Figur " Ich bitte Sie, mein Herr, wer wird denn lange Röcke tragen?" " Kein Mensch trägt lange Röcke mehr."

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Die Dame: Abscheulich waren die langen Röcke, diese Schleppen, diese häßliche Bumpelei."

Der Herr Gemahl: Ja ja."

Eine andre Gruppe umfaßt die Sizmöbel des Rokoto, Empire Die Schwägerin:" Und wenn man schon Pakete trug, und der Biedermeierzeit. Die einfachen Formen sind hier leicht und Daa sollte man auch noch die Schleppe tragen." gewunden geworden. Die Schwere hat sich verflüchtigt. Schnörkelwerk der Renaissance ist verschwunden und die Form selbst

Der Herr Gemahl: Ja ja."

Die Dame( eifrig): Und allen Staub bekam man in das ist Schmuck, das heißt es sind nicht Ornamente an Lehne, Rücken Kleid, und alle Krankheitsfeime nahm man mit." oder Beinen angehäuft, sondern die Führung der Linien des Holza Der Herr Gemahl:" Ja, ja." materials ist das Ausschlaggebende.

Die älteste Verkäuferin: Man trägt die Röcke wirklich jekt so furz, mein Herr."

Die etwas jüngere Berkäuferin: Und grade, gnädige Frau, mein Herr, wo gnädige Frau etwas flein ist. Der furze Rod macht die Gestalt recht zierlich!" indind Die Dame: Das meine ich auch."( Sie dreht sich vor dem Spiegel.) Macht die Gestalt erst zierlich-ja- und über haupt beim furzen Rock sieht man erst unsre kleinen Füße." Die Schwägerin( indem sie ihren eignen Fuß herborstreckt, begeistert): Wer wird denn auch noch lange Röde tragen? Jm furzen Rod liegt erst die Freiheit der Frau. Der kurze Rod giebt uns Bewegungsmöglichkeit. Der Kurze Rod ist das Gewand der bernünftigen Frau.

Der Herr Gemahl: Ja- ja!"

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Die Dame( ärgerlich): Was soll denn das Ja, ja 1" Arthur? Fängst Du schon wieder an in Deiner Art und Weise?" Der Herr( scheinheilig): Das fällt mir ja durchaus nicht ein, Geliebteste. Laß Dir den Rock noch fürzer schneiden, vielleicht

bis an die Knie.

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Die Dame( macht drohend einen Schritt auf ihn au): Arthur jezt habe ich aber wirklich genug! Und wenn ich selbst mit dem auskommen muß, was Du für meine Toilette ansett, und wenn Du nicht dabei bist zum Bulegen, ich nehme Dich be­stimmt nicht wieder mit zum Einkaufen- bestimmt nicht wieder!"

Kleines Feuilleton.

box.

In der dritten Gruppe finden wir moderne Möbel. Hier ist das Organische, das Notwendige noch energischer betont. Die amerikas nischen Stühle find vielfach Vorbild. Sie find widerstandsfähig, praktisch und prägen sich in ihren flaren Formen leicht ein. Nebena her gehen dann die Einflüsse der vergangenen Zeiten, deren einzelne Noten unschwer zu verfolgen sind. Immerhin sehen wir schon jetzt bei Vergleichung des ganzen Materials, daß unsre Gegenwart ihre eigne Form schafft. Form und Farbe, Holz und Stoff werden eigen­artig und neu verwendet. Und gerade in dem phantasievollen Vera wenden sonst nicht zu diesem Zwed gebrauchter Stoffe leisten die Künstler Tüchtiges. Es fällt in dieser Richtung ein Stuhl von Willi Dreßler auf, dessen Solz graublau getönt ist, dessen Stoffbekleidung der Sitzfläche aus französischem Militärtuch besteht, ein etwas dunkleres Graublau zeigend, als das Holz.

Eine andre Reihe amerikanischer Stühle zeigt leichte, einfach geschwungene Lehnen, dunkle Stoffbekleidung. Ueberhaupt bemerkt man, wie sehr es darauf ankommt, welchen Zwecken der Stuhl dienen soll. Ein Arbeitsstuhl wird anders aussehen müssen, als ein Stuhl für ein Eßzimmer. Dieser wieder anders als der Stuhl eines Empfangsraums. Es wird die Aufgabe der Künstler sein, diese Zwecke energischer zu betonen und den verschiedenen Kreisen dabei Rechnung zu tragen.

Die Wiener Möbelkunst verwendet vielfach Strohgeflecht in Vera bindung mit weißgetöntem und hellbraunem Holz. Ein Stuhl von Peter Behrens verwendet geschickt japanisches Strohgeflecht.

Von diesen der praktischen Schönheit refolut austrebenden Möbeln unterscheidet sich die französische Kunst. Sie möchte reizvoll leuchtende Linien sehen, sie steht unter dem Einfluß der prunkenden Möbel, die wir in französischen Schlössern finden. George de Feure ist ein Beispiel für das Wiederaufleben dieser Tradition. Er giebt e. s. Ausstellung von Sizmöbeln im Kunstgewerbemuseum. Im ein zartgrau gehaltenes Sofa, dessen Holzleisten( in Gold) sich ges Lichthof des Museums ist jetzt eine reichhaltige Uebersicht vorbild.schmackvoll schwingen und weiten. licher Typen von Sizmöbeln aller Zeiten und Völker ausgestellt. Tempelseffel, ja

Eine fleine Sammlung egotischer Stühle

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