heutzutage noch in vielen Gegenden ein äußerst primitiver. Professor Th. Fischer fand z. B. in Südwestmarokko eine Oelmühle, die aus einer ausgemauerten, zementierten, kreisförmigen Plattform bestand, deren Oberfläche ein flaches Becken, eine Art kreisrunden Trog bildete. In demselben stand senkrecht ein Mühlstein, der in der Mitte durchbohrt war und mit Hülfe eines durchgesteckten Baumes von Menschen oder Tieren in kreisende Bewegung gesetzt wurde. Ter Stein zermalmt so die Oliven, mit denen das flache Becken gefüllt ist, und die immer wieder darunter geschoben werden, bis sie einen weichen, schwarzen Brei bilden; dieser wird dann in Körbe gefüllt, welche aus Zwergpalmenfasern geflochten sind. Die gefüllten Körbe kommen in die Presse. Diese besteht aus einem wagercchten, sehr schweren Olivenstamme, der auf der einen Seite durch ein Schraubengewinde auf die Körbe herabgedrückt wird, bis dadurch das Oel ausgequetscht ist. Das Ocl fließt in ein gemauertes Becken, aus dem es zum Verkauf in Schläuche gefüllt wird. Verfahren dieser Art liefern verschmutztes und ranziges Oel. Da aber auch in Italien und Spanien nach dieser, im übrigen wenig ergiebigen Methode zum großen Teil gearbeitet wird, so gehen all« jährlich gvoße Werte verloren. In einem modernen Betriebe werden die bei beginnender Reife gepflückten Oliven auf Horden zum Trocknen ausgebreitet und durch mäßiges Pressen vom Oel befreit. Hierbei wird das beste Speiseöl gewonnen. Der übrigbleibende Olivcnbrei wird nachgepretzt, doch dürfen die Kerne dabei nicht zerstört werden. Dieses Verfahren liefert auch noch gutes Speiseöl. Bei der dritten Pressung wird sehr starker Druck angewandt, und man erhält noch Maschinenöl, Oel zum Brennen und Ocl zur Seifcnfabrikation. In einem so arbeitenden, modernen Dampfbetriebe werden aber auch noch die Trester mit kochendem Wasser behandelt und ausgepreßt; endlich wird dem nun noch verbleibenden Brei der letzte Oelrcst auf chemischem Wege genommen. Mit Hülse von Watte wird das Speiseöl in dunklen, kühlen Räumen einer durchgreifenden Klärung unterzogen und kommt, nachdem man es noch einige Zeit hat ruhig stehen lassen, zum Versand. Die Rückstände der letzten Pressung finden teils Per- Wendung als Brennstoff, teils als Düngemittel. Wie wichtig eine gute Gcwinnungsmethode für den Wert des erzielten Oeles ist, dürften folgende Zahlen dartun: gutes Olivenöl aus rationellen Dampfbetrieben bringt pro hundert Kilo 76 bis 62 M., während für das mit primitivem Verfahren gewonnene Produkt nur 44 52 M. gezahlt werden. Weimgleich im Handel die geruchlosen Olivenöle von klarer, gelber Farbe bevorzugt werden, so dürfen diese Eigenschaften doch nicht als Zeichen besonderer Güte betrachtet werden, da dieses Oel in bezug auf Farbe, Geschmack und Geruch sehr verschieden ausfällt. Die Produktion an Olivenöl beträgt jährlich etwa 8 Millionen Hektoliter; hiervon gelangen aber nur 1 Million in den Welthandel, während die übrigen 7 Millionen in den Erzeugungsländern ver- braucht werden. Das Oel wird in den Gegenden seiner Gewinnung denn auch in ausgedehntestem Maße verwendet; es dient als Speiseöl und als Fett zur Herstellung fall aller Gerichte, die in unseren Gegenden mit Hülfe tierischer Fette(Butter usw.) angerichtet werden. Diese umfangreiche Verwendung des Olivenöls bei der Speisenbereitung fällt denn bekanntlich auch dem Nord» und Mittel- Europäer sehr auf, wenn er in die Länder des Oelbaumes kommt; er hat gewöhnlich große Mühe, seinen Geschmack mit dieser Zu- bcreitungsart abzufinden. Für die Seifenproduktion spielt das Olivenöl in den Gewinnungsländern eine ziemliche Rolle; dagegen ist es als Leuchtmittel im Kampfe mit dem Petroleum mehr und mehr unterlegen. Die Olive selbst wird auch als Nahrungsmittel verwendet und getrocknet oder in Salzwasser eingemacht genossen. Außerhalb der Produktionsgegenden ist die Verarbeitung von Olivenöl eine sehr weitgehende, da es hier nicht nur zur Darstellung von Speiseöl dient, sondern in der Parfümcrie zur Erzeugung von Saarölen und in der Pharmazie zur Herstellung von Pflastern, alben usw. verwendet wird. Geringwertigere Sorten dieses Ocls werden zum Schmieren der Maschinen verwendet und kommen auch für die Seifenproduktion in Betracht. In der Kattundruckerei spielt das Türkischrotöl eine große Rolle; soll eine besonders gute Farben- tönung erzielt werden, dann pflegt man für die Herstellung dieses roten Farbmittels Olwcnöl zu verwenden. _ Rudolf Gerber. Kleines Feuilleton. Ic. Eine amerikanische Wahlversammlung bietet ein tumultuarisch wogendes Bild grandioser Massen, in denen eine fanatische Leiden- schaft, eine grenzenlose Erregung laut wird. Eine Versammlung von 20 000 Menschen ist nichts seltenes in den Vereinigten Staaten . Ein Wahlagent, der einem beliebten Redner 2000 M. und mehr für jede Rede gibt, würde meinen, er habe sein Geld hinausgeworfen, wenn er nicht wenigstens 20 000 Menschen zusammenbringen könnte. Auf jedem Sitz in dem Saal liegt, so schildert der englische Schrift- steiler Sidney Brooks das Schauspiel einer solchen Riesenwahlver- sammlung. eine Pennyausgabe des.Sternenbanners" und einige Wahllieder". Bevor die eigentliche Versammlung losgeht, vergnügt sich das Publikum auf sein« Weise. Die Leute rennen auf und ab und singen alle Lieder des Programms durch; da fängt einer dasschöne LiedIch bin durch Georgia gewandert" zu brüllen an. gleich sammelt sich eine Menge um ihn und schreit aus Leibeskräften mit; dröhnend wird der Takt gestampft. Dieser eintönig klappernde Marschrythmus wird aus einer Ecke vom schrillen Gcjohl eines anderen Gassenhauers unterbrochen. Die Mauern erzittern unter dem Ge, lärm. Taufende von Fahnen flattern durch die Luft und bringen eine unruhige Lebhaftigkeit herein. Donnerähnliches Gebrüll und Beifallsrufen erheben sich, wenn ein Gesang glücklich beendet ist und dieser brüllende Swrm hat sich noch nicht gelegt, da gelle,» schon durchdringende Melodien eines neuen Liedes. Ncgerquartette be- steigen das Podium und tragen einencoon's song" vor. Ueberall in diesem riesigen Gebäude haben sich Gruppen gebildet, hie und da steht einer auf einem Sessel und redet auf die Umstehenden ein. Und wenn alles nichts hilft, die Leute anzufeuern, dann bleiben als letzte Rettung die großen Anrufe, die allgemeinen Schreie, die schrillen Pfifte. Die haben immer eine kolossale Wirkung. Ein Mann steht auf. geht aufs Podium und schreit gellend in die'Menge hinein:Wie ist Roosevelt ?" Und aus 20 000 Kehlen hallt brausend zurück:Er ist all rigbt." Eine Pause. Wieder schrillt die erste Stimm«:Wer ist»II rigbt?" Und noch lauter dröhnt es in Donnertönen zurück:Roosevelt I" Oder der Mann auf dem Podium wirft eine kleine Scherzfrage auf:Wer war George Washington ?" Diese neckische Frage wird mit einem dröhnenden Trampeln, gellen Pfiffen und lauten Rufen begrüßt und dann hallt es in rhythmischen Absätzen begeistert zurück:Der erste im Krieg, der erste im Frieden, der erste im Herzen seiner Landsleute l" Nach einer Stunde etwa, wenn man sich genug auf diese Weise vergnügt hat. beginnen die Reden. Die Menge hat sich ausgetobt uiiTi hört nun still zu. Wenn der Redner geendet, geht das Johlen, daS Fahncnfchwingen und Trampeln wieder an. Doch der Mann auf dem Podium ist heilig; ihn darf niemand unterbrechen. Wehe dem. der den Redner stören oder sich ungehörig benehmen würde. Ter Polizist wirft ihn erbarmungslos hinaus, wenn er nicht schon vorher eine tüchtige Tracht Prügel bekommen hat. Eine starke Opposition, Zeichen des Mißfallens dürfen nicht laut werden; das einzige, was dem Mißvergnügten bleibt, ist, das Lokal zu verlassen. Ein paar junge Burschen, die 1800 eine Versammlung Bryans durch Zurufe unterbrachen, zogen sich die Entrüstung aller Anwesenden zu; auch alle Zeitungen waren über dies Benehmen aufs höchste empört. ss. Ter Waldbestand in Europa nimmt ständig ab. In Deutsch » land merkt man davon nicht allzu viel, aber in anderen Ländern steht es schlimm um die Erhaltung des Waldes. In Tirol beispielsweise, wo� nach dem italienischen Kriege den Bauern die Ausnutzung der Wälder gestattet wurde, ist furchtbar damit aufgeräumt worden, ebenso im Karst, und hier wie dort ist die Wiederaufforstung un­möglich, weil die Winde den lockern Boden fortgetragen und nur den nackten Fels übrig gelassen haben, auf dem keine Bäume mehr zu wachsen vermögen. Der Holzvcrbrauch nimmt zu, die Wälder nehmen ab, und man muß sich fragen, was schließlich daraus werden soll. In Europa sind nur noch Skandinavien , Rußland und Oesterreich im stände, Holz auszuführen, denn selbst Deutschland muß noch für 280 Millionen Mark Holz jährlich vom Ausland beziehe». An der Vernichtung der Wälder arbeitet nicht nur der steigende Bedarf an Nutzhölzern, sondern auch der an Cellulose, deren Ausfuhr aus Norwegen ungeheuer gestiegen ist. Ein wenigstens einigermaßen wirksames Mittel, dieser Waldvernichtung entgegenzuarbeiten, wäre die Bepflanzung der in den meisten Ländern reichlich vorhandenen öden Strecken, die nur mit Sand und Steinen bedeckt sind und nutzlos daliegen. Dr. Thenius macht in der Wiesbadener Zeitschrift Bitumen" darauf aufmerksam, wie solche Oedländereien einer tüch. tigen Ausnutzung zugeführt werden könnten. Das ganze Gebiet muß in Quadrate eingeteilt und diese mit Mauern umschlossen werden, damit der Wind den leichten Boden nicht fortträgt. Dann sind Baumschulen von Schwarzföhren spinus nigricans) anzulegen, deren Schößlinge, nachdem sie eine genügende Höhe erreicht haben, verpflanzt werden müssen. Für eine gewisse Düngung des BodenS, für die aber in den meisten Fällen Torfmull genügt, und für die Bewässerung wird man allerdings einige Sorge tragen müsse». Die Pflanzung kann zwei bis drei Jahre nach Anlage der Baumschule geschehen, und in 25 bis 30 Jahren kann man schon einen beträcht. lichcn Gewinn dieser Arbeit erwarten. Ein nackahmenswertes Bei» spiel einer solchen planmäßigen Waldbildung bietet die Bepflanzuklg der Oedländereien bei Wiener Neustadt in Nieder-Oesterreich. Durch Verpachtung der dort angelegten Föhrenwaldungcn an die so. genannten Pcchbauern werden sowohl von diesen wie von der staat. lichen Forstverwaltung schöne Einnahmen erzielt. Die Pächter ge. Winnen das Harz, außerdem werden die Zapfen gesammelt und in besonderen Anstalten verarbeitet, um den Samen daraus zu ziehen, während die Rückstände als Brennmaterial verwandt werden. Außerdem bildet sich infolge der Düngung des Bodens durch die ab- fallenden Nadeln unter den Bäumen ein treffliches Ackerland, das nach einigen Jahrzehnten mit Getreide und Kartoffeln bestellt werden kann. So ist in diesem früher gänzlich wertlosen Gebiet eine blühende Industrie mit der Erzeugung von Terpentinöl, Harz und Kolophonium entstanden. Die Bäume werden zu 25 000 50 OOO Stück an einen Pechbauer oder Terpentinsammler verpachtet. Ein älterer Baum gibt im Durchschnitt jährlich 3� Kilogramm Roh» terpentin, das filtriert und destilliert wird, um das Terpentinöl zu erhalten. Das zurückbleibende Weißpcch wird in der Papier» fabrikation und außerdem durch nochmalige vorsichtige Destillation zur Herstellung von Kolophonium verwandt. Die Einsammlung des Rohterpentins geschieht in den Monaten Mai bis Juli. Noch besser als die Schwarzföhre eignet sich die namentlich in Frankreich vielfach angepflanzte Strandkiefer(?inus maritima). Das französische Terpentinöl ist eins der besten und wird dementsprechend höher bezahlt. Gewonnen werden in Frankreich jährlich 450 000 JeH